Problem von Anonym - 18 Jahre

Problem mit meinem Vater

Hallo!

Ich habe schon sehr lange ein Problem mit meinen Eltern (hauptsächlich Vater), allerdings habe ich es früher nicht so wahrgenommen, weil ich dachte, das Verhältnis zu meinen Eltern wäre normal. Es fällt mir schwer zu beschreiben, was mein Problem ist.
Meine Mutter hat mich eigentlich allein aufgezogen. Obwohl mein Vater immer mit im Haus gelebt hat, waren/sind mein Bruder und ich die Kinder meiner Mutter. Sie hat uns erzogen und war immer für uns da. Es klingt zwar komisch, aber ich habe mich immer gefreut, wenn mein Vater nicht da war. Ich fühlte mich einfach nicht wohl in seiner Gegenwart. Er hat uns niemals umarmt, uns gesagt, dass er uns liebt oder etwas mit uns unternommen. Wir hatten und haben einfach keine Bindung zu ihm. Ich habe mir früher sogar gewünscht, dass meine Eltern geschieden wären und er nicht mehr bei uns im Haus wohnt.
Dadurch kommt es wohl auch, dass ich jetzt schon fast eifersüchtig bin, wenn er etwas mit meiner Mutter unternimmt. Seit er nun Rentner ist unternehmen die beiden sehr viel. Ich habe einfach das Gefühl, dass er mir sozusagen den Vater weggenommen hat und jetzt auch noch meine Mutter wegnimmt. Sowas kenne ich eigentlich nur von Stiefvätern.
Das Problem ist, dass er nach außen ganz anders ist. Jedesmal, wenn er mit Freunden weg ist, umarmt er sie zur Begrüßung. Man kann also nicht sagen, dass er grundsätzlich Scheu vor sowas hat.
Aber er mag es auch nicht, wenn Freundinnen/Freunde zu mir kommen. Deswegen hab ich auch immer weniger, weil die glauben, ich nutze sie aus, wenn ich immer nur bei ihnen bin.
Besonders schlimm finde ich es, dass mein Vater mich vor dritten nicht nur nicht verteidigt, sondern sogar bloßstellt. Eine solche Situation war z.B. bei einem Treffen meiner damaligen Konfirmandengruppe. Wir saßen zusammen mit anderen Konfirmanden und Eltern an einem Tisch und eine Frau fragte mich, ob ich etwas zu trinken möchte. Da sagte er nein, weil ich sowieso schon fett genug sei. Das schlimmste dabei war, das mich die anderen Eltern geschockt mitleidig ansahen und ich danach, als ich heulend auf dem Klo saß auch noch mithören musste, wie schrecklich das diese Mütter fanden.
Nachdem mein Vater früher häufiger solche Sachen gebracht hat, habe ich schon sehr früh diverse Diäten gemacht und dadurch kein richtiges Essverhalten.
Ein anderer Punkt ist, dass sich mein Vater aber auch nicht für mich interessiert. Er war noch nie in meiner Schule oder bei irgengwelchen schulischen Veranstaltungen, sodass alle glauben, meine Eltern wären geschieden. Ich hab jetzt schon Schiss vor dem Schulball dieses Jahr, weil meine Eltern wohl die einzigen Eltern sind die nicht kommen. Sie verstehen nicht, dass das wichtig für mich ist, sondern sehen es als ätzende Pflichtveranstaltung, um die man sich möglichst drückt.
Ich weiss einfach nicht, wie ich Ihnen bzw. meinem Vater sagen soll, dass das nicht normal ist. Sie meinen dann, dass das Psychoquatsch ist und sie nun mal sind wie sie sind.

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Was ist los mit diesem Mann? Er verhält sich ja glatt, als wäre er gar kein Vater. Womit ich Dir kein Floh ins Ohr setzen möchte, aber seine Vaterrolle hat er scheinbar nie übernommen und leben gelernt. Das ist sehr schade, besonders für Euch Kinder.

Die einfachste Erklärung wäre, dass er es selbst nie anders erlebt hat. Aber ehrlich gesagt, lasse ich diese Erklärung immer verflucht ungern durchgehen. Schließlich hat jeder Mensch auch noch eine Selbstbestimmung.

Versuch, durch ihn nicht all Deine Freunde zu verlieren. Wenn sie sich ausgenutzt fühlen, dann sag ihnen, woran es liegt. Erzähl ihnen von der Beziehung zwischen Dir und Deinem Vater.
Wenn du so nicht weiterkommst, dann geh gegen Deinen Vater an. Mag ja sein, dass er es nicht mag, wenn Du Freunde zu Dir nach Hause einlädtst, aber es ist das normalste von der Welt und er trifft sich schließlich auch mit seinen und möchte das gewiss auch nicht missen. Ich denke, den Kampf ist es wert.
Wenn Deine Freunde diese 'ungemütlich Stimmung' bei Dir zu Hause auch wahrnehmen, dann gehen sie vielleicht auch ganz von selbst zu dem alten Muster wieder über und treffen sich mit Dir lieber bei ihnen. Lass Dir nicht Deine Freunde nehmen. Sie sind wichtig.

Wenn Dein Vater Dich nicht umarmt, dann umarme Du ihn doch einmal. Ich weiß, Euer Verhältnis zueinander ist nicht so, dass Du das offenkundig möchtest. Aber im Grunde schreist Du nach seiner Zuneigung, sonst wäre es nicht so ein Riesenproblem.
Stell ihm die Fragen zu den Antworten, die Du gerne hören möchtest. (Bist Du stolz auf mich? Hast Du mich lieb? Bin ich wichtig in Deinem Leben?) Sag ihm ruhig, dass Du daran zweifelst. Auch wenn er es als Psychoquatsch abtut, er hat es gehört und wird sich (hoffentlich!) seine Gedanken dazu machen.

An Deiner Eifersucht solltest Du arbeiten. Deine Eltern sind verheiratet, unternehmen viel zusammen, das ist gut und das ist ihr gutes Recht. Er nimmt Dir nicht die Mutter weg, sondern er tut etwas für sich und seine Frau. Und ganz ehrlich: Wenn er etwas mit ihr unternimmt, ist es doch nicht so, dass Du ansonsten diese Zeit mit ihr verbracht hättest, oder?

Sag Deinen Eltern noch einmal, wie wichtig es Dir ist, dass sie ebenfalls zum Schulball erscheinen. Sie sollten schon Interesse an Dir und Deinem Leben zeigen. Das hat nichts mit Psychoquatsch zu tun, sondern ist das, was Kinder von ihren Eltern erwarten. Sag ihnen, wie Du Dich fühlst, wenn sie fortbleiben, dass es keine lästige Pflichtveranstaltung ist, sondern die Chance, am Leben ihrer Tochter teilzuhaben. Vielleicht sprichst Du mit Deiner Mutter einmal allein darüber. Zu ihr hast Du eindeutig den besseren Draht und sie wird wohl alle Hebel in Bewegung setzen, damit es ihrer Tochter besser geht.

Ich wünsche Dir alles Gute!