Problem von Anonym - 13 Jahre

Probleme mit der Realität, meinen Traumwelten und der Tatsache, dass ich mich langsam aber sicher darin verliere (falls dies nicht schon geschehen ist)

Hallo, liebes KuKateam!
Erst mal zu meiner Person: Ich bin 13 Jahre alt, weiblich und gehe in die 7. Klasse.
-trotz meines Alters bitte ich aber darum, mein Problem nicht einfach als Pubertätsproblem abzustempeln, weil ich nicht denke, dass es bloß ein Pubertätsproblem ist, dass irgendwann einfach so weggeht. Und selbst wenn das der Fall sein sollte, so bringt mir der Satz "einfach aushalten bis es vorbei ist", herzlich wenig.
Oh, und außerdem tut es mir leid, wenn ich ein Bisschen wirr erzähle, ich schaffe es nicht richtig, alles was ich erzählen möchte, unter einen Hut zu kriegen., weshalb es sein könnte, dass ich ab und zu ein Bisschen zwischen den Themen springe.

Schon als ich klein war, bevor ich überhaupt lesen konnte, habe ich mich sehr für Bücher interessiert. Als ich es dann konnte, habe ich mich auf alles, was gute Geschichten beinhaltet gestürzt. Ich denke, dass ist einer der Gründe, warum ich angefangen habe, tagzuträumen. Ich habe mir meine eigenen kleinen Traumwelten erschaffen, wo Benjamin Blümchen oder Pippi Langstrumpf meine besten Freunde waren. Als ich klein war, war das noch ziemlich harmlos, einfach nur so zum Spaß (oder um Freunde zu haben, an der Grundschule war ich eher der Einzelgängertyp, was mich aber nie weiter gestört hat). Dann kam das Gymnasium und ich habe während der Zeit der Sommerferien der 4-5. Klasse bis ca. Mitte der 6. Klasse. Ich habe meine Schüchternheit verloren, wurde offener, fröhlicher, verrückter, kontaktfreudiger, also hatte ich am Gymi nie so richtig ein Problem damit, Freunde zu finden. Ende der Klasse 6 hat meine beste Freundin allerdings unsere Schule verlassen, seitdem geister ich eigentlich nur noch herum und verbringe meine Zeit mit verschiedenen anderen Freundinnen. Das ist etwas schwer für mich, weil ich mich manchmal wie das 5. Rad am Wagen fühle. Die haben alle ihre beste Freundin, mit denen sie ihre Zeit verbringen, ich passe da nicht richtig rein.
Also flüchte ich in meine Traumwelten. Zu oft, zu tief. Ich bin eigentlich immer in Gedanken dort, war es auch schon immer, aber jetzt ist es anders.
Mal dazu, wie meine Tagträume aufgebaut sind:
Meistens ist das ganze sehr an eine Serie, an einen Film, an ein Buch oder sonst was angelehnt. Ich nehme einfach die Story, füge einen Charakter hinzu (mich) und dann habe ich meine Traumwelt. Ich habe mehrere, einige sind mehr oder weniger vollkommen frei erfunden bzw. aus verschieden Teilen zusammengebaut (Freunde aus der Realität+Ort aus meinem Lieblingsfilm+...) und andere sind wie eben gesagt einfach meine Lieblingsgeschichten mit mir selber drin.
Je nachdem, welche Serie ich gerade am meisten gucke oder welches Buch ich zuletzt gelesen habe, davon träume ich dann.
Inzwischen ist mir das alles so wichtig, dass es sehr real geworden ist. Ich verspüre für meine fiktiven Freunde genauso viel Freundschaftsgefühl wie für meine echten, für die guten Traumfreunde sogar mehr. Das sind die Freunde, die ich in der Realität nie hatte (sie sind nicht perfekt. Ich streite mich mit ihnen, sie kommen zu spät...aber sie sind für mich da und würden für mich das Gleiche tun, wie ich für sie. Da liegt glaube ich auch der Haken: Ich finde einfach in echt keine Freunde, die für mich ebenso viel geben würden, wie ich für sie, was schon eine Menge wäre. Demnach werde ich oft enttäuscht: Ich gebe mir Mühe, bereite kleine Überraschungen vor, ich verhalte mich, wie ich es von einer Freundin gerne hätte, aber es kommt einfach nichts zurück).
Aber ich mache mir Sorgen für mich. Es ist wirklich nicht gut, dass ich so viel für diese Fantasien in meinem Kopf empfinde. Mir ist ja auch vollkommen klar, dass diese nicht real sind. Und auch niemals real sein werden.
Und das zerbricht mich.
So gut wie alles, was mir wichtig ist, ist nicht real. Hier in der Realität kann ich nämlich nicht sehr viele Dinge aufzählen, die mir allzu wichtig sind. Meinen Freunden bin ich wie beschrieben nicht wichtig genug und mit meiner Familie habe ich Probleme. Keine Ernsthaften, mein Vater schlägt mich nicht (er hat mich mal geohrfeigt, aber das liegt Jahre zurück) oder sonst was (meine Mutter zieht mir nur manchmal an den Haaren und mein großer Bruder, er ist 20, schlägt mich selten mal auf den Arm, wenn wir uns schlimm streiten). Es ist einfach...ich fühle keine familiäre Beziehung zu ihnen. Ich bin ihnen Dankbar, dass sie für mich sorgen, mir ein Dach überm Kopf beschaffen, mir Essen besorgen...aber das war es dann auch schon. Ich empfinde Dankbarkeit, aber wirklich mögen tue ich sie nicht. Mein Vater ist ziemlich streng und...naja, sonderbar. Ist schwer zu erklären, aber ich fühle mich nicht wohl in seiner Nähe. Ich bringe nie Besuch mit, wenn er zuhause ist, er wirkt dann immer sehr genervt und rastet aus, sobald man ein paar mal durch das Wohnzimmer läuft, wenn er Fern sieht. Meine Mutter...oh, Gott, wo soll ich anfangen...ich mag sie einfach als Mensch nicht. Sie hat vollkommen andere Ansichten und Weisen zu denken, sie versteht mich nicht...ich mag sie eben als Mensch nicht. Meine Eltern übrigens streiten sich andauernd und mein Vater brüllt ihr seit Jahren um die Ohren, dass er sich trennen will, was bis heute nicht passiert ist. Unsere Familienurlaube sind auch echt beschissen, immer müssen die sich streiten, wir einigen uns nicht, alles ist stressig...weshalb ich mich auch dazu entschlossen habe, nicht mehr mit ihnen in den Urlaub zu fahren. Ich freue mich immer so und dann sitze ich da und will einfach nur nachhause (wo ich mich nicht zuhause fühle...erkläre ich später).
Zurück zu meiner Familie. Ich habe 2 Brüder, der eine, den großen, mag ich, wenn wir uns nicht gerade streiten, verstehen wir uns ziemlich gut, wir sind uns auch ziemlich ähnlich. Meinen kleinen Bruder wiederrum (er ist 10) hasse ich. Wirklich hassen, das ist nicht so eine typisch geschwisterliche Hassliebe, ich kann ihn wirklich auf den Tod nicht ausstehen. Er ist ein totales Mamakind, kriegt nichts selber gebacken, heult ständig rum und hat es sehr gut drauf, mich auf die Palme zu bringen (ist bei mir nicht Besonders schwer, aber er schafft das Besonders gut). Meine Mutter regt sich inzwischen zwar auch darüber auf, wenn er wegen irgendeiner Kleinigkeit weint, ändert aber nichts an ihrem Verhalten (sie wäscht im die Haare, wenn er duscht, er kann das nicht selber, macht ihm jeden Tag einen Kakao...er ist eben der Jüngste. Ich weiß noch, wie sie mal ausgeflippt ist, weil ich ihm keinen Kakao machen wollte, als sie keine Zeit hatte. Das kann er selber. Wirklich. Aber sie hat mich angeschrien, als hätte ich ihr gerade gesagt, dass ich ihn für 2 Wochen im Keller eingesperrt habe). Ich selber bin absolut das Gegenteil einer Heulsuse, ich weine sehr, sehr selten, wenn man auf die letzte Zeit absieht. Wenn ich weine, dann aber nicht in Gesellschaft, ich finde das peinlich (ich weiß, es ist menschlich, ich finde es trotzdem unangenehm).
Meine Großeltern, Tanten ect. kenne ich nicht wirklich. Wenn wir mal zu Besuch kommen, dann essen wir was, "die Großen" unterhalten sich und wenn man als Kind versucht, auch was zum Gespräch beizutragen, wird einem hinterher gesagt, man solle nicht immer versuchen, sich in den Mittelpunkt zu drängen. Als ich mal mit meiner Oma allein gequatscht habe, hat mir meine Mutter hinterher gesagt, ich solle doch respektvoller sein, dabei habe ich schon gehobener gesprochen (keine "Jugendwörter", nicht über höchstneumoderne Dinge gesprochen...). Seitdem sitze ich bei Familientreffen nur rum und warte, ich habe keine Lust mir nach dem Versuch, Kontakt aufzubauen, sowas anhören zu müssen.
Meine Familie war noch nie die Beste. Sicher auch nicht die Schlimmste, aber ich würde nicht sagen, dass meine Kindheit schön war. Vergleichsmäßig in Ordnung. Wir haben nie richtig Urlaub gemacht, Ausflüge auch nicht, mir wurde nie vorgelesen, Gesellschaftsspiele sind auch nicht unser Ding. Ich habe nie richtig eine Beziehung zu meiner Familie aufgebaut, wenn man von meinem großem Bruder absieht. Von dem fühle ich mich auch des öfteres missverstanden (vor allem, da er meine Ansicht nicht teilt, dass Alter bloß eine Nummer ist und gerne mal den Satz „Aber du bist doch erst..." bringt. Was hat mein Alter denn bitte mit meinen Gefühlen zu tun?), aber insgesamt geht's.
Ich fühle mich einfach fehl am Platze. Hier in meiner Wohnung fühle ich mich nicht zuhause, keine Ahnung warum, ich habe einfach nicht dieses "Ja, hier ist mein Revier, hier ist mein zuhause" Gefühl (ich hatte auch noch nie Heimweh), meine Familie mag ich nicht wirklich und meine Freunde sind wie schon beschrieben.
Ich stelle mal einen Vergleich auf, um besser verständlich zu machen, wie ich mich fühle:
Jede Seele ist ein Puzzlestück. Es gibt mehrere Puzzles, zu denen die einzelnen Stücke hinzu geordnet werden. Und bei mir wurde nicht richtig aufgepasst-schwupps, bin ich im falschen Puzzle gelandet und werde jetzt an die Stelle gedrückt wo ich angeblich hingehöre. Aber ich passe nicht hinein. Nichts passt.
Das beschreibt es ganz gut.
Ich vermisse Leute, die ich noch nie getroffen habe und Orte, an denen ich noch nie war.
Klar, die Leute aus meinen Tagträumen werde ich nicht ins echte holen können, aber ich kann mich auch nicht darum kümmern, in der Realität ähnliche zu finden. Ich bin hi9er festgekettet. Ich bin einfach nicht frei. Es wäre sicherlich einfacher für mich, wäre ich erwachsen. Ja, viel Verantwortung, Geld, Sorgen, aber ich wäre frei und unabhängig. Es wäre so viel einfacher. Und weil ich eben hier festgekettet bin entfliehe ich in meine Traumwelten. Was nicht gut ist.
Ich vermisse diese Träume so sehr, dass es weh tut. Nicht der Schmerz, den ich spüre, wenn ich zB. hinfalle, es ist phsychischer Schmerz. Aber definitiv verletzend, ich finde den sogar noch schlimmer als physischen. Wenn ich mich schneide kann ich ein Pflaster draufmachen und Creme raufschmieren, wenn ich mich stoße kann ich es kühlen, wenn es mich beinahe zerreißt, weil ich, ich weiß nicht einmal was genau, vermisse, kann ich bloß dasitzen und nichts tun. Sowas überkommt mich meistens Wellenartig, vollkommen ohne Vorahnung.
Letzten Samstag war ich zum Geburtstag meiner Freundin eingeladen. Ich war spät dran, 20 Minuten, stand vor ihrer Tür, wollte gerade klingeln...dann kam Urplötzlich eine Welle über mich, ich habe angefangen zu weinen und bin nachhause gerannt. Bevor ich da ankam habe ich die weggewischt und erzählt, ich hätte doch keine Lust auf Schlittschuh fahren gehabt.
Ich habe noch nie jemandem erzählt, wie es mir geht. HIER habe ich ja auch niemanden. Und ich wüsste auch nicht, was es mir helfen sollte, irgendwem was zu erzählen. Ich weiß nicht mal wirklich, warum ich an euch schreibe. Ich bin ein hoffnungsvoller Mensch. Ich rede mir immer wieder ein, dass dieser Schritt, den ich jetzt mache, weltbewegend werden wird, werde enttäuscht und falle, rappel mich auf und so geht es weiter...aber das kann ich auch nicht ewig machen. Spätestens, wenn ich anfange, über meine Zukunft nachzudenken, wird es schwer. Es sind noch 5 Jahre, bis ich erwachsen bin und mit 18 ausziehen ist auch nicht gerade leicht. Und selbst wenn ich es bis dahin schaffe-was dann? Meine Traumwelten werde nicht wie durch einen klick real werden. Und ich kann diese Traumwelten auch nicht einfach ignorieren, "aufwachen", und im hier und jetzt leben. Dazu bin ich dort zu tief versunken. Letztens ist dort jemand gestorben und ich habe wirklich (!!!) geweint, wie ein Schlosshund. Die Tatsache, dass irgendjemand aus meinem realem Freundeskreis stirbt, wäre mir wohl nicht mal halb so wichtig.
(Achtung, jetzt mache ich einen kleinen Themensprung)
Dieses psychische Schmerzgefühl bekomme ich meistens, wenn ich daran denke, dass meine Träume nur Träume sind, dass sie nie real sein werden, wenn ich diese bestimmten Serien gucke (oder Film oder Buch), oder wenn ich Bilder sehe, Texte lese, oder Musik höre, die mich ganz besonders stark daran erinnern. Das Gefühl sitzt in meiner Brust, ja, wirklich in der Brust, ziemlich mittig hinter dem Brustbein, auf Höhe des Herzens, und es fühlt sich an, als würde ein Vogel darin herumflattern.
Ich stelle mir das so vor (wieder so ein Vergleich):
Meine Brust ist ein Käfig, darin ist ein Vogel eingesperrt, meine Seele. Und wenn ich an meine Traumwelten denke, dann will ich dorthin, heraus aus dem Käfig. Aber ich, meine Seele, ist dort eingeschlossen. Egal, wie sehr an den Gitterstäben gerüttelt wird, sie geben nicht nach. Ich bin gefangen. Festgekettet.
Der einzige Weg hinaus, ist in die nicht realen Welten. Es ist ein Teufelskreis, in dem ich versunken bin. Und ich kann nicht heraus. Und niemand kann mir hinaus helfen.
Ich meine, was soll ich schon machen? Momentan überlebe ich einfach so gut es geht...lerne gerade genug für meine Arbeiten, um sie nicht zu verhauen, setzte jeden Tag ein Lächeln auf...zeige niemandem, wie traurig und gefangen ich wirklich bin.
Ich weiß, viel Text, tut mir leid, aber ein Problem will ich noch schildern, es ist kein allzu schlimmes, aber es gehört dazu, deshalb will ich es erwähnen:
Die Tatsache, dass ich mehrere Traumwelten habe, wirkt sich auch auf mich aus. In der einen bin ich eher schüchtern und zurückhaltend, in der anderen, lässig, locker und lustig, in der wieder anderen offen, Neugierig und quirlig. Aber in der Realität gibt es nur mich, alles in einem. Und von Situation zu Situation bin ich auch diese verschiedenen Charakter. Aber irgendwie fühle ich mich dazu gezwungen, mich für eines zu entscheiden. Nicht nur, weil die Menschen in meiner Umgebung ja sonst verrückt werden, weil die sich ja nicht immer an mich anpassen können und es auch viel von meinen echten Freunden verlangt wäre, damit klarzukommen, dass ich sie manchmal sehr gerne mag und dann wieder nicht, sondern auch, weil es mich selber fertig macht.

So, das war's jetzt. Vielen Dank, dass Sie so viel Zeit für mich geopfert haben, obwohl es wahrscheinlich eh nichts bringt...aber Hoffnung nicht aufgeben. Vielleicht sagen Sie mir ja jetzt etwas hochmotivierendes, was mir plötzlich klarmacht, wie toll das Leben doch ist und mir Hoffnung und Kraft gibt, das auch noch durchzuhalten bis...naja, natürlicher Exitus eben. Ich merke nämlich, dass ich, langsam aber sicher, mein letztes Bisschen Kraft und Hoffnung verliere.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo, hier ist wieder Nuala!

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Es grüßt dich
Nuala