Problem von Anonym - 14 Jahre

Mich zu ändern bringt es doch auch nicht.

Hallo.
Ich weiß nicht warum ich eigentlich noch auf der Welt bin. Ich mach alles Falsch und alles und jeder hasst mich. Wofür braucht man ein Mädchen das Depressiv und Selbstmordgedanken hat? Ich mein, so ein Mädchen macht doch alle anderen auch Traurig. Meine Gedanken allein, zerfressen mich von innen. Ich bin Leer und Tod. Das Gefühl, zu wissen das man das man den wichtigsten schritt zum erwachsen werden schon verloren hat, ist echt beängstigend. Zu wissen du kannst nicht mehr stolz sagen 'Ja ich bin Jungfrau und will mit meiner Großen Liebe mein erstes mal haben'. Es ist hart, es ist hart zu wissen das dich niemand versteht. Das es niemanden interessiert,dass jeder sich darüber lustig macht. Ja die Depressionen sind stärker geworden. Ich geb es zu. Ich war selten an so einem Punkt wo ich einfach mit einem Schnitt alles beenden will. Ich denke oft daran, wie es wäre wenn meine Eltern sich nie getrennt hätten, wie es wäre wenn ich noch Jungfrau wäre und wie es wäre wenn ich keine Narben an meinem Körper und im Herzen hätte. Ich hab oft diesen Gedanken. Ich sehe mich in meinen Träumen, wie meine engste Familie an meine Grab steht und sich fragt warum ich das getan habe. Warum ich nie geredet habe, mich nicht geäußert habe, alles in mich hinein gefressen habe. Ich stehe wieder vor dem Spiegel und will mich umbringen. Ich nehme wieder die Klinge und setzte sie an.

Delia Anwort von Delia

Hallo liebe Fragestellerin

Danke, dass du uns dein Vertrauen schenkst.

Du schreibst, dass du den wichtigsten Schritt zum Erwachsen werden verloren hast. Aber wie kommst du auf die Idee, dass der wichtigste Schritt die Entjungferung durch die große Liebe ist? Wenn es so wäre, könnten die meisten Menschen nicht erwachsen werden. Denn seien wir mal ehrlich, der Großteil der Menschen bleiben nicht mit dem Partner zusammen, mit dem sie ihr erstes Mal hatten und würden die Person hinterher auch nicht als große Liebe bezeichnen. Man kann in jungen Jahren auch einfach nicht abschätzen, welche Richtung eine Beziehung mal nehmen wird. In dem einen Moment wirkt jemand wie die große Liebe und in nächsten Moment fragt man sich, wie man nur so etwas verrücktes hatte glauben können.

Erwachsen werden ist viel mehr als eine Entjungferung und Sex. Mehr als nur eine Entscheidung. Vielmehr ist es eine ganze Reihe an Entscheidungen die man im Leben trifft. Unter anderem auch die Entscheidung, unabhängig und selbstständig werden zu wollen. Aber auch die Fähigkeit, seine Fehler zu akzeptieren und aus ihnen zu lernen. Den Willen, nicht davonzulaufen wenn es schwierig wird und wieder aufzustehen wenn man gefallen ist. Der Versuch seinen eigenen Weg in diesem Chaos namens Welt zu finden.

Du hast noch unzählige Möglichkeiten erwachsen zu werden und zu beweisen, dass du eine gewisse Reife besitzt. Die Entjungferung ist nur ein winziger Teil dieses Ganzen, ein kurzer Moment in deiner Geschichte, an den du dich zwar natürlich lange erinnern wirst, der aber nicht dein restliches Leben bestimmt. Vielleicht hast du wirklich eine falsche Entscheidung getroffen und ja, so etwas tut weh und man schlägt sich mit der Reue herum und wünschte es wäre anders abgelaufen aber letztendlich kann man selbst entscheiden, wie viel Raum man einer einzigen falschen Entscheidung in seinem Leben geben möchte. Und Sex ist kein Grund um sich selbst etwas zu verweigern oder um sich ewig schuldig zu fühlen. Und sicherlich kein Grund der einen am Erwachsen werden hindert.

Davon abgesehen: Du bist erst 14. Du scheinst schon einiges durchgemacht zu haben und für dein Alter sogar reifer zu sein als die meisten Kinder in deinem Alter. Du musst noch nicht erwachsen sein, du brauchst diesen Anspruch an dich noch nicht zu haben. Du bist in einem Reifeprozess in dem du lernst was für dich richtig und was falsch ist, in dem du viele Fehler machst und teilweise auch machen musst damit du aus ihnen lernen kannst. Dein Leben ist nicht vorherbestimmt, du hast noch alles in der Hand und kannst es steuern. Du hast immer noch die Macht und Kontrolle und auch wenn du dich derzeit hilflos fühlst, sagt das nichts darüber aus, wie du dich in einigen Monaten fühlen könntest. Diese ganzen schlechten Gefühle in dir, diese Wut, diese Trauer, diese Hilflosigkeit, dieser Schmerz, all das füllt momentan deine ganze Welt, dein ganzes Denken aus, aber in Wirklichkeit ist es nur ein Bruchteil deiner Lebenszeit, ein kleiner Teil von dem, was dich wirklich ausmacht.

Du fragst wozu man ein depressives Mädchen braucht, da es ja deiner Ansicht nach alle anderen auch nur traurig macht. Dass du andere mit deiner Einstellung traurig machst, mag stimmen, aber gleichzeitig kannst du Menschen auch dazu bringen Empathie zu entwickeln und sich Gedanken darum zu machen was im Leben wirklich wichtig ist. Zu erkennen, dass man nicht immer die Rolle des glücklichen Menschen spielen muss, sondern auch einfach mal traurig und deprimiert sein kann. Die meisten in deinem Alter werden noch nicht so weit sein und ich glaube dir ohne jeden Zweifel dass es momentan sehr hart für dich ist.

Natürlich kann ich dir nicht deine Zukunft vorhersagen, schließlich kann ich nicht hellsehen, aber ich war auch mal 14 und ich hatte einige Leute im Freundes- und Bekanntenkreis, die ganz ähnlich dachten wie du. Und damit meine ich nicht nur die deprimierten Gedanken, sondern ich rede von selbstschädigendem Verhalten in Form von Ritzen, starkem Alkoholkonsum, Drogenkonsum und auch Selbstmordversuchen. Zum Glück haben es alle von ihnen durch diese Zeit geschafft und jeder einzelne von ihnen lebt heute ein Leben, das vielleicht nicht das wunderschöne Märchen ist, aber in dem sie zufrieden sind und etwas für sich persönlich erreicht haben. Und das obwohl sie im Jugendalter dachten, sie wären zu nichts zu gebrauchen, ihr Leben wäre sinnlos und es würde niemals besser werden. Eine von ihnen hat mit 23 Jahren ein Kind bekommen. Sie hätte niemals gedacht, dass sie nach all dem Mist den sie durchgemacht und auch selbst verursacht hat, nach all den selbst zugefügten Narben, den falschen Wegen und den falschen Freunden, so etwas wundervolles und perfektes wie ihre Tochter auf die Welt bringen würde. Und doch hat sie genau das geschafft.

Was ich damit sagen möchte: Du bist nicht leer und erst recht bist du nicht tot. Du bist randvoll mit Gefühlen, mit denen du verständlicherweise nicht klarkommst und die dein ganzes Denken und Fühlen kontrollieren. Aber das muss nicht so bleiben, wenn du dir selbst wirklich eine Chance gibst, WIRD es nicht so bleiben! Aber dafür musst du etwas tun und deswegen bitte ich dich darum, dass du mit jemandem über deine Probleme redest. Am besten wäre natürlich ein Elternteil oder jemand anderes aus deiner Familie, es könnte aber ebenso ein netter Vertrauenslehrer sein oder sonst jemand von dem du denkst du könntest dich ihm in irgendeiner Art und Weise anvertrauen. Und mit der Person zusammen kannst du dann entscheiden, wie es weitergehen soll. Ich würde dir auf jeden Fall professionelle Hilfe empfehlen. Ein paar Tipps dazu findest du hier: http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Wie-finde-ich-einen-Psychologen.html

Solltest du dich in einer Situation befinden, in der du absolut keinen anderen Ausweg siehst als dich selbst zu verletzen oder dir etwas anzutun, möchte ich dir auch noch die Telefonseelsorge empfehlen (http://www.telefonseelsorge.de/#). Rechts auf der Seite steht die Nummer, die du jederzeit und kostenlos anrufen kannst und wo du anonym dein Herz ausschütten kannst ohne Angst zu haben dafür verurteilt zu werden oder dass dich jemand erkennt.

Es gibt viele Leute in deinem Alter denen es ähnlich geht wie dir. Du musst diesen Kampf nicht alleine führen und auch wenn du dich wertlos fühlst, hast du immer noch das Recht um Hilfe zu bitten und diese zu erhalten. Dass du es bis jetzt ausgehalten hast, zeigt dass du stärker bist als du denkst. Ich bin mir sicher, dass du diesen Weg auch noch weiter gehen kannst und dass es sich am Ende lohnen wird.

Ich wünsche dir alles, alles Gute
Delia