Problem von Anonym - 16 Jahre

Hilfe, ich verliere den Verstand

Natürlich ist es total idiotisch, dass ich hier tatsächlich eine Nachricht hinschicke. Aber ich brauche Rat, Klarheit und ein offenes Ohr, welches mir zuhört. Seit etwa einem halben Jahr gehe ich keiner beruflichen Tätigkeit mehr nach. Ich sitze seitdem nur in meinem Zimmer. Es mag dumm klingen, aber ich habe keine Freunde. Mich interessieren die Menschen nicht mehr, auch nicht die Aktivitäten, die mir immer Freude bereitet haben. Ab und zu denke ich mir "Ach, das wäre eigentlich recht nett!" Aber am Ende mach ich ja doch nichts. Wenn ich morgens aufwache, so habe ich Angst. Das Aufwachen macht mich traurig, richtig traurig. Die Tatsache, dass ich einen weiteren, sinnlosen Tag zu überstehen habe... schrecklich. Und ausgeschlafen bin ich auch nicht. Nachts schlafe ich nie durch. Ich wache immerzu auf und verspüre enorme Panik. Alles kommt mir laut und merkwürdig vor.. Zudem habe ich oft Alpträume und knirsche unbewusst mit meinen Zähnen. Ich habe zahlreiche körperliche Beschwerden. Verstopfung, dann wieder Durchfall, bin immer müde, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit, Schwindelgefühl, Herzklopfen. Manchmal pocht mein Herz so stark, dass ich befürchte, zu sterben. Ich höre immerzu Geräusche, alles ist höllisch laut. Selbst wenn es eigentlich still ist. Ich habe Gedächtnislücken. Ich vergesse so viel, fühle mich manchmal wie in einem fortlaufenden Traum. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren. Ich habe das Gefühl, dümmer zu werden. Ich kann nicht klar denken. Ich fühle manchmal nichts. Dann muss ich wieder heulen, als würde jemand gestorben sein, nur weil meine Mutter einmal sagt, ich wäre unfähig. Traurig bin ich häufig ohne richtigen Grund. Mir ist permanent übel. Ich bin schnell gereizt. Ich habe Angst. Ich traue mich nicht hinaus. Schon der Gedanke daran, im September wieder arbeiten zu müssen bringt mich um. Ich spiele tatsächlich mit dem Gedanken, alles zu beenden. Aber selbst dafür bin ich zu faul. Ich bin für alles zu faul. Und dieser Text, er fällt mir so schwer. Ich befürchte, den Verstand zu verlieren!

MichaelaS Anwort von MichaelaS

Liebe Unbekannte,

erst einmal möchte ich dir sagen, dass ich es absolut nicht idiotisch finde, dass du dich mit deinen Sorgen an uns gewandt hast. Ich finde es sogar sehr bewundernswert, dass du diesen Schritt gegangen bist, obwohl du schreibst, wie schwer es dir gefallen ist. Du bist also sicher nicht für alles zu faul, wie du denkst, sondern hast immer noch einen großen Willen in dir, etwas für dich zu verändern, damit es dir wieder besser geht. Das finde ich sehr stark!

Im Moment scheinst es in deinem Leben sehr viele Dinge zu geben, die dich belasten. Du schreibst, dass du unter körperlichen Beschwerden leidest, dich gleichzeitig aber auch viele Sorgen quälen wie Trauer, Lustlosigkeit, Angst und Unsicherheit.
Leider kann ich schwer beurteilen, inwiefern das eine mit dem anderen zusammen hängt. Oft kann es sein, dass man von großen seelischen Sorgen belastet wird und sich diese auch über körperliche Beschwerden zum Ausdruck bringen. Man kann das Physiche und das Psychische also oft gar nicht so klar voneinander trennen.

Fest steht aber, dass du im Moment alleine keinen Ausweg mehr findest und dich nach Klarheit in deinem Leben sehnst, nach jemandem, der ein offenes Ohr für dich hat und dich unterstützen kann.

Mein Ratschlag für dich wäre daher, dich an jemanden zu werden, der dir mit Erfahrung und psychologischem Rat zur Seite stehen kann. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Gedanke, dir professionelle Hilfe zu suchen, im ersten Moment vielleicht beängstigend für dich ist. Du schreibst ja, dass es dir sehr schwer fällt, dich zu etwas aufzuraffen und dass du Angst hast, nach draußen zu gehen.
Ich bin mir aber sicher, dass du bei einem Psychologen / Therapeuten bzw. einer Beratungsstelle das finden kannst, wonach du dich im Moment so sehnst: jemanden, der versteht, was du durchmachst und der weiß, wie er / sie dir aus dieser Lage heraushelfen kann.

Auf unserer Seite gibt es eine Soforthilfe dazu, wie man eine geeignte Beratung finden kann:
http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html
Ganz am Ende findest du dort ein paar Links und Anregungen, die dir helfen können, psychologische Hilfe zu finden.

Ich weiß nicht, wie gut das Verhältnis zu deiner Familie ist, da du ja schreibst, du bist bei den Worten deiner Mutter einmal sehr traurig geworden. Vielleicht hast du aber jemanden in der Familie, der dich bei deinem Schritt, psychologische Hilfe zu suchen, unterstützen kann, damit du dabei nicht alleine bist - falls du das möchtest.

Du kannst dich auch alternativ an deinen Hausarzt wenden und ihm / ihr deine körperlichen Beschwerden sowie deine seelischen Sorgen schildern. Dein Arzt weiß vielleicht, an wen er / sie dich weiterverweisen kann und wo du die Unterstützung findest, die du brauchst.

Weiters gibt es auch die Online-Beratung der Caritas:
http://www.caritas.de/hilfeundberatung/onlineberatung/onlineberatung

Ich glaube allerdings, dass dir jemand im persönlichen Gespräch am besten die Unterstützung bieten kann, die du dir im Moment wünscht und die dich aus der Situation, in der du gerade bist, herausholen kann.

Liebe Unbekannte, ich wünsche dir ganz viel Mut und Kraft, diesen Schritt zu gehen und dich an jemanden zu wenden, der dir aktiv weiterhelfen kann.
Auch, wenn es dir vielleicht im Moment schwer vorkommt: Du hast es auch geschafft, uns zu schreiben, obwohl es dir, wie du schreibst, sehr schwer gefallen ist. Aber du hast es geschafft, weil dein Wille stark genug war. Diesen nächsten Schritt kannst du also auch schaffen!

Ich wünsche dir von ganzem Herzen alles Gute!

Alles Liebe,
Michaela