Problem von Anonym - 17 Jahre

Alkoholkonsum und Fehlverhalten des Vaters

Ich hab keinen Kummer oder so deshalb, aber ich würd mal gern (anonym) wissen, was andere Leute davon halten: Mein Vater trinkt, ausnahmslos, jeden Tag Alkohol, manchmal ziemlich viel. Er wird nie aggressiv, aber er verliert komplett den realitätssinn, er nimmt nixmehr richtig wahr, wie es wirklich ist, sondern wie ers gern hätte. Er stellt sich als unfehlbar hin und wenn eine offensichtliche schwäche zum thema wird, z.b. dass er inzischen nimmer so gut hört, dann wird er laut und schreit, man solle ihn nicht immer angreifen usw. und greift dann die anderen an, z.b. meine mutter und ich sollen gefälligst mal wieder normal reden und son scheiß. jeder andere versteht uns, nur er nicht, und dann hat natürlich nicht er das problem, ist klar. es sind immer die anderen.

Außerden hätte er total viel zu tun, aber hält sich mit alibi-arbeit das zeug vom hals, z.b. spült er (von hand, wir haben grad keine maschine) das geschirr manchmal stundenlang ab, damit ja nicht rauskommt, dass er keinen job hat (außer son komischer 400euro job, zwei stunden am tag..)

Ich hab keinen kummer deshalb, weil ich mich inzwischen damit abgefunden hab, dass ihm nimmer zu helfen ist, er lebt auch sonst noch komplett in der vergangenheit, er hat überhaupt keinen bezug mehr zu heute. Das was z.b. in der bild zeitung steht, sieht er als die reine wahrheit an, weil die bild so kompetent ist.. obwohl ja fast jeder heutzutage weiß, dass die bild... naja toootaaal kompetent ist..

Früher hab ich mich auch total oft mit ihm gestritten, heut will ich so wenig wie möglich mit ihm zu tun haben, so vermeide ich streit.

schon als kleinkind war er nie daheim, er war immer arbeiten, oder was auch sonst er getrieben hat. und wenn er mal da war, hat er sich auch nie sonderlich für mich interessiert.

neulich erst hatte ich geburtstag, meine mutter hat mir was geschenkt, er meinte dazu nur oberflächlich und desinteressiert wirkend: sieht gut aus.... aber ich will die rechnung nicht sehen.... ja klar, selber raucht er fast in jeder freien minute, und versauft das restliche geld, aber wenn ich einmal im jahr ein geburtstagsgeschenk krieg, welches mal 150 euro gekostet hat, muss er meckern... er kanns nicht leiden, wenn man ihn angreift oder kritisiert (hat er wortwörtlich gesagt) aber er darf das natürlich, weil er sowieso unfehlbar ist...

Ich hasse ihn und hab keinen wirklichen bezug zu ihm, deshalb kann ich auch nicht traurig sein wegen dem allen, aber mich würd mal jemand anderes meinung dazu interessieren.

PS: warum braucht ihr die emailadresse, wenn ihr "kein Problem per E-Mail" beantwortet??

Delia Anwort von Delia

Hallo lieber Unbekannter,


Wir brauchen die E-Mail Adresse schon allein aus dem Grund, dass viele unechte Probleme eingeschickt werden, weil einige Menschen es lustig finden, so zu tun als würden sie Hilfe brauchen oder sich über andere Menschen lustig machen möchten. Da ein reales E-Mail Konto bestehen muss, wird diesen Leuten das Einsenden von sogenannten Fake Problemen erschwert. Zudem können wir E-Mail Adressen blockieren und erhalten somit keine Zuschriften mehr von ihnen, sodass sie sich immer eine neue Adresse anlegen müssten wenn sie wieder unsinnige Probleme einsenden möchten.

Jetzt zu deinem eigentlichen Anliegen. Natürlich lese ich hier nur deine Sicht der Dinge, daher ist es mir nicht möglich, mir einen objektiven Eindruck zu machen. Trotzdem klingt das Verhalten von deinem Vater schon ziemlich drastisch. Vor allem der hohe Alkoholkonsum ist auf keinen Fall normal und sollte ihm eigentlich zu denken geben.

Ich könnte dir jetzt Suchtberatungsstellen empfehlen und es würde sicherlich auch nicht schaden, wenn du mal eine aufsuchst und dort über den Alkoholkonsum deines Vaters redest, aber letztendlich muss dein Vater selbst den Willen haben etwas zu ändern. Er muss so unzufrieden mit der derzeitigen Situation sein, dass er etwas an seinem Leben ändern möchte. Aber so wie du die Situation beschreibst, scheint das nicht der Fall zu sein. Stattdessen gibt er lieber allen anderen die Schuld daran. So lange sich an dieser Einstellung nichts ändert, wird es schwer sein, ihn für irgendetwas in Richtung eines gesünderen Lebensstils zu motivieren. Letztendlich ist das aber auch nicht deine Aufgabe, denn du bist schließlich der Sohn und er sollte sich wie ein verantwortungsbewusstes Elternteil benehmen.

Du schreibst, dass dir die Situation keinen Kummer mehr macht, weil du dich damit abgefunden hast. Aber so ganz glaube ich dir das nicht, denn sonst hättest du nicht das Bedürfnis gehabt, uns zu schreiben. Ich persönlich fände es auch sehr seltsam und ungewöhnlich wenn dich das Ganze nicht traurig oder wütend machen würde. Es ist in so einer Situation ganz normal, enttäuscht und frustriert zu sein und sich zu wünschen, dass dein Vater sich anders verhalten würde. Im Idealfall sollte er sich für dich interessieren, dich beim Erreichen deiner Wünsche und Ziele zu unterstützen und ein Vorbild für dich sein. Und all das lernst du wegen ihm nicht kennen.

Du hast also jedes Recht enttäuscht zu sein. Und ich kann auch verstehen, dass du ihn hasst und dir wahrscheinlich manchmal wünschst er wäre nicht mehr da. Nur Hass bringt dich im Leben nicht weiter. Und gerade hinter Alkoholismus steht in der Regel auch immer eine eigene Geschichte, sodass ich glaube, dass auch dein Vater nicht zufrieden ist mit seinem Leben. Dass er sich nicht kritisieren lassen möchte und sich selbst als unfehlbar darstellt, wirkt für mich als eine Art Abwehrmechanismus, der verhindern soll, dass er sich mit negativen Dingen in Bezug auf seine Person auseinandersetzen muss. Wahrscheinlich sieht er für sich selbst keinen anderen Weg als so zu reagieren. Und wenn ihr dann negativ auf ihn reagiert, kann er sich in seiner Sicht der Dinge bestätigt fühlen.
Am besten wäre es natürlich er würde eine Therapie beginnen, in deren Zusammenhang auch der Alkoholkonsum thematisiert wird. Das müsste er aber auch selbst wollen, denn ihr könnt ihn ja nicht dazu zwingen. Außerdem erfordert es eine Menge Disziplin und die ist nur vorhanden, wenn man etwas wirklich möchte. Wurde in eurer Familie denn mal etwas in der Art angesprochen oder hat deine Mutter vielleicht deinem Vater mal gesagt, dass es so nicht weiter gehen kann? Schließlich gehören zu so einer Situation auch immer zwei Seiten: eine, die die Situation auslöst bzw. beibehält und eine, die das duldet.

Ich wünsche dir und deiner Familie wirklich, dass dein Vater in Zukunft bereit sein wird, an seinen Problemen zu arbeiten und dass ihr euch als Familie wieder näher kommt. Sollte das aber nicht passieren, wünsche ich dir persönlich, dass du in naher Zukunft ein eigenständiges Leben führen kannst und, anders als dein Vater, in der Lage bist, aus deinen Fehlern zu lernen und dein eigenes Verhalten zu hinterfragen. Sorge dafür, dass du es besser machst als er und lasse dich nicht von Rückschlägen aus der Bahn werfen.
Alles Gute!