Problem von Patrizia - 18 Jahre

Wie kann ich endlich gesund werden?

Hallo,
ich hab ein Problem und weis keine Lösung mehr und zwar hab ich mehrere Psychische Krankheiten einmal eine posttraumatischen Belastungsstörung, eine Essstörung (Anorexie) und Borderline. Ich war insgesamt schon 7 mal in Kliniken und das ziemlich lange seit April dieses Jahr bin ich drausen und jetz 8 Monate später gehts mir nicht besser. Ich weis aber nicht warum ich würde mich gerne selber wieder gesund machen, weil mich meine Krankheiten nerven, aber ich weis nicht wie. :/ Ich weis nur das es mir nicht gut geht und ich hab ja das meiste was die Therapeuten mir empfohlen haben gemacht aber mir gehts jedoch wieder sehr viel schlechter.. Außerdem hab ich Angst mir als Erwachsene Hilfe zuholen ich muss doch jetzt mein Leben alleine auf die Reihe bringen anstatt immer abzurutschen. Was kann ich den tun?

Pia Anwort von Pia

Liebe Patrizia,
vielen Dank, dass Du uns geschrieben hast.

Erstmals möchte ich Dich darauf hinweisen, dass der Kummerkasten kein professionelles Hilfsangebot ist. Du weißt sicher, dass Du bei solchen schweren psychischen Erkrankungen professionelle Hilfe brauchst, was Du ja schon reichlich gemacht hast. Jedoch kann ich Dir etwas Mut zusprechen, das würde ich gerne tun!

Ich finde es toll, dass Du schon so lange für Dich kämpfst, das zeigt auch, wie fürsorglich Du mit Dir bist, auch wenn du das manchmal gar nicht sein möchtest. Großen Respekt. Da ist es klar, dass Du enttäuscht ist, dass immer noch keine signifikante Verbesserung zu spüren ist. Da möchte man am liebsten aufgeben, aber bitte mach das nicht! Bleib dran. Das was Du jetzt brauchst ist sehr viel Geduld! Bei einer schlimmen physischen Verletzung braucht es auch oft lange Zeit, bis sie verheilt ist und psychische sind manchmal noch sehr viel schwerwiegender und brauchen sehr viel Zeit. Oft kann man sogar von Selbstheilungskräften des eigenen Körpers sprechen, die sich im Laufe der Zeit einstellen.

Vielleicht könnte Dir bei solchen Zweifeln auch helfen, dass Du Dir mal überlegst, wie viele Jahre, Monate, Wochen, Tage und Stunden Du schon daran leidest und diesen dysfunktionalen Verhaltensweisen nachgehst. Dann versuche diese Dimension im Gegensatz zu den Therapiestunden zu sehen und dann wird es für Dich vielleicht nachvollziehbar, warum das so viel Zeit dauert, bis es ausgeglichen ist. Sobald man auch wieder ins alte Muster fällt, wird dieses noch tiefer und schwieriger und fester. Du kannst es Dir so vorstellen:
Jedes Mal, wenn Du diesem Verhalten nachgegangen bist, dann hast Du diesen Weg gefestigt. Stell Dir eine Autobahn vor, die immer festen und breiter und stabiler wird, wo man so richtig rasen kann. Wenn Du Dich dann traust und durch Therapien neue Wege versuchst, dann musst Du Dir den Weg hart erarbeiten. Vielleicht ist er total bewachsen und Du musst Dich erstmals durchschlagen und so langsam kann Du in diesen bewachsenen Weg einen Trampelpfad bilden. Wenn Du zum Beispiel in der Klinik warst, dann konntest Du da vielleicht schon einen guten Trampelpfad machen, was jedoch sehr anstrengend ist. Viel einfacher erscheint es einem immer, wieder auf die Autobahn zu fahren. Aber wenn Du dran bleibst und Du immer und immer wieder an dem neuen Weg arbeitest, dann kannst Du ihn auch breiter und stabiler etc. machen. Es ist sozusagen eine harte Arbeit, leicht ist dieser neue Weg auf jeden Fall nicht, aber wichtig und gesund. Sobald Du dann wieder auf die Autobahn gerätst und länger nicht mehr durch Deinen Trampelpfad wanderst, da wächst er immer mehr zu. Verstehst Du, was ich Dir hier bildlich verständlich machen möchte?

Du könntest an Deinem Trampelpfad jeden Tagen arbeiten. Zum Beispiel, falls Dir oft alles sehr negativ vorkommt, kannst Du Dir vornehmen, jeden Tag wenigstens ein paar schöne Dinge zu erleben. Du könntest Murmeln oder Geldstücke etc. in eine Deiner Hosentasche tun und wenn Dir etwas schönes auffällt oder Du Dich gerade gut fühlst, egal wie klein und kurz das ist, dann lass eine der Murmeln in die andere Hosentasche wandern. Am Ende des Tages holst Du alle gesammelten Murmeln heraus und versuchst Dich daran zu erinnern, was da war, dass Du diese Murmeln wandern lassen hast. Durch diese Übung lernst Du positiver zu werden, was alles zu Gute Deinem neuen Weg kommt.

Nun zu Deinen Krankheiten spezieller, wobei wahrscheinlich alle miteinander verwoben sind? Bei einer Anorexie kommt man wirklich sehr schwer alleine raus. Erst Recht, wenn Du Ursachen immer noch standhalten, da fällt man zu schnell wieder ins alte Muster. Daher ist es manchmal sogar wichtig, die Essstörung erst hinten anzustellen, natürlich nur mit Gewichtsvorgaben und ab einem BMI von unter 16 oder spätestens 15, steht diese natürlich wieder im Vordergrund, denn Du musst auch stabil genug sein, um an Deinen anderen Problemen zu arbeiten. Nur oft ist es der Fall, dass man in eine Klinik geht, dort auf Normalgewicht kommt, ohne ausreichend an den Ursachen zu arbeiten. Dadurch werden die Ursachen nicht gelöst und gleichzeitig intensivieren sie sich, weil Du den Ausweg des Hungerns nicht mehr nachkommen kannst. Daher fände ich für Dich wichtig, dass Du eine ambulante Therapie findest, die mit Dir diese Gradwanderung eingeht, Dein Gewicht kontrolliert hinten anstellt oder am besten wäre eine betreute Essstörungs-WG, da kannst du sozusagen erstmals ein bisschen Verantwortung abgeben und Dich auf andere Dinge konzentrieren.

Ganz bewusst habe ich ambulant und WG verwendet, weil oft kommt man nicht mehr so richtig wieder ins wahre Leben, wenn man zu lange in einer Klinik ist. Danach ist man komplett überfordert und neigt dazu wieder in die Klinik zu flüchten, aber das geht ja auf Dauer nicht mehr, sonst wird es immer schlimmer. Gut wäre auch ein fließender Übergang, vollstationär, teilstationär, WG mit mehrmals die Woche Therapie, 2x die Woche Therapie, 1x die Woche Therapie und dann irgendwann die Frequenz immer weiter auseinander zu machen. Aber alles in Deinem Tempo. Sobald Du etwas überstürzt kürzt, schadet es Dir zu sehr, aber auch nicht zu lange in einem verweilen. Keine Überforderung und keine Unterforderung.

Ich weiß nicht, ob Du schon DBT kennst, wenn Du für Borderline behandelt wurdest. Wobei man Borderline ja erst ab einem Alter von 18-21 Jahren diagnostizieren sollte und ab da gibt es mehr Angebot dafür, deswegen finde ich es eher positiv, dass Du nun volljähig bist. DBT wurde ursprünglich für ambulant entwickelt, aber da die Bordeline-Therapie mit sehr viel Schwierigkeiten einhergeht, wird das leider zu wenig angeboten. Jedoch würde es sich lohnen gründlich danach zu suchen und sogar deswegen in eine andere Stadt zu ziehen. Es gibt oft ambulante Gruppenangebote zusätzlich. Außerdem gibt es sehr gute DBT-Kliniken, die auch darauf achten, dass die Patienten danach stabil genug sind und ambulante Hilfe bekommen. Du kannst Dich einmal im Internet schlau machen. Ich kenne mich nur in Bayern aus, da gibt es eine super Klinik in Haar bei München und in München gibt es sogar ambulante Angebote und mehrere Essstörungs-WGs.

Was die Posttraumatische Belastungsstörung angeht ist es natürlich auch schwierig. Es gibt da ganz viele verschiedene Verfahren und vielleicht brauchst Du ein anderes, als das, was Du schon ausprobiert hast. Es gibt sehr sanfte Methoden wie die psychodynamische imaginative Traumatherapie (PITT) die großen Wert auf Stabilisierung legt und Konfrontation nicht zwangsläufig nötig ist oder auch ziemliche neue Therapie, das EMDR, darüber solltest Du am besten einmal nachlesen. Du siehst also, dass nicht zwangsläufig jede professionelle Hilfe das Richtige für Dich ist und Dir ausreichend hilfst. Es gibt viel Angebot, Du musst herausfinden, was gut für Dich ist und davon mehr machen, von weniger Guten weniger.

Was bei allen drei Störungsbildern auch wichtig ist, ist Selbsttherapie. Du kannst einiges Dir selbst aneingen und Dir selbst helfen, wenn Du lernen möchtest selbstständiger zu werden. Da wäre jedoch DBT auch das Richte für Dich, da man in dieser Therapie zu seinem eigenen Experten ausgebildet werden soll. Falls Du es schon gemacht hast und es nicht geholfen hat, kann es sein, dass Du keine spezialisierte Therapie hattest und oft gibt es erst im Erwachenenbereich gute Therapien, also wie gesagt, Deine Volljährigkeit ist kein Nachteil.

Ich würde Dir wünschen, dass Du für Dich das Richtige findest und Du Dir die Arbeit machst, den richtigen und spezialisierten Therapeuten zu finden. Vertrauen und gute Atmosphäre ist natürlich genauso wichtig. Gib bitte nicht auf und denk vielleicht einmal über meine Worte zur Geduld nach. Ich wünsch Dir alles Gute dabei und vielleicht hilft Dir ein Umzug allgemein- einfach mal ein richtiger Neustart, das hilft oft. Bitte bleib nur nicht allein, nur weil Du denkst, dass Du schon zu viel gemacht hast und selbstständig werden möchte oder keine Hilfe verdienst etc. Das sind schwere Krankheiten, die Unterstützung brauchen, das ist keine Schande! Mit der richtigen Hilfe brauchst Du auch keine Angst haben, ein Leben lang abhängig zu sein, sondern eher, wenn Du nicht fürsorglich mit Dir umgehst und etwas überstürzt. Mache mit Dir selbst Verträge aus, z.B. zum Essen, damit Du dran bleibst und Dir selbst vertraust.

Falls Du noch Fragen hast oder etwas dazu sagen magst, freu ich mich, wenn Du Dich wieder meldest.

Alles Liebe
Pia