Problem von Kyra - 18 Jahre

Wie werde ich wieder glücklich in meiner einsamen Welt?

Liebes KUKA-Team,
ich mache zum ersten Mal so etwas und es kostet mich Überwindung so unpersönlich im Internet darüber zu reden, aber ich muss einfach die Meinung eines Fremden zu meiner Lage hören.
Ich bin vor 8 Monaten umgezogen. Ich habe vor einem Jahr mein Abitur abgeschlossen und bis Oktober 2013 eigentlich nur zu Hause rumgehangen. Das hat mich fertig gemacht, weswegen ich mich in einem Kunstkurs angemeldet habe, der ein halbes Jahr ging. Das tat mir und meiner Persönlichkeit auch richtig gut, hab eine neue beste Freundin gefunden und war richtig happy. Im Dezember trat dann auch ein junger Mann in mein Leben mit dem ich wirklich eine ganz tolle Zeit hatte, bis er mir einen Tag vor meinem Umzug gesagt hat, dass er keine Beziehung will sondern nur 'eine offene Sache'. Blind vor Liebe habe ich natürlich ja gesagt um ihn nicht zu verlieren. Dann bin ich umgezogen. In eine neue und fremde Stadt, wo ich niemanden kenne und so schnell auch keinen kennenlernen würde, da ich ja nicht mehr zur Schule gehe und im Oktober diesen Jahres erst anfange zu studieren. Von meinem Kerl aus meinem Heimatort konnte ich dann erstmal auch nicht die Finger lassen und habe ihm jeden Wunsch von den Lippen abgelesen. Ich bin fast jede Woche 2 Stunden und 30 Euro Zug gefahren um ihn zu sehen. Das lief dann bis April auch richtig gut. Bis ich plötzlich nichts mehr von ihm gehört habe. Wir haben uns gestritten, weil er sich von mir zu eingeengt gefühlt hat und nochmal ausdrücklich betont, dass wir nicht in einer Beziehung sind. Bis Juli war unser Kontakt nur noch flüchtig und haben uns auch kaum gesehen und wenn war es irgendwie merkwürdig. Eines Tages habe ich dann von einer Freundin erfahren, dass er mit einer Freundin von uns beiden zusammen ist. Für mich ist eine Welt zusammengebrochen. Ich habe die Gefühle zu ihm immer verdrängt, doch als ich dann noch erfahren habe, dass er mir 'fremdgegangen' ist mit ihr und das halt schon Monate lief, war ich am Boden zerstört. Ich habe alles von ihm gelöscht, seine Nummer, seine Bilder, alles was mich an ihn erinnert. Trotzdem fühle ich bis heute so ein tiefes Verlangen ihn zu sehen und seine Nähe zu spüren. Ich kann keine Beziehung mehr zu Leuten aufbauen, weil ich niemandem mehr traue und Angst habe verletzt zu werden. Und ich hätte im Moment so gerne jemanden neben mir, der mich in die Arme nimmt...
Doch das ist nicht mein einziges Problem.
Seit ich in der neuen Stadt wohne, habe ich kaum Kontakt zu irgendwem. Ich habe eine Freundin in der Nebenstadt, die ich schon Jahre lang kenne, aber mit ihrer Art komme ich momentan einfach nicht klar. Was mir leid tut, da sie die einzige sein könnte, die momentan für mich da ist. Ich bin eigentlich ein total offener und lebensfroher Mensch, aber im Moment fühle ich mich einfach einsam und verlassen. Meine ganzen Freunde wohnen Kilometer weit entfernt, die sehe ich nur alle 2-3 Wochen für einen oder zwei Tage. Das tut mir richtig weh. Ich bin ein Mensch, der Gesellschaft und Leben um sich braucht! Momentan gehts mir wie ein Vogel in einem Käfig, der nie rausgelassen wird. Mein Leben fliegt an mir vorbei. Ich habe zwar einen Minijob und gehe zum Sport, aber trotzdem erfüllt mich das alles nicht. Aber man kann doch auch nicht einfach alleine irgendwo hingehen?! Dieses schwarze Loch in mir frisst sich immer tiefer und tiefer in meine Seele hinein. Ich weiß nicht was ich noch tun soll. Ich könnte mich jeden Tag im Bett verkriechen und weinen. Ich bin unglücklich und das will ich nicht. Es fühlt sich an, als ob mich alles verlassen würde, als ob mich meine Freunde nicht mehr haben wollen, als ob mich die ganze Welt nicht mehr haben will. Ich bin niedergeschlagen und schwach. Das hasse ich so sehr! Das bin nicht ich! Ich brauche dringend einen Rat, wie ich wieder glücklich werden kann...

Jedes gute Wort wird mir helfen.

Danke und liebe Grüße

PaulG Anwort von PaulG

Grüße dich Kyra!

Hast du gerade das Gefühl, dass du nach dem Abitur ein Leben begonnen hast, das du nie wolltest?

Der erste Schritt ist doch, dass du all das mal aufgeschrieben, und damit rausgelassen hast. Den hast du hiermit getan - und das zeichnet dich aus. Ich schätze dich so ein, wie du selbst es sagst: Dass du eigentlich ein geselliger, aufgeschlossener und eifriger Mensch bist. Allein, dass du zum Studieren in eine fremde Stadt gezogen bist, spricht ja schon dafür. Ich würde mir für dich wünschen, dass du wieder etwas mehr Optimismus fühlen, und dich auf die Zukunft freuen kannst. Dafür ist es erstmal wichtig, dich zu fragen: Durchlebe ich nur eine "Durststrecke" auf dem Weg zu meinem Wunschberuf - denn mit dem Studium wirst du ja ab Oktober stark gefordert sein -, oder möchte ich meinem Leben allgemein eine neue Richtung geben?

Dein Ex"freund" hat dich ausgenutzt, und deine Hoffnungen enttäuscht. Im Nachhinein ist man immer klüger. Ich glaube nicht, dass du dir einen Vorwurf machen musst, ihm die Treue gehalten zu haben. Du hattest eben immer die Hoffnung, dass doch noch was Ernstes daraus wird; diese hat sich leider nicht erfüllt. Ist es so? Er hat dir zwar klar gesagt, dass er nichts Festes will - aber gut genug, zu ihm zu kommen, warst du für ihn ja noch? Ich verstehe, dass du ihn aus Liebe nicht loslassen wolltest. Hätte es ihm etwas bedeutet, wie es dir geht, dann hätte er so konsequent sein müssen, sich nicht mehr mit dir zu treffen. Denn dass du noch Gefühle für ihn hattest, muss ihm wohl klar gewesen sein. Nach eurer Trennung hast du das Richtige getan: Er tut dir überhaupt nicht gut, also hast du die Erinnerungen und Fotos weggeräumt, gelöscht. Irgendwann wird vielleicht der Zeitpunkt kommen, an dem du auch diese Liebe entspannter betrachten, und ohne Schmerz auf sie zurückblicken kannst. Ich würde es mir für dich wünschen. Allein, dieser Zeitpunkt ist noch nicht da. Vorerst finde ich wichtig, dass du dir keinen Vorwurf machst - der Junge hat es eben nicht besser gewusst. Und erst recht nicht, was er verpasst, dich nicht zu lieben. Sein Pech, oder?

Wenn du dein Studium beginnst, wird dein tägliches Pensum vermutlich stark anwachsen. Dazu kommt, dass du auf einmal mit vielen neuen Gesichtern konfrontiert bist. Du hast natürlich Recht, neue Kontakte werden sich dann leichter ergeben. Nichtsdestotrotz wird auch das leichter geschehen, wenn du etwas mehr unter Leute gehst. Wenn du dich so zurückziehst, kann es sein, dass der Trubel ab Oktober dich erstmal abschreckt und einschüchtert. Bist du denn mit deiner Studienwahl nach wie vor zufrieden? Ich frage das deshalb, weil ich nicht weiß, um was genau es sich handelt. Wenn du im Herbst beginnst, deinem Traumberuf zuzuarbeiten, wird dich das sicherlich stärken. Jetzt im Moment gilt es, die Zeit bis dahin zu füllen. Wenn du nicht so der Typ bist, feiern zu gehen, kannst du natürlich auch was Anderes unternehmen. Das Wichtige dabei ist nicht so sehr, auf Biegen und Brechen was zu erleben, sondern dich rege zu halten. Wenn du dich nämlich verkriechst, wird die Dunkelheit in dir nur noch größer werden.

Dass du Sport treibst und einen Job hast, ist doch toll. Das sind nicht nur Dinge, die dich fordern und bestärken - du verdienst auch etwas dazu. Das ist auch ein Punkt, wie stehst du finanziell da? Sofern es damit keine Probleme gibt, ist das doch schon mal sehr positiv. Es sind wiederkehrende Termine, an denen du gefordert bist - ich möchte dich beglückwünschen, dass du so stark bist, dir diese Struktur zu schaffen. Nun kannst du sie noch etwas erweitern: Wie gut kennst du deine neue Stadt? Warum nicht einfach mal losziehen, sie erkunden und abwarten, was dir begegnet? Es gibt tausend Dinge, die man unternehmen kann - ich kenne deine Interessen nicht, deswegen kann ich schwer einen Vorschlag machen. Aber wenn du es dir zutraust, würde ich dir doch raten: Geh wirklich mal auf eigene Faust wohin. Und selbst wenn es nicht perfekt wird, hast du immerhin was erlebt, und in neue Gesichter geblickt. In dein Studium wirst du dann mit mehr Offenheit und Selbstbewusstsein eintreten. Zudem - Gespräche ergeben sich leicht, oft zufällig, wenn man einfach mal ausbricht aus seinem Trott. Und jedes Wort, das du ganz beiläufig, vielleicht auch sehr tiefgründig, wechseln kannst, wird dir gut tun - ist es nicht so?

Im Moment mag es schwer sein, das von mir anzunehmen, aber: Ich glaube, dass du ein starker Mensch bist, der sich aus diesem Tief retten kann. Sieh es vielleicht so: Zurzeit machst du eine schwere Phase durch, bist umgezogen und in der Liebe schwer enttäuscht worden; man muss das ernst nehmen - doch es heißt nicht, dass du für alle Zeit dazu verurteilt bist. Vielleicht wäre es gut, mit einer gewissen Neugier durch deine neue Stadt zu gehen, und nicht so sehr auf die Besuche daheim hinzuleben. Wo du später einmal sein wirst, weiß man noch nicht; jedoch wird es deine Sehnsucht vergrößern, wenn du mit "nach Hause" auch gleichzeitig in eine scheinbare Sicherheit kommst, die es so nicht hat. Und bei all dem wäre es auch schade, deinem Wohnort nicht das Beste abgewinnen zu können, der sicher viel zu bieten hat - du hast ihn ja nicht umsonst für dein Studium gewählt? Ich fände es schön, wenn du wieder mit mehr Freude durch die Tage gehen könntest; das hast du dir wirklich verdient nach der Trennung, dem Wegzug von daheim, und allem. Es ist schwer, ich weiß - aber kein Weg führt an einem Wagnis vorbei. Ich bin sicher, du wirst es schaffen. Nicht jeder ist wie dein Ex - man kommt eben nicht drum herum, es herauszufinden, wie die Leute so drauf sind. Manchmal landet man einen "Fehlgriff" - aber hey, es geht weiter. Denn wirkliche Freunde hat man gar nicht so viele, sie sind äußerst kostbar - genauso wie der Mensch, den man liebt.

Neue Kontake, vielleicht auch eine neue Beziehung, sind ja nun nichts, das man erreicht, wenn man unbedingt danach sucht. Sie müssen sich ereignen. Das würde ich dir wünschen - und auch, dass du es mit Spannung und Neugier erwarten kannst, ohne dich verrückt zu machen. Denn es stimmt ja, dein Studium markiert einen Punkt, ab dem alles anders und aufregender wird. Dann wird sich vieles ändern, und sicher auch ein neuer Freundeskreis erschließen. Bis dahin gilt - und so wird es auch am leichtesten passieren -, dass du unter Leute gehst, auch einfach mal der Sache selbst wegen; das wird dir gut tun, besser, als mit dir zu hadern. Schließlich hast du nichts falsch gemacht. Es sind einige Dinge ungünstig gelaufen, und ich kann verstehen, wie sehr sie dich belasten. Dennoch wäre es ungerecht, wenn du so still vor dich hin leiden müsstest, nur weil jemand nicht in der Lage war, zu erkennen, was für ein tolles Mädchen er in dir zur Freundin hätte haben können.

Mein Wunsch für dich ist, dass du anerkennen kannst, dass du nichts falsch gemacht hast; es sind Dinge schief gelaufen, aber deshalb verdienst du es noch lange nicht, so zu leiden. Mein Wunsch ist auch, dass du die Welt in einem helleren Licht sehen kannst - versuch es, es ist gar nicht so schwer. Ein kleiner Schritt, oder ein paar mehr - und der Blickwinkel verändert sich. Wage sie - du wirst dich besser fühlen. Ich wünsche dir auch ab Oktover, viel Spaß und Erfolg bei deinem Studium, und dass du dahin gelangst, wo du es dir gewünscht hast.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul