Problem von Carmen - 16 Jahre

Ungeliebt ?

Hallo liebes Kummerkasten team :)
ich fühle mich seit einer sehr langen Zeit ungeliebt von meiner Familie.
Ich habe 2 Brüder die mich ignorieren und sich ebenfalls gegenseitig ignorieren. Ich kenne es nicht anders, deswegen stört es mich im Grunde auch nicht mehr.
Aber es verletzt mich besonders in Bezug auf meine Mutter. Meine Mutter ist mein einziger richtiger Lebensinhalt,egal wie blöd sich das anhört, und ich liebe sie überalles. Ich tue sehr viel für sie und generell für meine Familie.Ich komme meistens erst um 5 und an einigen Tagen sogar erst um 6 nach Hause und räume auf,mache die Wäsche ,Essen und gehe in meinem Freistunden mit meinem Hund raus.
Das heisst, dass ich meine Eltern sehr selten zu Gesicht zu bekomme,da beide sehr lange und viel arbeiten, und wenn ich sie dann mal sehe, und mit ihnen reden möchte, sagen sie mir, ich würde nerven und ich solle sie in Ruhe lassen. Oft verkrieche ich mich in mein Zimmer und weine dann, und beschäftige mich mit anderen Dingen wie Schulfaufgaben. Ganz zu schweigen von Schule...Schule macht mich momentan fertig. Ich gehe auf ein Gymnasium und bin momentan im Abitur ( Q1 ) und es vergeht kein Tag andem ich mal nicht 3 stunden an Hausaufgaben sitze. Ich habe großen Stress und hohe Erwartungen an mich selber. Man könnte sagen,ich sei ein Perfektionist. Ich will alles perfekt machen , und wenn es mir nicht gelingt,falle ich wie in ein tiefes Loch.Ich bin oft schon durch eine 3 am Boden zerstört, und die schreibe ich leider sehr oft. Ich bin sehr unzufrieden mit mir,leide vielleicht sogar an Minderwertigkeitskoplexen. Und wenn man dann von Zuhause keine Unterstützung sondern nur Ablehnung und Gleichgültigkeit erfährt , die besten "Freunde" nur von sich und ihren eigenen Problemen erzählen, anstatt nach meinem Befinden zu fragen ist das äußerst frustierend. Ich sehe langsam kaum noch Sinn am Leben. Wenn mein Leben momentan nur aus Ablehnung und Stress besteht weiß ich einfach nicht an was ich mich noch hochziehen soll. Ich würde sagen,dass ich nicht suizid gefährdet bin, aber vielleicht kann es ja sein, dass ich an eine leichte Depression grenze. Könnt ihr das einschätzen ? Mir einige Tipps geben ? In 2 Wochen sind Ferien.. könnte es sein,dass es mir danach was besser geht ? Wir fahren in einen Urlaub..vielleicht bringt mich das ja wieder an meine Eltern...Nur manchmal komme ich mir vor wie...wie ein Mittel zum Zweck? Als ob ich nur geboren wurden bin , um hausarbeiten zu machen und später Geld in die Famile zu investieren.
Da ich momentan NIEMANDEN habe, bei dem ich mir Hilfe und Motivation holen kann, richte ich mich an euch. Vielen Dank im Vorraus, und Respekt an euch ,dass ihr hier immer verzweifelte Leute aufmuntert.<3
- Freundliche Grüße Carmen :)

Marco Anwort von Marco

Liebe Carmen,

ich danke Dir von Herzen, dass Du Dich an uns gewendet und uns Dein Problem anvertraut hast. Da mittlerweile schon zwei Wochen vergangen und Deine Ferien somit in greifbarer Nähe sind, wünsche ich Dir auf jeden Fall eine erholsame und schöne Ferien- und Urlaubszeit für Dich und Deine Familie. Ich hoffe meine Antwort erreicht Dich noch rechtzeitig. ;)

Nun aber zu Deinem Problem: Du hast das selbst schon sehr gut erkannt, und weißt auch die Gründe warum Du momentan oft niedergeschlagen, enttäuscht, traurig und ausgepowert bist: Du beschreibst Dich selbst als Perfektionisten, oder besser gesagt: Du willst einer sein! Und - ich bin ganz offen zu Dir: Das bist Du nicht!!! Damit will ich Dich nicht verletzen oder noch niedergeschlagener machen, aber es ist eben die ungeschminkte Wahrheit, der Du ins Gesicht sehen musst. Und Du kannst Dich trösten, Carmen: Niemand ist Perfektionist! Jeder Mensch hat seine Schwächen, hat seine schlechten Seiten, hat Dinge die er nicht kann. Genauso wie jeder Mensch auch Stärken, positive Seiten und Verstand und Können hat. Du bist da keine Ausnahme. Und ich denke, das ist etwas, dass Du Dir nochmal ganz neu bewusst machen musst: Du bist nicht besser oder schlechter als jeder andere Mensch auch!

Liebe Carmen, ich bin ehrenamtlich im Kummerkasten tätig (und das mit großer Freude) und habe schon dem ein oder anderen helfen können, aber bin ich deshalb ein "besserer Mensch" als jemand, dem die Sorgen und Nöte anderer nicht interessieren? Nein, definitiv nicht! Denn: Erstens können diese anderen Menschen eben andere Sachen besser, die ich dann nicht so gut könnte oder einfach keine Lust dazu hätte, und zweitens gab es bestimmt auch schon den ein oder anderen Anfrager, der mit meiner Antwort nicht zufrieden war bzw. dem ich nicht weiterhelfen konnte (geschweige denn, dass wir aufgrund der vielen Anfragen sowieso leider nicht alle beantworten können). Ich hoffe, dass das noch nicht oft vorgekommen ist, dass ich jemanden mit meiner Antwort enttäuscht habe, aber wenn es doch so ist, dann ist es eben so. Was bringt es mir, wenn ich mir dann dauernd Vorwürfe mache oder vielleicht denke, ich lass das Beraten hier gleich ganz sein, da ich sowieso nichts kann? Klar, ich kann von Kritik unserer Leser hier lernen (Kritik ist auch ausdrücklich erlaubt!) und es versuchen in Zukunft besser zu machen, aber ich werde nie die Garantie geben, dass Ihr mit meiner Antwort glücklich werdet! Ich wünsche mir das vielleicht, aber auch ich bin eben nur ein Mensch. Ein Mensch mit Fehlern, so wie jeder eben!
So, jetzt habe ich aber genug von mir selbst erzählt, vielleicht aber kannst Du von den obigen Zeilen auch was für Dich mit auf den Weg nehmen: Es ist nicht schlimm mal zu versagen. Es ist auch nicht schlimm mal auf dem Boden zu liegen. Aber es ist schlimm, wenn man dann nicht mehr aufsteht, sprich, wenn man so entmutigt ist, dass man nicht mehr kann oder will, dass man die Schönheit des Lebens und sein Können und Wissen nicht mehr genießen oder erleben kann. Also, liebe Carmen, steh auf, wenn Du am Boden bist!

Ich weiß, das hört sich jetzt auf dem Papier (oder am PC-Bildschirm) ganz schön und auch relativ einfach an. Die Praxis (also das Umsetzen) ist da schon um einiges schwerer. Aber der erste Schritt ist Dein Denken. Und diesen Schritt habe ich anhand meines persönlichen Beispiels erläutert. Ich hoffe, Du hast das soweit verstanden und kannst Dir Deine eigenen Gedanken dazu machen. Das ist sehr wichtig! Und dann kann der zweite und viele weitere Schritte folgen!

In Deinem Text nennst Du mehrere Situationen bzw. Begebenheiten, die Dich bedrücken. Sehr gerne gehe ich im Folgenden kurz auf alle genannten "Arten" ein und versuche einen konkreten Tipp dazu zu geben. Und falls das mit dem "konkreten Tipp" nichts wird, gebe ich halt einfach mal meinen Senf dazu:

--> Deine Familie: Diese Zeilen von Dir haben mich selbst sehr berührt. Denn seine eigene Familie sollte einen eigentlich Zuhause, Zuflucht, Schutz, Geborgenheit und Liebe vermitteln. Leider scheint es da bei Dir gerade nicht so perfekt zu laufen. Ich glaube nicht, dass das an Dir liegt, und ich glaube auch nicht, dass Dich Deine Familie nicht liebt! Deine Eltern lieben Dich über alles, glaube mir. Seine eigene Tochter, die liebt man einfach. Und weißt Du warum: Weil sie zur Famile dazugehört! Weil sie von ihnen gezeugt und von der Mutter geboren wurde! Weil sie sie großgezogen haben! Weil sie sie beim Aufwachsen begleitet haben! Weil sie so viele schöne Erlebnisse mit ihr hatten! Weil sie mit ihr geweint und gelacht haben! Weil sie ihnen selbst so viel Liebe zurückgeschenkt hat! Ja, einfach weil sie ihre Tochter ist! Das ist so etwas wie bedingungslose Liebe!
Ich weiß nicht, ob es Dir aufgefallen ist, aber vielleicht fehlt Deiner Meinung nach in meiner obigen "Weil-Liste" noch ein Grund: Und zwar weil Du so viel im Haushalt hilfst, Deine Familienmitglieder unterstützt und allen alles Recht machen willst. Liebe Carmen, das finde ich toll von Dir, und das ist auch gewiss nichts schlechtes, aber trotzdem habe ich es bewusst in meiner "Weil-Liste" nicht mit aufgenommen, denn da gehört es nicht hin. Deine Eltern lieben Dich deswegen nicht mehr oder weniger. Diese bedingungslose Liebe zwischen Eltern und Kindern hängt nicht davon ab, wie viel die Kinder im Haushalt helfen! Noch einmal: Es ist wichtig und richtig im Haushalt mitzuhelfen, aber dadurch kannst Du die Liebe, die Du Dir wünschst, nicht verdienen. Es hängt nicht von Deinen Leistungen ab, sondern diese Liebe ist bedingungslos! Und das muss Dir klar sein. Denn auf der Suche nach dieser Liebe mit Deinem jetzigen Weg, wirst Du nicht sonderlich fündig werden.
Wie kannst Du also dann "fündig werden?" Indem Du Deiner Familie zeigst, dass Du sie liebst! Und zwar nicht durch besonders viel Arbeit, sondern durch kleine Gesten und Aufmerksamkeiten, durch gemeinsame Unternehmungen und Aktivitäten, durch Gespräche, ...
Ich denke, dann wird allen bewusst, was für ein liebenswürdiger Mensch Du bist und sie werden ihre Liebe zu Dir offenbaren können. Denn die Liebe ist schon da, nur sie können diese nicht zeigen und "rauslassen", sodass Du sie spüren kannst!

--> Deine Zeit: Laut Deinem Schreiben hört es sich so an, dass Du recht wenig Zeit hast. Aber um die schönen Seiten des Lebens richtig genießen zu können, ist es eben wichtig sich für diese auch Zeit zu nehmen: Hobbys, Interessen, Freizeit, Urlaub - all das sollte nicht zu kurz kommen. Was bringt es Dir nur Top-Leistungen in der Schule abzuliefern, wenn Dein Leben dabei selbst viel zu kurz kommt? Carmen, nimm Dir auch Zeit für Dich, für Dich persönlich und Zeit für Dich zusammen mit Deiner Familie! Schule, Hausaufgaben und Haushalt spielen eine große Rolle im Leben und nehmen (leider) auch viel Zeit in Anspruch, aber wer keine Zeit mehr findet, auszuspannen und das tut, was Spaß macht, hat meiner Meinung nach definitiv was falsch gemacht!
Du schreibst, dass auch Deine Eltern so viel und so lange arbeiten. Das tut mir sehr Leid für Dich, aber wissen sie denn überhaupt, dass Du so darunter leidest und gerne mehr mit ihnen zusammen sein möchtest? Vielleicht eignet sich ja Euer bevorstehender Urlaub dazu, ihnen das mal wieder neu zu sagen und bewusst zu machen und gleichzeitig bietet sich im Urlaub die gute Möglichkeit, zu "beweisen", wie schön es ist, wenn Ihr zusammen was erlebt!

--> Dein Sinn im Leben: Gute Frage, liebe Carmen! Das kann ich Dir selber nicht beantworten, aber nur "Mittel zum Zweck" bist Du nicht! Ich kann Dir aus eigener Erfahrung heraus sagen, dass man den "Sinn seines Lebens" erlernen muss und erst nacheinander zu spüren bekommt. Das kannst weder Du mit 16, noch ich mit 20 Jahren, genau sagen! Aber Dein Leben hat mehr Sinn, als nur "Hausarbeiten machen und Geld verdienen", sonst wärst Du nicht geboren. Du würdest fehlen, wärst Du nicht mehr hier. Es wartet noch sehr viel auf Dich, dass Deinem Leben Sinn geben und Dein Leben lebenswerter machen kann. Zum Beispiel ein interessanter Beruf, ein hübscher Freund, ein toller Ehemann, sportliche Erfolge, Siege gleich welcher Art, Glauben und Religion, spannende Hobbys und Interessen, ehrenamtliche Tätigkeiten, ein Haustier, ein gutes Buch, Gesundheit, viele Kinder, usw ...
Aber wie schon geschrieben: Lerne Deinen "Lebenssinn" selbst kennen. Freue Dich darauf, denn das kann echt spannend werden!

--> Deine evtl. Depression: Carmen, ich bin kein ausgebildeter Arzt, Psychologe, Therapeut, Seelsorger oder so was in der Art, sondern ein ganz "normaler" Büroangestellter. Deshalb kann ich Deine Frage, ob Du vielleicht eine Depression hast, auch nicht beantworten, zumal eine solche "Ferndiagnose" sowieso sehr schwierig sein wird. Um Dir sicher zu sein und dass Dir somit bei einer Feststellung einer Depression auch geholfen werden kann, empfehle ich Dir das professionell untersuchen zu lassen. Dazu kannst Du entweder zu Deinem Hausarzt gehen, der Dich dann an die entsprechenden Stellen weiterleiten kann oder Du schaust selbst mal im Internet nach einem (Jugend-)Psychotherapeuten, am besten mit Kassenzulassung, denn sonst müsstest Du die Kosten selbst übernehmen. Liebe Carmen, ich denke eher nicht, dass Du an einer Depression leidest (das ist kein ärztlicher Rat, sondern meine persönliche, laienhafte und "unerfahrene" Einschätzung!), aber falls doch, wäre das keine Schande! Eine Depression ist eine Krankheit, und von Krankheiten bleibt leider kein Mensch verschont. Aber weißt Du was das Gute daran ist? Eine Depression ist - im Gegensatz zu manch körperlichen Krankheiten - heilbar! Aber es dauert eben seine Zeit, aber die sollte man sich nehmen!

--> Dein Dankeschön: Zum Schluss noch ein positiver Punkt: Vielen lieben Dank für Deine netten Worte und Dein Lob am Ende Deines Textes. Das hören wir immer sehr gerne. Wir alle vom Kummerkasten-Team geben unser Bestes und solche aufmunternde Worte zu hören, tut auch uns immer wieder gut. Deshalb herzlichen Dank dafür, Carmen!

So, ich denke ich hab nun zu allen Deinen Punkten ein paar Gedanken von mir geschrieben. Ich hoffe ich konnte Dich wieder etwas ermutigen, sodass Du hoffnungsvoll und gut gelaunt auf Dein Leben und in Deine Zukunft blicken kannst. Ich wünsche Dir dabei alles Gute und viel Kraft in der nächsten Zeit! Du bist ein wirklich liebenswürdiger Mensch und ich werde Dich so schnell nicht aus meinem Herzen und meinen Gedanken "verbannen", denn da bist Du, während ich mich mit Deiner Anfrage befasst habe, bereits fest verankert. ;)

Viele liebe Grüße

Marco