Problem von Anonym - 33 Jahre

Ich fühle mich verloren

Ich leide seit über 10 Jahren an einer Psychose. Ich höre Stimmen. Sie quälen mich. Ich fühle mich alleine, obwohl andere Menschen da sind, mit denen ich reden kann. Aber ein Gespräch ist mir sehr unangenehm. Ich gehe zum Psychiater und zur Psychotherapie. Ausserdem zur Seelsorge. Ich leide an Alpträumen. Ich habe immer den Gedanken, ich komme in die Hölle. Gott will mich nicht, denke ich. Ich möchte gerne Frau und Kinder haben, aber die Frau mit der ich zur Zeit versuche was aufzubauen will keine Kinder. Ich kann nicht sagen ob ich sie liebe. Ich bin nicht so verliebt, wie vor Jahren in jemand anderes. Andererseits habe ich Angst alleine alt zu werden. Ich habe auch Selbstmordgedanken und tue mir manchmal weh. Ich war schon mehrmals im Krankenhaus in der Psychiatrie. Oft denke ich wieder da rein zu gehen. Aber ich habe irgendwie Angst davor. Ich weiß oft nicht, was das richtige ist. Muss ich immer ins Krankenhaus und dann wieder raus? Oder soll ich versuchen draußen klarzukommen. Ich lebe noch bei meinen Eltern. Hab einige Zeit alleine gelebt. Mein Vater ist sehr krank. Er will, dass ich zuhause bleibe. Meine Mutter ist sehr oft wütend auf mich und schimpft viel. Ich fühle mich ungeliebt. Oft sehne ich mich nach Liebe und dann pralle ich wie gegen eine Wand, weil ich keine bekomme.

Vielen Dank für das Lesen.

Dana Anwort von Dana

Lieber Unbekannter!

Ich beginne mal von "außen" und arbeite mich nach "innen" vor. :)

Zuerst: gut, dass du immer noch im Dialog mit dir selbst bist. Du suchst weiter nach Möglichkeiten und Hilfestellungen, das zeigt mir, dass du, auch wenn schon Selbstmordgedanken da waren, eigentlich genau weißt, dass du LEBEN willst...und das doch bitte möglichst stressfrei und ängstefrei.

So...dann mal von "außen" beginnend. Dein Umfeld. Natürlich ist es sehr schwer, von dir aus auf andere Menschen zuzugehen. Du hast Ängste, du hast quälende Gedanken und sich da anzuvertrauen und Grundvertrauen zu haben, ist da eine wirklich schwere Sache. Eine schwere Sache ist es auch anders herum. Die Menschen um dich herum sind restlos überfordert. Psychosen sind für gesunde Menschen unglaublich schwer zu verstehen, durchzudenken und richtig einzuordnen. Daher auch das dauernde Geschimpfe deiner Mutter und die Wut. Wahrscheinlich würde sie dich nur zu gerne rütteln und schreien "Jetzt werd doch ENDLICH mal normal, Junge!!!!"

...ja, aber...was ist denn normal? Und wie wird man es? Diese Antworten kann sie dir natürlich auch nicht geben, da sie nur in ihren eigenen Bahnen denkt. Sie sieht ihr Leben, sie ist gesund, hat diese Schwierigkeiten nicht und kann sich da nicht hinein denken. Und diese Überforderung lässt sie an dir aus, indem sie dich anschreit. Das ist natürlich das Schlimmste, was sie tun kann, denn für dich kommt natürlich die Nachricht an: "Ich liebe dich nicht...du genügst mir nicht!" Ich kann also verstehen, dass du dich ungeliebt fühlst. Trotzdem möchte ich dir gerne raten, wirklich Vergebung zu üben. Vergib ihr, dass sie so überfordert ist und dass sie es nicht hinbekommt, dich da aufzufangen. Psychosen sind Krankheiten, die nicht wie ein offenes Knie einfach mit einem Pflaster behandelt werden können, das weißt du selbst nur zu gut. Psychosen brauchen sehr lange, bis sie medikamentös eingestellt sind und bis man sich entspannen kann.

Wenn du immer noch so viele Ängste hast und Wahnvorstellungen, frage ich mich natürlich, ob deine Medikation stimmt? Du schreibst, dass du zur Therapie und zum Psychiater gehst, was eine gute Entscheidung ist. Denn beide brauchst du dabei. Den einen zum Reden und um Lösungsansätze zu erarbeiten, den anderen für die Medikation und die dadurch herbei geführte Entspannung des Inneren. Wenn das nicht entspannt ist und du merkst, dass du immer und immer wieder Angststörungen erleidest, ist vielleicht die Frage, ob die Medikation angepasst werden muss? Ich würde da nochmals nachhaken.

Deine Krankheit hat übrigens nichts mit Gott zu tun. Wenn du gläubig bist, kennst du mit Sicherheit ja auch die Bibel. Gerade im Neuen Testament wird SO oft beschrieben, dass Gott vor allem durch Jesus zu den Armen, den Schwachen, den Kranken spricht. Gott hat ein BESONDERES Interesse an diesen Menschen. An DIR. Eine Krankheit ist keine Wertigkeit. Sie wertet dich nicht ab! Sie charakterisiert dich vielleicht, weil du dich natürlich dementsprechend verhältst, aber sie wertet dich nicht ab. Du bist, ja du darfst auch weiterhin ein guter und toller Mensch sein. Du hast eine Krankheit. Die macht aber doch nicht dein ganzes Wesen aus. Und sowohl Gott als auch viele gute Menschen gehen NICHT nach einer Krankheit. Gerade Jesus predigt Vergebung, holt die tiefst Gesunkenen aus ihren Löchern, das weißt du doch sicher?

JEDER Mensch ist es wert, geliebt zu werden. Du auch - und du besonders. :)

Ich möchte dir dringend raten, deine Therapien zu verstärken, wenn du selbst merkst, dass du das eigentlich gerne hättest. Nimm die Hilfe ruhig an, tu das, was du für dich als das Richtige erachtest. Wenn du merkst, dass du momentan dadurch nicht in der Lage bist, eine Beziehung zu führen (zumal es wohl mit jemandem ist, den du nicht liebst und der nicht dieselben Ziele hat wie du), dann kläre das und gehe DEINEN Weg. Es kann sein, dass er dich momentan noch immer mal wieder in die Klinik führt oder auch für längere Zeit. Es ist wichtig, dass deine Seele gesundet, deine Psychosen die bestmögliche Behandlung erfahren, so dass du für dich ein besseres Leben FÜHLEN kannst. Geh zu den Ärzten, zu denen du Vertrauen hast, geh zu den Therapeuten, die du magst, die du kennst und schätzt. Rede mit allen darüber, überlegt gemeinsam, wie die nächsten Monate zu gestalten sind.

Du musst überhaupt nichts "einfach aushalten" oder "einfach klarkommen da draußen". Du hast das Recht auf weitere Hilfe und du solltest sie dir auch holen.

Warum?

Du schreibst, dass du das Gefühl hast, ungebliebt zu sein. Das Problem ist, dass das sogar für dich selbst zutrifft. Du liebst dich nicht. Das sieht man an der Gewalt, die du dir selbst zufügst, indem du dir weh tust. Du musst dich selbst wieder lieben lernen. Das ist der erste wirklich wichtige Schritt. Du musst dich selbst mögen, lieben und wieder in dir selbst ruhen. Und das geht erst, wenn du die Therapie weiter machst, wenn die Medikation stimmt und du selbst merkst, wie die ganze Hilfe fruchtet. Wenn du dich draußen unwohl fühlst und merkst, dass es dir überhaupt nicht gut tut, dann begib dich wieder in den Schutz der Klinik. Bitte um Hilfe bei denen, die dir jetzt schon helfen, sei offen für alles, was sie anbieten.

Du tust es für dich - und da kann man ein kleines Flämmchen erkennen, dass du dich selbst noch nicht komplett aufgegeben hast, sondern doch in einer gewissen Selbsterhaltung um dich selbst kämpfst. Und das wünsche ich dir von Herzen, dass du das schaffst. Danach kann man das Verhältnis zu den Eltern angehen, danach kann man schauen, ob man in der Lage ist, wieder zu lieben und Menschen um sich herum zu ertragen. Alles zu seiner Zeit.

Ich wünsche dir die richtigen Schritte, den Mut zum richtigen Weg - und ein bestmögliches Leben mit vielen tollen Momenten, die du dann genießen lernen wirst.

Alles Liebe für dich,

Dana