Problem von Selina - 17 Jahre

Feedback "Ich wünsche mir Krankheiten und Verletzungen"

Hallo :) Ich weiß nicht ob Sie sich noch an mich erinnern. Ich glaube eher nicht. .. Ich bin die, die sich Krankheiten und verletztungen wünscht...
Der rat das ich mit meinen Eltern über mein problem spreche war gut.. nur ich habe es in dieser langen Zeit einfach nicht geschaffr darüber zu reden. Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht wovor ich angst hab... vielleicht weil ich sie im Moment mit einem anderen Problem von mir belaste... ich trage irgendwie im moment einige Probleme mit mir rum. Halt das ich mir Verletzungen und sowas wünsche, das ich vor einiger zeit angefangen hab mich n bisschen zu ritzen (nicht doll und ich bereue es auch hinterher immer, mach es trotzdem immer wieder), das ich mich täglich zwei mal ungefähr auf die waage stelle und verzweifelt versuche abzunehmen (wenn ich schule hab auch durch hungern...) und dann hab ich irgendwie auch Probleme mit meiner Ausbildung. .. ich mache eine Ausbildung zur Sozialassistentin. Macht mir auch verdammt viel Spaß. Ich arbeite zweimal die Woche im Kindergarten und habe drei tage schule. Schule macht spaß aber immer abends wenn ich weiß das ich morgen in den Kindergarten muss, weine ich. Ich weiß auch nicht... es belastet mich irgendwie sehr das die meinen das ich wohl zu still bin und so. Und das ich wohl auch nur was mit den stillen kindern mache, was aber nicht stimmt. Irgendwie alles zusammen ist richtig doof. ...
Ich glaube keiner hat mein prpblem verstanden. .. ich selbst auch nicht. Wieso bin ich nur so wie ich bin. Ich hasse mich so... ich habe mit meinen eltern nur über das problem mit der ausbildung gesprochen. Und das auch nur weil sie mich abends weinen gehört haben. Ich kann einfach mit keinem über alles reden und weine oft auch nur ohne für mich erkennbaren grund.
Ich weiß zwar nicht was ich für eine Antwort erwarte aber ich würde mich über eine Antwort freuen :)
Selina

Anwort von Stephanie

Liebe Selina,

natürlich erinnere ich mich noch an dich! :)
Ich finde es super, dass du mir noch einmal geschrieben hast und dich mir erneut anvertraut hast - mir erzählt hast, wie es wirklich in dir drin aussieht...
...und genau das bereitet mir Bauchschmerzen - zu sehen, dass es dir immer schlechter geht und du auf dem besten Weg dazu bist, dich in einem Kreis einzuschließen und entgültig zu verschließen. Das gefällt mir überhaupt nicht!

Ich kann nachvollziehen, dass du Angst hast, mit deinen Eltern über das Problem mit den Verletzungen zu sprechen, denn dir ist es unangenehm, ein Problem zu haben. Du hast Angst, dass sie es sowieso nicht verstehen werden und dich als "krank" einschätzen würden. Dieses Problem kennen sicherlich viele - man möchte mit seinen Problemen nicht zu den Eltern gehen, weil innerlich ein Schamgefühl vorhanden ist. Man schämt sich mit der momentanen Situation nicht alleine zurechtzukommen und denkt sich: "Ich habe versagt"! Doch du hast nicht versagt! Glaube mir, Eltern sind, in den meisten Fällen, sehr wohl an ihren Kindern interessiert und möchten ihnen helfen, doch das ist natürlich schwer möglich, wenn sie nicht wissen, wie es innerlich in ihnen aussieht. Denn äußerliche Verletzungen sind immer erkenntlich und können schnell versorgt werden. Bei innenlichen Verletzungen sieht dies schon schwieriger aus.

Aber nochmal zurück zu deinen Eltern: Du denkst, dass du deinen Eltern damit Probleme bereitet, dabei möchtest du es nicht. Denn du möchtest niemanden Probleme bereiten. Du hast indirekt den Wunsch, die perfekte Tochter zu sein. Du möchtest deine Ausbildung super absolvieren, du möchtest keinerlei Probleme bereiten - du möchtest einfach perfekt sein. Und dies ist leider im Moment nicht möglich, weil da etwas in dir drin ist, was dir ganz doll weh tut. Dabei kommen dir Gedanken wie:
"Ich bin doch die Doofe!"
"Ich kriege nichts auf die Reihe!"
"Ich bereite jedem nur Ärger!"
"Ich hasse mich einfach!"
vielleicht denkst du auch manchmal darüber nach, dass alle anderen ihr Leben sowieso besser meistern und schneidest dabei selbst wieder schlechter ab als alle anderen.
Und das tut weh. Sehr weh sogar. Du hasst dich und zeigst das auch, indem du zur Klinge greifst. Das zeigt mir nichts anderes, als dass du sehr verzweifelt bist und nicht weiter weißst. Du möchtest dir weh tun und dich damit bestrafen, denn du bist verdammt wütend auf dich selbst und hast es ja - deiner Meinung nach - nicht anders verdient. Sehr wahrscheinlich hast du auch das Gefühl, dass du diesen Druck einfach nicht mehr standhalten kannst und siehst das Ritzen als Alternative. Dass du jedoch nach dem Ritzen das Gefühl von Reue hast, zeigt mir ganz klar, dass du weißst, dass dies nicht die Lösung deines Problems ist. Du machst aber dennoch weiter. Suche die Schuld aber nicht bei dir. Denn durch das Ritzen fällt ein innerlicher Druck von dir ab. Du merkst, durch das Ritzen, dass es dich noch gibt und du noch etwas spürst. Und obwohl du es danach bereust, tust du es wieder, weil es dir, deiner Meinung nach, gut getan hat und im Moment der Druck von dir abgefallen ist. Das ist wie eine Sucht.
Dazu kommt noch, dass du es nicht mal zulässt zu essen. Denn du denkst, dass du es dir sowieso nicht verdienst und du unbedingt abnehmen musst. Meiner Meinung nach bist du auf dem besten Wege in eine Essstörung und das ist wirklich nicht gut! :(
Denn du versuchst verzweifelt, die Macht über deinen Körper zu gewinnen, weil du der Meinung bist, dass du momentan die Kontrolle über dein Leben verloren hast. Deshalb versuchst du, wenigstens deinen Körper in den Griff haben zu wollen und fängst das Hungern an und dir damit selbst zu beweisen, dass du stärker bist. Stärker als der Hunger in dir drin. Doch das funktioniert so nicht. Du kannst deinen seelischen Schmerz nicht ignorieren, sondern musst ihm beweisen, dass du stärker als dieser bist. Und dass du stärker bist, das weiß ich. Vielleicht denkst du jetzt, dass du es nicht bist, weil du momentan noch daran zweifelst und es dir sehr schlecht geht.
Aber ich möchte dir gerne helfen, denn du bist mir nicht egal!

Gehen wir zunächst einmal an das Thema "Ausbildung" ran. Dass du abends weinst und Angst hast, nächsten Tag wieder zum Kindergarten zu müssen, ist natürlich überhaupt nicht toll. Deshalb finde ich, sollte sich diesbezüglich UNBEDINGT etwas ändern. Du schreibst, dass du nebenbei noch zur Schule gehst. Deshalb gehe ich davon aus, dass es sich um eine schulische Ausbildung handelt, richtig? Hast du einen direkten Ansprechpartner während der Ausbildung? Ein erster Schritt könnte sein, sich an die oder dem zu wenden. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, dass du den Kindergarten wechseln könntest? Wenn du dich alleine nicht traust, das Thema bei deinem Lehrer / deiner Lehrerin anzusprechen, könntest du eventuell eine zweite Person dazuholen, der du vertraust. Ich kann nämlich nachvollziehen, dass das sicherlich eine Menge Überwindung kostet, aber meine liebe Selina: Das ist ganz wichtig, dass du das tust. In Vorfelde könntest du der Vertrauensperson schon etwas von dem Problem im Kindergarten erzählen, sodass sie vielleicht die führende Kraft im Gespräch mit dem Lehrer ist.

Stelle dir doch mal folgendes vor, liebe Selina:
-> Das Leben besteht aus ganz vielen Abschnitten. Du musst durch verschiedene Türen gehen. Doch jetzt gibt es ein Problem. Vor der Tür liegt ein großer, schwerer Stein. Du versuchst ihn zur Seite zu schieben, aber es funktioniert nicht. Er ist viel zu schwer. Was würdest du machen?
Ich kann dir sagen, wie ich mich verhalten würde. Ich würde nicht aufgeben! Ich würde nach Möglichkeiten und Alternativen suchen, um diesen Stein zur Seite zu bekommen. Doch, was genau kann man da machen? Alleine ist es zu schwierig, doch es muss etwas passieren, damit wir an die Tür kommen. Also was tun? Ich würde mir Hilfe holen. Starke Hände, die mir helfen können. Denn, alleine ist der Stein zu schwer. Zusammen kann man mehr bewegen.
Was ich dir damit vermitteln möchte: Der Stein, von dem ich gerade gesprochen habe, ist deine momentane Situation, die "Probleme". Du möchtest deine Probleme lösen, doch du schaffst es nicht alleine, weil es, verständlicherweise, VIEL zu schwer ist. Doch du musst mit dem Stein - deinen Problemen - nicht alleine bleiben, denn es gibt IMMER Menschen, die einem dabei helfen können. Und diese Hilfe anzunehmen, ist keine Schade. Jeder von uns hatte schon einmal eine Situation, in der er Hilfe angenommen hat. Sei es in Kinderjahren, wo es für ein Problem darstellte, die Senkel des Schuhs zuschnüren. Doch damals hatte man kein Problem damit zu sagen:
"Könntest du mir mal helfen? - Ich schaff das nicht alleine!"
Heute sieht es ganz anders aus. Man denkt, dass man das Gefühl vermittle schwach zu sein. Und schwach möchte keiner sein. Doch ist es schwach sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht? Ist man deshalb schlechter als manch anderer?
NEIN! ist man nicht. Meiner Meinung nach ist man der stärkere und weißst du warum? Weil es Stärke zeigt, Hilfe anzunehmen. Man kann sagen: Ja und, im Moment schaffe ich es alleine halt nicht, aber ich möchte es schaffen! Und das ist viel mehr wert, als wenn man alleine verzweifelt. Und es gibt garantiert immer Menschen, denen es nicht egal ist, wie es dir geht.

Ich würde dir gerne etwas vorschlagen. Bitte schmeiße meinen Gedanken aber nicht sofort zur Seite, sondern versuche meine Gedanken zu reflektieren. Ich möchte dir wirklich helfen. Mir würde es sehr viel bedeuten, wenn es dir bald wieder besser geht & du ein glückliches Mädchen bist. Aber manchmal gibt es wirklich Momente, wo man jemanden braucht, der einen hilft, wieder den richtigen Weg einzuschlagen, wenn man vom Weg abgekommen ist. Und genau das bist du momentan leider. Aber man muss nicht dauerhaft gesehen dort bleiben, sondern hat immer die Möglichkeit, sich wieder in die Spur einzuordnen. Und genau da gibt es Menschen, die darauf speziallierst sind und bedacht sind, dass das Leben eine gerade Linie ergibt. Damit möchte ich dir nicht vermitteln, dass du verrückt oder krank bist, auf gar keinen Fall, aber es ist wichtig, dass von nun an jemanden an deiner Seite ist, der dir helfen kann. Es ist auf keinen Fall so, dass ich dir nicht helfen möchte - ich bin einfach überzeugt davon, dass es auf langfristiger Sicht gesehen mehr bringen würde, wenn du jemanden an deiner Seite hast, der vom Fach ist. Deshalb würde es mir sehr viel bedeuten, wenn du in Erwägung ziehen würdest Kontakt zu einem Kinder - und Jugendpsychologen aufzunehmen. Du kannst dadurch nur gewinnen. Denn er oder sie ist neutral und kann dir helfen, den schweren Stein zur Seite zu schieben. Diesen Weg kannst du auch erstmal ohne deinen Eltern gehen, sie müssen davon nichts erfahren. Der Psychologe unterliegt der Schweigepflicht.
Mir wäre es aber wirklich sehr wichtig, wenn du diesen Schritt gehst, denn ich wünsche mir, dass du wieder glücklich wirst.

Ich habe dir einmal weitere Informationen herausgesucht.

http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html

Liebe Selina: Ich wünsche dir wirklich vom Herzen, dass du es schaffst, die Hilfe anzunehmen und den Stein zu Seite zu schrieben. Dass du die Kraft besitzt, weiß ich! Natürlich darfst du jederzeit gerne wieder schreiben. Denn du bist mir wirklich nicht egal.

Liebe Grüße,
Stephanie