Problem von Paul - 14 Jahre

Niemand mag mich/ respektiert mich

Hallo liebes KummerKastenteam,
An meinem Geburtstag (23.02) kam ich nicht in die schule da ich unter schweren gelenkschmerzen leidete. Dann hieß es auf den Social medias dass das "dumme Kind zu dumm ist sich fortzubewegen". Selbst bei meinen "Freunden" lief es nicht anders... Keine Glückwünsche, keine Beachtung. Da ich sonst nur noch meine Eltern habe die mich auch lieben(ich liebe sie auch, aber man braucht trotzdem auch Freunde), heulte ich mich in den Schlaf. Das läuft jetzt schon 9 Jahre so... Und ich habe Soooooo oft schon die schule gewechselt. Aber jedesmal ist es gleich. Ich bin anscheinend das geborene Opfer.

Nuala Anwort von Nuala

Lieber Paul,

auch wenn er schon ein Weilchen zurückliegt, möchte ich dir zunächst einmal alles Gute nachträglich zu deinem Geburtstag wünschen! :)
Was deinen Kummer betrifft: Ich fühle mit dir. Dass du dich an deinem Ehrentag in den Schlaf weinen musstest als Folge deiner Einsamkeit, stimmt mich wirklich traurig! Daher möchte ich dir nun ein paar Gedanken zukommen lassen - in der Hoffnung, dass ich dir weiterhelfen kann.
Da ich keine Details zu deinem familiären Hintergrund (Geschwister, häufige Umzüge, chronische Erkrankungen...), deinen "Freunden" und der Situation in der Schule (Mobbing, Konflikte, Lehrer - Schüler - Beziehung...) kenne, kann ich nur recht allgemein bleiben.

Leider lernen viele Kinder weder zuhause noch in der Schule, fair miteinander umzugehen. Wenn schon einige Eltern meinen, ihre Kinder mit Strafen, Verboten und wenig Verständnis für ihre Eigenheiten zu "guten" Menschen zu erziehen und die Kinder dadurch lernen, dass man mit Gewalt, Rücksichtslosigkeit und versteckten Gefühlen weiter kommt als mit bedingungsloser Liebe und Vorbild - Sein, wundert es mich nicht, wie roh oft miteinander umgegangen wird! Der Druck der Schule, den viele beklagen, kommt verstärkend dazu. Du hast geschrieben, dass du schon oft die Schule gewechselt hast und du trotzdem immer wieder diese schlimmen Erfahrungen machen musstest. Das ist für mich ein Ausdruck dieses "flächendeckenden" Problems. Es ist meiner Meinung nach nicht das Problem des einzelnen Menschen, sondern unserer Gemeinschaft, der Gesellschaft.
Dass so viele Schüler unter Mobbing leiden, ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass große Unzufriedenheit und Unsicherheit herrschen - was gerne an "Opfern" ausgelassen wird. Der springende Punkt ist aber, dass jeder Mensch Eigenarten hat, die man als Aufhänger für Attacken nutzen kann. Es gibt nicht "das geborene Opfer", auch wenn du das verständlicherweise nach all den Jahren so empfindest! Nüchtern gesehen kann es auch nur ein tragischer Zufall sein, dass du immer wieder in Klassen geraten bist, in denen kein freundliches Klima herrscht. Ich bin mir sehr sicher, dass es in einer Klasse, in der es den Schülern seelisch und körperlich gut geht, keine solchen Übergriffe gibt!
Und auch wenn es nicht unbedingt Mobbing ist, was dir in der Schule widerfährt, geht das von dir Beschriebene auf jeden Fall in diese Richtung.

Werfe einen Blick von außen auf deinen Bekanntenkreis: Wer meint es gut mit dir, wem kannst du dich öffnen? Gibt es Mitschüler/innen, die du nett findest und welche dich nicht belästigen? Bei ihnen wärst du bestimmt besser aufgehoben und könntest eventuell eine Freundschaft aufbauen.
Klar, die falschen "Freunde" musst du unbedingt meiden, wo es nur geht - in den sozialen Netzwerken gnadenlos löschen, ihnen in der Schule aus dem Weg gehen, ihnen nichts von dir erzählen (auch nicht in der Hoffnung, sie auf diese Weise für dich zu gewinnen! Das klappt nicht.).
Und leider ist es auch so, dass Freunde nicht so selbstverständlich sind, wie häufig suggeriert wird. Ich habe das Gefühl, manche Menschen verwechseln Bekannte oder Kumpels mit echten Freunden. Aber das nur am Rande. Im Endeffekt kann ja jeder selbst entscheiden, was für ihn wichtige Kriterien einer (engeren) Freundschaft sind. Worauf ich hinaus wollte: Es ist bei Weitem nicht so, dass jeder wirklich Freunde hat - manche schmücken sich nur mit virtuellen "Freunden", zählen ihre 4565 Bekannten zu ihrem Freundeskreis und plustern sich entsprechend auf. Und wenn es ihnen wirklich schlecht geht, wer bleibt dann? Das ist die spannende Frage.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sehr wohl in der Schule ein Außenseiter sein kann, aber sich in der Freizeit einen Freundeskreis aufbauen oder zu wenigen, dafür ausgesuchten Menschen eine engere Beziehung haben kann. Manchmal passt es halt nicht, man passt nicht zu den Grüppchen in der Klasse, zu den vorherrschenden Normen und Vorstellungen... und findet dafür in einem Verein, Nachbarn oder durch ein bestimmtes Hobby Leute, die mehr so ticken wie man selbst und auf die man sich richtig verlassen kann. Meistens dauert es aber eine Weile, bis ein richtig freundschaftliches Verhältnis aufgebaut ist. Falls du diesbezüglich ungeduldig bist, möchte ich dich zum Durchhalten ermutigen - bei Menschen, die man sehr sympathisch findet, lohnt sich ein langer Atem und dass man sich ihnen interessiert zuwendet.

Es gibt trotzdem etwas, was du dich fragen kannst - als Selbstreflexion sozusagen. Gibt es etwas, das du immer wieder tust, was andere Leute eventuell als "anstrengend" oder "nervig" empfinden könnten? Das ist eine gemeine Frage, ich weiß. Es wäre dennoch gut, wenn du sie dir ernsthaft stellst - aber nicht im Sinne von "Ich bin das Opfer, weil...", sondern "Ich habe vielleicht eine auffällige Macke, die es für andere schwer macht, mir in freundschaftlicher Absicht näher zu kommen." Ich gebe dir ein paar Beispiele, damit dir klarer wird, wie ich es meine: "Gesprächsregeln" missachten (dauernd unterbrechen, fast nur von sich erzählen, dem Gesprächspartner keine Fragen stellen...), starker Körpergeruch, Angeberei, anstarrren etc. Manchmal merkt man es einfach nicht, dass man sich so verhält. Manchmal ist es eine bestimmte Ausstrahlung, die andere verwirrt und auf Abstand bleiben lässt. Da wäre es gut, falls du wenigstens eine vertrauenswürdigen Kumpel hast, nachzufragen. Er oder sie kann dir vielleicht seine Einschätzung nennen und was er oder sie beobachtet hat. Es ist zwar schwer, sich gewisse Verhaltensweisen abzugewöhnen, doch wenn man ersteinmal weiß, dass man z.B. leicht überdreht auf andere wirkt, kann man daran arbeiten. Ehrliche Auskünfte sind wirklich viel wert! Nichtsdestotrotz muss man sich nicht für andere verändern, verstellen, sich selbst verleugnen. Und für körperliche Gebrechen wie deine Gelenkschmerzen kann niemand etwas! Ich meine wirklich nur einzelne Punkte, bei denen man ansetzen könnte, um anderen entgegen zu kommen. Ob das bei dir zutrifft, kann ich leider nicht einschätzen. Es schadet jedoch nicht, dass du dein eigenes Verhalten kritisch hinterfragst, dich auch mal beobachtest. Und selbst wenn es da etwas gibt: Mach dir bitte bewusst, dass dich deswegen niemand ausgrenzen und runtermachen darf! Richtig wäre es, dir aufrichtig zu sagen, zu zeigen, was als störend empfunden wird, damit du die Chance hast, etwas zu ändern.

Ich habe dir außerdem ein paar Links zu ähnlich klingenden Problemen herausgesucht:
* http://mein-kummerkasten.de/315433/Gehasst-von-allen.html (auch 14 Jahre alt)
* http://mein-kummerkasten.de/295942/Klassenwechsel.html (da ist mir die Parallele mit den falschen Freunden aufgefallen)
* http://mein-kummerkasten.de/101192/Umzug-in-die-Einsamkeit.html
Vielleicht findest du in den Beschreibungen die ein - oder andere Übereinstimmung mit deiner Lage und deinen Empfindungen. Lies bitte auch, was das Kuka - Team dazu geschrieben hat. Auch wenn du dich nicht zu 100 Prozent mit den verlinkten Problemen identifizieren kannst, sind die Tipps eventuell trotzdem interessant und umsetzenswert für dich.

Viele Grüße!
Nuala