Problem von Paul - 18 Jahre

Es allen Recht machen

Hallo liebes KuKa-Team,
Mein Problem besteht darin, dass ich es immer allen Leuten
Recht machen möchte. Besonders schlimm ist dieses Verhalten in Bezug auf meine Freunde: Einer meiner Freunde betreibt einen
Sport , den er mit mir manchmal ausüben möchte.
Eigentlich möchte ich diesen Sport überhaupt nicht betreiben,
da man sich bei diesem Sport ordentlich verletzen kann und da er
einfach nicht zu meiner Persönlichkeit passt, jedoch lasse ich
mich immer wieder darauf ein , um keinen Ärger mit meinem Kumpel
zu haben.
Immer wenn ich sage, dass ich etwas nicht machen möchte fühle ich mich schwach und habe ein schlechtes Gewissen , da ich es
permanent allen Leuten recht machen möchte :( . Wie kann ich
endlich damit aufhören es allen Recht zu machen ?
Wie kann ich endlich mein Leben so leben wie ich es mir wünsche,
ohne ein schlechtes Gewissen aufgrund Anderer zu haben ?

Dana Anwort von Dana

Lieber Paul!

In deinem ersten Satz beschreibst du dein Problem perfekt. Dein Problem ist nicht das schlechte Gewissen, dein Problem ist nicht eine Sportart, die du doof findest, dein Problem ist nicht, dass es vielleicht Ärger mit deinem Kumpel geben könnte. Dein Problem ist lediglich, dass du es allen Recht machen willst.

Überleg mal, wer in deiner Klasse/deinem Freundeskreis so richtig beliebt ist. Das sind normalerweise die Menschen, die "ihr Ding" durchziehen und "real" sind. Menschen, die ihren Weg gehen, zwar nicht über Leichen, aber dennoch genau wissen, was sie wollen und nicht wollen und dies auch klar sagen. Menschen, die sich nicht verbiegen lassen und bei denen man merkt, dass sie mit sich im Reinen sind. Das bringt Respekt und Achtung und wirkt anziehend.

Menschen, die immer nur tun, was der andere will, die sich wie Fähnchen im Wind drehen und immer der Meinung derjenigen sind, mit denen sie sprechen...die sind eher nicht so geachtet, weil man sich nicht auf ihre Meinung und Haltung verlassen kann. Das ist das Problem, das dann andere Menschen mit einem haben.

Das Problem, das du mit dir selbst hast, ist, dass du dich selbst verlierst. Du machst deinen eigenen Weg NUR abhängig von anderen Menschen, somit passiert auf deinem Weg einiges, das du eigentlich nicht möchtest und das, was du willst, was dich ausmacht, gerät in den Hintergrund. Das Gute: du merkst es. Du siehst dein Problem und möchtest es ändern. Das geht nur, indem du freundlich, aber bestimmt "NEIN" sagen lernst. Es kann sein, dass anfangs ein schlechtes Gewissen dabei ist, weil du es ja erst wirklich lernen musst, aber das verfliegt immer mehr. Manchmal auch nicht, dann hat man es halt ein wenig, aber es ist trotzdem wichtig, dass dich die Angst vor dem NEIN nicht dominiert und du trotzdem sagst, was DU möchtest. Denn es ist dein Leben und das sollte nicht verschwendet werden mit "JA"s, die du nicht so meinst.

Menschen sollten einen nicht mögen (oder dulden), weil man das macht, was der Andere will. Menschen sollten einen aufgrund dessen mögen, dass man man selbst ist und ebenfalls gute Sachen macht. Anscheinend magst du dich aber selbst zu wenig, so dass du der "Mitmacher" bist und nicht siehst, dass du auch einen eigenen Weg hast.

Das bedeutet für dich, dich selbst zu finden. Was sind deine Stärken? Was ist das, was DU machen möchtest? Was macht dich aus? Wer bist du? Wer möchtest du sein? (kein Idol zu Rate ziehen, sondern selbst überlegen, wer du sein magst, was da als Paket dabei sein soll)
Klar, es wird definitiv so sein, dass du erst einmal Irritation erntest. Irritation, Verwirrung, vielleicht auch etwas Wut, einfach weil du aus deinen gewohnten Mustern ausbrichst und die Erwartungen der Anderen plötzlich nicht mehr erfüllst. Das muss man aushalten lernen und man kann auch (immer freundlich und sachlich) erklären, warum man sich da nun rauszieht und dass das nicht bedeutet, dass man den Anderen ablehnt.

Das alles wird am Anfang schon schwer sein. Es kann sein, dass Menschen sich abwenden, dass Menschen wütend auf dich sind, dass Kumpel plötzlich sagen "ey, wer hat dir ins Hirn gesch....????"...egal. Wenn deine "Freunde" dich nicht verstehen und nicht kapieren, dass du ein Mensch in deiner Ganzheit bist und nicht nur gut genug zum Mitläufertum, dann sind es eh keine Kumpel. Ich mache dir nichts vor, es kann sein, dass du erst einmal mehr alleine bist. Aber der Witz: es kommen neue Menschen. Welche, die dich als Ganzes wahrnehmen, die plötzlich mehr Respekt vor dir haben und für die du nun interessant wirst. Es ist wirklich so.

Man KANN es niemals allen Recht machen und das ist auch nicht nötig. Man muss sich über sich selbst definieren. Du musst also als allererstes dir klar machen, dass es nicht der richtige Weg ist, nach verschiedenen Pfeifen zu tanzen, damit alle zufrieden sind, nur du nicht. Du musst lernen, deinen eigenen Wert zu kennen, damit du dir selbst erst einmal der Nächste bist. Man sagt immer, dass Egoismus nicht gut ist, ein minibisschen ist schon gut, denn es hält den eigenen Schutz aufrecht.

Solltest du Angst haben, diesen Weg alleine zu gehen, such dir einen Verbündeten. Das kann ein Elternteil oder ein Verwandtenteil sein, das kann ein Freund sein, dem du das zutraust (viele sind mit solchen Sachen überfordert, daher gut gucken, ob das wirklich jemand ist, der das könnte), es kann der Vertrauenslehrer sein, es kann auch für kurze Zeit ein Therapeut sein, der dich aufrichtet und dir wieder hilft, mehr Selbstbewusstsein zu bekommen. Der mit dir erarbeitet, wer du bist und sein willst.

Ich finde es gut, dass du darüber nachdenkst, dass du aktiv überlegst, wie du das ändern kannst. Das ist schon der erste Schritt.

Du bist es wert, dass du deinen völlig eigenen Weg gehen darfst. Und dein Umfeld hat das gefälligst zu akzeptieren. Ich bin mir sicher, dass dies nach einiger Verwirrung auch geschehen wird. Vielleicht unter Verlust von ein paar Kumpeln und unter Gewinn von ein paar neuen.

Alles Liebe und ganz viel Erfolg!

Dana