Problem von Daniel - 22 Jahre

Emotionslosigkeit

Hallo liebes Kummerkasten-Team,

mein Name ist Daniel und ich bin 22 Jahre alt. Mein Problem ist die sich immer mehr entwickelnde Emotionslosigkeit und Kälte gegenüber anderen Menschen, die bei mir in den letzten Jahren immer ausgeprägter wird.
Früher (12-15) hatte ich immer reges Interesse an Mädchen und auch ab und an die ein oder andere Freundin. Auch Freunde hatte ich ein paar, mit denen ich ab und an etwas unternahm. Heute sieht die Welt deutlich anders aus und der Blick auf andere Menschen in meinem Umfeld (z.B. Ausbildung) wird immer hässlicher.
Ich war schon immer eher ein Einzelgänger, aber meine Sichtweise auf andere Menschen verengt sich immer mehr auf bestimmte Faktoren. Ich merke immer mehr, wie ich ganz unbewusst Menschen auf ihren "Wert" aus meiner Sicht scanne, bevor ich mit ihnen irgendeine längere Interaktion eingehe. Mit "Wert" meine ich die Optik und ihren Nutzwert (ihre Stellung, oder Zukunftsprognose, ihr Wissen, ihre Ziele). Den Charakter blende ich oft vollkommen aus. Durch diese Reduzierung, die ich oft vornehme, interessiere ich mich nur für sehr, sehr wenige Menschen und das nicht mal freundschaftlich. Ich habe einen guten Freund, bei dem ich aber auch immer mehr merke wie mich seine emotionsgesteuerten Entscheidungen oder Berichte zunehmend nerven, weil ich sowas selbst nicht mehr habe.
Ich vertrete immer mehr die Ansicht, dass Emotionalitäten hinderlich für eine zielstrebige Zukunft sind. Diese Haltung lässt mich natürlich (vor allem) im familiären Bereich oft sehr stark anecken, da ich auch kein Verständniss für Familie mehr besitze.
Ich habe sehr hohe Ziele und arbeite sehr viel daran, habe auch lebenslauftechnisch schon deutlich (deutlich!) mehr erreicht, als viele andere in meinem Alter, dennoch habe ich das Gefühl, dass irgendetwas entweder falsch mit mir gelaufen ist oder falsch mit mir läuft.
Es ist schon so weit, dass ich mit dem Großteil meiner Familie von mir ausgehend nichts mehr zu tun habe und auch neugeborene Familienmitglieder, die inszwischend auch schon ein Jahr sind, noch nie gesehen habe, weil sie mich einfach nicht interessieren. Das ist doch nicht normal? Bin ich schon ein Fall für den Psychiater?

Bernd Anwort von Bernd

Lieber Daniel,

Dein Lebensverständnis und die "Einordnung" derer, mit denen Du zutun hast ist in unserer Zeit sicherlich nicht ungewöhnlich.
Eher "die Regel"! (Leider)!
Vielleicht bist Du allein dadurch die rühmliche Ausnahme, weil Du Dir Gedanken darum machst, was viele um Dich herum einfach so "leben"!
Gedankenlos!
Gewinnmaximierend!

Du fragst, ob Du "schon ein Fall für den Psychiater" bist?

Meine Antwort: kein "Fall"!

Es kommt darauf an, was Du als Antwort erwartest:

Geh zu einem Anlagenberater oder einem Versicherungsmakler und Du wirst verbrieft bekommen, wie unverzichtbar Deine Einstellung für die gesamte Menschheit ist!

Den Psychologen würde ich Dir empfehlen, wenn es Dir Ernst mit Deinen Zweifeln ist!

Zum Psychiater ist es dann immer noch ein großer Schritt!

Daniel, Du glaubst nicht, wie außergewöhnlich Deine Art von "Outing" für mich war?

Und deshalb bin ich eigentlich sicher, dass Du Deinen Weg finden wirst:

Du hast uns den Menschen schauen lassen!

Du hast uns schauen lassen, was nicht nur Dir fehlt, wenn wir von "Menschlichkeit" sprechen.

Deine Frage zeigt, dass es Dir fehlt und das Du darum kämpfen wirst!

Du wirst den Weg finden!

Und ich bin froh und stolz, Deinen Weg gekreuzt haben zu dürfen!

Alles Liebe,

Bernd