Problem von Isabo G. - 19 Jahre

Hallo erneut.

Hello again,
schon wieder schreibe ich und kann mich nur wiederholen: Danke für dich schnelle Antwort und die interessanten Denkanstöße.
Ich denke viel nach, sehr viel und sehr lange, über alles Mögliche.

Meine Oma ist insofern konservativ, dass sie keine andere einung neben ihrer gelten lässt. Sie ist im 2. Weltkrieg geboren und um die 70, geht stramm auf die 80 zu und ist stur wie ein Esel, ohne dass ich sie beleidigen will. Für sie zählt nur, dass man das äußere Erscheinungsbild wahrt, sich um sich selbst und die Familie kümmert und streng nach der Kirche lebt. Ich bin zwar getauft aber nicht gläubig. Zwar glaube ich an eine höhere Macht, die alles so lenkt, wie es passiert und die Zufälle geschehen lässt, aber an einen alten Mann auf einer Wolke sitzend, der alle Nichtbeter in die Hölle wirft, das halte ich für unwahrscheinlich.
Dennoch glaube ich an Jesus und sein Leben. Seine Predigten und Geschichten lassen mich viel nachdenken und an seinen vorgegebenem Weg halten, dennoch sehe ich es nicht ein, nur deshalb täglich die Kirche zu besuchen oder gar mich firmen zu lassen.
Es wäre eine Lüge, mit der ich lebe und nur deswegen zu beten oder in die Kirche zu gehen, finde ich nicht in Ordnung.

Meine Oma hat in den 60 ern ihre Kinder bekommen und hat sich voll auf diese konzentriert. Alles außerhalb der Familie hat sie nicht interessiert und es wundert sie heute noch, dass meine Mum einem hilflosem Paar Obdach gegeben hat, als diese ein Kind erwarteten. Alle anderen Menschen außerhalb der Familie sind für sie "Pack", besonders Ausländer und Menschen aus armen Verhältnissen.
Auch dass ich diesbezüglich meine eigene Meinung habe, interessiert sie nicht. Es ist mittlerweile sogar so schlimm mit ihr geworden, dass ich mich im Haus verstecken muss, wenn sie vor der Tür steht.v Wenn sie mich besuchen will, weiß ich, dass sie nur nörgelt und eigentlich sollten Menschen doch für was anderes zusammen kommen, oder nicht?

Nicht nur das individuell sein ist mir wichtig. Ich will in dem Sinne anders sein, dass die Menschen sehen, dass ich besonders bin, allerdings so anders, dass ich mich von den individuellen abhebe. Ist das egoistisch? Will ich etwas Besseres sein, als die anderen Menschen, obwohl ich nicht besser bin? Es scheint fast so.

Das mit dem Abi stimmt. Wieviele Stellen verlangen mittlerweile ein Abi als Vorraussetzung? Viele. Dafür haben heutzutage aber auch mehr Leute als früher Abitur. Dennoch denke ich, dass Studieren ein Weg ist, der etwas mit sich bringt. Die Ausbildung ginge nur 3 Jahre, das Studium ganze 7 Jahre! Da ist schon ein Unterschied und ich bin mir sicher, dass man den merkt, wenn ich mich beweisen muss.

Und was eine mögliche Partnerschaft angeht: Verlange ich zu viel? Ich verlange von einem Partner, dass er intelligent und auf meiner Wellenlänge ist, also mich nicht untergräbt, was intellektuelles angeht, aber auch nicht unterlegen sollte er sein. Er soll mich zum Lachen bringen, kann auch gerne ein Spaßvogel und Kasper sondergleichen sein, aber sollte dennoch eine ernste Seite haben und attraktiv sein. Aber wenn es einen Typen gäbe, der dem entspricht, aber ich ihm nichts bieten könnte? Ich bin relativ hübsch und habe von vielen Zuspruch zu meiner Figur bekommen, aber mein zierliches Äußeres und mein kindliches Gesicht lassen mich so zerbrechlich und kindlich aussehen, dass mich niemand ernst nimmt und jeder glaubt, Rücksicht nehmen zu müssen. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, dass ich so auffällig betont rockig bin. Also etwas aggressiv um zu zeigen: Ich kann mich wehren, ich bin kein Kind mehr!
Ist die Frage: Wie reagiere ich am besten, wenn ich einem guten Mann begegne und er an mir interesiert ist, ohne ihn sofort zu vergraulen oder mich verstellen zu müssen?

Vielen Dank für den Wahnsinn, dass sich jemand den Batzen durchliest. Bin es nicht gewohnt, dass man mir Gehör schenkt.
Alles Gute und viel Glück
Isabo

Bernd Anwort von Bernd

Ja, hallo erneut :-)

Oh ja, solche Menschen wie Deine Oma gibt es auch. So nach dem Motto: "bei mir darf man ruhig geteilter Meinung sein: ich habe die Meinung und alle anderen dürfen sie teilen!" :-(
Meine eigene Oma war auch so eine alte Dame. So streng, dass sie es sogar für unschicklich hielt, wenn man beim Lachen die Zähne zeigte.
Das hat ihr dann mal meine Patentante abgewöhnt. Mit O-Saft (worin Oma den Wodka gar nicht schmeckte).
In der Nacht lachte niemand lauter, als Oma! Hätte fast ihr Gebiss dabei verschluckt :-)

Okay. Oma konnte ich nur verstehen, wenn ich mich auf ihre Geschichte eingelassen habe. Über das, was sie erlebt hatte, konnte ich verstehen, warum sie so war, wie sie war! Aber mehr als "friedliche Koexistenz" wurde es niemals mit uns, seit sie mit im Haushalt meiner Eltern wohnte! Sie hat mein Leben so sehr beherrscht, wie Deine Oma wohl Dein Leben?
Das mit dem Glauben sehe ich wohl ähnlich wie Du. Okay. Ich bin zwar konfirmiert, habe mich aber im Konfirmandenunterricht mit dem Pfarrer über das Thema: Kosten für Dekorationen in der Kirche "gefetzt" :-) Er hatte mir damals sogar einen langen Brief dazu geschrieben:-)
Insgesamt hat "Kirche" nichts mit meinem Glauben zutun.
Sowenig, wie ein Verein mit dem Sport den ich treibe.

Kein "Alter" darf seine eigenen Erfahrungen als "non plus Ultra" euch jungen versuchen, einzupflanzen! Unsere Lebenserfahrung kann für euch lediglich eine Art "Gleichnis" sein.
Besser noch wie Du es so schön ausgedrückt hast: "Denkanstöße"!
Das ist sicherlich der erste Schritt, sich selbst zu finden: nicht "Abziehbild" der Groß- oder anderer ~Eltern zu werden!
Von dem Einfluss, den Dein Vater auf Dich hat, hattest Du übrigens nichts geschrieben.

Du fragst:
"...... Ist das egoistisch? Will ich etwas Besseres sein, als die anderen Menschen, obwohl ich nicht besser bin? Es scheint fast so."

Das ist sicherlich nicht so. Ich denke es ist genauso wie Du es an anderer Stelle selber schreibst: Du willst als Du selber erkannt und anerkannt werden! Und das ist nicht nur Dein Recht, sondern sogar Deine Pflicht.
Kennst Du die Wahrheit:

"sei Du selbst! Alle anderen gibt es schon!"


Du schreibst: "Dennoch denke ich, dass Studieren ein Weg ist, der etwas mit sich bringt."

Das denke ich auch! Es war mir auch niemals im Sinn gewesen, Dir da etwas anderes zu raten! Was ich über das Abi geschrieben hatte war nur ein Versuch, vielleicht ein Stück weit Deine Traurigkeit zu begreifen.
Ich selber hatte nach meinem Abitur das Gefühl, komplett in der Luft zu hängen: mein Freund hatte bereits als Volksschulabgänger eine komplette Lehre als Installateur absolviert, konnte sich ein Auto leisten und eine Freundin.
Irgendwo fühlte ich mich schon als "Deutschlands zukünftige Elite". Und dennoch:

Nach der Bundeswehr und den ersten zwei Jahren Studium sagte mir mein Vater auf einem meiner Heimatbesuche: "solange Du meinen Scheck nimmst und die Füße unter meinen Tisch stellst.....!"
Das meinte ich mit: "Wir sind also eigentlich schon wer? Haben schon wichtiges bewiesen! Und doch sind wir hilflos und abhängig."

Meine Antwort damals war, dass ich keinen Scheck mehr angenommen habe: ab dem Augenblick hat das Studium zwar länger gedauert. Dafür war ich Derrickman auf einer Bohrplattform in Dänemark :-) Oder nachts im Bergwerk und tags an der Uni. Nebenbei als Installateur und (Du wirst es nicht glauben?) Schornsteinfeger.

Das hatte damals sogar meinen Vater beeindruckt :-) Vor allem an dem Abend, an dem ich nachhause kam, den Koffer gerade im Flur abgestellt hatte. Als er auf die Tour kam, die ich vorher beschrieben hatte, sagte ich ihm eigentlich nichts außer: "schönen Gruß an Mutti"! nahm den Koffer, drehte mich um und - bevor er noch begriff, was da geschah - fuhr zurück zu meinem Studienort.


Deine Fragen:
""Und was eine mögliche Partnerschaft angeht: Verlange ich zu viel?"
und:
" aber ich ihm nichts bieten könnte? .......mein zierliches Äußeres und mein kindliches Gesicht lassen mich so zerbrechlich und kindlich aussehen, dass mich niemand ernst nimmt und jeder glaubt, Rücksicht nehmen zu müssen. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, dass ich so auffällig betont rockig bin. Also etwas aggressiv um zu zeigen: Ich kann mich wehren, ich bin kein Kind mehr! "

Eins ist mal ganz offensichtlich: Du bist etwas ganz Besonderes! Und wer Dich nicht annehmen kann, wie Du bist, der kann Dir nichts bieten!


"... Wie reagiere ich am besten, wenn ich einem guten Mann begegne und er an mir interessiert ist, ohne ihn sofort zu vergraulen oder mich verstellen zu müssen?"
und:
"verlange ich zuviel"

Wenn Du Dich verstellen musst, ist er kein "guter Mann"!
Und:
Nein, Du verlangst nicht zuviel!
Eine Frage fehlt mir noch: "wie verhältst Du Dich, wenn Du Dich einfach so verliebst?



Deine Gedanken bereichern und fordern dazu heraus, sich mit Dir auseinanderzusetzen! Also darf auch ich Dir danken, dass Du Dich mitteilst!

Und wenn ich Sie, junge Dame duze, ist es sicherlich nicht Respektlosigkeit!

Nur die im Kuka gewohnte gegenseitige Ansprache.

Alles Liebe,

Bernd