Problem von Anonym - 28 Jahre

Freundin will sich umbringen

Hallo liebe Leute, ich weiß nicht mehr weiter. Um nicht zu sagen: Die Kacke ist schwer am Dampfen.

Meine beste Freundin sagt von sich, dass sie innerlich leer ist und nichts mehr spürt. Vor einigen Monaten hat sie sich bereits _schwerstens_ geritzt (sprich: Nicht nur oberflächlich), sich auf die Bahngleise gelegt, etc. Hat es dann aber gottseidank bis heute wieder bleiben lassen. In ihrem Umfeld ist wohl etwas vorgefallen, weswegen sie sich ungeliebt fühlt, genaueres will ich hier nicht nennen, aus Angst, dass sie das hier lesen könnte.

Jedenfalls kündigte sie mir heute plötzlich wieder an, dass sie sich in der nächsten Zeit umbringen wird und dass sie dieser Gedanke ziemlich fix macht. Da ich sie schon einmal zufällig bei einem Nachtspaziergang intoxikiert von den Bahngleisen gezerrt habe, bin ich mir auch ziemlich sicher, das sie das durchziehen wird. Auf mich hören tut sie nicht, wenn ich sage, dass ich mit ihr schnellstmöglich zum Psychiater möchte - da sie schon einmal bei einem war, der ihr sagte, dass sie rein gar nichts hätte. De facto befand ich mich allerdings allerdings auch schon ein mal in Therapie wegen viel weniger schwerwiegenden Problemen und wurde dafür fast eingewiesen. Nun denkt sie jedenfalls, dass alle Ärzte so sind und man ihr nur sagen wird, dass sie keinerlei psychische Probleme hätte.
Egal was ich versuche, ich kriege es nicht mehr hin sie aufzumuntern. Wenn sie in der letzten Zeit lachte, ist es nicht mehr das Lachen, das ich von ihr kenne. Ich habe mir nicht viel gedacht, aber wenn ich meine Vergangenheit betrachte ist mir klar, was da im Busch ist: Sie ist innerlich "tot" und versucht es zu überspielen.
Wenn ich sage, dass sie mit mir reden soll, sagt sie, dass alles okay sei, oder dass sie nicht darüber reden möchte weil sie eben jenes leid sei.

Eigentlich hoffe ich, dass nichts passiert, weil ich selber weiß, dass ein Selbsttöter sich nie großartig ankündigen würde. Aber bei ihr ist das halt nochmal ne Spur anders...

Was kann ich noch tun? Ich überlege sogar, ob es nicht das Beste wäre sie gehen zu lassen, zuhören tut sie mir ja eh nicht mehr, aber ich möchte diesen Menschen nicht verlieren, er ist mir das Wichtigste was ich im Leben habe - und ich stehe so kurz davor sie zu verlieren. Dafür, dass ich so denke, gehört mir eigentlich der Egoisten-Ehrenpreis 2014 verliehen...

Ich breche hier fast zusammen, ich weiß nicht mehr weiter. Hilfe.

Bernd Anwort von Bernd

Hallo,

Du schreibst:

" In ihrem Umfeld ist wohl etwas vorgefallen, weswegen sie sich ungeliebt fühlt, genaueres will ich hier nicht nennen, aus Angst, dass sie das hier lesen könnte."

Du hast ja Recht: mit jedem Wort, dass man über einen vertrauten Menschen sagt setzt man auch das Vertrauen dieses Menschen aufs Spiel!

Aber sie und Du müssen einsehen, dass ein Rat nicht möglich sein kann, wenn wir die Ursachen nicht so präzise wie möglich kennen.

Du schreibst: "..... sagt sie, dass alles okay sei, oder dass sie nicht darüber reden möchte".

Mir hat mal jemand in ähnlichen Situationen gesagt: "ich fühl mich blendend :-)"

Es gibt Situationen, denen wir nicht gewachsen sind!

Der Androhung eines Suizids durch einen Menschen, der einem viel bedeutet, gewachsen zu sein heißt wohl, dass man ein ausgewachsenes Arschloch sein muß?

Die Triebfeder Deiner Freundin, ihr Leben wegwerfen zu wollen, werde ich niemals kommentieren können! Das müsste sie mir schon erklären.
Weder Du noch irgendwer wird es verhindern können, wenn sie mit dem Leben wirklich abgeschlossen hat.
Deshalb wirst Du niemals eine Schuld daran tragen können!

Es mag Dir brutal erscheinen, was ich Dir zu schreiben habe:

Wenn es für Dich wirklich so ausschaut, dass Sie Hilfe ablehnt und ihren Tod plant,
wirst Du sie auf jeden Fall verlieren!
Du hast dann wohl nur die Möglichkeit, zu entscheiden, wodurch Du sie verlieren wirst:
Dadurch, dass sie Deiner Aufmerksamkeit entwischt (Du sie nicht von den Bahngleisen ziehst).
Oder dadurch, dass Du Dir und ihr helfen lässt: ihr Vertrauen brichst und ihren Hass auf Dich nimmst, wenn sie eingewiesen wird!
Ich selber habe mich schon mal dazu entschieden, imaginäres (Internet) Vertrauen zu zerstören, um Vertrauen zu persönlich bekannten zu fordern.
Hat nicht funktioniert! Aber das Vertrauen ist hin!
Weiß also, was es bedeuten kann, Vertrauen zu verschenken.
Ich würde es in Deiner Situation wohl unbedingt auch tun!
Schau nicht zu! Versuche nicht gegen ihr "ja, aber" anzureden!
Bevor es brenzlig wird, solltest Du mit ihren Eltern gesprochen haben?
Oder mit der Polizei!
Die Details aufdecken, mit denen sie Dich belastet!
Weil: es ist eine Last, wenn jemand einem vertrauten Menschen etwas anvertraut, das ihm selbst ein Weiterleben nicht mehr wünschenswert erscheinen lässt.

Du hast auch - bei aller Freundschaft - das Recht und die Pflicht, Dich selbst zu schützen!
Und irgendwie ist es auch falsch von Freunden, wenn sie uns wie auch immer
mit dem Gefühl zurücklassen, Schuld an ihrem Scheitern zu haben?

Wie auch immer Du Dich entscheiden wirst! Was Du tun wirst!
Es wir richtig sein! Dazu stehe ich!
In solch einer Situation gibt es keine falsche Entscheidung!

Alles Liebe,

Bernd

P.s.: Bahngleise finde ich persönlich eine recht rücksichtslose Art des Suizids! (Habe selber mit der Bahn sehr viel zu tun).
Zuerst einmal: der Lokführer, der zum "Vollstrecker" wird, fühlt sich immer irgendwie mitschuldig! Vielleicht versuchst Du Deiner Freundin mal ihren geplanten Selbstmord aus der Sicht des Lokführers vor Augen zu führen? Er weiß, dass ihr Blick auf ihn das letzte sein wird, was sie in ihrem Leben sehen wird!
Das wird den Lokführer für den Rest seines Lebens begleiten und verfolgen!

Und dann kommen: Staatsanwalt, Bundespolizei und Feuerwehr.
Den Fahrgästen der folgenden Bahnen wird mitgeteilt: "Es gab einen Unfall mit Personenschaden".
Die Bundespolizei versucht, die Stücke zuzuordnen, die vormals ein Mensch waren.
Die Feuerwehr darf sie einsammeln und die Schwellen vom Blut säubern.
Das ganze dauert etwa 2 Stunden nach Bekanntwerden des Selbstmordes.
Die zwei Stunden habe ich schon mal gewartet, bevor die Strecke wieder freigegeben wurde, auf der unsere Arbeitsstelle in dieser Nacht lag. Nur einige hundert Meter neben dem Tatort!

Ich weiß: das Gespräch auf der Ebene ist irgendwo "nicht Normgerecht"! Fast schon pervers?
So pervers, wie er Wunsch, unbekannte in den Plan des eigenen Lebensendes einzuplanen?
Es gibt viele Bilder, die mich verfolgen, obwohl ich sie nicht einmal wirklich sehen musste: weil mir mein Beruf immer wieder die Gefahren vor Augen führt!
Es gibt diese Gefahren. Und im Beruf versuchen wir sie durch Umsicht zu beherrschen!
Umsicht in unserem Beruf bedeutet immer und unbedingt: alles wirklich bedeutsame miteinander absprechen! So eindeutig, dass keine Fragen offen bleiben dürfen!

Hat Deine Freundin zu viele falsche Antworten bekommen? Oder vergessen, Fragen zu stellen?

Oh, Mann. Ich bin so ratlos wie Du selbst!