Problem von Ernst - 17 Jahre

Total versagt im Leben

Hallo Kummerkasten Team, ich bin der Ernst (Name aus Anonymitätsgründen erfunden) und möchte hier einen ersten Schritt zur Hilfesuche starten.

Ich weiß das dieser Text sehr lange wird, dennoch möchte ich mich recht kurz halten.

In meinem Leben lief es bisher absolut "scheiße" auf gut Deutsch gesagt. Ich habe äußerst viele und vor allem gravierende fehler gemacht. Ich möchte mal zurück an meine Kindheit denken. Recht früh haben sich meine Eltern getrennt, ich war derweil 6 Jahre alt. Meine Schwester ist 7 Jahre älter als ich und dementsprechend war sie 13. Anfangs habe ich alles nicht so wirklich verstanden, es war eine Nacht und Nebel Aktion meiner Mutter, die einen neuen Freund und später meinen Stiefvater kennen gelernt hatte. Es ging am Tag davor ziemlich rund, wie auch die letzten Jahre zwischen meiner Mutter und meinem Vater. Beide haben bis heute ein schwieriges Alkoholproblem. Die erste Zeit war für mich eher weniger Problematisch, ich war eben noch ziemlich klein und habe das alles nicht so mitverfolgt. Ich habe nur meinen Vater vermisst und die sonstigen Verwandten.

Recht früh kriselte es ebenfalls in meiner Mutter ihrer neuen Beziehung, aber beide Heirateten dennoch 2006. Die Zeit war überhaupt nicht toll, ganz im Gegenteil. Es gab Handgreiflichkeiten zwischen meiner Mutter und meinem Stievvater, was ich mir immer mitansehen musste und auch im Alter von 11-12 meine Mutter die natürlich wieder einmal voll im Rausch des Alkohols trösten und beruhigen musste. Ich will nicht alles erklären, das würde zu lange dauern, ich kann allerdings sagen, ich habe viel erlebt was mich geprägt hat, im Negativen Sinne und Positiven.

Mittlerweile bin ich ein Junger Mann geworden, mit einer schlechten Vergangenheit. Meine Probleme sind mal groß, mal klein. Im Moment versuche ich über die Runden zu kommen, gebe mein bestes um nicht in Drogen und Selbstmord oder sonstiges abzurutschen, auch wenn ich sagen muss, wenn ich die möglichkeiten hätte, ich nicht wüsste ob ich widerstehen könnte.

Ich bin derzeit ein Psyschiches Wrack, bin Sozial komplett Isoliert, habe keinerlei Freunde und keinerlei Kontakt zur Außenwelt. Dabei bin ich doch erst 17 Jahre. Dazu kommt, dass ich mit 14 in der 7. Klasse sitzen geblieben bin, die Schule wechseln musste und mit der neuen Umgebung und Leuten nicht zurecht kam, weil ich eben Älter und Reifer war. Ich möchte nicht Arrogant klingen, aber ich bin keinesfalls Dumm oder sonstiges. Ich muss meinen Abschluss nachholen, weil ich abgebrochen habe. Allerdings fällt es mir sehr schwer, konsequente "erste schritte" zu machen. Ich fühle mich überall falsch behandelt und missverstanden. Ich komme mit niemanden aus. Dabei bin ich ein Respektvoller und Fürsorglicher Mitmensch, der einfach jedem Helfen möchte und selbst viel zurücksteckt. Vielleicht etwas zu viel manchmal.

Ich kann absolut keine Gesprächsthemen zur anderen Personen aufbauen, weil ich nichts zu erzählen habe. Ich erlebe ja nichts, weil ich nicht raus komme aus meiner Wohnung. Ich hocke den ganzen Tag vorm PC und gehe Gesundheitlich und Psychisch Tag für Tag vor die Hunde. Ich bin mir dessen durchaus bewusst, aber kann einfach nichts dran ändern, weil ich nicht weiß wie. Es ist schwierig Freunde zu finden wenn man keinerlei Perspektiven hat.

Ich lebe von ALG II mit dem jungen Alter und kann nichts dagegen tun, weil ich absolut Unmotiviert bin. Ich bin Depressiv, Pessimistisch und Gefühlskalt.

Dabei möchte ich einfach nur normal Leben und mehr nach draußen kommen. Wie kann ich diese barrieren überwinden? Bitte helft mir. Ich ertrage mein Elend einfach nicht mehr.

Florian Anwort von Florian

Hallo Ernst


Was würdest Du sagen, wenn Du binnen weniger Sekunden glücklich, gelassen und vollkommen motiviert wärst? Was würdest Du sagen, wenn Du innerhalb dieser Sekunden alle Deine Sorgen, Deine Vergangenheit und alle Ängste die Dich quälen um Dich herum vergisst? Und was würdest Du sagen, wenn Du Dich dabei noch nicht einmal anstrengen musst und alles scheinbar wie von selbst laufen würde?

Nein, das ist weder eine Übertreibung oder gar Wunschdenken. Alles das ist binnen weniger Sekunden möglich. Doch bevor ich Dir erkläre, wie genau Du das erreichst, wäre es ersteinmal hilfreich zu wissen was genau Dein Problem ist und warum es besteht. Dann ist es umso einfacher die Methode zu verstehen, die ich Dir zeigen möchte.


Alles was Du in Deiner Nachricht an uns geschrieben hast bezieht sich entweder auf die Vergangenheit, also Deine schlechte Kindheit oder Dein fehlender Abschluss, bzw. es geht um Deine Zukunft, also der Wunsch ein normales Leben zu führen oder den Abschluss nachzuholen. Auch Deine Depression bezieht sich auf Deine Vergangenheit, durch Gedanken wie "eigentlich war mein Leben immer schon so...". Und Dein Pessimismus bezieht sich auf Deine Zukunft, durch Gedanken wie "es wird nie besser...". Deine Gefühlskälte wiederum ist eher das Ergebnis der Depression, wobei hier die Gefühle nicht wirklich kälter sind, sondern einem alles nur so vorkommt. Deine fehlende Motivation ist wiederum dem Pessimismus geschuldet, warum sich auch aufraffen wenn nach eigener Vorstellung eh nichts besser wird. Insgesamt spielen also alle Deine Probleme entweder in der Vergangenheit oder in der Zukunft ab.

Doch was ist nun mit Deiner Gegenwart? Die Gegenwart ist die einzigste Zeitform in der wir aktiv handeln können. Die Vergangenheit können wir nicht mehr ändern. Die Zukunft wiederum ist noch nicht geschehen, sie ist also auch nicht vorhersehbar. Trotzdem beeinflussen Dich Deine Sorgen um die Zukunft und Deine Gedanken um Deine Vergangenheit in der Gegenwart und somit auch Dein Handeln.
Aber, und das ist die gute Nachricht, dies funktioniert nur solange wie die Vergangenheit und die Zukunft in unserem Bewusstsein umherirrt. Denn nur wenn wir an unsere Vergangenheit denken, kann uns all das schlechte einfallen was darin geschieht. Und nur wenn wir an unsere Zukunft denken, können wir uns Sorgen darüber machen, was wohl morgen, in einer Woche oder in einem Jahr passieren wird.

Für unsere Gegenwart sind jedoch solche Gedanken jedoch uninteressant. Die Gegenwart passiert jetzt, was davor war lässt sich nicht ändern und was kommen wird lässt sich nicht sagen. Es zählt also für die Gegenwart einzig das hier und jetzt. Nicht mehr und nicht weniger. Was davor war oder später kommen wird ist egal.
Um das mal etwas griffiger zu beschreiben: Man stelle sich eine Brand in der eigenen Wohnung vor. Man wacht in dieser Wohnung auf. Was würden wir tun? Uns fragen wie es dazu kommt? Oder uns fragen wie unsere Versicherung darauf reagiert? In diesem Fall handeln wohl so ziemlich alle gleich: Sie suchen einen Fluchtweg und laufen was das Zeug hält. Das ist es was in diesem Moment zählt, nämlich das was im Moment vorliegt und wie man darauf reagiert. Wir reagieren darauf, sogar noch bevor wir überhaupt realisiert haben was da vor sich geht. Unser Unterbewusstsein hat hier schon reflexartig reagiert, das Bewusstsein darüber kommt erst später. So auch die Sorgen, ob man jetzt obdachlos ist oder ob die Versicherung zahlen wird etc. Auch die Analyse, also die Suche nach dem "Warum", findet erst jetzt statt, nicht aber während der Flucht.


Es ist in der Tat das Bewusstsein, was sich seine Probleme und Ängste selbst kreiert. Denn nur das Bewusstsein denkt in den Zeitformen Zukunft und Vergangenheit. Jegliches Problem das Du aktuell wahrnimmst, stammt von Deinem Bewusstsein. Dein Unterbewusstsein erfasst all das nicht als Probleme. Es kennt keine Sorgen, sondern nur Reaktionen auf das was gegenwärtig auf uns zukommt. Ob der Moment gut oder schlecht ist, die Reaktion darauf moralisch korrekt oder falsch oder ob das für unsere Zukunft irgendwie relevant ist oder nicht, interessiert unser Unterbewusstsein nicht. Das sind Fragen und Bewertungen des Bewusstseins.
Unser Unterbewusstsein interessiert nur eines, nämlich die Bedürfnisse des Körpers. Danach strebt es. Das sind seine Wünsche. Das Unterbewusstsein will dem Körper das geben was es benötigt. Nicht mehr und nicht weniger. Damit ist unser Unterbewusstsein bedarfsorientiert.
Unser Bewusstsein hingegen interessieren diese Bedürfnisse nicht oder nur zu einem geringen Anteil. Das Bewusstsein orientiert sich an Vorstellungen die teilweise unhaltbar sind. So will das Bewusstsein die Vergangenheit korregieren und die Zukunft nach eigener Vorstellung gestalten, unabhängig davon ob dies überhaupt umsetzbar ist oder nicht. Damit ist das Bewusstsein stark zukunftsorientiert.

Das wäre also uninteressant, wenn da nicht noch eine Tatsache wäre welche das Bewusstsein vom Unterbewusstsein grundlegend unterscheidet. Es geht um Glück bzw. das Gefühl von Glück und Zufriedenheit. Dieses Gefühl setzt immer dann ein, wenn ein Bedürfnis erfüllt wurde, also immer dann wenn dem Unterbewusstsein gefolgt wird. Das Bewusstsein ist auch auf Glücksgefühle aus, aber eben erst für die Zukunft. Es glaubt nämlich das die Dosis unserer Glückshormone die ausgeschüttet werden, umso größer wird je länger wir auf ein Ziel hinarbeiten und somit erst in der Zukunft ein Bedürfnis befriedigen. Dies ist jedoch ein Irrtum, denn die Glücksdosis lässt immer wieder schnell nach. So sind mehrere aufeinanderfolgende Ausschüttungen von Glückshormonen ein besserer Garant für ein glücklicheres und zufriedeneres Leben. Und genau das ergibt sich dadurch, wenn man dem Unterbewusstsein folgt.


Nun ist es ziemlich ersichtlich, welche Methode ich am Anfang meinte. Es geht schlicht darum dem Unterbewusstsein freie Hand zu geben bzw. die Bedürfnisse unseres Unterbewusstseins zu erfüllen und so zu einem glücklicheren Leben zu gelangen. Das bedeutet auch im Hier und Jetzt zu leben und die Zukunft bzw. die Vergangenheit weitgehend aus den Gedanken zu verbannen.
Die Folgen, um das schon vorweg zu nehmen, sind weitreichend. Folgt man seinem Unterbewusstsein so handelt man impulsiver und spontan. Das bedeutet kein langes Überlegen mehr, egal ob es darum geht Entscheidungen zu treffen, sich auf ein Gespräch einzulassen oder sonstwie zu handeln. Alles wird intuitiv ablaufen, um nicht zu sagen reflexartig. Die Zeit gerät in den Hintergrund, die Bedürfnisse in den Vordergrund. Es wird versucht alle Bedürfnisse schnellstmöglichst zu befriedigen. Wird das geschafft, sind Zufriedenheit die Belohnung und das wiederum führt zu einem positiveren Selbstbild. Auch wird der Körper seine ganzen Bewegungsabläufe optimieren, der Gang bzw. das Auftreten werden aufrechter und selbstsicherer, die Geschwindigkeit des Ganges oder der Reflexe nimmt zu ohne dabei mehr Anstrengung zu verspühren. Man wird geselliger, freundlicher und aufgeschlossener. Insgesamt sind dann also Depressionen, Pessimismus und Gefühlskälte passe. Auch die Motivation nimmt zu. Das was angepackt wird, wird mit voller Leidenschaft angepackt.



Wie lässt sich das nun erreichen?

Das Bewusstsein muss von seiner aktuellen Rolle des Chefs im Kopf zu seiner natürlichen Rolle zurückgebracht werden, nämlich der des stillen Beobachters. Alles was wir also bewusst erleben, sollen wir nur erleben. Keine Bewertung und kein Versuch das Handeln zu beeinflussen.
Erreicht wird das einfach indem man sich mit dem Bewusstsein auf etwas konzentriert was gegenwärtig passiert. So kann man sich z.B. einfach nur auf seine Atmung konzentrieren. Oder auf bestimmte Geräusche wie das Rauschen von Blättern im Wind oder dem Fluss des Verkehrs auf einer Hauptstraße. Man kann auch einfach nur auf einen Punkt an der Wand starren. Jeder Sinn kann eingesetzt werden, solange er sich nur auf etwas gegenwärtiges konzentriert und dies nicht bewertet.
Bereits nach wenigen Sekunden werden die Sorgen und Ängste vergessen. Sie fließen nurso davon. Es gibt nurnoch die Gegenwart und nichts weiter. Du bemerkst plötzlich bestimmte Bedürfnisse die Du zuvor nicht wahrgenommen hast. Du verspürst den Drang diese erfüllen zu wollen. Am Anfang hälst Du Dich vielleicht noch zurück, weil Du sie bewusst bewertest und dann als unsinnig oder einfach nur absurd sehen wirst. Wenn Dir das bewusst wird versuche wieder in die Gegenwart zurückzukehren und nur darauf zu konzentrieren im hier und jetzt zu sein. Gerade am Anfang wird das häufiger vorkommen, keine Sorge also. Wenn Du diesen Punkt überwindest, geht es für Dich daran diese Bedürfnisse zu erfüllen. Du kannst bewusst wahrnehmen wie dies geschieht, aber Du greifst nicht ein. Deine Bewegungen werden automatisch ablaufen. Schließlich wird das Bedürfnis, welches es auch immer sein mag, befriedigt werden. Es setzt die Zufriedenheit ein, gefolgt von dem nächsten Bedürfnis.

Durch bestimmte Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen, wie etwa Meditation, kannst Du diese Bewusstseinssteuerung besser und schneller trainieren. Sie sind aber nicht zwingend notwendig. Zu Anfang kann es auch reichen, nur in bestimmten Situationen in diesen unbewussten Modus zu schalten oder einfach zu probieren wann es am besten funktioniert. Auch das trainiert die Bewusstseinssteuerung.


Ich verwende diese Methode selbst; zumeist noch in bestimmten Situationen und nicht ganztägig. Insgesamt sind meine Erfahrungen (wie oben beschrieben) sehr positiv. Ich bin entspannter, zufriedener und fühle mich schlicht glücklicher. Zudem hilft es mir mit bestimmten Situationen zurecht zu kommen, die ich sonst vielleicht vermieden hätte.

Probiere es also ruhig ein- oder zweimal aus und bilde Dir Dein eigenes Urteil.


Ich wünsche Dir alles Gute.


Gruß

Florian