Problem von Joey - 18 Jahre

Re: Ständiges Versagen

Liebes Kummerkasten-Team, insbesondere an Stephanie gerichtet,

vielen Dank für die überaus hilfreiche Antwort.

Das was du gesagt hast, bezüglich des Lochs in das ich falle, könnte sogar stimmen. An manchen Tagen fühle ich mich total unnütz und habe keine Motivation etwas zu tun.. Bei meiner Therapeutin war ich nun schon seit 2-3 Monaten nicht mehr und ich werde auch keine andere Therapeutin aufsuche, da ich schon mal bei einer anderen war und einfach weitergeschickt wurde.

Meinen Führerschein habe ich nun endlich in den Händen, obwohl ich natürlich an mir gezweifelt habe, es nicht zu schaffen..Aber schlussendlich hat es gereicht. Demnächst werde ich noch den A2 in angriff nehmen. Was mich daran nur etwas beschäftigt, dass ich eigentlich nur noch dafür Lebe um irgendwas zu schaffen/zu arbeiten. Richtige Freizeit habe ich eigentlich nicht mehr.. Mein Leben läuft immer gleich ab, richtig monoton..Wenn ich dann endlich daheim bin, schlafe ich sofort ein und wache dann am Abend auf und frage mich wofür ich eigentlich lebe.. Für Freunde habe ich eigentlich überhaupt keine Zeit mehr oder das Jugendalter zu genießen..Und eigentlich macht mich nichts mehr so richtig glücklich, außer die Arbeit mit kranken Menschen. Aber man kann doch nicht nur für die Arbeit leben?..Wie ich jemals einen Partner finden soll, ist mir schleicherhaft..

Nun gut, ich möchte eure kostbare Zeit nicht weiter vergeuden, da es immer wieder Zuschriften von Leutchen gibt, die sich beschweren, dass "unwichtige" Probleme beantwortet werden und die überaus wichtigen nicht gleich beantwortet werden.

In diesem Sinne einen wundervollen Donnerstagabend
Liebe Grüße Joey

Anwort von Stephanie

Liebe Joey,

danke, dass du mir erneut geschrieben hast. Das freut mich sehr!

Erst einmal würde ich dir gerne sagen wollen, dass du auf gar keinen Fall unsere kostbare Zeit vergeudest. Ganz im Gegenteil! Ich freue mich sehr darüber, dass du mir noch einmal geschrieben hast und mir davon erzählt hast, wie es dir in der Zwischenzeit ergangen ist. Das ist mir sehr wichtig! Denn du bist uns, genau wie all die anderen Hilfesuchenden, sehr wichtig und auf gar keinen Fall egal!

Da schwirren ja eine Menge Gedanken zurzeit in deinem Kopf herum. Zunächst einmal: Ich kann dich nicht zwingen, dich in professionelle Hände zu bewegen. Denn letztendlich gibt es nur eine Person, die dies in der momentanen Situation entscheiden kann: und zwar bist das DU! Ich kann letztendlich nur an dich appelieren, dass es sich lohnt nicht aufzugeben. Ich kann dir den Antrieb geben, doch letztendlich den Weg musst du dafür gehen.

Herzlichen Glückwunsch zum Führerschein, liebe Joey! :) Es ist verständlich, dass man gewisse Zweifel hat, nicht durch die Prüfung zu kommen, immerhin prasseln enorm viele Eindrücke auf einen ein und die Anforderungen werden auch nicht geringer. Aber du hast es geschafft und weißst du...darauf kannst du wirklich sehr stolz sein! :)

Dennoch mache ich mir Sorgen. Wie ich bereits geschrieben hatte, finde ich es wirklich bewundernswert, dass du Ziele hast und mit großen Ehrgeiz dafür kämpfst. Doch genau dies bereitet mir auch große Angst...Angst, um dich! Du lebst nur noch um zu funktionieren, um zu arbeiten, gönnst dir keinerlei Erholungsphasen. Du schreibst, dass du, wenn du nach Hause kommst, sofort einschläfst und somit den Tag verschläfst. Dies ist ein ganz klares Zeichen dafür, dass dein Körper sagt: Stop! Mir wird das alles zuviel! Und diese Signale solltest du ernstnehmen und auf gar keinen Fall ignorieren. Denn irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, an dem dein Körper streiken wird..vielleicht wird das nicht morgen passieren, oder nächste Woche, aber irgendwann wird er kollabieren. So kann es doch nicht weitergehen, oder? Es ist sogar schon soweit gekommen, an dem es Tage gibt, wo du einfach keine Motivation mehr findest, dich unnütz fühlst. Und das Schlimme dabei ist: Wenn sich nichts änderst, wird es immer schlimmer werden und du wirst daran kaputt gehen..und das möchte ich NICHT!
Das Problem ist: Ich kann nichts machen. Du musst einsehen, dass es so nicht weitergehen kann und daran arbeiten, dass sich etwas ändert. Doch die Verantwortung dafür hast allein du! Versuche einmal den Gedanken in dich aufzunehmen und nicht sofort zur Seite zu werfen. Aber möchtest du so weitermachen? Bis zum bitteren Ende?

Arbeiten ist toll und macht Spaß, es ist auch zu bewundern, dass du so einen schönen Job mit Verantwortung hast. Doch denke mal ein paar Jahre voraus...wie siehst du deine Zukunft? Wie soll es weitergehen? Du schreibst ja selbst, dass du momentan keine Freundschaften pflegst und auch für eine Partnerschaft ist keine Zeit vorhanden. Du bist jetzt 18 Jahre alt, aber du wirst auch älter werden..und dann? Ich möchte dich auf gar keinen Fall unter Druck setzen, oder dich zwingen, deinen Lebensstil zu ändern, denn dazu habe ich nicht das Recht. Ich mache mir nur große Sorgen um dich!

Jetzt mal ein blödes Beispiel, aber sehe es mal so: Vergleiche dich mit einem Handy. Du bist das Handy. Du läufst auf Hochtouren. Es wird viel von dir abverlangt, was wird irgendwann passieren? Richtig, der Akku des Handys schwindet immer mehr und irgendwann ist er leer. Also muss man es wieder aufladen, sodass es wieder funktioniert. Was ich dir damit sagen möchte..du verlangst sehr viel von dir. Doch irgendwann sind auch deine Kraftreserven leer. Sie müssen wieder aufgeladen wird. Doch wie kann man dies am besten anstellen? Richtig. Du brauchst Erholung und eine Abwechslung. Denn du hast einen enorm schwierigen und anspruchsvollen Job - da brauchst du einen Ausgleich, etwas, was dir Freude bereitet und dir hilft. Dies können beispielsweise Freunde sein. Rufe sie an, unternehmt etwas. Hab Spaß, geht unter Leute und vorallem: denke mal nicht an die Dinge, die du noch zu erledigen hast. Ich weiß, sicherlich wird das am Anfang sehr schwierig werden, aber das kann man erlernen. Und dass du das kannst, weiß ich!:) Versuch es doch einfach mal aus. Was hast du zu verlieren?

Liebe Joey. Ich wünsche dir vom Herzen wirklich alles Gute! Du weißst, hier findest du immer ein offenes Ohr. Denn du bist uns nicht egal!

Liebe Grüße,
Stephanie