Verliebt in den besten Freund - Totales Chaos
Hallo liebes Kummerkasten-Team!
Ich weiß auch nicht so recht, was ich mir hiervon erhoffe, aber ich muss meine Gedanken einfach mal loswerden.
Es geht um einen sehr sehr guten Freund von mir. Wir kennen uns seit ca. 1 Jahr und hatten von Anfang an eine sehr tiefe Verbindung. Ich würde hier wirklich von Seelenverwandtschaft sprechen. Es gibt keine andere Person, mit der ich so gut reden kann und mit der ich so viel teilen kann. Am Anfang war das für mich rein freundschaftlich. Aber irgendwann waren bei mir viel größere Gefühle im Spiel. Das Problem ist: Er hat eine Freundin (die ich allerdings nicht kenne. Demzufolge weiß ich auch gar nicht, wie die Beziehung so ist).
Ich habe mir eigentlich von Anfang an gesagt, dass ich mir deswegen auch gar keine Hoffnung machen darf. Ich will kein Arsch sein und einfach eine Beziehung zerstören. Aber mein Unterbewusstsein hat sich immer dazwischengedrängt und mir eingeredet, dass das DER Mensch ist, mit dem ich mein Leben verbringen möchte. Klar war ich schon öfter verliebt, aber das hier fühlt sich wirklich anders an. Es ist nicht nur das Verliebtsein, es ist auch diese Ehrlichkeit, diese Verbundenheit, diese Seelenverwandtschaft. Ich kenne keine 2 Menschen, die so extrem viele Gemeinsamkeiten haben wie wir beide. Wir verstehen uns wortlos. Wenn ich mit ihm Zeit verbringe, ist das immer so ein Gefühl von "Wir müssen uns nichts vormachen, weil wir uns gegenseitig sowieso so gut kennen".
Wie oft saß ich schon in meinem Zimmer, hoffnungslos weinend, weil ich einfach realisieren muss, dass wir nie, nie ein Paar werden. Seine Freundin wird immer die Nummer 1 sein, und dann komme erst ich. Dann stelle ich mir vor, wie die beiden zusammen sind und mir kommen die Tränen, weil ich mich an ihre Stelle wünsche. Ich darf mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, in seinen Armen zu liegen, ihm einfach nahe zu sein...
Es ist nicht nur das Gefühl von Liebeskummer, es ist auch das Gefühl, etwas zu verpassen...es gibt nur dieses eine Leben, und ich werde nie die Erfahrung machen, wie es ist, mit ihm zusammenzusein. Dazu kommt auch noch, dass ich wahrscheinlich nächstes Jahr in eine andere Stadt ziehen werde, sodass wir uns nicht mehr "mal eben so" sehen können. Ich vermisse ihn jetzt schon.
Und dann dieses ständige Hoffen, ob da nicht vielleicht doch etwas ist. Ich meine, es gab schon so viele "Vorfälle": Er macht mir ständig Komplimente, er gibt mir diverse Spitznamen (die nur er benutzt), er streichelt mir über den Hinterkopf, er will, dass es mir gutgeht und ihn nimmt es immer fürchterlich mir, wenn mich etwas beschäftigt. Er teilt Dinge mit mir, die er mit niemand anderem teilt (und sagt mir das auch), er lädt mich ständig ein, wenn wir was trinken gehen, er fragt mich häufig, ob ich einen Verehrer habe und zieht mich mit dem Thema auf. (Beispiel: Zuletzt hatte ich zufällig eine Rose in der Hand (zu Deko-Zwecken). Er fragte, ob ich einen Verehrer habe, der mir diese Rose geschenkt hat. Ich habe ihm dann gesagt, nein, das ist nur Deko. Er nimmt auf einmal die Rose und sagt zu mir "Dann schenke ich sie dir".) Hallo?! Was soll das alles? Ich meine, er ist ein Typ, der gerne charmant zu Frauen ist, aber so?? Ich könnte noch 1000 andere Beispiele aufzählen...
Ich weiß halt einfach nicht, ob ich ihm irgendwann meine Gefühle gestehen soll oder nicht. Denn das kann auch total schiefgehen (habe ich schon erlebt). Ich will ihn einfach nicht als Menschen verlieren.
Was sagt Ihr objektiv dazu? Verhält sich so jemand, der nur ein guter Freund ist?
Ich weiß nicht, was ich tun soll, wie ich ihn behandeln soll...es ist ein einziges großes Chaos im Moment...
Danke fürs Lesen.
Liebe Grüße
Anwort von PaulG
Grüße dich liebe Anonyme!
Wie es manchmal ist, würde ich gern eine kleine Geschichte voraus schicken:
Der Eiserne Kanzler Bismarck war als junger Mann unsterblich verliebt. Die Glückliche, eine gewisse Marie von Thadden, fühlte sich ihm, wie er ihr, auf magische Weise verbunden. Habe ich geschrieben "die Glückliche"? Sie war bereits verlobt. Und wie es damals so Sitte war, hätte diese Verlobung niemals gelöst werden dürfen. Sie heiratete den Mann, dem sie versprochen war; und da alle Familien gut miteinander bekannt waren, konnte auch Bismarck sich nicht enthalten, an der Feier teilzunehmen. Bei dieser Gelegenheit platzierte die unglückliche Braut ihre beste Freundin am Tisch des zu Tode betrübten Junkers. Sie kamen ins Gespräch, und was sie an Kummer mitgebracht hatten, war bald vergessen. Sie verliebten sich und heirateten.
Wenn es dich irritiert, dass ich sowas hinschreibe, tut es mir leid. Ich möchte damit ausdrücken: Wenn Gott dir eine Tür zuschlägt, öffnet er dir ein Fenster. Ich glaube, du kannst deinem Freund deine Gefühle anvertrauen. Ich verstehe deine Angst - allein, es will doch aus dir raus, oder nicht? Schau, ihr seid so vertraut miteinander - sicher wird er damit umgehen können.
Es ist dir hoch anzurechnen, dass du seine Beziehung nicht zerstören willst. Trotzdem lebst du in dem schlimmen Gefühl, niemals ihm gehören zu können, und andererseits in der Hoffnung, es könnte doch noch geschehen. Wie auch immer die Dinge sind - du wirst es nur klären können, wenn du mit ihm darüber redest. Wenn du bald umziehst umzieht, dann kann es sein, dass der Schmerz für dich nur umso größer wird, wenn du seine Stimme am Telefon hörst; der Abschied umso entsetzlicher, wenn er wieder abfährt. Es wird dich quälen, vielleicht mehr als zuvor - und die Gelegenheiten, es ihm zu sagen, werden deutlich weniger sein.
Und was ich jetzt schreibe, schreibe ich nicht, um deine geheime Hoffnung zu schüren - aber doch tue ich es: Wenn er sich in irgendeiner Weise unsicher ist, was aus ihm und seiner Freundin wird - sei es, weil irgendwo doch Gefühle für dich aufkeimen, sei es, weil einfach allgemein die Luft raus ist -, wirst du nur so zuverlässig erfahren können, was das für dich bedeutet. Falls das nicht so ist, und es spricht ja einiges dafür, dann hast du immerhin Gewissheit. Dann weißt du ganz sicher, dass nichts werden kann. Von diesem Punkt kannst du ausgehen. Deine Unsicherheit wird anhalten bis dahin, wo er auf dich reagiert. Ich bin sicher, er wird es dir nicht übelnehmen, sondern Verständnis für dich haben. Wie auch immer es ausgeht - Gewissheit ist immer besser, egal welche. Je länger dich Hoffnung und Schmerz quälen, desto schlechter geht es dir. Das kann auch nicht in seinem Sinn sein. Aber dein Umzug kann doch dazu dienen, dass erstmal ein wenig Abstand zwischen euch kommt. Ihr werdet euch bestimmt nicht aus den Augen verlieren - aber es ist eine Chance, deinen Schmerz zu verarbeiten. Wenn er deine Gefühle nicht erwidert, dann ist das die Gelegenheit, etwas dagegen zu unternehmen. Du weißt dann ganz klar, es ist nichts; und deswegen wirst du auch nicht bei jedem Besuch hoffen und nervös sein, wird der Abschied dir nicht so schwer fallen. Dann kannst du auf dieser Gewissheit aufbauen.
Sagst du es ihm aber nicht, hindert es dich vielleicht auf Jahre, dein Leben so zu entfalten, wie du es dir wünschst: Vielleicht kreisen deine Gedanken dann nur um ihn, wenn er nicht da ist? Und wenn, kannst du vor lauter Trauer das Beisammensein nicht genießen? All das ist denkbar! Ich würde wirklich sagen: Gib dir einen Ruck, besprich es mit ihm. So wie du es uns geschrieben hast, so kann auch er es schön finden und dich begreifen. Manches wird sich möglicherweise für ihn klären. Und stell dir einmal vor, er erfährt es nach Jahren zufällig - und macht sich bittere Vorwürfe! Du siehst, es ist das beste Mittel, wenn du offen bist.
Ich kenne deinen Freund nicht, und kann nicht eindeutig sagen, was seine Art bedeutet. Es ist tatsächlich offen - wir Männer sind verschieden. Es könnte schon sein, dass solche Dinge Andeutungen "durch die Blume" sind. Aber ich kann mir auch vorstellen, dass es einfach seine freundliche, charmante Art ist, die nichts weiter zu bedeuten hat. Beide Dinge kommen vor. Glaubst du, es fühlt sich für dich nicht mehr so schön an, wenn du weißt, dass nichts dahinter steht als Freundschaft? Oder wird es nach wie vor so sein, dass du ihn einfach schätzt für seine kleinen Gesten? Ich denke, doch - oder? Er ist dein Freund, den du magst, den du sogar liebst, weil er einfach so ist; das sollte er auch wissen. Eure Verbundenheit wurzelt tief genug, und überhaupt ist es immer verschieden, wie jemand mit einer Liebeserklärung umgeht. Ich denke, er kann es gut und vernünftig. Das also ist mein Rat: Sei ehrlich über deine Gefühle, es wird nichts passieren. Was auch immer du erfährst, es kann sich für dich nur zum Guten wenden.
Ich wünsche dir viel Glück und Kraft auf dem weiteren Weg!
Liebe Grüße,
Paul
Eine Anmerkung: Es ist mir peinlich, ich muss gestehen, dass ich mich gestern verlesen habe. Du bist es, die umzieht. Die entsprechenden Schnitzer im Text habe ich ausgebügelt. Ich hoffe, du fühlst dich dadurch nicht missverstanden. Ich denke, dass meine Überlegung zum Umzug so stehen bleiben kann. Mein Rat tut es auf jeden Fall.