Problem von Chiara - 15 Jahre

Scheidung

Meine Eltern wollen sich scheiden lassen.
Nun muss ich mich entSCHEIDEN wo ich hin soll,natürlich fehlt das schwer , ich habe immer ein gutes verhältnis zu beiden gehabt , ich habe mich in unserem kleinen dorf mal umgehört und die meisten ziehen zu ihrer mutter.
Ich bin mir aber nicht sicher , mein bruder und meine kleine schwester wollen alle zu meiner mutter und wenn ich jetzt sage das ich zu meinen vater wolle wären meine geschwister dann traurig?ich bin verzefeilt , könnt ihr mir helfen?

Johannes Anwort von Johannes

Liebe Chiara,

ich freue mich wirklich sehr, dass du dich mit deinem Problem an uns gewandt hast.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schlimm es für Kinder sein kann, wenn sich die Eltern trennen. Man kann und will es in der ersten Zeit nicht wahr haben, auch wenn es zur bitteren Realität geworden ist. Jedes Kind/jeder Jugendlicher sollte dabei aber nicht vergessen, dass sich die Eltern als Paar zwar getrennt haben (und da gibt es meistens auch gute Gründe für), sie aber eine Sache ihr Leben lang verbindet, auch wenn sie sich noch so sehr hassen: Sie sind beide deine Eltern und sie werden auch immer deine Eltern bleiben. Vergiss das bitte nicht. Auf der anderen Seite würde ich mir folgendes überlegen: Wie eben schon kurz angedeutet trennen sich Paare nicht grundlos. Auslöser dafür sind z.B., dass sie sich ständig streiten, sich nicht mehr lieb haben oder dass sie sich aus welchen Gründen auch immer auseinander gelebt haben. Frage dich mal, ob es das wäre was du möchtest, wenn deine Eltern nur zusammengeblieben wären, um dich nicht zu verletzen. Zudem solltest du dir darüber im Klaren sein, dass du deine Eltern nicht verloren hast. Du hast das Recht, beide so häufig zu sehen, wie du möchtest und keiner von beiden kann dir das verbieten.
Das hier wird dir sicherlich auch helfen:
http://www.ennepetal.de/Hilfe-meine-Eltern-trennen-sich.1016.0.html

Ich finde es sehr gut, dass du bisher immer ein gutes Verhältnis zu beiden Elternteilen gehabt hast. Das ist nämlich nicht selbstverständlich. Eigentlich sollte das Verhältnis zu deinen Eltern jetzt nicht schlechter werden, denn du hast mit deren Scheidung nichts zu tun. Weißt du, wie ich meine? Die eine Seite ist die Beziehung zwischen euren Eltern, die leider nicht mehr so ist, wie sie mal war. Und die andere Seite ist die Beziehung zu dir bzw. zu euch Kindern, die unter der Trennung nicht leiden sollte.

Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass es dir nicht leicht fällt zu entscheiden, bei wem du wohnen möchtest. Tatsächlich scheint es so zu sein, dass die meisten Kinder nach einer Trennung bei ihrer Mutter leben. In meinem Bekanntenkreis ist das auch so und für mich selbst war von Anfang an klar, dass ich bei meinr Mutter leben möchte. Trotzdem habe ich meinen Vater damals so gut wie jeden Tag besucht und habe mit ihm Zeit verbracht. Heute ist es leider nicht mehr ganz so oft möglich, da ich vor 1 1/2 Jahren mit meiner Mutter und ihrem Mann weiter weg gezogen bin. Trotzdem besuche ich meinen Vater mindestens an einem Wochenende im Monat und wenn ich Urlaub habe auch über einen längeren Zeitraum. Das war mir von Anfang an sehr wichtig und wird es auch für immer bleiben. Warum ich dir das schreibe? Ich möchte dir damit ans Herz legen, dass du - egal wie du dich entscheidest - den anderen Elternteil, bei dem du nicht wohnst, so häufig wie möglich besuchen kannst. Wenn entweder dein Mutter oder dein Vater weiter wegzieht, wird es natürlich schwieriger möglich sein, aber ich würde an deiner Stelle und auch der Stelle deiner Geschwister jede Gelegenheit nutzen.

Du schreibst, dass dein Bruder und deine Schwester zu deiner Mutter wollen und fragst, ob sie traurig wären, wenn du sagen würdest, dass du zu deinem Vater möchtest. Das kann ich natürlich nicht beantworten, aber wenn ihr ein gutes geschwisterliches Verhältnis habt, wäre es durchaus denkbar, dass sie traurig sind, wenn nicht mehr alle Geschwister beisammen im gleichen Haus wohnen. Ich sage dir aber auch: Es ist DEINE Entscheidung, wo du wohnen möchtest, denn du bist 15 Jahre alt und da kann man das selbst entscheiden. Natürlich sollten die Eltern auch die Entscheidung akzeptieren, denn häufig ist es leider so, dass sie ihre Kinder gegen den jeweils anderen Elternteil aufhetzen, was natürlich nicht richtig ist, weil du als Tochter mit deren Problemen wie gesagt nichts zu tun hast. Ich möchte aber auch nicht unterstellen, dass es bei euch so sein wird.

Zwar hast du nicht eindeutig geschrieben, dass du bei deinem Vater wohnen möchtest, aber ich gehe aufgrund deiner Frage schon davon aus. Wenn das so sein sollte, dann sage es bitte deinen Eltern. Aufgrund der Tatsache, dass deine Geschwister lieber bei deiner Mutter leben möchten, heißt es noch lange nicht, dass du auch bei ihr wohnen musst, wenn du es nicht möchtest. Ich kann verstehen, dass deine Mutter wahrscheinlich am liebsten möchte, dass alle Kinder bei ihr wohnen. Aber wenn du lieber zu deinem Vater möchtest, dann sage ihr das und kläre mit deinem Vater, ob er sich vorstellen könnte, dass du bei ihm wohnst. Natürlich wird deine Mutter dann erst einmal enttäuscht sein, aber sie wird es mit der Zeit verkraften und lernen, damit umzugehen. Es wäre viel schlimmer, wenn du deiner Mutter oder deinen Geschwistern zur Liebe bei ihr bleibst und in Wirklichkeit lieber bei deinem Vater leben möchtest.

Die Entscheidung kann ich dir nicht abnehmen. Höre darauf, was dein Herz dir sagt, bei wem du lieber bleibst und lasse dich bitte nicht an der Entscheidung deiner Geschwister beeinflussen. Es ist DEINE Entscheidung. Falls du trotz allem unsicher sein solltest, könntest du dir eine Liste schreiben, auf der du die Vorteile notierst, die du siehst, wenn du bei deiner Mutter wohnst und auch die Vorteile, die du siehst, wenn du bei deinem Vater wohnst. Daran wirst du ziemlich schnell erkennen, was dein Herz möchte.

Ich wünsche dir, dass du bald zu einer Entscheidung kommst, mit der du glaubst, am glücklichsten leben zu können. Wenn du noch Fragen hast oder ich dich noch irgendwie unterstützen kann, kannst du dich ruhig noch einmal melden, denn ich bin gerne für dich da.


Alles Liebe,

Johannes