Problem von Sina - 18 Jahre

Keinen Ausweg

Hey,

Vor Drei Jahren wurde ich in eine Psychiatrische Klinik eingewiesen, wegen Depression und Angst Störung. Ein paar Monate wurde ich ambulant behandelt und dann fast ein ganzes Jahr stationär. Mit Medikamenten und der Therapie ging es mir auch besser. Ich habe die Schule gewechselt und habe mich dort wirklich wohl gefühlt. Ich mochte die Lehrer dort und habe neue Freunde gefunden. Noch dazukam das dadurch das es eine Schule für Sehbehinderte war, die Klassen mit 8 Schülern klein und übersichtlich waren.

Letztes Jahr habe ich mein 10 Schuljahr begonnen (Realschulabschluss), ich war glücklich, ich hatte Zukunftsperspektiven. Ich wollte Abitur machen, wie mein Bruder. Und auch wenn ich nicht so schlau wie mein Bruder bin so waren meine Noten gut genug. Ich hatte ein Beratungsgespräch mit einer Internatsschule und die haben gesagt das es keine Probleme geben würde. Also habe ich mich angemeldet. Habe BAföG beantragt. Alles war gut. ich hatte keinen Stress!!!

Und dann mit einen mal, einen Monat vor den ZAPs bin ich einfach nicht mehr zur Schule gegangen. Nur Drei Tage. Und ich dachte, kein Problem ein Durchhänger, passiert denn besten von uns, richtig? Aber dann konnte ich einfach nicht mehr unser Haus verlassen. Meine Panikattacken waren zurück als wäre ich immer noch dieses kleine Mädchen von damals. Als hätte ich nicht so hart dafür gearbeitet normal zu werden.

Und ich habe mich geschämt, weil ich hatte es überwunden! Mir ging es gut! Ich war glücklich! Nur ich konnte das Haus nicht mehr verlassen. Und ich habe getrunken und tat das was ich damals auch immer getan hatte wenn ich überfordert war. Ich nahm denn nächstbesten Gegenstand und habe mich tief geschnitten. Es war mehr Blut als sonst, und ich weiß nicht ob es er Alkohol war oder der Schock aber ich bin ins Krankenhaus gegangen und die haben es genäht. Netterweise haben sie den verband so gewickelt das er auch über meine Hand ging. Den Leuten habe ich gesagt ich wäre gefallen.

Es hat alles nur noch schlimmer gemacht. In der nächsten Woche war ich dieses Häufchen Elend. Und ich habe wirklich keine Ahnung wann alles so außer Kontrolle geraten ist. Ich versteckte das Telefon weil es ständig klingelt (meine Mitschüler und Lehrer) Und habe jeden Tag die Post durchsucht weil nach zwei Wochen die Briefe wegen unentschuldigtes Fehlen kamen. (zu der zeit war ich noch 17 und sie waren rechtlich verpflichtet meiner Mutter bescheid zu geben)

Und erst eine Woche nach den ZAPs konnte ich mich überwinden meine Klassenlehrerin anzurufen. Und sie war nicht mal sauer, nur besorgt und das machte die Sache noch schlimmer weil das alles war sinnlos. Ich hatte keine Probleme, alles war gut. Und ich habe es in denn Sand gesetzt.

Meiner Familie konnte ich das nicht sagen. Wie denn? Was denn? Meine Mutter, und ich weiß das klingt jetzt überzogen und Melodramatisch, hätte es das Herz gebrochen. Ich weiß genau wie sie reagieren würden. Niemand würde mich anschreien. alle wären nur still und enttäuscht und Machtlos, und ich wollte einfach nicht darüber nachdenken. Also habe ich einfach weiter so getan als hätte ich meinen Abschluss gemacht. Als wäre die Möglichkeit mein Abi zu machen immer noch in Reichweite. Die ganzen Ferien über.

Nur die Ferien sind vorbei und es wird mir jetzt alles um die Ohrenfliegen. Und ich war seid Wochen nicht mehr draußen. Habe seid Wochen keinen Tag gehabt in dem ich nicht gelogen habe. Fühle mich mießer denn jeh. Und habe wieder dieses typischen Sina Gedankengang. Du siehst keinen Ausweg? Dann nimm ein Messer und bring dich um! Erbärmlich? Ohne Frage. Und ich bezweifle das ich denn Mumm dazu hätte es durchzuziehen. Aber ich weiß einfach nicht was mach ich von hier aus. Sackgasse, ich habe keine Ahnung, keinen Ausweg.

Und ich weiß ich bin 18, ich sollte das ganze erwachsener angehen. Und ich bin gewiss zu alt hier rein zu schreiben. Aber ich bringe es nicht über mich jemanden direkt davon zu erzählen, wen es auch nur übers Telefon ist.

Danke fürs 'zuhören', jedenfalls.

Dana Anwort von Dana

Liebe Sina!

Zuerstmal: diese Probleme, die wieder gekommen sind, haben rein gar nichts damit zu tun, dass du dich nicht erwachsen und vernünftig verhältst und das doch gefälligst tun solltest. Angststörungen sind das, was sie sind: Störungen. Die kann man nicht einfach mit Vernunft übertünchen, das funktioniert nicht. Auch hat es nichts damit zu tun, dass es dir sonst gut geht. Das kann völlig nebeneinander her laufen, so grotesk das klingen mag.

Leider gibt es die Möglichkeit, dass nach einer ganzen Weile, wo alles gut gegangen ist, diese Störungen nochmals aufbrechen können. Auch dafür kannst du nichts, das muss nur ein minikleiner Aufhänger gewesen sein, irgend ein winziger Trigger...und ZACK, alles ist wieder vorne im Kopf und du mitten drin.

Ich würde dir daher dringend empfehlen, die WAHRHEIT zu sagen. Deinen Eltern, den Erziehern und Lehrern im Internat. Und dann gehst du zurück an den Punkt, an dem du Gewissheit hast: hier wurde mir damals schon geholfen. Nimm die Therapieform wahr, die damals heilsam für dich war. Ob das nun die Zeit in der Klinik war oder die Therapiezeit mit einer bestimmten Therapeutin/einem bestimmten Therapeuten. Wenn du weiterhin schweigst und es vertuschst, wird der Druck auf dich immer mehr steigen. Es werden immer mehr Lügen nötig, es wird dir immer schlechter gehen. Du schonst dich ja damit nicht, dass du alles für dich behältst und schwindelst. Im Gegenteil, es wird doch immer schlimmer. Falle nicht in frühere Verhaltensmuster zurück! Brich sofort durch und lass dir wieder helfen!

KEINER wird enttäuscht von dir sein, Sina! Wirklich! Besorgt schon, das musst du hinnehmen, das können Menschen, die dich mögen oder lieben, nicht einfach abstellen. Aber du bekommst dann wieder Hilfe und musst die Last nicht alleine mit dir herum schleppen. Und wenn du deine Prüfungen einfach ein Jahr später machst, wird die Welt davon auch nicht untergehen. Du bist noch jung, du hast noch Zeit. Aber du solltest gesund sein und die Gesundung sollte an erster Stelle stehen.

Schau, du bist schon so schön weit gekommen. Du hast schon tolle Erfolge erzielt. Lass dich nicht davon entmutigen, dass in dir doch nochmals etwas durcheinander gekommen ist. Du bist nicht alleine damit. Das passiert vielen! Und es ist weder peinlich, noch bist du deshalb dumm oder wenig erwachsen. Du bist du und du solltest dafür kämpfen, dass du auch weiterhin so erfolgreich sein kannst. Du hast dich gut gefühlt und da willst du doch sicher wieder hin!

Manchmal muss man einfach auch mal den Mut haben, einen Schritt zurück zu gehen, um dann mit neu gewonnener Kraft wieder nach vorne zu schreiten. Ich bitte dich, hab den Mut, darüber zu berichten, den Vertrauenspersonen um dich herum davon zu erzählen und nochmals eine Therapieauszeit zu nehmen, um dich wieder zu stabilisieren. Danach kannst du es auch wieder mehr genießen, dass es dir "eigentlich gut geht". =)

Alles Liebe, Sina! Viel Erfolg und Durchhaltevermögen!
Ich bin mir sicher, du schaffst es nochmal. Es ist diesmal ja nur eine kleine Hilfe nötig, damit alles wieder ineinander läuft.

Alles Gute!

Dana