Problem von Marie - 20 Jahre

Mein Leben versinkt im kompletten Chaos

Hallo,
Ich schreibe euch, weil ich wirklich das Gefühl habe, das mir niemand sonst helfen kann.
Ich wohne seid einem halben Jahr in einer anderen Stadt, ziemlich weit weg von meinem Elternhaus. Ich ging mit Freunde von meiner Heimatstadt weg, ich war gelangweilt und wollte endlich ein neues Leben beginnen.
Am Anfang war alles toll, ich fand eine superschöne Wohnung, einen riesigen tollen Freundeskreis und ende letzten Jahres auch die Liebe. Alles was ich mir vorgenommen hatte hat geklappt. Auch die Uni machte mir großen Spaß.

Seid knapp einem Monat hat sich alles komplett ins Gegenteil gedreht. In so ziemlich allen Bereichen:
Ich bin meinem Freund ziemlich lange hinterhergelaufen, ich habe ihn durch meinen neuen Freundeskreis kennengelernt. Sobald wir aber zusammen waren, merkte ich, dass ich ihn garnicht mehr will. Mittlerweile ekelt es mich an wenn wir zusammen sind. Ich erstarre zu Eis wenn er mich anfässt, alles was er sagt, nervt mich, aber er liebt mich und ich ertrag es nicht ihm weh zu tun. Ich habe Angst vor der Reaktion anderer wenn ich es beende, dass ich dann als die Böse da stehe.
Ganz abgesehen davon, bin ich irgendwie nicht beziehungsfähig.
Ich habe kein Problem damt Sex ohne Gefühle zu haben, oder auch nur mit Gefühlen meinerseits. Aber sobald ich merke dass ein Mann meine Gefühle erwiedert, fange ich an mich vor ihm zu ekeln und mache Schluss. In meinen jetzt vier Beziehungen ist es immer dasselbe gewesen. Ich beende es sobald er sich wirklich in mich verliebt. Ich will das nicht mehr.

Jetzt bin ich in meiner Heimatstadt über die Feiertage und habe einen Typ wiedergetroffen, den ich schon als 16jährige toll fand. Wir hatten vor zwei Tagen was miteinander. Nur betrunken in der Ecke geknutscht, aber seitdem ist er wieder in meinem Kopf. Und es tut so weh, dass er sich nicht meldet. Obwohl ich doch eigentlich nen Freund habe.
Zum anderen meldet sich jetzt noch verstärkt meine Exaffäre - uns hat nie mehr als Sex verbunden aber aufeinmal lädt er mich zum Essen ein und will mich besuchen. Das verwirrt mich so.

Der andere große Chaosfaktor in meinem Kopf ist die Uni. Mir macht alles großen Spaß aber als die Prüfungen anstanden merkte ich das ich nicht genug gelernt hatte und ließ mich krankschreiben. Der Nachschreibetermin wurde dann zum völligen Desaster. Ich war wie erstarrt, konnte mich nicht bewegen, bekam eine Panikattacke und ging nicht hin. Ich habe immernoch nicht genug geelernt. Ich kann nicht und mittlerweile sind auch die Lernunterlagen aus dem Internet verschwunden. Es wächst mir über den Kopf. Ich muss in diesem Semester diese Prüfung noch nachschreiben, ich muss die anderen Prüfungen bestehen und ich krieg ja schon Panikattacken wenn ich die Universitätsseite überhaupt angucke. Ich versteh mich selber nicht. Mir wächst das alles über den Kopf.
Zudem fang ich an ein wenig zu hypochondern. Ständig wittere ich eine neue Krankheit bei mir, ob Lungenkrebs oder Gehirntumor oder Laktoseintolleranz, ich fühl mich ständig krank und ausgelaugt. Was soll ich machen? Ich hab niemanden mit dem ich darüber reden wollen würde. Bitte helft mir.

Svenja Anwort von Svenja

Liebe Marie,

es tut mir leid, dass Du in letzter Zeit darunter leidest.
Ich könnte nun darüber sinnieren, was der Auslöser sein könnte, aber ich möchte Dir direkt schreiben, dass ich eine Therapie für sehr sinnvoll halte.
Hast Du einmal überlegt, das Semester vielleicht zu wiederholen? Eine Therapie ist nicht von heute auf morgen erfolgreich beendet und manchmal sind Therapiestunden auch belastend, wenn man über Probleme redet. Aber damit dich das nicht weiter stresst, solltest Du, meiner Meinung nach, das Semester wiederholen. Viele Freunde von mir haben das getan und es hat ihnen sehr geholfen. Gerade bei so vielen Problemen, die Dir über den Kopf wachsen, wäre es sehr schade, wenn Du es hinschmeißen würdest, wenn es dann wirklich ZU viel ist. Zudem ist es keine Schande, ein Semester ein oder zwei Mal zu wiederholen, wenn es nicht anders geht. Das machen viele Studenten, mehr als man denkt! Du könntest dass, was Du verpasst hast, nacharbeiten und in der Zeit auch die Therapie machen. Es wäre aber sehr wichtig zu erfahren für dich, warum und wie das alles angefangen hat.
Warum Du dich vor Männern ekelst, die sich in dich verlieben?
Warum Du angst vor Krankheiten bekommen hast?
Etc.

Ist früher vielleicht etwas passiert? Vielleicht etwas Negatives, was Du in Verbindung mit Nähe bringst?
Ich möchte dich aufrichtig bitten, Dir schnell einen Therapeuten zu suchen. Leider nehmen viele keine Patienten mehr auf und die Warteliste ist voll, aber Du könntest an deiner Uni auch einmal nachfragen, ob es frische Absolventen gibt bzw. die ihre Ausbildung nach der Uni zum Therapeuten gerade abgeschlossen haben. Manche Universitäten vermitteln sogar (ist mir zumindest in Berlin bekannt). Versuche es einmal. Je nachdem bei welcher Krankenkasse Du bist, kannst Du diese auch fragen, ob sie auch die Kosten für einen Heilpraktiker-Therapeuten übernehmen. Manche bieten das an oder zumindest einen Teil. Ich weiß, dass man als Student ohnehin nicht viel Geld hat, aber manche Heilpraktiker machen Angebote. Es ist nicht dasselbe wie ein richtiger Therapeut, der studiert hat, aber für den Anfang, bis Du woanders einen Platz bekommst, wäre es vielleicht ein guter Start?
Vielleicht kannst Du auch einen Studenten suchen, der gerade in seinem letzten Jahr in Psychologie ist und fragen, ob Du dich ihm zur "Verfügung" stellen kannst, wenn wirklich gar nichts mehr frei sein sollte und der Heilpraktiker zu teuer. Das wäre jetzt nur ein Vorschlag, damit Du nicht allzu lange darunter leidest. Oder Du nimmst Kontakt zu jenen Studenten auf, die vielleicht selbst Kontakte haben (eben wegen jener Ausbildung, die sie danach absolvieren müssen) und können Dir vielleicht einen Platz verschaffen?
Es wäre ein Versuch wert.

Mit deinem Freund solltest Du einmal darüber sprechen, dass Du nicht ganz klar damit kommst, dass er dich liebt. Du musst nicht alles sagen, aber vielleicht kann er Dir auch helfen, zumindest auf den Grund zu gehen, warum das so ist? Oder halte etwas Rücksprache mit deinen Eltern, ob sie vielleicht wissen, woran es liegen könnte? Manchmal, wenn etwas Unschönes passiert, verdrängen wir das sehr gut und können uns daran nicht oder nur sehr schwer erinnern. Vielleicht gab es einen Vorfall und deine Eltern wissen Bescheid?

Ich hoffe, dass sich das alles bald zum Guten wenden wird!
Wünsche Dir alles Liebe und Gute!