Problem von Anonym - 13 Jahre

Ich glaube mein Vater wird sterben...

Hallo,
Vor ca. 4 Wochen wurde mein Vater ins Krankenhaus eingeliefert. Ihm geht es sehr schlecht. Er hat 15 Kilogramm abgenommen, ist schwach, hat Fieber und hat Hautausschläge. Außerdem wird er ständig häftig krank. Der Arzt sagt das diese Symptome auf AIDS zutreffen. Nun weiß ich nicht was ich tun soll, meine Mutter ist mit den Nerven am Ende und ich fühle mich alleine. Was mache ich ohne meinen Vater?

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte!

Schade, dass du nicht etwas mehr geschrieben hast...zB, ob dein Vater vorher HIV-positiv war...denn AIDS bekommt man nicht einfach so über Nacht. An AIDS kann man natürlich sterben, aber es gibt auch Krankheiten wie andere Autoimmunkrankheiten, die ähnliche Symptome hervorrufen, aber durchaus behandelbar sind. Ich würde daher jetzt erst einmal nicht panisch werden, sondern wirklich genau mit deiner Mutter und dem Arzt sprechen, was genau passieren KANN. Ist es überhaupt so, dass dein Vater demnächst sterben muss? Oder wissen die Ärzte noch nicht genau, was ihm fehlt und daher ist alles in der Schwebe? Rede mit dem behandelnden Arzt, das ist dein Recht als Tochter, auch wenn du erst 13 bist. Lass dir ganz klar sagen, was Sache ist und wie er die Situation deines Vaters beurteilt. Solange du da nicht ganz genau weißt, was passieren wird, ist alles nur Spekulation, die dir weh tut und dir Gedanken in den Kopf setzt, die dir nicht gut tun. Es gibt auch die Möglichkeit, eine andere ärztliche Meinung einzufordern. Manchmal ist das sogar sehr gut, denn zwei Augenpaare sehen mehr als eines.

Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass dein Dad sich erholt.

Sollte er es wirklich nicht schaffen und die Krankheit nicht besiegen, dann wird es natürlich erst einmal sehr schlimm, denn die Trauer besetzt einen und die Angst, es alleine nicht zu schaffen, wird erst einmal übermächtig. Auch deine Mutter wird dann sehr mit sich beschäftigt sein und vielleicht nicht genug Worte des Trostes für dich haben. Das ist eine Phase, durch die man auch wirklich durch muss. Man darf nicht verdrängen, man darf es nicht einfach wegschieben, man muss weinen, man muss klagen, man muss Wut zulassen, dass der geliebte Vater nicht mehr da ist. Sowohl deine Mutter als auch du. Denn so lernt man, mit dem Fehlen des geliebten Menschen umzugehen. Gestatte das dann sowohl dir als auch ihr. Es gibt Sterbebegleiter, die auch mit den Angehörigen viel sprechen und helfen, alles besser zu bewältigen. So jemanden solltet ihr dann erbitten, die Krankenhäuser haben normalerweise Therapeuten oder auch Menschen mit einer therapeutischen Weiterbildung als Sterbebegleiter vor Ort.

Irgendwann lichtet sich dann die Angst und die Trauer ein wenig, dein Vater verfestigt sich in eurer liebenden Erinnerung. Das ist ein eigentlich schöner Schritt (wenn man außen vor lässt, dass es natürlich immer besser wäre, er wäre nicht tot), denn er bringt euch deinem Dad wieder etwas näher, lässt aber Neues zu. Neue Ideen, neue Gedanken, es gibt wieder mehr Offenheit für anderes, ohne dass der Papa vergessen geht. Was ich weiß (aus eigener Erfahrung, ich habe schon einige Angehörige verloren): das Leben funktioniert trotzdem noch, auch wenn der Mensch, der einem viel bedeutet hat und der viel Hilfen im Leben gegeben hat, nicht mehr da ist. Man schafft es! Man wird selbständiger, erwachsener, man lernt vieles, was man vorher nicht gebraucht hat...

Natürlich hast du Angst vor dem, was kommt. Das ist auch völlig natürlich. Du kannst es momentan noch nicht einschätzen, du weißt nicht, was genau passieren wird...da reagiert der Mensch mit Angst. Diese Angst kannst du aber umwandeln, wenn du viel das Gespräch suchst. Mit deinem Dad, mit deiner Mum, mit den Ärzten, vielleicht, wenn nötig, dann später mit dem Sterbebegleiter. Die sind wirklich hilfreich. Dein Vater ist nicht von jetzt auf gleich tot, wie das ein Familienangehöriger bei mir war. Da hat man dann null Chancen, sich auf irgend etwas vorzubereiten. Ihr habt die Chance, also nutzt sie. Lasst euch alles erklären, lasst euch genau sagen, was passieren kann und was nicht. Sprecht viel mit deinem Vater über das, was ihn und euch bewegt...das alles ist Teil eines Weges, der gegangen wird. Und entweder endet der Weg damit, dass dein Dad sich erholt oder er endet damit, dass er durch die Lebenstür in ein anderes Zimmer geht und ab dann auf der "anderen Seite" ist.

Ich hoffe sehr für dich, dass du dir in deinem jungen Alter noch keine Gedanken über den Tod machen musst, weil die Ärzte rausfinden, was deinem Dad fehlt und ihn behandeln können. Sollte es wirklich so sein, dass dein Vater sterben muss, dann wünsche ich dir die Geduld, die Trauer zuzulassen, die Stärke, die Gedanken an deinen Dad zu ertragen und das Durchhaltevermögen, die Situation nicht zu verdrängen, sondern - auch mit Hilfe eines Begleiters - deinen Vater langsam aber sicher an den Platz zu setzen, an den er gehört: tief in deinem Herzen.

Dir alles, alles Liebe.

Dana