Problem von Kathi - 26 Jahre

Vater weg, Mutter wollte sich umbringen

Hallo liebes Team,
es gibt hier sicher ähnliche Probleme, aber bei mir ist es so verstrickt, dass ich gerne eine persönliche Antwort bekommen würde.
Es fing im Januar an, ich habe gemerkt, dass mein Vater heimlich mit einer anderen Frau telefoniert. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis gehabt, daher hab ich gefragt was los ist. Er hat sich in diese andere Frau verliebt und war am überlegen ob er meine Mutter verlässt (beide sind seit über 30 Jahren zusammen und verheiratet). Meine Mutter war schon lange depressiv, wollte aber nie Hilfe annehmen. Mein Vater war Krebs krank und hat einen schweren Zuckerschock hinter sich und ist nun Diabetes krank. Er sagte ständig, er will sein restliches Leben glücklich verbringen und dies ginge wohl nicht mit meiner Mutter. Ich habe oft mit ihm geredet, dass wir zusammen halten müssen, wir ja eine Familie sind und ob seine Entscheidung die richtige wäre. Er war sich immer unsicher, wollte meiner Mutter alles gestehen aber hat es bis zuletzt verschwiegen. Vor einer Woche fand meine Mutter dann ein Foto von meinem Vater und seiner neuen Flamme. Sie fragte meinen Vater was los ist, sie hatte schon vorher gemerkt, dass irgendwas nicht stimmt. Mein Vater hat seelenruhig weiter geschlafen und ist am nächsten Tag ausgezogen. Er ließ mich und meine Mutter zurück, wir lebten alle unter einem Dach, weil ich selbst psychisch sehr labil bin und noch nicht selbsständig leben kann. Er hat meiner Mutter nie die Chance für ein Gespräch gegeben, hat uns arg belogen und ist weggerannt vor allem. Vorgestern kam ein Brief von ihm, wo drin stand, dass er nie wieder zurück kommen wird und die Stadt verlässt. Meine Mutter war eh schon am Ende, doch das gab ihr den Rest. Gestern hat sie schließlich versucht sich das Leben zu nehmen, sie hat all ihre Antidepressiva und Schmerztabletten geschluckt. Sie kam auf die Intensivstation und hat heute ein Gespräch mit einem Psychologen/Psychiater. Ich weiß nicht was ich machen soll, wenn sie wieder entlassen wird und nach Hause kommt. Sie wollte nie Hilfe annehmen, nie eine Therapie machen. Was soll ich tun wenn sie immer noch stur ist? Sie hat sich gestern oft entschuldigt und gesagt sie wollte das nicht. Sie will ohne meinen Vater aber einfach nicht mehr leben. Ich bin so gut ich kann für sie da, ich bin alles andere als sauer oder hab kein Verständnis für ihr handeln, aber ich bin auch kein Facharzt, der einschätzen kann ob sie nochmal versucht sich umzubringen. Wie verhalte ich mich am besten wenn sie wieder zu Hause ist? Ich hoffe stark, dass sie freiwillig eine Therapie machen möchte, ich habe aber einfach sehr große Angst, dass sowas nochmal passiert und es dann zu spät ist. Das war auch nicht ihr erster Suizidversuch, als ich noch ein Baby war wollte sie schon einmal aus einem Fenster springen.
Ich weiß nicht ob meine Kraft noch ausreichen wird, da ich selbst oft an Suizid denke und mich selbst verletze. Ich komme schon mit dem Verlust meines Vaters nicht klar und die Tatsache, dass er nichts mehr mit uns zu tun haben will. Hinzu kommt noch die Sorge, dass der Krebs bei ihm zurück gekehrt ist, er hatte eine Nachuntersuchung und machte komische Andeutungen, er ist aber kaum noch zu erreichen und wirkt sehr kalt und abweisend.

Dana Anwort von Dana

Liebe Kathi!

Gerne würde ich mit dir etwas mehr Zeit hier verbringen, denn du bist genau der Kandidat, der mehr bräuchte als eine "Einmalbehandlung" hier im KuKa.

Es sind ja einige Baustellen, die dein Leben momentan prägen und ich muss nun versuchen, alles in eine Antwort zu packen...und ich muss Ratschläge geben, obwohl ich lieber mit dir entwickeln würde, wie es in dir und um dich aussieht und wo es hinlaufen soll.

Ich kann also nur meine Einschätzung schildern und hoffen, dass du sie annehmen und dir daraus etwas mitnehmen kannst.

Das, was hier jetzt am dringendsten benötigt wird, so ist meine Sicht auf eure Dinge, wie du sie mir geschildert hast, ist HILFE von außen. Ihr seid alle recht am Ende mit eurer Kraft. Jeder von euch.
Dein Vater konnte nicht mehr, fühlte sich wahrscheinlich einfach alleine gelassen und ungeliebt - und hat jetzt den Sünderstempel abbekommen, obwohl da so viel mehr im Argen liegt.
Deine Mutter müsste dringend in eine Langzeittherapie, genau wie du.

Du hast keinerlei Verantwortung dafür, ob deine Mutter sich das Leben nimmt oder nicht. Du kannst, wenn du die Kraft hast, einen Weg ebnen, dass sie in betreuende Hände kommt, aber DU selbst kannst das nicht alles alleine stemmen, zumal du selbst momentan Stärkung benötigst. Wenn sie sich dagegen wehrt, kannst du auf sie einwirken, wenn sie dann immer noch bockt, musst du erst einmal loslassen und dich um dich selbst kümmern. Ich weiß, das klingt hart, aber wenn du dich da aufopferst, besteht die Gefahr, dass dann plötzlich zwei Menschen weniger auf der Erde existieren, obwohl keiner von beiden hätte gehen müssen...verstehst du?

Ich möchte dir einfach noch ein paar Gedanken mitgeben, die mir so kommen.

Ja, es ist natürlich hart, dass dein Vater gegangen ist. Aber kannst du dir vorstellen, ihm das zu vergeben? Dein Vater hat sicher sehr lange durchgehalten...aber auch er hat bestimmte Bedürfnisse, die sicher schon jahrelang nicht mehr gestillt worden. Vorwürfe oder Schuldfragen sollte man gar nicht stellen, aber Verständnis aufbringen. Dein Vater konnte nicht mehr und hat das einzige getan, was er noch konnte: Abstand genommen, um nicht total unterzugehen. Die Forderung, er müsse doch bei der Familie bleiben, ist eine sehr harte, denn sie fesselt und knebelt ihn komplett, kannst du das nachvollziehen? Er soll quasi sich selbst aufgeben, um einen sehr schlimmen und kranken Zustand aufrecht zu erhalten...das kann es doch nicht sein. Er braucht dringend deine Vergebung...er ist dein Papa. Er hat vielleicht eine neue Frau jetzt, aber er hatte auch eine schlimme Krankheit, die anscheinend nun wiedergekehrt ist und hatte dazu lebenslang eine Frau, die mit ihren Depressionen bestimmt äußerst schwierig und belastend war, auch wenn sie das sicher nicht absichtlich tun wollte. Depressionsschübe sind sehr anstrengend, für beide Seiten.

Dein Vater hat für sich einen rettenden Strohhalm ergriffen. Nun seid ihr in dieser Sache noch zu zweit, aber eben auch in Gefahr. Deine Mutter ist in Leib und Leben gefährdet, du bist gefährdet, wieder in den Sumpf zu rutschen, dem du schon fast entkommen warst (SVV und Suizidgedanken).

Rettende Strohhalme könnten nun sein:

Die Caritas
Pro Familia
Therapeuten und Kliniken

Kathi, es wäre sehr wichtig, dass du da aktiv wirst. Ruf bei den Stellen in eurer Nähe an, lass dich beraten, hole dir Hilfe. Ihr schafft das nicht alleine. Bitte. Es ist nicht schlimm, dass es nicht mehr alleine geht, es ist ja auch viel passiert. Aber es ist wichtig, dass ihr euch retten WOLLT. Du kannst deine Mutter nicht zwingen zu wollen, aber du selbst kannst. Das wäre schon mal ein Anfang. Änderungen muss man aktiv durchsetzen, das muss aus einem selbst kommen. Du schreibst uns, daran sieht man, dass du die Situation so nicht länger willst. Du willst Hilfe, du willst Änderung. Sehr gut! Das geht aber nur, wenn du beginnst, dich zu orientieren und aktiv zu suchen. Erstmal für dich, aber selbstverständlich kannst du dann auch wegen deiner Mutter fragen, welche Möglichkeiten es da gibt. Gerade Pro Familia und die Caritas kann da sehr gut und effektiv beraten, was auch kostenlos ist.

Und bitte...zeige deinem Papa nicht die kalte Schulter. Er hat viel getragen und konnte einfach auch nicht mehr. Du bist sein Kind, er wird dich immer lieben - er musste nur aus dieser Situation raus, die ihn auch weiter mit runter gezogen hätte. Er ist zwar Papa und Ehemann...aber er ist auch Mann und Mensch. Und jeden Tag mit Depression konfrontiert zu sein, obwohl man selbst krank oder rekonvaleszent ist, ist echt hart. Wie gesagt...keine Schuldfrage und keine Verantwortung für jemanden (nur wegen DIR!!!)...sondern einfach die Situation nehmen, wie sie gerade ist und überlegen, wie man da raus kommt. Und wenn deine Mutter gerade dagegen arbeitet, suche einen neuen Weg zu deinem Dad und vor allem zur fachlichen Beratung.

Ich bin mir sicher, dass es dann noch Wege für euch gibt, die ihr/du gerade nicht seht. Aber loslaufen musst du alleine...da kann dir keiner helfen. Doch ich glaube fest dran, dass du das schaffst! Hab Mut! Ihr seid es allemal wert!

Alles Liebe,

Dana