Problem von Lucas - 13 Jahre

Transboy

Hi, ich heisse Lucas,
Ich bin ein Transjunge und hatte in meinem Leben auch schon viele andere Probleme:
- ich hatte Krebs
-(hab) mich geritzt und hatte selbstmord gedanken
- ich bin hochbegabt und hatte deshalb schon schulische Probleme
- ich habe über ein jahr im heim gelebt
- ich hatte (habe) Zwangsstörungen, war deshalb auch in Behandlung (KJP)
Das hat zwar nicht direkt mit meinem Problem zu tun, aber indirekt belastet es mich halt zusätzlich.

Zum eigentlichen Problem:
Als ich 5 war hab ich bemerkt, dass ich eigentlich ein Junge bin. Soweit is das auch ok ich lebe als Junge selten kommen dumme Sprüche von Klassenkameraden.Meine Eltern schweigen das Thema tot und ich hab mich damit abgefunden, dass ich eine Hormontherapie usw. erst starte wenn ich 18 bin. Schwimmen gehen ist seit Jahren vorbei und immer Pullis. Hab mich damit abgefunden das mich wohl kein Mädchen als Freund will.Hab auch viele Freunde und mache viel Sport und schauspielere.

Seit diesem Jahr habe ich getrennt Sport und das ist das Problem!
Ich hatte schon seit ich wusste, dass das irgendwann auf mich zukommen wird Angst davor.
Am Anfang habe ich versucht mitzumachen, hab mich aber nie gut dabei gefühlt und auch höchstens ne 3 bekommen.
Dann sollte ich das eigentlich mit dem Schulsozialarbeitet klären, doch es kam nix bei raus
Die Lehrerin hat mich immer angeschrien weil ich schon nach wenigen Stunden immer mehr verweigert habe. Jetzt will sie zum Rektor gehen (das ist für mich das Schlimmste weil ich schon mal von der Schule geflogen bin und gerade erst wieder aufgenommen wurde.
Der SSA meinte ich solle so gut es geht mimachen um überhaupt eine Verhandlungsbasis zu schaffen, was ich versuchte aber mir nicht gelang.Heute hab ich dann wieder komplett verweigert.Mir geht es schon lange wegen der Gesamtsituation richtig scheise.
Ich ritze mich auch aber nicht weil ich mir Schmerzen zufügen will oder Aufmerksamkeit bekommen, sondern weil ich das Gefühl hab das ich was tun muss und nicht weis was.
Sry, dass es so lange ist.
Es ist 100% echt, bitte helft mir!
Lucas

Dana Anwort von Dana

Lieber Lucas.

Zuerst einmal: danke für deine Offenheit. Glaube mir, ich nehme dich zu 150% ernst.

Weißt du, was das Schlimmste an deinem Problem ist?
Du bist ein wunderbarer Junge. Du bist klug, du bist vielschichtig, du bist sensibel. Und durch die Probleme, die dir ANDERE machen (denn du weißt ja, was du willst und was du bist, Glückwunsch übrigens dazu!) gerätst du in diese Negativschleife, in der du steckst.

Ich bin voll von Wut. Wut darüber, dass deine Eltern so ignorant sind, dass es an deiner Schule keine Menschen gibt, die dich fördern und dir helfen, sondern es dir schwerer machen (SSA etc), dass du sogar dich selbst verletzt und Zwangsstörungen aufweist, weil du unbewusst denkst, dass DU das Problem bist.

NEIN! Du bist es nicht!
Du bist ein toller Mensch mit einem klaren Weg. Du bist kein Mädchen, du bist ein Junge. Punkt. Du hast gemerkt, dass da was schief gelaufen ist. Das gibt es ja! Aber statt dass du deinen Weg gehen darfst, bekommst du von überall Steine in den Weg geworfen, die dich behindern, die dich ausgrenzen, die dir das Gefühl geben, völlig falsch zu sein - und daran Schuld zu haben.

NEIN! Hast du nicht!
Die Verweigerungen sind völlig logisch, wenigstens begehrst du gegen die Behandlung ab und an auf! Und du bist im Recht! Und du musst dir Hilfe holen. Nicht Hilfe für dich, die dich "auf den rechten Weg zurück bringt", sondern Hilfe, die dir gegen die Andern hilft! Die dir zu deinem Recht verhilft! Die dich an die Hand nimmt und sagt: "Dies ist DEIN Weg. Und genau diesen sollst du gehen."

Du bist genau richtig. Du bist du. Und du bist gut so!

So, wie geht man so eine Hilfe an? Wohin wendet man sich?
Ja, du bist "erst" 13. Sehr jung. Aber wie ich lese, bist du überdurchschnittlich intelligent und wohl auch recht mutig. Google dir bitte mal "Beratungsstellen für Transsexuelle". Es gibt viele, zB "Mensch ist Mensch"e.V. in Duisburg, es gibt welche in Berlin und Köln und sicher auch in Städten, die näher an dir dran sind (oder vielleicht passt eine dieser Städte ja sogar). Gib einfach zu dem Stichwort auch deine Heimatstadt mit an und schau mal, wo eine Beratungsstelle in deiner Nähe ist. Wenn KEINE in deiner Nähe ist, kannst du auch nach "Erziehungsberatungsstelle+deine Heimatstadt" suchen. Die sind meist recht nah vor Ort, weil stärker verteilt in Deutschland. Und dann fasse deinen Mut und geh hin. Oder ruf an, wenn du dich nicht traust. Du kannst auch eine Mail schreiben, vielleicht hast du Glück und jemand besucht dich, damit du dich nicht auf den Weg machen musst.

Fang an zu kämpfen! Es ist dein Weg! Und nicht erst, wenn du 18 bist.

Für deine Eltern wäre dieser Ratgeber wirklich wichtig:

http://www.amazon.de/Wenn-Kinder-anders-f%C3%BChlen-Geschlecht/dp/3497022160/ref=sr_1_cc_1?s=aps&ie=UTF8&qid=1422009065&sr=1-1-catcorr&keywords=Transgender

Es darf nicht sein, dass Eltern ihre Kinder da alleine lassen. Finde ich unmöglich! Dränge ihnen die Diskussion auf, sie sollen sich nicht verstecken, sich nicht verstecken dürfen! Sie müssen verstehen, dass sie dir SEHR schaden, wenn sie sich so verhalten. Mache deinen Standpunkt klar, es geht nicht anders, es ist dein Leben!

Die Beratungsstellen sind wirklich gut, Lucas, da brauchst du keinen Zweifel haben. Die Beratung ist kostenfrei und vor allem: man wird erst dann wieder alleine gelassen, wenn der Weg sich geebnet hat. Es gibt zB auch die Möglichkeit, dass ein Berater mal mit in die Schule kommt und mit den Lehrern spricht, die dich so stressen. Es gibt Gruppen, in denen Menschen sind, die dein Schicksal teilen und mit denen man alles durcharbeiten und durchsprechen kann.

Gibt es einen Freund/eine Freundin in deinem Leben, die du etwas mit einbeziehen kannst? Die/der zB die ersten Wege mit dir geht? Falls nicht, ist es auch nicht schlimm, ich trau dir das durchaus zu. Es ist meist nur angenehmer, wenn irgendwer mit im Boot ist.

Übrigens: was eine spätere Partnerin angeht: es wird wahrscheinlich anders sein, aber nicht unmöglich. Es gibt JEDE sexuelle Vorliebe bei den Menschen...und wo die Liebe hinfällt, kann man oft auch nicht genau sagen. Ich weiß jedenfalls, dass eine Frau, die ein Mann wurde, mit einer lesbischen Frau zusammen ist. Es gibt Frauen, die bi sind, denen du im Prinzip beide Bereiche ausfüllen kannst...sag nicht "gibts nicht"...denn es gibt sie.

Hab keine Angst und geh los!
Du bist du. Und das ist toll.
Kämpfe dafür!!

Solltest du noch weitere Hilfen benötigen, schreib ruhig nochmals. Frag, was du fragen willst, ich gebe dir Antwort, so viel ich kann. Allerdings sind die Beratungsstellen wirklich die genau richtigen Adressen. Sie verhelfen dir zu deinem Recht!

Alles, alles Liebe!

Dana