Problem von Lisa - 14 Jahre

Bitte antwortet mir dieses Mal...

Liebe Leser... Hallo.
Ich dachte erst das es mir nichts bringt hier her zu schreiben, aber ich finde die Idee von einem Kummerkasten eigentlich gut und dachte vielleicht hilft es ja doch. Wäre echt lieb wenn ich eine Antwort kriege und sich jemand kurz für mich Zeit nimmt, das tut sonst niemand. Also eigentlich gibt es da mehrere Anliegen... Das was mich eigentlich schon immer ankotzt ist die Schule. Schon in der Grundschule war es die 3 in Mathe für die ich Ärger Zuhause bekam. Jetzt ist es die 5 in Physik und in Spanisch die aufm Zeugnis steht. Ich lerne und lerne und es kommt nix dabei raus. Nach neun Jahren purer Enttäuschung bin ich es Leid. Ich frage mich oft für wen ich das eigentlich mache... Was bringt es schon sich Jahre lang in der Schule so viel Mühe zu geben und keine Freizeit zu haben in der man sich über die Leistung freuen kann (die ich ja nichtmal bringe)? Ich sage auch immer zu meiner Mutter was es ihr bringt für viel Geld so lange zu arbeiten wenn sie nichtmal Zeit hat es auszugeben. Und als sie weniger verdient hat waren wir auch glücklich. Da sind wir beim nächsten Thema. Vor etwa einem Jahr fing ich an diese Welt zu hassen. Ich hasse diese spießigen Geldgierigen Schweine und diesen Konsum und der Kapitalismus. Das ist so grausam, alle denken nur an sich, sie vergessen alles, nur sich nicht. Und dann dieses Geschwafel von Gott der so toll ist. Ich werde ich der Schule gezwungen zu beten und am Gottesdienst teilzunehmen, obwohl ich nicht gläubig bin.
Mich nervt es das man in der Gesellschaft nur respektiert wird wenn man ne fette Karre und viel Kohle hat, im Idealfall sieht man auch noch total schick aus und trägt Prada und Gucci. Das sollen Werte sein? Sowas geht mir tierisch auf den Keks. Ich hasse diese Welt, und sehe als einzigen Ausweg den Freitod. Man merkt es mir nicht an ich kann es ganz schön gut verstecken, meinen Hass. Nur meine Freunde wissen wie ich mich fühle und meine traute Schwester. Sie ist die beste Schwester auf der ganzen Welt und hört mir eigentlich immer zu aber ich kann es eigentlich nicht in Worte fassen und ich hasse es anderen Leuten die Ohren vollzuheulen! Deshalb rede ich nicht wirklich über Probleme, deshalb schreibe ich hierhin. Vor weniger als einem Jahr habe ich mir auch oft selber wehgetan und wenn ich die alten blutigen Seiten in meinem Tagebuch lese kriege ich Gänsehaut. Diese Welt ist so ungerecht, den armen Menschen gegenüber. Meine Eltern haben Geld. Sie können mir eine Privatschule finanzieren, ich kriege zum Geburtstag coole Geschenke wie ein Plattenspieler oder mein langersehntes Schlagzeug, wofür ich so lange schon geübt hatte. Aber was ist mit den anderen Leuten die all das nicht haben? Um die kümmert sich niemand. Und was kann ich schon tun? Ich möchte nicht weiter zusehen wie diese Welt sich immer schlimmer verändert und wie die Menschen nicht merken was sie da eigentlich machen. Ich möchte nicht weiter zusehen wie diese ekligen Menschen den Planeten kaputt machen und alle anderen Missachten. Wenn ich so darüber nachdenke, will ich hier nicht mehr leben. Ich will dann gar nicht mehr leben. Aber ich liebe meine Familie und meine Freunde und es gab da auch eine ganz besondere Person. Nach unserem Streit hab ich nie wieder mit ihm gesprochen und das ist jetzt zwei Monate her, ich weine aber immernoch. Dieser Streit hat wieder alles kaputt gemacht. Ich weiß nicht wie ich aus diesem ganzen Scheiß rauskommen soll. Denn außerdem bin ich auch noch irre und mein Vater sagt ich bin ein "Psycho". Ich nehme eben Ritalin damit ich ruhig gestellt bin und die Klappe halte, außerdem habe ich irgendwie ne Essstörung und hatte als Kind schwere Zwangsneurosen und Angst vor dem Erbrechen (bis hin zu Heulkrämpfen aus Angst).
Bitte sagt mir wie ich wieder glücklicher sein kann. Ich bin so oft geknickt und meine Freunde fragen fast jeden Tag was los ist. Aber ich will nicht drüber reden aber irgendwie will ich es loswerden. Ich bin oft total niedergeschlagen und reden tuhe ich sowieso nicht viel. Aber in den letzten Monaten bin ich noch ruhiger und nachdenklicher geworden und irgendwie deprimierter. Bitte sagt mir wie ich wieder halbwegs gut drauf klar komme. Könnt ihr mir irgendwie helfen? Sorry wenn der Text zu lang war und euch vielleicht auch gar nicht wirklich interessiert hat. Wäre echt cool wenn ihr mir antwortet weil euch was dran liegt und nicht weil es euer Job ist. Meine Lehrer sprechen auch nur mit mir weil es ihr Job ist im Privatleben gehe ich denen doch am Arsch vorbei.
Ganz Liebe Grüße! Ich hoffe ihr könnt mir irgendwie weiter helfen...

Delia Anwort von Delia

Hallo Lisa,

viele Dank für dein Vertrauen und dass du dich an uns wendest.

Während ich deinen Text gelesen habe, ist mir aufgefallen, dass ich in deinem Alter selbst einige deiner Gedanken in meinem Kopf hatte, vor allem die Frage nach dem Sinn hinter allem und die Zweifel an der Menschheit an sich. Ebenso kenne ich den Widerwillen, anderen Leuten etwas vorzuheulen. Aber manchmal ist es einfach notwendig die Gedanken auszusprechen und es kann ganz hilfreich sein, mit einer Person zu reden, die man eben nicht so gut kennt, von daher finde ich es sehr schön, dass du uns geschrieben hast.

Ich werde einfach mal die Reihenfolge der Anliegen beibehalten, die du selbst gewählt hast.
Probleme in der Schule können einen natürlich ganz schön nerven, vor allem wenn man sich bemüht und lernt und am Ende trotzdem keine gute Leistung dabei herauskommt. Irgendwann ist die Frustration einfach zu groß und man hat keine Motivation mehr um überhaupt noch irgendwas für die Schule zu machen. Vielleicht ist dein Problem ja eher die Tatsache WIE du lernst. Gerade wenn es darum geht, etwas verstehen zu müssen wie z.B. physikalische Gebenheiten oder die spanische Grammatik, bringt es einen oft nicht weiter, sich allein vor seine Schulbücher zu setzen und zu versuchen, sich irgendetwas zusammen zu reimen. Da hilft es oft eher, wenn man sich in einer kleinen Gruppe von Leuten zusammensetzt und die Themen miteinander bespricht und gemeinsam Übungen durchgeht. Im Idealfall ist dabei jemand in der Gruppe, der das Fach bzw. das Thema besonders gut beherrscht. Ein weiterer Pluspunkt für das Lernen in Gruppen ist ebenfalls die Tatsache, dass gemeinsame Erfolgserlebnisse für einen größeren Zusammenhalt sorgen und man sich gegenseitig motivieren kann. Ich weiß natürlich nicht, auf welche Art du lernst, vielleicht lernst du ja schon längst mit anderen zusammen, aber wenn nicht, würde ich dir wirklich raten es einmal zu versuchen. Für so etwas bieten sich vor allem Freistunden an, weil man ja sowieso in der Schule rumsitzt.

Du hast Recht damit, dass unsere Gesellschaft von Konsum und Kapitalismus geprägt ist und ein hohes Einkommen oft mit einem höheren Ansehen in Zusammenhang steht. ABER: Es ist nicht so, dass man nur respektiert wird, wenn man viel Geld und materielle Gegenstände besitzt. Bei manchen Menschen wird das natürlich so sein, aber mal ehrlich, wer braucht die schon? Ich selbst halte mich auf jeden Fall so gut es geht von solchen Menschen fern und das klappt auch ganz gut. Und es ist auch nicht so, dass wirklich alle nur an sich selbst denken. Auch da gibt es genug Menschen, die das sicherlich tun, aber man darf sich nicht nur auf diese Negativbeispiele fokussieren. Und wenn man keine Lust auf solche Menschen hat, kann man sich immer noch überlegen, wo man selbst hinterher leben möchte und in welchem Berufsfeld man arbeiten möchte. Im Management haben die Menschen meist andere Ziele und moralische Vorstellungen als z.B. im sozialen Bereich. Wobei ich damit natürlich keinesfalls sagen möchte, dass in bestimmten Berufsfeldern nur kapitalistische Menschen arbeiten, die sich nur um sich selbst kümmern, während im sozialen Bereich alle nett und zuvorkommen sind. So ist es nämlich nicht.

Du beschreibst den Freitod als einzigen Ausweg. Ich bin jetzt mal ehrlich zu dir und sage dir ganz offen, dass ich diese Aussage für absoluten Schwachsinn halte. Der Freitod ist kein Ausweg, sondern lediglich eine Flucht, die bedeuten würde, dass du klein beigibst und diese ganzen Dinge, die dich am Leben stören, gewinnen lässt. Und in deinem Fall wäre es einfach ein Ende von einem Leben, dem du nichtmals eine wirkliche Chance gegeben hast, denn mit 14 Jahren hat man nur einen kleinen Bruchteil seines menschlichen Lebens hinter sich. Du selbst kannst noch nicht sehr viele gravierende Entscheidungen über dein eigenes Leben treffen, du kannst noch nicht entscheiden wo du lebst, wie du deinen Lebensunterhalt finanzieren möchtest, wie du dich ernährst und mit welchen Gegenständen du dich umgibst. Aber du kannst entscheiden, was für dich wertvoll und ist was du an anderen Menschen zu schätzen weißt.
Und wenn dich diese Gleichgültigkeit und dieses konsumorientierte Denken an anderen Menschen stört, hast du immer noch die Möglichkeit, es anders zu machen, eben besser. Arbeite im sozialen Bereich, engagier dich in deiner Freizeit in ehrenamtlichen Tätigkeiten, spende Geld für etwas, das dir wichtig ist. Oder tue simple Dinge, die auf andere trotzdem eine große Wirkung haben: Sei für deine Freunde da und interessiere dich für ihr Leben, sei fremden Menschen gegenüber aufgeschlossen und höflich, hinterfrage deine eigenen Vorurteile und versuche sie zu überprüfen, lerne bewusst mit Geld umzugehen, sei hilfsbereit und großzügig anderen Menschen gegenüber. Du selbst kannst eine ganze Menge tun, du musst nicht nur zusehen. Natürlich kannst du nicht plötzlich die komplette Welt verändern, du kannst nicht einfach Kriege verhindern oder den Hunger in Afrika stoppen, genauso wenig wie Naturkatastrophen und Krankheiten aufhalten. Aber du kannst eine ganze Menge für die Menschen und Tiere in deinem Umfeld tun. Sei ein Vorbild für andere und handle so, dass du mit dir selbst im Reinen bist und von dir selbst sagen kannst, dass du dein Leben auf eine lebenswerte Art lebst. Und es ist absolut ok, dabei mal hinzufallen und nicht weiter zu wissen oder eine zeitlang mal auf der Stelle zu stehen und nicht zu wissen in welche Richtung man gehen soll, es ist nur wichtig, dass man irgendwann seinen Mut wieder zusammen nimmt und weitermacht. Und ich traue dir absolut zu, dass du es schaffst, weiter zu machen.

Auch schreibst du, dass du deine Familie und deine Freunde liebst und dass du eine großartige Schwester hast, mit der du reden kannst. Es ist klasse und unglaublich wertvoll, solche Menschen in seinem Leben zu haben. Du schreibst auch von einer ganz besonderen Person, mit der du Streit hattest. Ich weiß natürlich nicht, worum es in dem Streit ging, aber ist dieser Streit es denn wirklich wert, dass ihr keinen Kontakt mehr habt? Lohnt es sich, wegen eines Streits die ganze Zeit zu leiden oder wäre es nicht vielleicht doch sinnvoller, wenn du von dir aus mal einen Schritt auf ihn zugehst und versuchst, mit ihm über euch zu reden?
Letztendlich musst du das natürlich selbst wissen, allerdings sind meiner Meinung nach die meisten Streits es nicht wert, dass man deswegen den Kontakt zu einem Menschen abbricht, der einem eigentlich wichtig ist.

Außerdem schreibst du, dass dein Vater dich als "Psycho" bezeichnet. Das finde ich absolut nicht in Ordnung und kann ich auch nicht nachvollziehen, du wirkst wie ein normales Mädchen, dass sich viele Gedanken macht. Auch das Nehmen von Ritalin macht einen noch lange nicht zu einem Psycho oder irre.
Dem Nehmen von Ritalin stehe ich persönlich sowieso kritisch gegenüber. Sicherlich kann es einigen Menschen helfen, aber als Langzeitlösung finde ich es eher ungeeignet. Übrigens bist du wirklich alt genug, um mitzubestimmen, was mit deinem Körper passiert und welche Medikamente du nimmst. Wenn du das Gefühl hast, dass dir das Ritalin nicht gut tut, solltest du mal mit deinen Eltern und/oder mit deinem Arzt reden und nach Alternativen suchen. Die ganze Zeit Pillen zu schlucken, gegen die man einen Widerwillen hat, machen einen sicherlich nicht gesünder und schon gar nicht fröhlicher.

Du fragst, wie du wieder glücklicher sein kannst. Das ist natürlich nicht leicht zu beantworten, denn ein Patentrezept, das für alle gültig ist, gibt es natürlich nicht. Aber ich hoffe, ich habe dir mit meinen bisherigen Tipps und dem Geschreibsel etwas weiter geholfen und dir Hoffnung gemacht. Und ich würde dir auch raten, mit deinen Freunden zu reden. Das hat auch nicht zwangsläufig etwas mit rumheulen zu tun, sondern bedeutet einfach, dass du sie in dein Leben mit einbeziehst. Wenn du ihnen nie sagst, was mit dir los ist, schließt du sie aus deinem Leben aus und gibst ihnen keine Möglichkeit, dir nah zu sein und dich zu verstehen. Das kann sie unter Umständen sogar ziemlich verletzen und ihnen den Eindruck vermitteln, dass du ihnen nicht vertraust oder nicht mit ihnen reden willst.

Zum Schluss möchte ich noch sagen, dass ich geantwortet habe, weil mir wirklich etwas daran liegt und nicht nur aus Langeweile oder weil es eben "mein Job ist". Ich habe dein Problem mit großem Interesse gelesen und mir Gedanken dazu gemacht und ich kann auch viele deiner Gedanken nachvollziehen. Wenn du möchtest, kannst du natürlich auch gerne auf mein Schreiben antworten.

Ich wünsche dir alles Gute liebe Lisa und gib nicht auf, du wirkst intelligent und als würdest du dir über vieles Gedanken machen, das ist ein Potenzial was du nutzen kannst und in deinem weiteren Leben noch erweitern kannst. DU bestimmst wie du dein Leben lebst und was du daraus machst, vergiss das nie.