Problem von Anonym - 19 Jahre

Angst vorm Alleinsein beim Studieren

Hallo liebes Kummerkasten-Team,

Nächsten Herbst fange ich an zu studieren und ich muss dafür in ein anderes Bundesland, da mir jeder empfielt mein Wunschfach Psychologie dort zu studieren. Aber ich habe total Angst davor. Ich bin ein recht introvertierter Mensch, rede zwar gerne mit Menschen, kann es aber einfach nicht so gut wie andere Menschen. Ich wurde früher gemobbt und habe seitdem wirklich starke Probleme im Umgang mit meinen Mitmenschen. Ich komme einfach nie richtig ins Gespräch mit anderen, weiß kaum was sagen und werde dann auch oft nicht so richtig akzeptiert und für "komisch" empfunden.. Und der Gedanke, dass ich in Salzburg dann ganz alleine dastehe und keinen kenne, macht mich ganz fertig.. Was kann ich denn tun, damit meine Visionen nicht wahr werden und mich andere auch mal akzeptieren?
Alles Liebe

Florian Anwort von Florian

Hallo Ratsuchende


Mir ging es vor rund zwei Jahren auch nicht anders, als ich begonnen hatte zu studieren. Neues Bundesland, fremde Menschen und eine vollkommen unbekannte Situation, da ich noch keine Ahnung hatte wie das studieren so abläuft. Hinzu kam, dass ich selbst auch introvertiert bin, auch wenn ich derzeit daran arbeite. Sorgen über Sorgen mit Gedanken wie: "Was werden die anderen wohl von mir denken?", "Hoffentlich werde ich mit jemanden dort zurecht kommen." oder mein persönlicher Evergreen "Wie müsste ich mich wohl verhalten, damit mich die meisten dort mögen?"
Es war der berüchtigte Sprung ins kalte Wasser... Und doch gelang es mir Menschen kennenzulernen, mit diesen später ohne größere Probleme zu arbeiten und sogar mit einigen zu befreunden. Selbst nach einem Fachwechsel, wodurch ich meine Freunde ich mehr im Seminar oder Hörsaal antreffe, war es möglich die Freundschaft zu erhalten.


Aus meinen Erlebnissen kann ich Dir entsprechend ein paar Tipps geben, die Dir unter Umständen weiterhelfen können:


Sich Vorstellen / Ins Gespräch kommen

Es gibt zwei Möglichkeiten ins Gespräch zu kommen. Entweder man wird angesprochen oder man spricht jemanden selbst an. Gerade in den Geisteswissenschaften sind (meiner Erfahrung nach) viele kommunikationsfreudige Studenten die das Gespräch mit anderen suchen. Insbesondere bei der ersten Veranstaltung im ersten Semester geht man mit vielen auf Tuchfühlung. So kann es für Dich schon ausreichen, Dich einfach neben jemanden zu setzen der Dir sympathisch erscheint, noch ein freundliches "Hallo" dabei und es beginnt sofort ein Gespräch. Dabei werden erstmal die klassischen Fragen nach Name, Alter und Wohnort bzw. Ursprungsort ausgetauscht. Hinzu kommen nicht selten die Fragen danach warum man eigentlich, in Deinem Fall, Psychologie studiert. Vielleicht kommen auch organisatorische Fragen zum Studiengang oder anderen persönlichen Dingen wie Hobbys hinzu. Das Gespräch ergibt sich hier wie von selbst.

Wenn Du jemanden siehst der Dir sympathisch erscheint, kannst Du denjenigen aber auch direkt ansprechen. Dabei reicht es die Fragen, wie oben geschildert, einfach als erste zu stellen. Die gleichen Fragen werden dann, sofern der andere an einem Gespräch mit Dir interessiert ist, auch an Dich gestellt und so entwickelt sich ein Gespräch ohne große Mühe.


Das Gespräch am laufen halten

Damit ein Gespräch nicht unnötig abbricht oder aber in eine peinliche Schweigephase gelangt, können Fragen dabei helfen das Gespräch am laufen zu halten. Das bedeutet Du schließt direkt am letztgesagten an und fragst dort nochmal genauer nach (z.B. "Ach, du kommst ursprünglich aus Bayern. Woher dort genau?" oder "Du fotografierst gerne? Welche Motive verwendest Du da genau?"). Es ist wichtig keine geschlossenen Fragen (Ja-Nein-Fragen) zu stellen, sondern offene Fragen bei denen nicht nur mit einem Wort geantwortet wird.

Du kannst aber auch, anstatt Fragen zu stellen, eine mögliche Frage an Dich vorweg nehmen und freiwillig etwas mehr über Dich erzählen (z.B. "Du liest gerne Romane? Ich auch. Am liebsten die von dem-und-dem-Autor."). So kansnt Du auch ein Gespräch mittelfristig am laufen halten.

Sei spontan und denke nicht zu viel darüber in Gespräche darüber nach was Du gleich sagen könntest. Je mehr Du darüber nachdenkst was Du eigentlich sagen willst oder glaubst sagen zu müssen, desto unaufmerksamer wirkst Du und desto unpassender ist das was Du dann sagen wirst. Ein dynamisches und gut laufendes Gespräch ist sehr spontan und man reagiert ohne größeres Grübeln auf den anderen und das was derjenige gesagt hat. Also lieber zu wenig darüber nachdenken was Du sagen willst, als zu viel.


Allgemeines / Nach dem ersten Kennenlernen

Glaubst Du mit einen Studenten gut auszukommen ist es sehr hilfreich die Handy-Nummern oder Mail-Adressen auszutauschen bzw. das anzubieten. Damit zeigst Du Interesse Dich mit dieser Person weiter unterhalten zu wollen und das macht Dich schonmal für die anderen sympathischer und kannst natürlich Dich so auch natürlich leichter verabreden bzw. gibst den anderen die Möglichkeit dies zu tun.

Wenn eine Gruppe Deiner Kommilitonen vorschlagen sich später, ob in einem Cafe oder einer Kneipe, nochmal privat zu treffen, dann geh mit. Nutze solche Möglichkeit, gerade am Anfang, um die anderen in lockerer Atmosphäre besser kennzulernen. Zudem ergeben sich so Geschichten bei denen man einfach dabei gewesen sein muss. Diese Erlebenisse und Geschichten verbinden ungemein. Geh für sowas auch ruhig, am Anfang, zumindest auf eine Party, selbst wenn Du solchen Veranstaltungen eher abgeneigt bist.

Triff Dich mit den Kommilitonen auch vor der Veranstaltung bzw. geht gemeinsam zu den Veranstaltungen und setze Dich zu ihnen. Bleib auch nach den Veranstaltungen, sofern Du nicht zu einer anderen Veranstaltung dringend musst, und unterhalte Dich noch mit den anderen.

Begrüße die anderen, egal ob auf der Straße, bei Vorlesungen oder sonstwo. So wirkst Du zum einen offener und zum anderen fällt das Erkennen für die Anderen (gerade am Anfang) leichter.



Das sind so ziemlich alle Tipps die ich Dir geben kann. Ich hoffe es sind ein paar dabei die Du anwenden kannst und auch anwenden willst. Befolgst Du auch nur einen einzigen so wird das von Dir ungewünschte Szenario eines einsamen Studiums immer unwahrscheinlicher und Du lernst Leute kennen, ohne groß etwas dafür leisten zu müssen.


Ich wünsche Dir alles Gute, sowohl für Deinen Studienbeginn in einem Jahr und auch für die Zeit dazwischen.


Gruß

Florian