Problem von Laura - 17 Jahre

Extreme Probleme mit meinem Vater... Ich kann einfach nicht mehr!

Hallo liebes Kummerkasten - Team.

Ich weiß gar nicht wie ich anfangen soll.. Also es geht um meinen Vater. Er hat mich nie richtig geliebt. Von Anfang an war er immer selten zu Hause und hat sich nicht für meine Mutter oder mich interessiert. Als ich 2 Jahre alt war hat meine Mutter ihr Baby verloren. Ihr ging es sehr schlecht in der Zeit. Mein Vater fuhr lieber weg als sie zu trösten und wir waren immer alleine.

Ich weiß nicht mehr wann er angefangen hat mich zu schlagen, ich schätze es war so im Kindergartenalter. Für alles was ich getan habe, habe ich Schläge einkassiert. Ein mal weiß ich noch ganz genau da waren meine Großeltern zu Besuch und ich sollte aber ins Bett gehen.Ich wollte aber noch wach bleiben weil ich für meine Oma ein Bild malen wollte. Ich fing dann an zu weinen und mein Vater hat mich in mein Zimmer eingesperrt. Kurze Zeit später kam er dann mit einem Kochlöffel wieder hoch und hat angefangen mich damit zu schlagen. Immer und immer wieder bis ich mich übergeben habe. Ich rannte zur Toilette und selbst da hat er nicht aufgehört mich zu schlagen. Ich habe geschrien wie am Spieß aber das hat ihn noch wütender gemacht. Irgendwann habe ich mich dann beruhigt und bin völlig fertig eingeschlafen. Das Ereignis wird wohl immer in meiner Erinnerung bleiben.

Das Schlagen ging noch eine ganze Zeit weiter bis ich endlich groß genug war um mich wehren zu können. Ab da fingen dann die Beleidigungen an, da ich so fett bin und lauter solche Sachen. Ich lasse mir das natürlich nicht gefallen und beleidige dann zurück. Wenn ich ihn auf seine Fehler ansprechen will dann sagt er immer solche Sachen wie :"Der einzige Fehler den ich je gemacht habe war dich zu zeugen" und lauter so Dinge. Das trifft mich jedes mal wie ein Messer in mein Herz.

Er ist ständig sauer und schreit immer rum aber vor anderen tut er immer so als sei nie was gewesen. Manchmal kommts mir so vor als hätte er zwei Gesichter. Ich hab mich mittlerweile schon damit abgefunden keinen Vater zu haben der mich liebt und mich so akzeptiert wie ich bin. Aber er zieht überall meinen kleinen Bruder mitrein. Er hetzt ihn total gegen meine Mutter und mich auf.

Was mich aber am Meisten fertig macht ist die Tatsache, dass es meiner Mutter immer schlechter zu gehen scheint. Wenn mein Vater mich nicht gerade fertig macht dann geht es meiner Mutter dran. Ich versuche sie immer zu beschützen aber das geht halt nicht immer zum Beispiel wenn ich in der Schule bin. Ich mache mir solche Sorgen um meine Mutter. Sie schluckt jeden Tag irgendwelche Tabletten zur Beruhigung und isst kaum was. Ich will mir garnicht vorstellen wie es wäre wenn ich sie verlieren würde.

Ich finde meistens Trost wenn ich zeichne. Oftmals gehe ich gar nicht nach draußen sondern sitze einfach nur da zeichne und weine. Ich glaube meine Mutter will sich nicht von meinem Vater trennen wegen meinem Bruder und wegem dem Haus. Sie verdient nicht so viel Geld und wir könnten uns nie eine eigene Wohnung leisten.

Mich macht diese ganze Situation einfach nur krank und kaputt. Ich kann mich niemandem anvertrauen da es mir ja hier schon so schwer fällt das alles zu erzählen bzw zu schreiben. Ich fresse das alles irgendwie in mich hinein und versuche die Probleme so gut es geht zu verdrängen. Mittlerweile ist es aber so schlimm, dass ich kaum noch schlafen kann weil ich die ganze Zeit weinen muss. Habt ihr vielleicht irgendeinen Ratschlag für mich?

Ich will euch danken, dass ihr euch die Zeit nehmt das hier durchzulesen auch wenn es mit Sicherheit größere Probleme gibt.

Dana Anwort von Dana

Liebe Laura.

Natürlich gibt es "größere Probleme". Die gibt es immer. Es gibt Menschen, denen fehlt ein Arm, dafür gibt es Menschen, denen fehlen beide Beine. Und so weiter. Aber deshalb ist dein Problem nicht weniger wichtig oder weniger lösenswert. Denke nicht so. Dein Problem ist schlimm, es runiniert dein Leben, das deiner Mutter und wahrscheinlich auch das deines Bruders, auch wenn der das vielleicht noch nicht merkt und es wirkt sich nachhaltig auf euch alle aus. Nur weil es Menschen gibt, denen es vielleicht NOCH dreckiger geht, heißt das nicht, dass hier nicht sofort etwas getan werden muss.

Und das sollte es, Laura.

Dein Vater terrorisiert die Familie, er ist eine Bedrohung für dich und deine Mutter und schiebt deinen Bruder in falsche Bahnen. Dein Bruder wird immer mehr lernen, dass Frauen willenlose Opfer sind. Und momentan tut ihr nicht wirklich viel dafür, dass er das nicht denkt. Deine Mutter IST momentan ein willenloses Opfer aus lauter Angst vor deinem Vater und vor der Zukunft, die käme, wenn sie sich trennen würde. Deine Rettungsversuche sind ehrenhaft, aber sie ändern die momentane Lage nicht.

Das größte Problem, das ich jetzt sehe, liegt darin, dass du nicht darüber reden willst, weil es dir schwer fällt und du uns um Hilfe bittest, wie du das besser ertragen kannst...darauf kann und WILL ich dir nicht antworten! Denn genau das müsstest du tun! Du müsstest darüber reden, du müsstest dich wehren! Mit allen Mitteln und mit allen Möglichkeiten, die es gibt. Es reicht nicht, deinen Vater zurück zu beleidigen und immer Angst zu haben, wenn du außer Haus bist, dass er deiner Mutter vielleicht mal was antut. Wann ist denn der richtige Moment, dich zu wehren? Wenn deine Mutter verletzt oder psychisch total geschädigt in der Klinik liegt?

Laura, man merkt, DU bist stark. Man merkt es, auch wenn du weinen musst. Du versuchst dich zu wehren, du lässt das nicht einfach auf dir sitzen, du verkriechst dich nicht. Und genau daher geht jetzt (JETZT) mein Appell an dich: wehr dich! Du musst dich wehren, Laura. Lass nicht zu, dass eure Familie noch weiter den Bach heruntergeht, als das jetzt schon der Fall ist. Du scheinst die einzige zu sein, die das kann! Deine Mutter kann es nicht, sie ist schon in sich zusammen gefallen und "erträgt" nur noch. Dein Bruder sieht die Gefahr nicht. NUR DU kannst es! Du siehst die Gefahren, du machst dir Sorgen - völlig zu Recht!

Aber wie wehren?

Dein erster Gang sollte der zum Jugendamt sein. Geh hin, lass dich nicht abspeisen, lass dir einen Beratungstermin geben (vielleicht darfst du auch warten und dann sofort dran kommen). Informiere dich, welche Möglichkeiten es gibt. Es gibt VIELE!

Es ist zB nicht so, dass ihr mittellos wärt, wenn ihr ausziehen würdet. Dein Vater wäre dann unterhaltspflichtig und es gibt auch vom Amt noch Zuschuss, wenn es nicht reicht. Für eine schöne, kleine Wohnung mit eigenem Zimmer reicht es auf jeden Fall, das weiß ich von anderen Paaren mit Kindern, wo ein Auszug nötig war. Es GEHT. Die Angst, in Zukunft nichts mehr zu haben, sollte niemals Ratgeber dafür sein, mit einem gewalttätigen Mann zusammen zu bleiben! Selbst, wenn er nicht mehr dauernd schlägt, er tätigt den verbalen Missbrauch aufs Äußerste! Er macht eure Seelen so weit runter, bis nichts mehr geht. Bei deiner Mutter scheint er schon gewonnen zu haben.

Eure Situation ist ernst, Laura. Und du bist die einzige, die das merkt und die sich dagegen auflehnen will.

Dein Vater scheint ernste Probleme mit sich selbst zu haben. Das ist aber ein Thema für sich. Er müsste in Therapie (Verhaltenstherapie, Aggressionstherapie) und man müsste fachlich heraus finden, warum er so ist wie er ist. Da steckt einiges dahinter. Sicher verdient er Mitleid. Aber zuerst ist es nötig, dass ihr euch selbst vor ihm schützt, bevor der körperliche und seelische Schaden bei euch NOCH größer wird und dein Bruder total verkorkst wurde. Das Jugendamt kann da helfen. Hab BITTE den Mut, da wirklich hinzugehen und zu fragen, was du tun kannst. Auch das Sozialamt kann da sicher helfen, wenn du es schaffst, dich durch den Amtsschimmel hindurch zu drücken. Ämter sind leider manchmal etwas lahm...aber ich könnte mir vorstellen, dass du die nötige Energie dafür hast, einfach, weil du diese Situation nicht mehr willst!

Auch die Caritas der Kirchen, ProFamilia und andere Institutionen kannst du zusätzlich abklappern. Mach dich kundig, werde zur Spezialistin, schau, welche Wege euch offen stehen. Wenn du genug weißt, mach mit deiner Mutter zusammen Termine dort aus, sie muss wissen, dass sie Chancen hat! Es gibt genug Möglichkeiten, in eine Wohnung zu ziehen, man landet nicht auf der Straße! Und es kann ja nicht sein, dass sie so an eurem Haus hängt, dass sie sich lieber erniedrigen lässt, anstatt auszuziehen! Wenn das wirklich so wäre, kannst du ihr kaum helfen. Dann ist ihr Leidensdruck noch nicht hoch genug und du solltest schauen, dass wenigstens DU Land gewinnst. Das ist dann reiner Selbstschutz und kein Egoismus.

Auch wenn es dir schwer fällt, darüber zu sprechen, hast du es hier schon bewiesen, dass du es kannst, liebe Laura. Du hast uns und dir gezeigt, dass das alles ein Ende haben muss und du bereit bist, dafür etwas zu tun. Ich kann dir nur raten: lass die Verdrängung und geh zum Angriff über! Ansonsten nimmst du weiterhin so Schaden, dass du irgendwann zerstört sein wirst. Lass das nicht zu!

Bei euch liegt ein körperlicher und ein geistiger Missbrauch durch deinen Vater vor (schlagen und wild beleidigen und demütigen), da MUSS das Jugendamt sich einschalten. Am besten wäre es, wenn du mal alles aufschreibst, was dein Vater so gemacht hat. Sowohl die Schläge als auch die Beleidigungen und die Art der Beleidigungen (gerne auch richtige Zitate). Ich kann nur hoffen, dass du dich traust, ich wünsche dir allen Mut der Welt. Du bist es wert, deine Mutter und dein Bruder sind es auch wert, aus dieser Situation zu entkommen. Selbst dein Vater wäre es wert, ihm eine Therapie nahezulegen (das kann aber wohl eher dann das Amt und nicht ihr...von euch würde er das nicht annehmen).

Bitte, Laura...hab den Mut dazu. Wenn nicht du, wer soll euch sonst retten? Ich weiß, das ist eine harte Bürde...aber es wird euch SO viel besser gehen danach. Ich kann nur hoffen, dass du das willst und schaffst. Sonst wird sich nichts ändern...

Alles Liebe, viel Erfolg und VIEL MUT!

Dana