Problem von Jenna - 17 Jahre

Freund ist aggressiv und bedrängt mich

Hallo.

Ich werde im Oktober 18 Jahre alt, habe einen besten Freund, den ich seit 15 Jahren kenne. Seit einiger Zeit ist da noch etwas mehr als nur gute Freundschaft, wir haben auch dreimal miteinander geschlafen. Eigentlich könnte man sagen, wir waren schon fast zusammen, doch er hing beinahe jede Woche in irgendeiner Disko ab. Ich sagte ihm dann, dass ich das nicht kann und will, wenn er sich jede Woche volllaufen lässt. Daraufhin wurde er sauer, verschwand aber zunächst wieder.

Abends schrieben wir Nachrichten, er war ziemlich sauer und beleidigte mich, worauf ich nicht näher einging. Dachte mir er kriegt sich schon wieder ein und versteht das, ändert vielleicht sein Verhalten. Am nächsten Tag kam er dann zu mir, ich wollte ihn nicht sehen. Er klingelte solange, bis ich doch die Tür öffnete und trat dann in unser Haus ein, obwohl ich es nicht wollte. Er drängt mich in eine Ecke, schrie mich an. Ich habe gar nicht richtig zugehört und hatte echt Angst, er klatscht mir jeden Moment eine, was aber zu dem Zeitpunkt nicht passierte. Er zog dann irgendwann sauer ab, nachdem ich nichts antwortete und auch nicht antworten konnte. Zwei Tage vergingen, an denen wir uns nicht sahen. Ein weiteres mal kam er zu mir, ich öffnete diesmal, in dem Glauben, er hätte nachgedacht und würde sich entschuldigen. Er entschuldigte sich auch, allerdings fing er sogleich an, wieder meine Nähe zu suchen. Ich sagte ihm, dass ich das momentan nicht will und er bedrängt mich, fasste mich an und sagte dann, dass ich es doch auch will und dass ich selbst schuld bin, wenn ich ihn scharf mache. Ich versuchte mich zu wehren, als er mir mein Oberteil ausziehen und mich küssen wollte, ergab mich dann aber für einen Moment, weil ich einfach keine Kraft mehr hatte, weder körperlich noch geistig. Er küsste mich also, fasste mich weiter an. Vor wenigen Wochen hätte ich das wirklich noch toll gefunden, wir haben ja wie gesagt bereits miteinander geschlafen, aber er hatte mir in den letzten Tagen einfach Angst gemacht und mein Vertrauen war binnen weniger Sekunden verschwunden. Ich ließ es also soweit über mich ergehen, als er jedoch an meinen BH-Verschluss wollte, versuchte ich ihn noch einmal wegzudrücken, schrie ihn unter Tränen an und er trat dann zurück, schrie mich abermals an, ehe er dann verschwand. Ich weiß wirklich nicht was ich noch tun soll. Er war früher nicht so und ich weiß überhaupt nicht was mit ihm los ist. Mit meinen Freunden möchte ich darüber nicht reden, weil alle ihn kennen und ich kein schlechtes Bild auf ihn werfen möchte. Ich fühle mich einfach unglaublich schlecht, irgendwie erniedrigt und schwach.

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, meine Nachricht zu lesen. Ich hoffe, es klingt irgendwie verständlich.

Lieben Gruß,
Jenna

Dana Anwort von Dana

Liebe Jenna!

Zuerstmal: ich denke, ich habe verstanden, was dir passiert ist und worauf du hinaus wolltest. Du hast dich also gut genug ausgedrückt.

Ich lese zwei Gefühle heraus. Eines dich betreffend und eines deinen "Freund" betreffend.

Das Gefühl für dich sagt "ich fühle mich schlecht, erniedrigt und schwach."
Das Gefühl für deinen "Freund" sagt: "er hat mir Angst gemacht, das Vertrauen ist komplett weg!"

Das Gefühl, das du für deinen Freund hast, sagt das Richtige.
Das Gefühl, das du für dich hast, sagt das Falsche.

Warum?

Dein "Freund" hat sich unmöglich verhalten. Es ist zwar nicht klar, warum er so austickt, warum er dich demütigt, dich bedroht, dich anfasst, obwohl du es nicht willst, seinen Willen also über deinen stellt und sich dauernd so zusäuft. Vielleicht hat er Probleme, die er momentan nicht mit dir teilt. ABER: das gibt ihm nicht das Recht, dich so zu behandeln. Es ist also völlig richtig, dass du dein Vertrauen verloren und Angst hast. Angst ist eine gute Warnhilfe, wenn Freundschaft eigentlich mehr Vertrauen verdient gehabt hätte. Die Angst hat dir hier geholfen, eine richtige Entscheidung zu treffen, nämlich Abstand zu gewinnen. Alles völlig richtig und ich hoffe, du lässt ihn insgesamt nicht mehr ins Haus, bis sich das geregelt hat.

Kommen wir zu dem "falschen" Gefühl. Du hast etwas Schlimmes erlebt, ziehst aber für deine Person die falschen Schlüsse. Du warst nicht schwach, du warst stark. Wärst du es nicht gewesen, wärst du vergewaltigt worden, weil du die Signale nicht deutlich genug gegeben hättest. Hast du aber. Selbst auf die Gefahr hin, dass du geschlagen wirst, hast du NEIN gesagt. Das hätte nicht jedes Mädchen gemacht. GUT SO. Klar, das Nein kam spät, aber du warst ja auch total irritiert und verängstigt. Trotzdem hast du es richtig gemacht. Du hast ihn gestoppt.

Menschen können Dinge tun, die völlig daneben sind, die man mit normalem Menschenverstand nicht auseinander geklaubt bekommt. Deshalb ist man selbst aber weder schlecht, noch schwach, noch wertlos. Irgendwas hat in deinem Freund ausgesetzt....und ER hat alles falsch gesehen, nicht du. Er war der Meinung, er könne mit dir machen, was er wolle...könne dich anschreien, dich danach dann sexuell angehen. Mach nicht den Fehler, ihm da zuzustimmen! Du warst stark, du bist in keinster Weise schlecht und zum Erniedrigen gehören auch immer zwei. Einer, der es tut und einer, der es zulässt. Tust du aber nicht. Eigentlich machst du es richtig. Du hast NEIN gesagt und danach Abstand genommen.

Jetzt musst du in dich reinhorchen, was du wirklich möchtest. Möchtest du es klären? Möchtest du erst einmal den Abstand? Was empfindest du noch für ihn? Was darf er noch, was nicht mehr? Was braucht Zeit? Sei dir ganz sicher, wie der Weg weiter gehen soll, den DU gehen möchtest. Es geht nicht um IHN. Es geht um dich. Und genau da sieht man auch, dass du nicht erniedrigt bist. Du bist du - und du selbst bestimmst, wie es weiter geht. Nicht er. Er hat großen Mist gebaut, nicht du. Es ist wichtig, dass du das klar siehst und ganz genau vor Augen hast, wie du weiter verfahren möchtest.

Ich persönlich würde erst eine ganze Weile Funkstille wollen, wenn sein Verhalten nicht sogar einen kompletten Bruch herbei geführt hätte. Ich bin aber nicht du. Vielleicht bist du da weicher und verständnisvoller...ich wäre es nicht. Jemand, der so mit mir umspringt (egal, warum er dachte, es zu dürfen), wäre danach für mich gestorben. Wie du schreibst, das Vertrauen ist weg. Wenn man erst einmal Angst bei einem Menschen empfunden hat, geht diese - gerade auch durch die immer wieder durchlebte Erinnerung - auch meist nicht mehr weg...und so schlecht ist das nicht. Wer weiß, was er noch so alles bringen könnte, wenn er mal wieder mehr getrunken hat oder du ihn stark verärgert hast...von daher überlege gut, ob er überhaupt und wenn ja, welche Chance er noch bekommen soll.

Sei es dir wert, für dich selbst einzutreten. Das hast du verdient.

Dir alles Liebe und vor allem Menschen, die dich verdienen und das zu schätzen wissen, was du für sie sein kannst.

Dana