Problem von Anonym - 20 Jahre

Was stimmt mit mir nicht?

Abend, liebes Kuka-Team,

Ich weiß nicht genau wo ich anfangen soll.
Ich bin jetzt 20, werde bald 21, habe keine Ausbildung, keinen Job, im Grunde auch fast keine Kohle mehr, und ich bekomme den Hintern einfach nicht hoch.

Egal wie sehr ich mir etwas vornehme. wenn der Tag kommt, für den es geplant war, verschiebe ich es wieder und versinke in Depressionen..

Ich bin ziemlich einsam.
Ich habe schon seit ich denken kann ein Problem damit, Bekanntschaften mit anderen zu schließen. In der Grundschulzeit wurde ich nur ausgegrenzt, und mein dadurch sehr verschlossenes, selbstunsicheres Verhalten hat auch in der folgenden Schulzeit dazu geführt, dass ich nur gemobbt wurde.
Nichtmal in Onlinechats kann ich wirklich Leute für mich gewinnen, es scheint so, als würde ich jeden nerven.
Wenn ich dann einmal den Hauch von Interesse in einer Person erwecke, schaffe ich es, dieses sofort wieder zu zerstören, indem ich total unkontrolliert meine Komplexe zur Kenntnis gebe.

Hinzu kommt erschwerend noch, dass ich ein sehr gesteigertes sexuelles Bedürfnis habe.. ich habe schon nach wenigen Tagen ohne Sex das Gefühl, völlig kirre und deprimiert zu werden, wenn ich nicht schnellstmöglich sexuellen Kontakt zu einer anderen Person habe. Ich versuche dann immer, weil ich eben im Leben null auf Menschen zugehen kann, im Internet eine Art OneNightStand aufzureißen, doch das funktioniert vielleicht alle paar Monate einmal...

Was mein Liebesleben betrifft, habe ich seit meiner allerersten Freundin (ich war 15, sie 13) nie wieder das Gefühl, total glücklich zu sein. Ich hatte Beziehungen, die einen länger, die anderen nicht so lang, doch keine von ihnen hat mich erfüllt. Ich denke, ich habe sehr hohe Ansprüche, ich glaube sogar manchmal, dass meine Ansprüche einfach weiter steigen, wenn sie eigentlich erfüllt wurden.

Das schwierigste ist, dass in einer Beziehung ein Kind entstanden ist, welches heute 1 1/2 Jahre alt ist.
Ich habe anfangs wirklich sehr offen versucht, die Vaterrolle einzunehmen, doch nach wenigen Wochen wurde mir klar, dass ich das nicht will. Ich hab dann was das betrifft, total dicht gemacht und bis heute möchte ich nicht der Vater für das Kind sein. Es ist für mich ein Kind wie jedes andere und ich mochte Kinder ehrlich gesagt noch nie so wirklich..



Ich fange immer mehr an, mich zu isolieren, ich gehe schon kaum noch raus, höchstens zum Einkaufen oder so, die meiste Zeit lenke ich mich mit Zocken von meinen miesen Gedanken ab, die sich in letzter Zeit sogar schon zunehmend damit befassen, ob es nicht angenehmer für mich wäre, dass mein Leben an diesem Punkt ein Ende nimmt.
Ich könnte es mir nicht nehmen, ich kann mir selbst keinen Schmerz zufügen, doch der Gedanke, einfach nicht mehr aufzuwachen, erfüllt mich mit einem Gefühl der Erlösiung..


Ich wünsche mir schon seit Jahren, eine Person, mit der ich alles machen kann, die mich versteht, mich mit all diesen Macken akzeptiert und mich dabei unterstützt, aufzustehen...doch die Realität hat mir gezeigt dass diese Erwartungen an fremde Menschen viel zu hoch sind und vermutlich nie erfüllt werden, weswegen ich sozialen Kontakt mehr und mehr meide..
Was heißt meide, es ist schwierig..

Mit den meisten Menschen will ich garnichts zu tun haben, weil sie mir an sich garnicht in den Kram passen.
Dann habe ich zum Beispiel gar kein wirkliches Interesse, eine Männerfreundschaft zu pflegen... Ich hätte bestimmt ein paar Jungs, zu denen ich eine aufbauen könnte, aber ich weigere mich dagegen, mein komplettes soziales Interesse gilt eigentlich nur Frauen.

Die aber reagieren meistens total desinteressiert, oder abgeneigt mir gegenüber, ich erreiche sie einfach nicht..



Und all diese Scheiße, entschuldigung das miese Wort, macht mich innerlich mehr und mehr fertig, frisst mich auf und ich weiß nichtmehr was ich tun soll.
Ich habe mir auch schon die Nummer für ein Psychotherapeutisches Institut rausgeben lassen, aber ich habe eine Art Blockade in mir, ich komme einfach nicht hoch, ich bin total antriebslos.
Ich frage mich immer wozu das alles?
Wozu Therapie, wozu arbeiten, wozu krampfhaft versuchen, an mir zu arbeiten, denn die Welt ist oberflächlich, egoistisch und scheiße, und ich fühle mich in ihr einfach nicht wohl.
Ich sehe in meinem Leben einfach absolut keine Zukunft, ich habe keine Ziele, nichts was mir wirklich große Freude bereitet..

Ich habe nichts, als Zocken und Sex.
Das sind die einzigen Dinge, die mich halbwegs bei Laune halten und mich für einen kurzen Moment mit Euphorie und Zufriedenheit erfüllen...

Was soll ich machen?
Es wäre schon, nicht die Standartantworten zu hören wie "Mach die Therapie, geh raus ins Leben, arbeite an dir, akzeptiere dich selbst" blablablabla, dieses Gefasel geht mir so auf den Sack... weil ich nicht weiß wie ich das anstellen soll, wenn ich überhaupt keinen Sinn darin sehe und keinen Antrieb dazu habe.
Ich bin sehr Pessimistisch, ich glaube erst an Dinge, wenn sie schon passiert sind, weil mir meine Erfahrung gezeigt hat, dass sich nichts bessert, wenn man etwas anders macht.
Und ich habe Angst davor, dass es wieder so ist, denn wenn ich all die Arbeit auf mich nehme, nur um festzustellen dass es absolut nichts ändert, dann würde ich innerlich zu einem Haufen winzig kleiner Glasscherben zerbrechen..und ich habe das Gefühl, spätestens dann wäre mein Zustand irreperabel..

PaulG Anwort von PaulG

Grüße dich lieber Anonymer!

Dass du keine Standard-Antwort möchtest, kann ich verstehen. Obwohl ich glaube, dass es eigentlich keinen solchen Standard gibt. Jedes Problem ist unterschiedlich, so wie alle Menschen unterschiedlich sind. Verzeih mir, wenn du es anders empfindest. So ist meine Meinung.

Könnte es sein, dass du etwas bequem geworden bist? Wenn ich dir schreibe "geh raus ins Leben", mag das abgedroschen daher kommen. Aber im Ernst, hast du einen besseren Vorschlag? Was hast du noch vor? Oder gar nichts? Es wäre nicht gut, wenn dein Leben jetzt schon enden würde! Aber es zu gestalten, setzt voraus, dass du dir ein paar Ideen machst!

Wie stellst du dir vor, dass sich was ändert - wenn du nichts tust? Wenn du nicht wenigstens überlegst, was noch kommen könnte? Es führt nun mal kein Weg daran vorbei, deinen "inneren Schweinehund" zu überwinden! Anders klappt es nicht.

Wie ist das mit deinem Kind? Lieber Anonymer, habe ich das richtig gelesen? Eigentlich mochtest du Kinder noch nie so wirklich. Mag sein, aber dafür habe ich kein Verständnis. Da ist ein Mensch, dem du das Leben geschenkt hast. Du bist der Vater, und verdammt nochmal genauso verantwortlich wie die Mutter. Sie hat das Kind bekommen - und du hast sie allein gelassen. Wenn ich was Anderes aus deinem Text hätte rauslesen sollen, Entschuldigung. Wie wäre es, wenn du dir klar machst, dass da ein Mensch ist - dein eigen Fleisch und Blut -, der deinem Leben Sinn geben könnte? Nicht mal, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist, hast du geschrieben. Es klingt, als sei es dir völlig egal, dass jemand deine Unterstützung braucht. Das soll es aber nicht sein! Für den Anfang, ruf deine Ex an, bevor sie das Kind zum Zorn gegen dich erzogen hat - was ich gut verstehen könnte! Unternimm was mit deinem Kind. Merke mal, das eine Hand, die du hältst, nicht immer zu jemand gehört, den man "benutzen" kann. Sondern auch zu jemandem, der auf dich vertraut und deine Hilfe braucht, gehören kann. Das ist das Erste, das bitter notwendig ist. Deine Bedürfnisse sind in diesem Moment egal. Du bist Vater, und du hast präsent zu bleiben und sie zu unterstützen.

Ein "gesteigertes sexuelles Bedürfnis" hast du nicht. Warum? Weil Männer in unserem Alter meistens viel an "das Eine" denken. (Wie eigentlich Männer jeden Alters.) So ist es vorgesehen. Und selbst wenn du soviel Sex hättest, wie du magst - könnte es dich satt machen? Wie sieht der Mensch aus, den du dir an deiner Seite wünschst? Glaubst du, du könntest interessant sein, wenn du so weiter machst? Hältst du das wirklich für "Macken"? Ich sage dir, was es sind: Bequemlichkeiten. Du machst es dir sehr, sehr einfach. Doch der Einzige, der den Karren aus dem Dreck ziehen kann, bist du. Und dafür braucht es Überwindung. Wenn du sie nicht haben möchtest, kannst du nur weiter machen wie bisher. Wenn du dich damit auseinander setzt, dass du an dir arbeiten musst - dann kann sich was verändern.

Es bessert sich wohl viel, wenn man was anders macht. Zum Beispiel das Richtige. Und die Aufgaben sind ja wohl konkret: Du brauchst einen Job, eine Aufgabe. Du musst ans Tageslicht und dich in Bewegung setzen. Was soll sonst werden? Nichts, es kann gar nichts anders werden! Es gibt keine Möglichkeit, das, was jetzt ist, besser zu akzeptieren. Es ist ungut, es muss sich ändern! DU musst es ändern! Und dass es nicht geht, ist kein Vorwand, sondern nur bequem. Derjenige, der es ändern möchte, bist du - dann musst du es auch tun. Und der Weg dahin führt nur über Tätigkeit. Über etwas, das deinem Leben nicht unbedingt Sinn gibt, aber es ausfüllt. Im Moment entfernst du dich immer weiter von der Welt. So kannst du nicht leben. Mach was, jetzt oder nie! Auch wenn es das Einfachste und Unnötigste überhaupt ist, schaff dir einen Inhalt. Oder auch ein paar mehr. Werde ein beschäftigtes Wesen, bilde eine Persönlichkeit, denn die bisherige weist du ab. Werde zum Menschen.

Wie willst du dich anderen Leuten nähern, wenn du nicht bereit bist, Zugeständnisse zu machen? Ein Freund ist auch der, von dem ich sage: Er ist nicht perfekt, aber seine guten Eigeschaften stehen viel höher im Wert. Eine Partnerin ist die, von der ich sage: Sie hat Ecken und Kanten, aber nicht trotzdem, sondern genau deswegen ist sie die Frau, die ich liebe! Wenn du das von Anderen erwartest, dann wirst du es selber auch leisten müssen. Dafür musst du es auch mal eine Weile aushalten, bevor du jemanden zurückweist.

Was willst du Freunden und Partnerin sagen, was dich ausmacht? Du scheinst alles zurückzuweisen, was das Leben interessant macht - aus einem Grund: Weil du es dir angewöhnt hast! Du bist nicht zu einem Schicksal verdammt, das so ist, wie du jetzt lebst! Aber bevor es sich bessert, musst du überlegen, was du der Welt zu geben hast. Und wenn du nichts findest, dann tu das, was man von dir erwarten kann. Zum Beispiel, dich um dein Kind zu kümmern. Einen Menschen zu lassen, wie er ist. Und wenn du auf diese Weise die Sicherheit gewinnst, nicht zur Einsamkeit verdammt zu sein - sondern dass deine Kräfte sich entfalten, und du genug Mensch bist, um offen zu sein für die Welt -, dann kannst du erreichen, was du willst. Vorher wird es nicht klappen.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul