Problem von Anonym - 18 Jahre

Schule macht mich fertig

Hallo,
wie in meiner Überschrift schon erwähnt, macht mich die Schule in letzter Zeit nur noch fertig.
Ich stehe kurz vor dem Abitur und es läuft nicht sonderlich gut. Ich war zwar schon immer ein mittelmäßiger Schüler, aber mittlerweile habe ich nur noch die ständige Angst es nicht zu schaffen. Ich habe nur noch Stress und Angst, wenn ich nur an die Schule denke.
Ich habe einen Lehrer, der die Schüler nur fertig macht, wenn man nicht gut in seinem Fach ist und da nicht jeder ne Leuchte in Naturwissenschaften ist, ist das eben öfters der Fall. In seinem Unterricht traut sich oft keiner was zu sagen. Ich hatte letztes Jahr schon ein Problem mit ihm, da er mir mündlich trotz einiger Meldungen 0 Punkte gab. Vor einigen Wochen hatte ich wegen diesem Lehrer einen Nervenzusammenbruch, weswegen ich auch noch mit einem anderen Lehrer Probleme bekam.
Seitdem ist die Angst so gestiegen, dass ich Beruhigungsmittel nehmen muss, fast täglich. Ich schlafe oft nachts nicht mehr und muss nachts, wie auch nach Klausuren bei denen ich ein schlechtes Gefühl hatte, oft weinen. Die Beruhigungsmittel bringen oft auch nicht viel, an manchen Tagen klopft mein Herz so sehr, dass es schon wehtut und ich zitter am ganzen Körper, einfach weil ich so nervös wegen der Schule/Klausur bin.
Ich halte es nicht mehr lange aus auf der Schule, ich musste dort schon so viel mitmachen; Mobbing von Schülern und Lehrern, unfaire Noten etc. Aber ich will natürlich so kurz vorm Schluss nicht aufgeben.
Meine Eltern wissen, dass ich ein Problem habe, aber wissen auch nicht was ich machen soll. Ein Gespräch mit dem einen Lehrer bringt auch nicht viel. Ich hab mittlerweile oft keine kraft mehr, das Lernen wird so immer schwieriger. Ich habe Angst bald noch richtige psychische Probleme zu bekommen...
Was soll ich nur tun?
PS: bitte keinen Vorschlag mit psychologischer Therapie o.ä, bräuchte schnelle Hilfe, Prüfung ist schließlich in zwei Monaten

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du,

ich kann deine Schulsorgen wirklich gut verstehen, nicht zuletzt aus eigener leidvoller Erfahrung. Viele deiner Schilderungen kommen mir bekannt vor. Deswegen glaube ich, dass du nicht allein bist - bestimmt geht es einigen deiner Mitschüler ähnlich damit.

Es gibt jedoch einen Punkt, der sich nicht einfach so auflösen lässt. Zum Einen willst du die Prüfung schaffen, zum Anderen scheinst du Ängste und Zweifel daran zu haben, die Zeit bis dahin überhaupt durchstehen zu können bzw. dich angemessen vorbereiten zu können. Das ist der Punkt, an dem ich zögere, dir "einfach nur" Ratschläge zu geben, wie du die Zeit durchstehen kannst.
Kurz gesagt: Wenn du dir ernsthaft Sorgen um deine psychische Gesundheit machst, solltest du dir die ehrliche Frage stellen: Kann ich überhaupt so weitermachen? Oder sollte ich lieber einen Schlussstrich ziehen und meinen Abschluss zu einem späteren Zeitpunkt an einer anderen Einrichtung machen? Immerhin gibt es ja einige Wege, z.B. sein Abitur über diverse Bildungswege nachzuholen. Da es verschiedene Schulformen gibt, kann man sich da teilweise etwas für sich Passendes aussuchen. Ich denke da unter anderem an Alternativschulen wie Waldorf, wo man im Allgemeinen nicht so unter Druck steht und genauso sein Abitur machen kann. Das ist der eine Bereich.

Der andere Weg wäre, sich für das Durchhalten zu entscheiden. Da gibt es schon ein paar Gedanken, die ich dir mitteilen möchte.
Ich weiß nicht, wie sehr du tatsächlich (vor)belastet bist, wieviel Leid und Anstrengung du noch ertragen kannst. Ein Mensch kann durchaus viel Stress auf sich nehmen und immer wieder Kräfte mobilisieren, auch wenn er bereits deutliche Erschöpfungszeichen zeigt. Gerade Prüfungszeiten vermitteln einem oft das Gefühl "Ich kann nicht mehr! Ich will nicht mehr!" Und dann geht es doch weiter. Es kommt auch darauf an, wie lange und wie intensiv Belastungen auf einen einprasseln. 2 Monate sind überschaubar; danach hättest du wahrscheinlich ersteinmal deine Ruhe und könntest dich erholen.
Ich nenne dir einfach ein paar konkrete Tipps, die mir einfallen:

- Sage dir selbst, dass es bald vorbei ist, dass du den für dich schrecklichen Lehrer dann los bist und dass du dich nach der Prüfung erholen kannst. Du hast dann deinen Abschluss und kannst damit etwas Konstruktives machen! Das schafft womöglich Erleichterung und Motivation.

- Es gibt viele pflanzliche Wirkstoffe, die dich beruhigen können wie z.B. Baldrian, Lavendel und Johanniskraut. Ein Lavendeltee kann wahre Wunder wirken! Vor dem Einschlafen ist ein Tee auch sehr wohltuend und kann das Einschlafen begünstigen. Bachblüten und Schüßlersalze sollen ebenfalls gut helfen.

- Schaffe dir Freiräume, in denen du dir etwas Gutes tust. Nur den Fokus auf das Lernen - Müssen zu richten, ist kontraproduktiv. Es ist oft schön, sich für Lernen zu belohnen und auch mal zwischendurch aufzustehen und etwas Angenehmeres zu machen. Man muss nicht stundenlang durchlernen, oft ist sogar das Gegenteil besser, also eher in kleinen Etappen zu lernen. Bewegung ist da sehr hilfreich oder auch eine Schlafpause. Dazu gehört auch, gar nicht zu lernen, wenn man schon merkt, dass es gerade nicht funktionieren würde. Dafür klappt es zu einem anderen Zeitpunkt dann besser.

- Versuche, nicht nur das Schlechte an der Schule zu sehen, also z.B. nicht nur an diesen einen Lehrer zu denken. Schule ist ja weit mehr. Du hast dank der Schule ja auch viel gelernt, was dir für deinen weiteren Lebensweg nützlich ist. Da sind mitunter Menschen, die dir etwas bedeuten. Eine innere Aufzählung kann dir bewusst machen, was du als schön, nützlich oder zumindest akzeptabel wahrnimmst. Trotz all der negativen Erfahrungen.

- Ist es wirklich so, dass dein Lehrer nicht auf Gesprächsversuche eingeht? Ich würde zumindest darüber nachdenken, (ein letztes Mal) mit ihm zu reden. Entweder du allein oder mit ein paar Mitschülern, denen es ähnlich geht. Ihr könntet ihm sagen, dass ihr euch in den letzten Wochen vor der Prüfung wünscht, dass er nicht gleich knallhart reagiert, weil ihr merkt, dass ihr u.a. erst durch die große Strenge Probleme mit dem Lernen bekommt. Natürlich höflich formuliert! Es gibt durchaus strenge Lehrer, die einen weichen Kern haben und sich besänftigen lassen, wenn man ehrlich zugibt, dass man leidet, aber sehr gewillt ist, gute Leistungen zu erzielen.
Falls ihn das völlig unbeeindruckt lässt, hilft es nur, deine eigene Haltung zu verändern:
* Versuche, dem Lehrer den Schrecken zu nehmen. Das kannst du auf viele Arten machen: Mache dir bewusst, dass er keine Macht/Kontrolle über dich und dein Leben hat. Er ist halt ein blöder Lehrer. Er ist aber nicht gleichbedeutend mit der gesamten Schule und dem ganzen Stoffpensum. Und: Du kannst viel, du hast deine Stärken! Da kann ein Lehrer noch so fies sein, du bist trotzdem ein wertvoller Mensch, der anständig behandelt weren muss! Nur weil er (mehr oder weniger absichtlich) versucht, dir das Gegenteil zu vermitteln, heißt das noch lange nicht, dass er Recht hat! * Betrachte ihn distanzierter, "von oben herab". Warum ist er so streng? Warum hat er es nötig, seine Schüler zu schikanieren? Offenbar macht er keinen guten Job, wenn er sich derart unpädagogisch verhält. Das verdient keine Angst, sondern eher Mitleid. Der kann es leider nicht besser, so ein armes Würstchen! Hat er vielleicht Probleme im Privatleben, die er an euch auslassen muss? Wie gut, dass es noch andere, kompetentere Lehrer gibt, von denen könnte er sich bestimmt eine Scheibe abschneiden. Am Ende ist es auch nur ein Mensch, kein Monster. Diese Art der "Nachsichtigkeit" hilft, die Angst und Wut abzumildern.
* Außerdem kannst du dir eine Art "Schutzschild" basteln, also dass du alles Negative an dir abperlen lässt. Du hast ein Ziel, davon wird er dich nicht abbringen können! Das Ziel fest vor Augen, ignorierst du ihn einfach. So wie einen lästigen Weggefährten, der dir auf die Nerven geht. Du gehst einfach weiter, ohne dich nach ihm umzuschauen. Wenn er gemeine Kommentare ablässt, denkst du dir z.B. "Blablabla, so ein dummes Gerede" oder "Schon klar, der hat den Durchblick!" Zum einen Ohr rein, zum anderen raus. Ironie und Witz können da helfen! -
* Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Ohnmacht, die du verspürst, in Mächtigkeit umzuwandeln. Das kann darin bestehen, dass du im Unterricht sagst, dass du keine Lust mehr hast, dich von ihm so behandeln zu lassen (das schließt aber mit ein, dass du dich das überhaupt traust und auch über die möglichen Konsequenzen nachgedacht hast, also dass du notfalls zur Schulleitung gehst...) oder dass du dir überlegst, ihm nach der Prüfung einen richtig ehrlichen Brief zu schreiben, wo drin steht, was du von ihm hälst. Manche Schüler empfinden es als Genugtuung, in die Abschlusszeitung zu schreiben, welche Lehrer sie blöd finden. Warum nicht? Da werden meistens nicht die Lehrer genannt, die fair und respektvoll mit ihren Schülern umgegangen sind.
Bestimmt gibt es noch andere Schüler, die ihn nicht mögen - macht ruhig Scherze über ihn! Dann wirkt er lächerlich und nicht mehr so bedrohlich. Wenn man nicht anständig mit ihm reden kann, ist das legitim. Du bist ihm nicht ausgeliefert, wenn du es nicht möchtest.

- Bilde eine Lerngruppe mit netten Mitschülern/Freunden, damit du nicht das Gefühl hast, alleine mit dem Lernen zu sein. Gemeinsam kann man sich mehr aufraffen, Fragen stellen, sich helfen lassen. Es kann auch eine Ergänzung zum Allein - Lernen sein.


Ich hoffe sehr, dass ich dir ein paar hilfreiche Aspekte nennen konnte. Wenn du die Prüfungszeit auf jeden Fall durchstehen willst, drücke ich dir ganz fest die Daumen und wünsche dir viel Erfolg! Ich bin sehr zuversichtlich, dass du dein Vorhaben verwirklichen kannst, egal mit welchem Weg.

Nuala