Problem von Anonym - 20 Jahre

Nur noch Stress

Hallo kuka team,
Brauche HILFE. Undzwar geht es darum, dass ich nicht mehr weiß wie es weiter geht.
Ich fange mal bei meinem bruder an. Mein bruder ist 10 jahre alt besucht die 5 klasse einer realschule. Bisher war alles gut, er war sehr höflich und ein sehr eigenständiges kind. So ist er aber nicht mehr. Seit dem mein vater nur noch scheisse baut (komme gleich nochmal zu) , macht er auch nur noch scheisse. Er streitet sich mit mitschüler, prügelt sich mit den und und und....

Meine schwester ist 15. sie war und ist immer frech. Sie möchte kaum noch zur schule spielt nur noch mit dem handy. Und ist nach der schule immer vor dem spiegel und macht sich hübsch.

Meine mutter....
Sie arbeitet als aushilfe. Verdient auch nicht viel und versucht mit dem geld was sie bekommt, den haushalt zu machen. Einkaufen etc. Sie ist psyschisch am ende. Versuche sie aber irgendwie immer aufzubauen.

Mein vater, ich hasse ihn.
Er arbeitet seit 2 1/2 jahren nicht, weil er berufsunfähig ist. Seitdem hat er krankengeld bekommen und jetzt kriegt er nur arbeitslosengeld. Aber das was er kriegt gibt er für automaten spiele aus. Kommt nachtsüber nicht nach hause und schläft dann über tag im wohnzimmer. Wir können deswegen niemanden nach hause einladen, weil uns das 1. peinlich ist 2. er schläft und wir dann leise sein müssen 3. er nur am meckern ist. Und er schreit uns nur noch an. Und er hat auch soviele schulden, die ich abbezahle.

Ich bin 20 jahre alt arbeite vollzeit im einzelhandel versuche seitdem meine mutter zu unterstützen.
Bezahle teilweise die miete. Jeden monat strom, und alles was den kindern noch angeht (klamotten, schulsachen, ticket für bus etc.) und zahle jeden monat 500€ schulden ab, was mein vater damals das geld verschlampt hat.
Ich habe schon versucht mit meinen eltern zu reden, dass mich das alles sehr belastet.
Aber da musste ich mir das geschreie von meinem vater anhören und das geheule von meiner mutter.

Bitte zeigt mir ein weg....

Liebe grüße

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte!

Auweh...da wurden dir ja einige Probleme auf die Schultern gelastet. Und genau da fängt es dann auch an:
Es sind NICHT DEINE Probleme. Es sind vor allem die Probleme deiner Eltern, die nicht in der Lage sind, ihr Leben gut zu führen. Ich möchte jetzt niemanden anklagen, ich denke, dein Vater verhält sich so, weil er durch seine Arbeitsunfähigkeit einen Teil seiner Selbstbestätigung genommen bekommen hat. Das nagt an jemandem sehr stark. Er versucht, davor zu fliehen, geht spielen und macht einfach die Augen zu. Deine Mutter kommt natürlich damit nicht klar, kann ihn wohl auch nicht erreichen, kann aber auch nicht alles einfach alleine machen.

Dein Bruder und deine Schwester versuchen, jeder auf ihre Weise, mit dieser schlimmen Situation fertig zu werden. Dein Bruder lässt seine Wut raus (völlig verständlich), leider halt nicht auf eine sehr sinnvolle Art und Weise, deine Schwester zieht sich in sich zurück, indem sie am Handy hängt und viel Zeit mit ihrer Schönheitspflege aufwendet.

Das alles sind durchaus normale Reaktionen auf die Familiensituation, aber natürlich ist keine davon gesund oder hilft, die Situation zu bereinigen.

Das Problem: selbst du, die klar sieht und so toll ihre Familie unterstützt (wow...deine Eltern können echt froh sein, dich zu haben!), bringst die Familie durch diese Unterstützung nicht weiter. So schlimm es klingt: es geht deinen Eltern noch zu gut, als dass sich etwas ändern kann. Warum sollte denn dein Vater was ändern, wenn die ganze Familie leise durch die Wohnung tappt und du für die Schulden und die Kosten der Familie aufkommst? Es passiert ja nichts Schlimmes!

Dein Vater müsste aufwachen. Psychotherapeuten sagen oft, dass jemand Dinge nur dann klar sieht oder klar sehen will, wenn der Leidensdruck hoch genug ist. Banales Beispiel: jemand hat stark zugenommen. Und dann geht es nur noch um den Leidensdruck. Bei manchen beginnt der bei einer kneifenden Hose. Die beginnen mit dem Abnehmen dann, wenn die Hose nur noch schwer zugeht und sind dann wieder auf ihrem Normalgewicht. Bei manchen muss erst jemand "boah, du bist fett geworden!" sagen, damit sie so erschrecken, dass sie sich darauf besinnen, andere müssen erst mit einem Stuhl zusammen brechen, wieder andere müssen erst gesundheitliche Probleme kriegen. Du siehst, der Leidensdruck ist durchaus unterschiedlich hoch.

Dein Vater verschließt momentan vor allem die Augen. Sein Gemeckere ist auch sicher nur der verzweifelte Versuch, keine Gegenstimmen gegen sich aufkommen zu lassen. Wenn man vor ihm Angst hat, fragt und kritisiert man an ihm nicht herum. Alles in allem eine sehr verfahrene und unschöne Situation, für jeden von euch. Du hingegen zahlst auch noch mit deinem eigenen Geld dafür.

Ich habe keine Ahnung, was passieren würde, wenn du dir deine Mutter und deinen Vater mal holst und ihnen mal klar sagst, dass das so nicht weiter laufen wird, du ausziehst etc. Ich weiß nicht, ob dann jemand in deiner Familie aufwacht, außerdem möchte ich nicht riskieren, dass es deinen beiden Geschwistern noch schlechter geht, da müssen wir ein wenig drauf Acht geben. Es ist für sie eh schon schlimm genug. Dein Vater scheint momentan nicht in der Lage zu sein, die Situation klar zu sehen - oder wenn er sie klar sieht, verdrängt er sie stark. Ich möchte nicht, dass du dann noch geschlagen oder angeschrien wirst, unter Druck gesetzt oder sonstiges. Also bewirke ein Gespräch mit deinen Eltern nur, wenn es Hoffnung auf Klärung gibt. Manchmal reinigt so ein Knall und hilft beim "Aufwachen", aber manchmal ist es nur ein Schuss nach hinten. Das zu bewerten liegt leider in deiner eigenen Hand.

Solltest du denken, dass ein Gespräch nichts bringt:

Am besten wäre, meiner Meinung nach, ein Familienhelfer vom Jugendamt. Das mag jetzt erstmal schlimm klingen, aber so kann es ja nicht weiter gehen. Du darfst dich auf keinen Fall für das alles verantwortlich fühlen, es ist DEIN Beruf und DEIN Geld. Du hast gelernt, du hast deinen Abschluss, es kann nicht sein, dass du nun deine Familie mit durchfüttern musst, nur weil die ihr Leben nicht auf die Reihe kriegt. Um deiner Familie aber diesen Leidensdruck zu ersparen, der mit Wegfallen deiner Unterstützung mit Sicherheit käme, wäre ein Familienhelfer eine wirklich gute Angelegenheit.

Familienhelfer sind Sozialarbeiter, die exakt auf Familien und deren Probleme geschult sind. Sie kommen zu den Familien, schauen sich die Verhältnisse an, sehen die Schwierigkeiten recht schnell und beginnen, dagegen zu arbeiten, mit der Familie zusammen. Es gibt zwei Anlaufstellen: 1. die Caritas der Kirchen, da gibt es Möglichkeiten (allerdings weiß ich natürlich nicht, ob ihr nicht zB Moslems seid, dann wäre das eher schwierig, da euer Vater mit Sicherheit ausrasten würde), die auch Nichtgläubigen helfen. 2. das Jugendamt. Ob Pro Familia sowas anbietet, weiß ich leider nicht. Diese Einrichtung kenne ich bisher nur aus anderen Bereichen, was aber nicht bedeutet, dass sie sowas nicht haben.

Ich würde einfach mit all dem, was du uns jetzt geschildert hast, zum Jugendamt marschieren und dir dort einen Termin geben lassen. Erzähle alles, was in deiner Familie so anfällt und wie die Situation momentan ist. Frage nach Lösungsansätzen und Hilfsmöglichkeiten durch das Jugendamt. Es gibt sie und das Jugendamt hilft normalerweise auch wirklich, jedenfalls so meine Erfahrungen. Natürlich gibt das später, wenn euch geholfen wird, in der Familie erstmal Knatsch. Dein Vater wird die Krise kriegen und dich fragen, wie du das nur tun konntest, du Verräterin. Das sind die typischen Reaktionen, wenn jemand seine Selbstlügen und Augenbinden verliert...und die Realität sieht. Aber du hast dann Hilfe und kannst auf diese Hilfe jederzeit zurück greifen.

Du hast dein eigenes Leben als junge Frau. Es kann nicht sein, dass du der Ernährer und der Problemlöser deiner Familie sein musst. Das ist nicht richtig und dir gegenüber auch nicht fair.

Einen Beratungstermin beim Jugendamt bekommt man, indem man einfach mal hingeht. Google hilft dir, die Adresse rauszubekommen. Einfach mal "Jugendamt" und den Namen deiner Heimatstadt eingeben, sollte es da keines geben, wird dir sicher schon das Jugendamt der nächsten Stadt angegeben, wenn nicht, google danach. Geh einfach mal hin, bitte herzlich um einen Beratungstermin (der wird nicht am selben Tag sein, schätze ich, aber die haben dich dann wenigstens schon mal gesehen), sag, dass du wirklich Hilfe brauchst, vielleicht bekommst du auch gleich einen, man weiß nie. Wichtig ist nur, dass du es angehst und nicht weiter so mitmachst, wie das bisher läuft. Es KANN NICHT deine Aufgabe sein. Es ist heldenhaft und wunderbar von dir, dass du bisher versuchst, den Supergau von deiner Familie abzuwenden, aber das kannst du weder auf diese Weise schaffen, noch liegt es irgendwie in deiner Verantwortung.

Ich bitte dich also dringend, dir da Hilfe zu holen, damit du nicht als Letzte der Familie auch noch zerbrichst. Es wäre unendlich schade um einen so lieben und großzügigen Menschen wie dich.

Alles Liebe und Gute für dich, du hast es verdient!

Dana