Problem von Liliana - 22 Jahre

Wie darf ich das nennen?

Hallo liebes KuKa-Team

Gerne möchte ich einmal offenherzig die Worte verwenden, für das, was ich schon lange in meiner Seele mit mir herumschleppe.
Hierbei geht es um das Verhältnis zu meinem Vater, welcher seitdem meine Mutter sich getrennt hat, nicht mehr derselbe ist.
An der Trennung an und für sich habe ich keine Probleme mehr, und auch mit meiner Mutter und mit deren Ehefrau (Sie hat diesen Sommer ihre langjährige Freundin geheiratet) pflege ich ein wahnsinnig tolles und schon fast beneidenswertes Verhältnis.
Nachdem meine Mutter fort war, zeigten sich bei meinem Vater aggressive Charakterzüge;
Zornerfüllt zerstörte er mir z.B. Schulmaterial, hatte mich nach einer Meinungsverschiedenheit durch unser halbes Dorf gezerrt und hatte versucht und mir den Arm zu brechen (Schluss und endlich war dieser verstaucht),er integrierte mich auch stets in seine emotionalen Miseren, flehte, dass ich ihm helfen solle und seine Ehe retten soll etc.
Kurz gesagt war er ein schwieriger Mensch zu dieser Zeit, was mir in diesem Sinne auch nicht mehr grossartig auf der Seele lastet.
Was mich jedoch bis heute verfolgt und mein Seelenleben einschränkt sind die Taten, von welchen ich nicht konkret weiss, wie ich diese zu kategorisieren habe?
Er begann mit der Zeit, mit immer wieder an meinen Hintern zu fassen, betonte, welch einen schönen Körper und was für einen knackigen Hintern ich besitze...
Ehrlich gesagt ist es wahnsinnig peinlich das alles so offen zu schildern.
Er betrat mein Zimmer wenn ich nackt war und ging auf meine Bitte auch nicht raus , sondern verharrte währendem ich nackt war in meinem Raum, redete oder schimpfte mit mir. Auch betrat er mein Zimmer des Öfteren wenn er nackt war und mit 13/14 Jahren möchte man nicht unbedingt die Genitalien des eigenen Vaters betrachten müssen. Das war mir stets sehr unangenehm. Das Schlimmste für mich war bisher, dass er einst mein Zimmer betreten hatte, als ich nur einen Schlüpfer trug.
Zu dieser Zeit hatte ich ein paar Kilo Übergewicht und war auch nicht sehr zufrieden mit mir, was mein Vater auch wusste,
Er stellte mich dann vor meinen Spiegel. Der Anblick, mich selbst halbnackt zu betrachten, ihn dabei hinter mir grinsend zu sehen während er seine Hände wieder an meinen Hintern legte, welchen er auch massiert hatte war ekelerregend, ebenso die Worte, welche er nur zu oft benutzte wie; "Du hast einen knackigen Körper/Hinter" etc.
Einmal zog er mich, während er in der Küche auf einem Stuhl sass, zwischen seine Beine, seine Hände hatten sich wieder fest um das sonst so seinerseits "begehrte" Körperteil meinerseits gefestigt und ich spürte seine Genitalien. Wortlos wollte ich mich von ihm wegdrücken, doch er zog mich enger zu sich. Als seine damalige Freundin in Richtung Küche lief und mein Vater dies wahrnahm, lies er mich fortan wieder los.
Jahre später warf ich ihm diese Dinge vor, von welchen er behauptet, dass es nicht stimmt und dass das, was ich ihm vorwerfe auch kein Missbrauch sei (Ich nannte es zu diesem Zeitpunkt Missbrauch, jedoch zweifle ich mittlerweile selbst daran)
Was hat mein Vater mit mir gemacht? Wie darf ich das nennen?
Mein Vater ist ein manipulierender, verwirrender Mensch und zu meinem Leidwesen ein äusserst intelligenter Mensch welcher sich im Thema Psychologie beneidenswert gut auskennt. Er ist schwer zu durchschauen.
Vor ein paar Tagen hatte ich Geburtstag, Er gratulierte mir und besuchte mich sogar auf der Arbeit, was nach seinem Gehen in Tränen geendet hatte.
Meine Gefühle schwanken ihm gegenüber zwischen Hass und Mitleid. Einerseits tut es mir wahnsinnig weh, ihm meine wahren Gefühle wie Enttäuschung, Furcht und Abscheu zu zeigen, immerhin ist er mein Vater, und wir hatten auch gute Zeiten. Mein Bruder möchte mittlerweile auch nichts mehr von unserem Vater wissen, und so überkommt mich natürlich eine doppelte Dosis Mitleid. Prinzipiell möchte ich keinen Kontakt zu ihm, und ist mein Vater präsent, dann färbt sich dies auf mein Privatleben ab. Ich streite mich daraufhin mit meinem Lebenspartner, lasse ungewollt und unbewusst meinen Frust und meine Trauer zu Hause aus worunter er leiden muss. Er versteht und unterstützt mich, jedoch möchte ich ihm das wirklich nicht länger antun.
Was um Himmels Willen soll ich tun, ohne meinem Vater zu schaden und ohne mir selbst zu schaden? Ich habe zu grosse Ziele in meinem Leben als dass er mir im Weg zu stehen hat, in einem Jahr gehe ich wieder zur Schule und hole meine Matur nach woraufhin ich auch studieren möchte, ebenso wollen mein Partner und ich einen Schritt weiter gehen in unserer Beziehung, jedoch kriege ich meinen Kopf für die wichtigen Dinge nicht frei wenn meine Seele solch einem Müll ausgesetzt wird...
Habt ihr einen Lösungsweg für mich bereit? Ich wäre euch sehr dankbar...
Mit lieben Grüssen

Dana Anwort von Dana

Frage: wie darf ich das nennen?
Antwort: MISSBRAUCH.

Liebe Liliana.

Natürlich lasse ich dich nicht mit dem einen Wort als Antwort stehen, aber es ist die direkte Antwort auf deine direkte Frage. Das, was dein Vater gemacht hat, WAR Missbrauch. Eindeutig. Alleine, dass er dir gesagt hat, was für einen süßen, knackigen Hintern du hast, ist schon verbaler Missbrauch, denn ein Vater sollte seine Töchter NIEMALS sexualisiert anschauen. Als ich heran gewachsen bin, ist es auch passiert, dass ich vom Duschen kam und mein Vater zum Duschen ging, wir waren beide nackt, aber es war absolut nichts dabei. Irgendwann habe ich mich dann geschämt und meine Eltern haben es absolut respektiert, dass ich im Zimmer und im Bad für mich sein wollte. Ich durfte das Bad dann ohne Protest zuschließen und an meine Zimmertür haben sie immer geklopft.

Ein Vater darf natürlich bemerken, dass seine Tochter eine Hübsche wird. Aber den Körper als "hot", "sexy" oder "knackig" zu bezeichnen, ist schon zu viel, weil es über das Väterliche hinausgeht. Du selbst, als junges Mädel, hast erkannt "da stimmt was nicht". Da braucht es nicht mehr. Alleine das reicht. Und alles, was danach folgte, war körperlicher Missbrauch. Fertig. Keine Ausrede.

Ich schätze mal, dass dein Vater sich unglaublich gedemütigt gefühlt hat, dass deine Mutter ihn für eine Frau verlassen hat, so als wäre er "ein Mann zum Abgewöhnen" gewesen. Viele Männer haben einen sehr "seltsamen" Stolz und reagieren dann auch seltsam. Dein Vater hat, wie du es schon richtig sagst, alles an dir ausgelassen.

Dass er in Psychologie fit ist, heißt nicht, dass er das Krankhafte bei sich selbst bemerkt. Und da IST einiges nicht in Ordnung. Das Problem: du kannst ihm da nicht raushelfen. Das muss er alleine schaffen. Da er dir, aufgrund seiner psychologisch angelesenen Erkenntnisse, überlegen ist, hilft es auch nicht, dich mit ihm verbal auseinander zu setzen. Er verdrängt alles, was gewesen ist, gibt es nicht zu, will die Wahrheit nicht hören, weil er sich dann seine Fehler eingestehen müsste.

Mitleid ist übrigens ein schlechter Weggefährte, da er dich hemmt, das für dich Richtige zu tun, nämlich, den Abstand zu deinem Vater zu suchen. Der arme Kerl...dann wird er von dir auch noch verlassen...ja, das ist dann halt erstmal so. Vielleicht versteht er dann irgendwann, was falsch läuft. Dein Bruder hat, warum auch immer, den Kontakt abgebrochen, deine Mutter hat ihn verlassen. Du musst hier nicht Mitgefühls-Bindeglied bleiben, gerade dann nicht, wenn du mit deinem Vater schlimme Erfahrungen und furchtbare Gefühle verbindest.

Du schreibst selbst: Ich habe zu große Ziele, als dass er mir im Weg zu stehen hat. Mal ganz davon abgesehen, dass du eine gut laufende Beziehung hast, die ebenfalls nicht drunter leiden sollte.

Das mag auf den ersten Blick egoistisch klingen, aber dein Inneres schreit einfach nach Selbstschutz. Dann schütze dich, Liliana. Brich den Kontakt zu deinem Vater erstmal ab. Wenn er wütend wird und das Warum hören möchte, erkläre es ihm. Allerdings auf keinen Fall bei ihm daheim oder bei dir. Vielleicht möchtest du es auch lieber per Brief tun? Was ich persönlich machen würde: erstmal keinen Schnitt ziehen, der nie wieder kittbar ist. Erkläre ihm, dass du jetzt erstmal den Abstand möchtest, keinen Kontakt...und dass du, vielleicht in ein paar Monaten oder Jahren, mit ihm wieder den Kontakt suchen wirst, um das aufzuarbeiten, was da zwischen euch steht.

Das wäre eine Möglichkeit. Wenn du das allerdings anders siehst und einfach NUR weg willst, dann mach das so. Mitgefühl und Mitleid können dir da nicht helfen. Ihm übrigens auch nicht. Was hilft es denn, wenn er seine Tochter alle paar Wochen sieht, diese aber vor lauter Hass und Angst in Tränen ausbricht? Das kanns ja nicht sein. Rede auch mal mit deiner Mutter drüber, wie die das sieht, vielleicht kann sie dir gute Ratschläge geben.

Ansonsten wäre es sicher auch ratsam, selbst mal eine Therapie zu machen. Du wurdest missbraucht, damit auch traumatisiert (man merkt es ja an dem Verhalten, das du deinem Vater gegenüber zeigst und an den Ängsten, die du hast, bzw den Hassgefühlen deinem Vater gegenüber), das sollte therapiert werden, damit es dich nicht irgendwann überholt. Traumata haben die Angewohnheit, plötzlich an die Oberfläche zu kommen und dich zu überfallen, wenn du gar nicht damit rechnest. Eine Bekannte von mir hatte so einen "Flash" im Straßenverkehr und ist einfach mitten in Berlin auf einer vierspurigen Straße mit dem Auto stehen geblieben. Sowas kann gefährlich sein.

Ich will dir jetzt keine Angst machen, du gehst ja mit dem Thema offen um, aber es wäre gut, dich einfach auch in fachliche Hände zu begeben, damit du für den Alltag Stärkung erfährst und ein für alle Mal klären kannst, wie du mit diesen Erfahrungen der Vergangenheit umgehen solltest. So eine Therapie hilft einfach enorm, seine eigene Ordnung wiederherzustellen. Alleine an deiner Emailadresse, die für mich ja sichtbar ist, sieht man, dass dich alles sogar bis dorthin verfolgt.

Mein Rat wäre also: Abstand vom Vater (für mehrere Monate, vielleicht sogar Jahre), enge Anbindung an deine Mutter, Therapie und Konzentration auf dich und dein Leben, dein Fortkommen und deine Beziehung.

Ob du diesen Rat umsetzen möchtest, liegt aber ganz alleine bei dir.

Ich wünsche dir für deine Entscheidung die richtigen Gedanken, so dass das für DICH Beste geschehen möge.

Alles Liebe,

Dana