Anwort von PaulG

Grüße dich lieber Anonymer!

Ich erinnere mich noch gut, wie es war, zum ersten Mal eine Synagoge zu besuchen. Blau und rot und golden gebrochen, fiel das Licht durch die Fenster, und ein großer Frieden lag über dem ganzen Raum. Ich kannte Kirchen; mir war der Geruch von Weihrauch geläufig, die Reihen der Bänke und das wohlige Halbdunkel, die Kühle. Aber hier war es angenehm hell, und obwohl ich den Raum sehr deutlich in Erinnerung habe, kann ich mich an das Drücken keiner Bank erinnern. Ich atmete seltsam frei, und die laute Welt war so ausgesperrt und ich so geborgen wie selten.

Ich denke oft an meine Urgroßväter, und wie sie reagiert hätten - hätten sie mich an diesem Nachmittag begeistert erzählen hören.

Woher kommt dieser ganz und gar unsinnige Gedanke, ein Mensch könnte wegen seiner Hautfarbe, seiner Religion oder Herkunft weniger wert sein? Wer hat sich einfallen lassen, dass Leute, die denken und fühlen wie alle Anderen, nur ein wenig anders aussehen und eine andere Sprache sprechen - dass sie eine Gefahr sein könnten? Wir wissen es nicht. Es ist eine der großen Aufgaben, vor denen wir stehen: Den Rassismus zu bekämpfen. Alle Menschen sind gleich. Und ich finde es sehr schön, dass du deine Freundin liebst und zu ihr stehst.

Denn das ist die einzige Antwort: Niemals nachzugeben in dem, was uns gut tut. Niemals aufhören, unsere Lieben glücklich zu machen. Sich niemals erpressen und belügen zu lassen. Rassismus ist Idiotie, auch wenn leider viele Menschen etwas daran finden.

Natürlich wissen wir, dass es drängende Konflikte in der Welt gibt, die gelöst werden müssen. Nicht alle sind rassistisch motiviert. Viel Feingefühl und genaue Kenntnis ist nötig, zu einer Lösung zu gelangen; Geduld braucht es, und es werden Rückschläge kommen. Auf keinen Fall sollten wir uns entmutigen lassen. Denn auch in unserem Alltag lässt sich schon viel tun. Das große Thema ist, die Menschen zu versöhnen. Ob es gelingt, das können wir hier und heute nicht sagen. Aber wir sollten unermüdlich dafür arbeiten, denn schon auf dem Weg dahin kann viel Gutes entstehen.

Deine Antwort auf den Rassismus, die Schläge und den Hass, kann nur eine sein: Deine Freundin zu lieben und zu beschützen, so sehr du nur kannst. Sage ihr, dass du sie liebst, und für sie da sein wirst; dass jeder, der sie anfasst, nicht wissen kann, was für einen Edelstein er beschmutzt hat - sonst hätte er es nie gewagt. Wenn sie Angst hat, was verständlich ist, dann versuche sie zu begleiten, wo es geht. Und wenn du sie besuchst, als auch wenn sie bei dir ist, zeige dich offen mit ihr. Lass keinen Zweifel daran, dass du sie liebst, wie sie ist - weil sie so ist. Weil sie deine Traumfrau ist, die niemand dir wegnimmt. Falls nochmal so etwas passiert, und auch jetzt: Versucht herauszufinden, wer der oder die Täter sind. Ihr solltet sie anzeigen, auch wenn es deiner Freundin vielleicht schwer fällt, eine Aussage zu machen. Was du nicht tun solltest, ist, selbst handgreiflich zu werden. Denn das sind sie, die grundlos zu Gewalt greifen, nicht wert. Es gibt bessere Wege.

Jedes Mal, wenn du den Arm um deine Freundin legst, wo man es sehen kann; jedes Mal, wenn du ihr tief in die Augen blickst und ihr sagst "Ich liebe dich!"; jedes Mal, wenn ihr füreinander da seid, und euch Kraft gebt - dann habt ihr ein gutes Werk getan. Nicht nur euch, sondern allen. Lebt eure Liebe und lasst sie euch nicht nehmen, seid stolz darauf! Denn das dürft ihr sein. Das ist besonders wichtig. Ich wünsche euch beiden wirklich alles Gute und viel Glück für die Zukunft.

Liebe Grüße,

Paul