Problem von Anonym - 26 Jahre

Feedback an Bernd

Hallo Bernd,

dieses Feedback geht an dich, da es sich um zwei von dir gegebene Antworten handelt. Und zwar um folgende:
http://mein-kummerkasten.de/305162/Vater-hat-mich-geschlagen.html
und
http://mein-kummerkasten.de/305389/Ich-wundere-mich-teilweise-ueber-eure-Antworten.html

Grundsätzlich hast du natürlich recht, dass man niemandem das vorhalten soll, was man selbst auch macht (in diesem Fall schlagen).
Andererseits sollte man sich mal genau anschauen, wie der Tathergang beschrieben wurde. Gehen wir davon aus, dass die subjektive Schilderung des hilfesuchenden Mädchens der objektiven Wahrheit entspricht, so wurde sie provoziert und hat darauf lediglich verbal – also mit Worten reagiert. Soweit hat sie sich völlig astrein verhalten. Dann allerdings wurde ihre Schwester handgreiflich und hat sie gekrallt, was sicher weh tat. Und wie das so ist, wenn uns etwas weh tut, handeln wir manchmal aus dem Affekt oder Reflex heraus und genau das scheint das Mädchen getan zu haben. Sie hat ihre Schwester aus dem Affekt heraus geschlagen bzw. sie hat sich „nur“ gewehrt. Sie hat sich körperlich gewehrt, weil sie körperlich angegriffen wurde.
Dann allerdings kam ihr Vater hinzu und hat sie direkt nieder geschlagen (was ja dann schon sehr viel mehr, als eine bloße Ohrfeige gewesen sein wird…und auch diese wäre nicht in Ordnung gewesen). Und dies ist auf gar keinen Fall in Ordnung, sondern sehr, sehr schlimm.
Auch steht der Vater doch auf einer ganz anderen Stufe, als sie als Schwester. Er ist ihr Vater, er ist für sie verantwortlich und er hat eine Vorbildfunktion. Und diese hat er ganz klar missbraucht.
Das Mädchen wurde provoziert, woraufhin sie sich mit Worten gewehrt hat….darauf hin wurde sie körperlich angegriffen und hat sich gewehrt…woraufhin sie von ihrem Vater noch mal eine drauf bekommen hat. Und du rätst ihr, dass sie sich mit ihrer Schwester nicht mehr streiten soll? Da frage ich mich – was hat sie denn gemacht? Soll sie jetzt jedes mal zurückstecken, wenn sie provoziert wird und nicht einmal mehr etwas dagegen SAGEN, weil es dann ja sein KÖNNTE, dass ihre Schwester sie körperlich angreift, woraufhin sie sich wehrt (was deiner Meinung nach nicht in Ordnung ist)?
Ich bitte dich, deine Antwort und auch das Feedback von Lotte nochmals zu überdenken.

Liebe Grüße

PS: Es wäre schön, wenn dem hilfesuchenden Mädchen dieses Feedback hier weitergeleitet werden könnte, denn ich habe noch einen Rat an sie. Sie könnte sich mal an das örtliche Jugendamt bei sich wenden und dort um Hilfe bitten. Vielleicht kann eine sog. Familienhilfe ihr und auch ihrer ganzen Familie mit diesen Konflikten weiterhelfen. Denn, so wie ich das sehe, ist es nicht damit getan, dass das Mädchen versucht Streit zu verhindern. Nicht nur sie, sondern diese ganze Familie braucht dringend Hilfe!

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Unbekannte,

Danke für Dein feedback!
Vor allem möchte ich Dir sagen, dass ich Deinen Vorschlag mit der Familienhilfe sehr gerne weitergebe!
Wo wir hier lediglich raten, wie sehr subjektive Schilderung mit objektiver Wahrheit im Einklang stehen, wird die Familienhilfe vor Ort sehr viel besser auf alle Beteiligte eingehen können!
Du hast so sehr Recht mit Deiner Bemerkung:
"Nicht nur sie, sondern diese ganze Familie braucht dringend Hilfe!"
Und genau dort habe ich es mit meiner Antwort versäumt.
Meine Antwort scheint wohl nur die in die Pflicht nehmen zu wollen, die uns geschrieben hat?
Das ist sicherlich falsch! Und nur dem Gedanken geschuldet, dass ich der, die uns geschrieben hat sehr viel mehr zutraue, als dem Rest der Familie!

Übrigens: eine Ohrfeige finde ich äußerst gefährlich!

Und: ich weiß, was Provokationen bewirken können!
Manchmal kann sogar ein Lächeln das Gegenüber dazu provozieren, zuzuschlagen.

Ich bin nicht stolz darauf, wenn ich das hier schreibe: mein Lächeln hätte (vor etlichen Jahrzehnten) bei der Bundeswehr beinahe einem HFW kurz vor der Pensionierung eine unehrenhafte Entlassung und einen Strafprozess wegen "versuchtem tätlichen Angriff gegen einen Untergebenen" eingebracht.
Für alle, die sich heutzutage in echt schlagen wird es ein Witz sein?
Er war Zugführer, ich als einfacher Gefreiter Gruppenführer. Hatte wohl in seinen Augen was falsch gemacht.
Der ganze Zug war angetreten (stand halt da und sah zu), während der HFW mich lautstark vor allen zusammenfaltete.
Ich lächelte.
Er kam von seinem Feldherrenhügel herunter und schrie mir aus geschätzten 20 cm Abstand ins Ohr.
Bei der Bundeswehr gibt es einen "Sicherheitsabstand" von 3 Schritt!
Sein "versuchter tätlicher Angriff"? Ich trat 3 Schritt zurück und er setzte mir nach: schrie mich also wieder aus 20 cm Abstand an!
Je mehr ich lächelte, umso mehr und umso lauter!
Ich musste nach der Vorschrift nur noch 24 Stunden "überlegen" und reichte dann meine Beschwerde ein!
Selbst, wenn ich damals wirklich "Angst" hatte, dass er mich verprügeln wollte: wäre es Grund genug gewesen, einem ansonsten untadeligen Soldaten den Rest des Lebens zu versauen?
Die Krux dabei war noch: von meiner Beschwerde wusste niemand. Aber mein Lächeln (wie ich dem HFW entgegentrat) hat mir mehr Respekt verschafft, als irgendetwas sonst!
"Provokation" ist seitdem ein Thema, das ich niemals einfach hinnehmen kann . Und es verdreht oft die "Wahrheiten":
wie kann ich schuldig werden, wenn ich nur lächle?
Meine Antwort an mich selbst: "ich kann!"

Meine Frage an mich selbst: "wie kann ich selbst solchen Provokationen entgehen?"

Diese Frage an mich selbst wollte ich unserer Fragestellerin weitergeben!

"der klügere gibt nach" ist sicherlich nicht mehr der Spruch, der zeitgemäß ist!
Wie wär es mit dem Spruch: "Was bringt es mir, mich mit dem Mond zu streiten"?
Oder mit dem Hund, der den Mond anbellt?

Alles Liebe,

Bernd