Problem von Lena - 26 Jahre

Es geht mir nicht gut!

Hallo,

ich bin mir nicht sicher, ob ich jetzt alles so richtig auf einen Punkt bringe. Immerhin bestehen meine Probleme nicht erst seit gestern, sondern spitzen sich immer mehr zu und ich habe bis jetzt , was mich angeht, auch schon jedes negative Gefühl gehabt, dass man haben kann.
Ich habe vor 5 Jahren einen Eierstock entfernt bekommen, mit Bauchnetz und Blinddarm. Das hat mein Leben richtig durcheinander gebracht, so dass ich meinen Studiengang gewechselt habe, um dann schließlich nach drei Semestern wieder zurück in meinen ersten Studiengang zu wechseln. Bevor ich operiert wurde, ging es mir auch oft nicht so gut. Pessimistisch und zweifelnd scheine ich vom Charakter her zu sein. Ich hatte lange dafür gearbeitet, dass ich etwas fröhlicher bin und alles ein bisschen lockerer nehme. Die Schulzeit war auch nicht leicht. Aber niemals wegen anderer Leute. Ich wurde nie geärgert oder so. Nein, ich konnte mir meine Tage schon immer selbst gut vermiesen. Schließlich hatte ich es geschafft fröhlicher zu sein. Ich war wirklich glücklich und fröhlich und dachte, dass ich nun endlich einen Weg gefunden habe, mit dem Leben umzugehen. Doch dann kam das mit der OP und ich hatte mir gewünscht, dass ich nach der Narkose nie wieder aufwache. Dieser Wunsch ist bis heute geblieben. Ich bin rastlos, seitdem drei Mal umgezogen, nirgendwo gefällt es mir, ich habe Angst vor der Zukunft. Richtige Angst, zu jeder Zeit. Ich wohne jetzt mit meinem Freund zusammen. Ich bin aber nicht glücklich. Es könnte mir das größte Glück passieren, ich würde es nicht fassen können. Bei mir kommt alles von innen heraus. Morgens wünsche ich mir immer, dass Abends ist, damit ich wieder ins Bett gehen kann. Außerdem habe ich Geldsorgen, die es mir schwer machen, alles zu genießen. Ich kenne viele Leute mit Geldsorgen. Die nehmen es meistens mit Humor oder kommen irgendwie klar. Mich frisst das auf. Ich "heule" fast jedem Cent hinterher, den ich ausgebe. Ich bin so oft traurig und schlecht gelaunt. So jemand wollte ich nie sein. Durch meine Studienfächerwechsel bin ich auch jetzt gerade erst dabei meine Bachelorarbeit zu schreiben. Das macht mich so traurig. Ich bin ein ehrgeiziger Mensch. Aber fresse mich selbst auf. Ich bin so ehrgeizig, dass ich mich blockiere oder sogar zum Weinen bringe und meine Ziele dann doch nicht erreiche. Ich beneide alles und jeden um mich herum. Ich arbeite wirklich hart. Studiere auf Lehramt, unterrichte nebenbei an einer Schule und gebe Nachhilfe und gehe sogar putzen. Ich habe so Angst, dass die letzten Jahre umsonst waren. Lehrereinstellungen sind ja auch häufig von politischen Entscheidungen abhängig. Wenn ich später keine Stelle bekommen sollte,weiß ich nicht, was passiert. Ich glaube, dann breche ich ganz zusammen. Diese Gedanken, die ich hier jetzt ausformuliert habe, springen ständig im meinem Kopf herum. Egal, was ich gerade mache, selbst beim Snowboardfahren. Dann geraten sie zwar etwas in den Hintergrund, aber sind immer noch da.

Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in den letzten 5 Jahren mal abgeschaltet habe. Oder an einen richtig schönen Augenblick, der auch in mir drinnen ein richtig schönes Gefühl bewirkt hat. Wie lange kann ein Mensch so etwas eigentlich aushalten? Ich glaube nicht, dass das so gut ist, wie ich lebe. Auch beim Sport kann ich nicht richtig abschalten. Es geht einfach nicht . Diese Ängste sind zu meinem Charakter geworden. Ich bin 26 und mein Wunsch ist es mit beiden Beinen im Leben zu stehen. Aber ich bin so verwirrt wie eine 14-jährige. Was soll ich tun? Ich will nicht immer traurig und wütend sein.

Danke!

Ziyin Anwort von Ziyin

Liebe Lena,

tut mir leid, dass ich Dir jetzt erst antworte :/

Das mit Deiner Operation tut mir leid. Ich weiß zwar nicht, warum Dir Dein Eierstock, Bauchnetz UND Blinddarm entfernt wurde, dennoch bin ich mir ziemlich sicher, dass der Dich behandelnde Arzt seine Gründe dafür hatte und Dir das auch erklärt hat. Es war eine Operation, die durchgeführt werden musste/sollte, damit es Dir körperlich zumindest nicht schlechter ging. Diese OP wurde nur gemacht, weil man sich sicher war, dass kein größerer Schaden angerichtet werden konnte. Vielleicht ist es wichtig, das zu wissen.

Was Deinen Charakter angeht...es ist nichts Schlechtes, pessimistisch und zweifelnd zu sein. Natürlich macht es das Leben angenehmer, wenn man einfach mit den anderen Leuten lacht und lockerer drauf ist, aber sich das zu erarbeiten, um dann mit einem Dauerlächeln durch die Gegend zu laufen? Ich weiß ja nicht, wie's Dir dabei geht, aber es ist meistens ziemlich anstrengend und macht einen selbst unglücklich. Du scheinst es bis vor der OP geschafft zu haben. Du könntest es wieder versuchen. Allerdings zweifle ich daran, dass es Dir wieder gelingen wird, so glücklich und locker rüberzukommen.

Glück ist auch so eine Sache. Sobald man danach sucht, wird man nicht glücklich. Das Glück kommt von alleine. Heißt aber auch, dass Du Deine negativen Gedanken irgendwie ausschalten musst. Dafür gibt es mehrere Methoden, eine hilfreiche Methode wäre das "Worst-Case-Szenario". Stell Dir vor, was im aller-allerschlimmsten Fall passieren könnte. Wenn Du mit Deinem Freund nicht glücklich bist, was würde passieren, wenn Du ihn verlässt?
Was würde passieren, wenn Du eben länger für Dein Studium brauchst als alle anderen? Vielleicht lachen die anderen deshalb über Dich. Vielleicht bist Du unzufrieden mit Dir. Und enttäuscht. Aber würde es später Dein ganzes Leben versauen, nur weil Du etwas länger brauchst? (Das mit den politischen Entscheidungen verstehe ich nicht ganz... Lehrer werden eigentlich überall gebraucht. Natürlich naturwissenschaftliche Lehrer im Moment mehr als andere, aber selbst wenn Du keine Lehrerin werden kannst, kannst Du einen anderen Job machen. Tut mir leid, ich hab mich nie mit Politik auseinandergesetzt...)
Wenn Du Deine Ziele mal nicht erreichst?
Wenn Du wirklich kein Geld mehr hast?
Wir haben diese Methode im Psychologieunterricht angewendet und sind damals zum Schluss gekommen, dass man im schlimmsten Fall (in Deutschland) eben als Obdachlose/r unter einer Brücke schläft oder sonst was. Würde es bei Dir wirklich so weit kommen?

Es ist leichter gesagt als getan, wirklich so eine Einstellung zu haben. Natürlich hat jeder Ängste und Sorgen. Ohne kommt man im Leben auch nicht weiter. Aber wenn sie Dich so sehr blockieren, dass Du nicht einmal etwas mehr tun kannst, dann sind sie nicht mehr hilfreich sondern nur noch eine Last. Wie Du schon selbst gesagt hast, musst Du etwas lockerer werden. Ehrgeiz ist keine schlechte Charaktereigenschaft, aber wenn Du nur ehrgeizig bist und keine Ergebnisse bringst. Was also tun? Am besten ist es vermutlich, konkret Dinge umzusetzen und zu tun nicht daran zu denken, was wäre, wenn Du sie nicht schaffst. Denn dann verschwendet man die Zeit, in der man hätte so viel erledigen können. Und man hat noch schlechtere Laune. Die Menschen, die Du beneidest, haben Ähnliches wie Du durchgemacht. Kaum einer wird von der Geburt an alles perfekt können. Die meisten erarbeiten es sich und sind ganz sicher auch mehr als einmal hingefallen (und wieder aufgestanden).

Sieh das Leben lockerer! Das klingt jetzt blöd, so ein Satz kann jeder raushauen und es bringt Dir nicht viel, wenn Du es die ganze Zeit nur hörst. Glaub mir, das verstehe ich. Aber warum Dir selbst das Leben von Deinen Ängsten vermiesen lassen?

Vielleicht habe ich das nicht ganz richtig verstanden, aber Du scheinst Angst vor allem Möglichen zu haben, was in der Zukunft passieren wird. Aber was später passiert, hast Du zum Großteil selbst in der Hand. Nicht die anderen. Sondern nur Du selbst. Probier etwas Neues aus! Etwas, das interessant klingt oder das Du schon immer mal machen wolltest! Eine neue Sportart zum Beispiel? Oder probier etwas Schwieriges mit Deinem Snowboard aus! Es muss nichts Großes oder Weltbewegendes sein. Fang mit etwas Kleinem an. Sobald Du das geschafft hast, wirst Du nicht mehr so große Angst und mehr Selbstbewusstsein haben.

Mit Abschalten meinst Du das Abschalten Deiner störenden Gedanken, oder? Vielleicht hilft es Dir, wenn Du Dich z.B. für eine Stunde (oder länger) auf's Bett legst und Deine Gedanken ihren Lauf nehmen lässt. Handy aus, keine störenden Geräte oder Menschen, nur Du selbst. Mit geschlossenen Augen funktioniert's besser. Wenn Du jetzt sagst:"Das funktioniert ganz sicher nicht!", dann sag ich nur: Probier's aus. Du kannst nach fünf Minuten immer noch aufhören. Irgendwann werden die Gedanken leiser und Du fühlst Dich ruhiger.

Wenn Du Deine Ziele erreichen willst, dann konzentriere Dich auf die Dinge, die Dich dorthin bringen. Mache eine Liste mit konkret formulierten und kleinen Schritten. Hake eins nach dem anderen dann ab, sobald Du sie abgeschlossen hast. Konzentriere Dich nicht auf Deine Ängste. Sie machen Dich fertig und verwirren Dich. Du hast es schon weit gebracht und bist kurz davor, Deine Ziele zu erreichen!

Hoffe, dass ich Dir ein wenig helfen konnte. Wenn nicht, dann schreib noch einmal :)

Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch!!

Ziyin