Problem von Larissa - 15 Jahre

Suizidversuche bis es mal klappt. Alles von vorne.

Hallo liebes Kummerkasten-Team,
ich habe auch schon mal vor ca. einem halben Jahr geschrieben, mit diesem Beitrag: http://mein-kummerkasten.de/291206/Kurz-vorm-Selbstmord-2-Versuch.html
Ich will nicht schon wieder nerven, und schließlich habt ihr bestimmt schlimmere Fälle als mich, aber ich schaffs nicht, und ich kann einfach nicht mehr, und stehe schon wieder kurz vorm nächsten Suizidversuch. In diesem halben Jahr hat sich noch einiges getan. Ende Mai habe ich zufällig erfahren, das die Hälfte meiner Familie nicht meine leibliche Familie ist, und es ist alles endgültig zusammengebrochen. Ich habe die Therapie abgebrochen, angefangen zu hungern, und zu rauchen, und habe versucht mich mit 30 starken Tabletten für meinen Opa umzubringen. Das lief einzig darauf hinaus, das ich auf die Intensivstation ins Krankenhaus kam. Und danach für 2Monate in die Geschlossene, und dann noch 2Monate in die Offene Psychiatrie. Dort haben sie diagnostiziert, das ich Depressionen und eventuell Borderline hab. Und nun, nach 4Monaten Klapse bin ich seit 2Wochen wieder zuhause, und alles ist wieder genauso scheiße. In der Schule komme ich überhaupt nicht mehr mit, da ich so lange
gefehlt habe, und es haben sich komplett alle von mir abgewand, und die ganze Schule starrt mich an. Mein Selbstbewusstsein ist völlig im Arsch. Ich verkrieche mich hinter meinen Büchern und meiner Musik und mache eigentlich nichts mehr. Ich rauche zu viel, bin durch das Essen müssen in der Klinik fett geworden, und esse seit einer Woche nichts mehr.Dad Selbstverletzen hat wieder zugenommen, und die nächsten Tabletten, aber dieses Mal in der doppelten Dosis liegen schon bereit. Mit meiner Mutter ist es doppelt kompliziert geworden, und eigentlich schreien sich alle in meiner 'Ach so tollen Familie' nur noch gegenseitig an, und meinem Opa gehts wieder richtig schlecht deshalb. Ich hab fucking niemand mehr, da alle kaputt sind. Meine Mutter hat mit sich selbst zu kämpfen, und ich interessiere sie einen Scheißdreck, sie übt nur Rache an der restlichen Familie aus. Meine Oma ist kaputt gegangen durch meine Mutter, und schreit mich durchgehend nur noch an, es solle doch jemand für sie da sein. Mein Opa will nur noch sterben. Mein Vater versteckt sich hinter seiner Familie, und will mit der ganzen Sache nichts zu tun haben. Mein Onkel redet meine Mutter schlecht, und sagt mir, unsere Familie sei toll. Freunde hab ich keine mehr.
Es interessiert mich nichts mehr. Ich will nur noch sterben. Das Leben wird nicht besser, nur schlechter. Ich gebe auf. Es wird nicht besser werden.
Ich schreibe mir hier mal alles von der Seele, und vllt kommt ja eine Antwort, ich würde darum bitten.
Danke,
und alles Liebe,
Larissa

Michaela Anwort von Michaela

Liebe Larissa.

Ich habe etwas Zeit gebraucht, um über eine Antwort an dich nachzudenken, hoffe aber sehr, dass sie dich erreicht und dir vielleicht etwas weiterhilft.
Nachdem ich deine Situation jetzt wieder ein bißchen besser kenne, kann ich gut verstehen, dass du alles als auswegslos und niederschmetternd empfindest. Niemand hat es verdient, so Leben zu müssen und sich so behandeln zu lassen. Du kämpfst schon so lange und stehst mit dem Rücken zu Wand, ohne das von irgendwoher Hilfe kommt. Dass man dann irgendwann an einem Punkt ankommt, an dem man über das Aufgeben nachdenkt, kann ich gut verstehen.
Vor einem halben Jahr habe ich dir bereits geschrieben, dass du nicht für das Glück deiner Mutter verantwortlich bist. Diesen Ausspruch erweitere ich nun auf den Rest deiner Familie:
DU bist nicht für das Glück oder die Zufriedenheit deiner nächsten Anverwandten zuständig. Wenn diese vielen erwachsenen Menschen keinen Weg finden, auf vernünftige Art und Weise miteinander zu reden und auszukommen, ist das schlimm und sehr ungesund für dich. Aber du kannst nichts dafür und du kannst daran auch nichts ändern. Ich würde sie gerne alle miteinander nehmen und einmal schütteln, weil sie scheinbar nicht sehen, wie sehr du momentan auf ihren Rückhalt und ihre Stärke angewiesen wärst. Es ist ein Unding, wie sie dich in der Scheisse sitzen lassen; tut mir leid, wenn ich das so deutlich sage!
Du bräuchtest so dringend eine intakte Familie oder wenigstens eine Bezugsperson, die deine momentanen Bedürfnisse in den Vordergrund stellt und nicht nur auf die eigenen Probleme schaut. Die scheint es aber momentan bei euch nicht zu geben.
Deshalb ist es jetzt ganz wichtig für dich, dass du dich ab sofort nur noch um dich und deine Bedürfnisse kümmerst. Du bist jetzt am wichtigsten! Niemand anderes, nur noch du.Ich weiß, dass ich dir damit viel abverlange, weil du dir so sehr eine intakte Familie wünschst, aus der du Kraft und Rückhalt ziehen kannst. Zur Zeit ist das aber nicht möglich; deshalb muss du dich auf das Besinnen, was du noch hast: deine eigene Stärke und den unbedingten Willen, aus diesem ganzen Mist herauszukommen. Denn das hast du auf jeden Fall; auch das habe ich dir bereits letztes Mal geschrieben. Halte dich daran fest!
Der erste Schritt, den du machen musst: raus aus dieser sogenannten Familie und deinem Umfeld. Wende dich bitte an deinen zuständigen Sachbearbeiter im Jugendamt und schildere dort deine jetzige Situation. Sie werden eine Lösung finden; vielleicht ist es möglich, dass du in einer betreuten Wohngruppe unterkommen kannst.
Wichtig ist auch, wieder in Therapie zu gehen. Der Abbruch der ersten Therapie hat dir nicht gutgetan, deshalb ist es notwendig, dass du wieder Kontakt zu deinen Ärzten aufnimmst und an deiner Genesung arbeitest. Du hast in der Psychiatrie eine mögliche Diagnose bekommen; es ist wichtig, dass zweifelsfrei fesgestellt wird, ob tatsächlich Borderline vorliegt. Und wenn das der Fall ist, muss das therapiert werden, genauso wie die Depressionen. Von allein wird sich dein Zustand nicht bessern, du brauchst hierfür professionelle Hilfe und dieses Mal vielleicht ganz ohne Kontakt zu deiner Familie zu haben. Du musst raus aus diesem Umfeld, wenn es dir wieder besser gehen soll. Denn das ist jetzt das allerwichtigste: das du wieder gesund und irgendwann auch wieder glücklich wirst. Kümmere dich momentan weder um deine Familie, noch um irgendwelche Freunde; dazu fehlt dir im Moment die Kraft. Mobilisiere alle Kräfte und Reserven, um am Gesundwerden zu arbeiten; das wird dir alles abverlangen, was du hast.
Ich hoffe sehr, dass du es schaffst, dich noch einmal gegen diese Aussichtslosigkeit aufzulehnen. Gib bitte nicht auf! Das ist jetzt am allerwichtigsten!
Wenn die Suizidgedanken schlimmer werden, rufst du sofort bei der Telefonseelsorge an: Tel. 0800-1110111 oder Tel. 0800-1110222. Dort ist rund um die Uhr jemand für dich da. Und wenn es gar nicht anders geht, kannst du in einem solchen Fall auch immer 110 anwählen.
Am nächsten Wochenende möchte ich wieder eine Mail von dir bekommen in der du mir schreibst, wie der Kontakt mit dem Jugendamt und/oder deinen Ärzten gelaufen ist. Du hast einen schweren Weg vor dir, aber ich weiß, dass du das schaffen kannst! Meine Gedanken und guten Wünsche begleiten dich,
alles Liebe,
Micha