Problem von schneqqe - 19 Jahre

Kein Problem..

Hallo allerseits :)

Ich finds ziemich geil, was ihr hier alle leistet, vor allem Dana und Bernd! Würd mich freuen wenn Bernd dieses "Problem" beantworten könnte, weil ich seine scheinbar offene Art echt schätze.

Also ich hab eigentlich kein richtiges Problem, eher ein "Problemchen"... und zwar, ich kann irgendwie keinem Menschen "richtig" vertrauen... ich habe oft Angst, dass die Menschen, wenn sie wissen, wie ich "wirklich" bin, mich nicht mehr mögen. Die Menschen in meinem Umfeld würden mich wahrscheinlich so beschreiben: zickig, große Fresse und immer am scheiße labern. Das stimmt wahrscheinlich auch... ich versuche oft, meine Unsicherheit mittels Ironie und Sarkasmus zu verstecken... Aber innerlich bin ich scheinbar ziemlich sensibel. Ich kann sehr gut austeilen, aber mit dem Einstecken hab ichs gar nicht, da ich die Aussagen, die meine Gegenüber auf mein Gesagtes erwiedern, immer persönlich nehme und dagegen kann ich irgendwie gar nichts tun. Ich hab denke ich, viele "Freunde" und gelte als relativ beliebt, aber dennoch fühle ich mich manchmal irgendwie einsam und allein. Ich habe Angst etwas im Leben zu verpassen und mache stattdessen dauernt irgendetwas mit meinen Freunden und wenn ich mal einen Abend allein zu hause verbringe, könnte ich echt heulen. Da ist in mir so ein richtiger Druck und ich hasse ihn. Wenn ich mich allein fühl, versuche ich dieses Gefühl oft mittels meines Handys zu kompensieren. Ich mein, mir fehlt e an nichts, ich mach ne gute Ausbildung, die mir derbe Spaß macht und hab Freunde, aber innerlich habe ich Angst, dass mich die Menschen nicht mögen, sondern nur den Menschen, den sie denken, vor sich zu haben. Ich frage Menschen dann auch ganz oft, ob sie mich mögen und das nervt die dann zumeist -.-

Ich weiß auch nicht was ich hören will, vielleicht deine Meinung? ich weiß es nicht... --.--

Bernd Anwort von Bernd

Hallo liebe schneqqe,

noch klingeln mir die Ohren, wenn ich an Dein liebes Feedback vom 1. Weihnachtsfeiertag zurückdenke :-)
nochmals Danke dafür!

Doch nun zu Deinem Problemchen. Du glaubst nicht, wieviel mir zu dem Thema spontan einfällt.
Hoffentlich bekomme ich das Wichtigste davon so auf die Reihe, dass es Dich nicht langweilt :-)

Du beschreibst Dich, dass Dein Umfeld Dich wohl als Zicke mit 'ner großen Fresse wahrnimmt, die dauernd Scheiße labert!
Zynisch? Ironisch? Sarkastisch?
Und dass die Dich dann wohl vielleicht nicht mehr mögen, wenn sie Dich wirklich kennen!

Ist doch irgendwie ein wenig verrückt, oder?
Überleg einmal selber, wie Du Deine Umwelt damit beschreibst. Wie Du Deine Umwelt siehst.
Darf man sich bei Deinen Freunden keinen Fehler leisten? Gibt es denn keinen unter Deinen Freunden, der Dir sein Vertrauen schenkt? Von dem Du sagen könntest, dass er Dir zu erkennen gegeben hat, wie er selber wirklich fühlt und denkt?
Wie würdest Du selbst denn die "Rolle" beschreiben, die Du für die Anderen spielst? Welche Rolle Du spielen willst?
Das obercoole Alpha-Tier (der "Rudelführer")? Der "Trendsetter"?
Hast Du deshalb Angst, etwas zu verpassen, weil Du befürchtest, jemand könnte "Deine Rolle" einnehmen?
Ist Dir diese Rolle so viel wert, das Du Dir nicht mehr die Zeit nimmst, Dich selber zu finden?

Dein Problem, Menschen nicht wirklich vertrauen zu können und ihnen eine Rolle vorzuspielen, haben sehr viele Menschen. Ich denke fast, dass es eigentlich alle Menschen sind!
Jeder spielt seine "Rolle" in der Schule, im Beruf, in der Familie und in der Freizeit.
Einige Rollen können wir nicht unbedingt "umschreiben": sie werden uns mehr oder weniger diktiert. "Die Umwelt erwartet von uns, dass wir unsere Rolle einer bestimmten "Norm" gerecht "normal" spielen!
In der Freizeit suchen wir uns die Rollen aus, von denen wir meinen, dass sie am besten zu uns passen. Dadurch, wie wir unsere Freunde aussuchen: In der Jugendfeuerwehr oder im Sportverein treffen wir ganz anders gestrickte Menschen, als z.B. in der Disko oder wo auch immer.
In der kirchlichen Jugendgruppe sind es nochmal andere Typen von Mensch, denen wir dort begegnen.
Und zu jedem Kreis bildet sich eine ganz eigene und durchaus unterschiedliche Form und Intensität von Vertrauen aus.
Mittlerweile gibt es zu dieser realen Welt auch noch eine zweite: die imaginäre Welt des Internet. Auch hier spielen wir unsere Rollen! Anonym leben wir hier manchmal das aus, wozu uns im realen Leben das Umfeld fehlt, in dem wir diese Rollen ausspielen könnten.
Vertrauen? :-(

Verrückte Welt!
Vertrauen ist uns angeboren: zumindest das Vertrauen der Kinder zu ihren Eltern.
Alle anderen müssen sich unser Vertrauen verdienen!
Im Internet verschenken wir es!?
Obwohl wir wissen, wie trügerisch die vermeintliche Anonymität sein kann.

Vor mehr als 40 Jahren hieß das "Gruppendynamisches Training".
Übungen, in denen wir lernen sollten, Nähe nicht als Bedrohung zu empfinden, Vertrauen zu schenken, zugelassene Nähe nicht falsch zu deuten.
Mit geschlossenen Augen nach hinten fallen lassen und darauf "vertrauen", dass man dann doch aufgefangen wird.
Mit einer Binde vor den Augen und ausgestreckten Armen im Raum den "Nächsten" finden und zu "begreifen". Nicht im Sinne von "begrapschen": Das "Ertasten" war auf den Kopf beschränkt!
'Und dennoch konnten wir oft mit dem anderen Sinn (dem Tastsinn) mehr von dem Menschen erfahren (und in diesem Sinne "begreifen"), als uns unser Auge, Ohr und Vorurteil vorher vermittelt hatte!
Dem Nächsten durch Kopfmassage ein gutes Gefühl zu vermitteln.

Kein Sex! Obwohl es manchmal hoch erotisch zuging!

Nähe geben und Nähe zulassen! Ohne Bedenken und ohne Hintergedanken!
Vertrauen halt!

Heute scheinen es viele andersherum zu sehen:
"Wir hatten schon zweimal Sex und er vertraut mir immer noch nicht" :-(
Oder (für alle, die schon mal einen Tanzkurs absolviert haben):

"Darf ich bitten? Oder tanzen wir zuerst?"

Verkehrte Welt!

Liebe Schneqqe,

Du fühlst Dich unsicher?

Okay! Mein Geheimnis:

Es gibt nur eines, worin ich mir all die langen fast 60 Jahre meines Lebens absolut sicher war und bin:
Ich habe einiges erfahren dürfen.
ich habe eine eigene Meinung!
Aber nichts deutet darauf hin, dass ich irgendwie "Recht" haben könnte!
Meine Fragen stelle ich auch hier, weil ich keine absolute Antwort weiß. Weil sich zu vielem jeder seine eigene Antwort nur selber geben können wird!

Du kannst mit Kritik nicht umgehen? Nimmst sie persönlich?

Das lehrt uns wohl nur das Alter: ich kokketiere i'wie mit dem mir selbst zugefügten Spitznamen "Alter KuKa-Esel". Weiß, dass ich auch als "arrogantes Arschloch" rüberkommen kann.
Und finde kein Schimpfwort so schlimm, als wenn man sich nicht mehr mit mir auseinandersetzen will!

Du magst Deine Unsicherheit noch als Schwäche empfinden! Ich empfinde es für mich als meine Stärke: mich selber infrage stellen zu können! Nicht Recht haben zu müssen!
Bedeutet für mich auch: dazu lernen zu dürfen!

Und was das Vertrauen betrifft: (Antoine de Saint-Exupéry, Der Kleine Prinz)

"Hier mein Geheimnis. Es ist ganz einfach: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."

Alles Liebe,

Bernd