Problem von Anonym - 14 Jahre

Bin ich jetzt arm oder tun meine Eltern nur so?!

Hey. Ich habe letzten Monat schon einmal was geschrieben. Ist die Nummer 314852.
Mittlerweile hat sich eigentlich nichts geändert.
Ich fasse mein Problem nur nochmal (evtl. etwas neuer und kürzer) zusammen.

Ich bin bald 15 und wohne mit meinem Bruder und meinen Eltern zusammen. (Meine Schwester schon weg)
Mich regt es einfach nur auf, dass meine beiden Eltern zusammen 73 Stunden pro Woche arbeiten gehen und ich trotzdem nichts bekomme.

Damals als Kind habe ich nie Taschengeld bekommen.
Auch wenn alle nach der Grundschule immer zum Kiosk gegangen sind - konnte ich mir nie etwas holen,
weil ich kein Taschengeld bekommen habe.
Dann ging mein Vater arbeiten und was habe ich bekommen? Nichts.
Seit neustem geht meine Mutter auch arbeiten und was bekomme ich jetzt?
Abgesehen von kostenlosen und gebrauchten Möbeln immer noch nichts.

Meine beiden Eltern gehen arbeiten und nicht ''nur'' als irgendwelche Bäckerei-Aushilfen.
Deshalb verstehe ich nicht wieso ich schlechter Leben muss als Kinder aus ALG-Familien.
Auch meine Freunde wo z.B. nur 1 Person arbeiten geht bekommen viel bessere oder überhaupt Sachen die ich nie bekommen würde.
Zum Beispiel bekommen die Adidas Schuhe, während ich bei Deichmann welche bis maximal 30€ suchen muss.
Wenn ich meine Eltern auf irgendetwas mit Geld anspreche sind die direkt aggressiv und genervt oder lügen mich voll mit 'Jaa is gerade schleeeecht' usw.
Auch ein neuer Monitor ist nicht drin, nur einen gebrauchten.
Eigentlich kein Problem, aber ich sitze jeden Monat mindestens 100 Stunden vor dem Monitor.
Wieso sagen die beiden dann nicht einfach so etwas wie:
'Ja, wir wissen du sitzt sehr viel vor den Computer und bist sehr gut in der Schule. Wie wäre es wenn wir dir mal einen neuen, großen und schönen Monitor holen würden? Immerhin gehen wir ja beide arbeiten und ja wir sehen ein, dass wir durch unseren Geiz deine ganze Kindheit zerstört haben und das tut uns Leid.'
Das Ende ist natürlich übertrieben - Auch wenn es die bittere Realität ist.
Seit Monaten haben die auch schon mein gewonnenes Geld ''geliehen''.
Auch wenn ich gesagt habe: Du kriegst doch Weihnachtsgeld, wieso bekomme ich nicht einfach mein Geld zurück? kommen Antworten wie: Ja aber nicht in jeder Branche bekommt man Weihnachtsgeld usw., obwohl es ein Wunder wäre wenn er kein Weihnachtsgeld bekommt.(Laut dem Internet handelte die Gewerkschaft Weihnachtsgeld für alle Mitarbeiter bis 2015 aus) Immerhin arbeitet er nicht für einen 8,50€ Mindestlohn. Meine Mom arbeitet auch nicht für den Mindestlohn, aber bekommt kein Weihnachtsgeld.

Unterm Strich strenge ich mich seit Jahren in der Schule an und träume von einem lebenswerten Leben wie andere Jugendliche in meinem Alter, aber bekomme es nicht.
Wofür strenge ich mich überhaupt an? Um in 7-8 Jahren ein besseres Leben führen zu können damit ich endlich den Kontakt zu diesen Schnorrern abbrechen kann? Ja, das auf jeden Fall,
aber ich will dass es mir jetzt besser geht.
Ich will einfach mal nicht vernachlässigt werden - Zumindest nicht finanziell.
Aber meine Eltern werden immer aggressiv und denken sich Lügen aus, wenn ich es klären will.

Und auch wenn ich materiell (geworden) bin, sollte jeder Verstehen:
Ein Jugendlicher mit 2 arbeitenden Eltern sollte nicht so aufwachsen wie er damals mit ALG schon leben musste. Die Eltern sollten alles dafür geben, dass ihr Sohn nicht ausgegrenzt wird, weil z.B. Aktivitäten zu teuer sind. Die Eltern sollten auch dafür sorgen, dass ihr Sohn sich nicht für sein Zimmer schämt.

Bernd Anwort von Bernd

Hallo,

Weißt Du: in meiner Zeit wurde Eltern oft vorgeworfen: sie haben sich von ihrer Verpflichtung "Freigekauft".
Geld und Geschenke, statt für ihre Kinder da zu sein! Für sie Zeit zu haben.
Nach dem, was Du schreibst, scheint das nun genau anders herum zu sein?
"Geht bitte beide Arbeiten, damit es mir (Kind) gut geht. Und stört mich bitte nicht bei meinen Aktivitäten vor dem Computer.
Schiebt lieber ein paar Überstunden mehr, damit ich nicht einen alten Monitor ertragen muss. Und ihr weniger Zeit habt, mir auf den Sack zu gehen?"

Ist das wirklich Dein Glaubensbekenntnis?

Dass Du einen "Pflichtanteil" am Verdienst Deiner Eltern hast? Unabhängig davon, was sie für die Familie (also auch für Dich) für Miete, Wasser, Strom, Versicherungen, Kleidung (und wenn von Deichmann?!), und dem täglichen Essen erarbeiten?

Bei Deiner ganzen Aufstellung fehlt mir eines: Was leisten sich Deine (Schnorrer?-) Eltern für sich selbst?
Jeder ein tolles Auto? Deine Mutter alle Woche beim Frisör? Urlaub ohne die Kinder? Feten und Feiern ohne euch?
Wie viel Paar Schuhe hat Deine Mutter, die nicht von Deichmann sind?
Du schreibst: "Auch wenn alle nach der Grundschule immer zum Kiosk gegangen sind - konnte ich mir nie etwas holen,
weil ich kein Taschengeld bekommen habe.
Dann ging mein Vater arbeiten und was habe ich bekommen? Nichts."
Was bedeutet: "Dann ging mein Vater arbeiten"?
War er vorher vielleicht arbeitslos?
Kann es sein, dass in dieser Zeit wirklich kein Geld in der Familienkasse war? Dass Deine Eltern da vielleicht sogar Schulden gemacht hatten, die nun abgezahlt werden müssen? Hast Du Deine Eltern mal danach gefragt?

Warum frage ich Dich all das?
Unter dem Stichwort "Taschengeld" fand ich bei Wikipedia folgenden Satz: " Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung zur Auszahlung von Taschengeld."
Demnach wärst Du der Schnorrer, wenn Du "verlangst", was Dir nicht zusteht?

Es ist üblich und sicherlich auch sinnvoll, Kinder mit dem Umgang von Geld vertraut zu machen.
Die Idee dahinter ist wohl eigentlich, dass "Kind" lernt, mit dem auszukommen, was es (freiwillig) von den Eltern bekommt.
Nach der Grundschule zum Kiosk zu gehen?
Nur, weil es alle machen? Sich kurz vor dem Mittagessen zuhause den Hunger killen, weil sie eben noch vorab was essen müssen?
Ist ähnlich blöd, wie von einer Brücke zu springen, weil andere auch springen.

Sicherlich ist es für Dich nicht unbedingt leicht, vor Typen zu bestehen, die Du gerne als Freunde hättest.
Nur: wen kannst Du mit einem Monitor beeindrucken? Vor dem sitzt Du doch sicherlich die meiste Zeit alleine?
100 Stunden im Monat :-(
Ich sag es Dir mal ganz ehrlich, auch wenn Du mich dann gleich als antiquiertem Sack einstufen wirst.

100 Stunden sind 2 1/2 Arbeitswochen! Das absolviert niemand privat vor Fernsehen/Computer, wenn er nicht vollkommen unfähig zu wirklichen Sozialkontakten ist!
An der Stelle Deiner Eltern würde ich also nicht zuerst auf den Monitor abfahren!
Sondern eher fragen, wie Du im Übrigen Deine Freizeit verbringst (wenn Du Deinen Monitor "satt" hast)!

Etwas anderes ist es, wenn Deine Eltern sich Geld von Dir leihen. Wobei ich nicht verstehe, wo Du es "gewonnen" haben kannst.
Warum?
Weil Du an keinen Glücksspielen teilnehmen darfst.
Du beharrst auf Deinem Recht? Dein "gewonnenes Geld" kann wahrscheinlich auch konfisziert werden, wenn es aus einem Dir nicht erlaubten Glücksspiel kommt.

Was Dir und Deinen Eltern fehlt?

Nach meiner Meinung nicht so sehr das Geld!
Eher das Gespräch miteinander,
das Verständnis füreinander!

Der Wille dazu!

Du wirst es nicht glauben: wenn Du und Deine Eltern sich verstehen, wirst Du dich für dasselbe Zimmer niemals schämen!
Was Du für Dich erreichen willst? Da sind Dir keine Grenzen gesetzt!

Aber von Deinen Eltern für Dich zu erwarten, was Du nicht einmal ansatzweise selber leisten kannst, finde ich nicht gut!
So wenig, wie ich es umgekehrt finde, wenn Eltern von ihren Kindern erwarten, dass die unbedingt das erreichen, was sie selbst niemals erreichen konnten.

Unsere Eltern haben nur eine Aufgabe:

uns zu Menschen zu machen, die gelernt haben, verantwortlich zu handeln!

Es würde mich freuen, wenn Du schreibst, wo ich falsch ticke. Oder mich unverständlich ausgedrückt habe.

Alles Liebe,

Bernd