Problem von Thea - 15 Jahre

Selbstmord: Dienstag

Hallo, ich bin zwar nicht sonderlich gut darin, mich schriftlich auszudrücken, hoffe aber, dass der folgende Beitrag zumindest halbwegs verständlich ist.

Ich habe beschlossen, dass ich noch vor Ferienende Selbstmord begehen werde. Ich bin das alles einfach nur noch leid, immer habe ich gehofft, es würde sich zum guten Wenden doch stattdessen wurde es einfach nur schlimmer und schlimmer.
Das mit dem Bergab fing ungefähr an, als ich auf weiterführende Schule kam. Obwohl ich in der Grundschule immer sehr offen und laut war hatte ich in meiner neuen Klasse von Anfang an eine Art Blockade im Kopf. Ich konnte einfach nicht offen mit meinen neuen Mitschülern reden, traute mich nicht. Glücklicherweise war ich aber noch mit meiner besten Freundin aus der Grundschule zusammen in eine Klasse gekommen, so hatte ich zu Beginn wenigstens eine Person, mit der ich reden konnte. Irgendwann freundete ich mich auch noch mit ein paar anderen Mädchen an. Zwar waren wir immer irgendwie die Außenseiter, das war mir aber egal. Zwar habe ich mich in der Klasse von Anfang an nicht sonderlich wohl gefühlt, fand es aber auch nicht sonderlich schrecklich oder sowas. Erst als meine Mitschüler und ich in das Alter kamen, in dem das Ausehen plötzlich so wichtig wurde. Die anderen Mädels fingen an sich total aufzustylen und die Jungs redeten nur noch darüber, wer in der Klasse zu den hässlichen gehörte und wer nicht. Bis heute kann ich das Interesse an Mode und Schminken einfach nicht verstehen. Dadurch habe ich mich früher wie ein Sonderling gefühlt. Langsam wurde ich auch immer unzufriedener mit meinem Körper. Während alle anderen Mädchen total schlank waren war ich ein richtiges Pummelchen. Ich würde nie irgendwie gemobbt oder sowas, es kamen aber immer wieder dumme Sprüche. In meiner Klasse zwar nur einmal (Da hatte mir ein Junge in den Arm gepiekt und zu seinem besten Freund gesagt: Guck mal, das schwabbelt ja die ganze Zeit weiter wobwob, dabei hatte er mir auch noch die ganze Zeit in die Augen geguckt.) aber auf dem Schulhof hatte es immer 2 Jungs aus einer höheren Klasse gegeben, die mich beleidigt, geschubst oder mit Brotkrümeln abgeworfen haben. Das hat sich total bei mir eingeprägt und mich zu diesem Zeitpunkt absolut fertig gemacht. Da habe ich auch angefangen, mich richtig für mein Äußeres zu schämen, was bis heute auch noch so ist. Trotzdem habe ich es irgendwie geschafft die 2 Jahre in dieser Klasse zu überleben, bis die Klassen schließlich neu eingeteilt wurden. Ich hatte zu Beginn total Panik, da ich bereits wusste, dass es in der Parallelklasse ein paar Mobber gab, die mich während der Stunden in denen wir mit denen Unterricht hatten, auch öfter mal mit Papierkugeln abgeworfen haben, oder sich auf den leeren Platz neben mich gesetzt und mich einfach schweigend angestarrt haben, und ich Angst davor hatte, mit denen in eine Klasse zu kommen.
Es kam dann auch ganz anders. Ich kam in eine Klasse voller netter und aufgeschlossener Leute, die mich nicht wegen meines Äußeren oder meiner Schüchternheit verurteilten. Diesmal war ich wieder mit meiner besten Freundin und einem weiteren Mädchen aus der alten Klasse zusammen gekommen und wir hatten immer was zusammen gemacht. Doch auch wenn die Klasse sehr nett war, hatte ich große Probleme damit mich irgendwo anzuschließen. Die beiden anderen hatten damit gar kein Problem, freundeten sich sofort mit vielen an. Auch miteinander kamen sie immer mehr klar, obwohl meine beste Freundin die andere vor einem Jahr noch total fertig gemacht und ausgeschlossen hatte. Dadurch, dass die beiden immer mehr miteinander auskamen wurde ich irgendwie zum dritten Rad am Wagen. Immer hieß es nur noch 'Komm, lass uns beide mal.. ', oder 'Wir zwei könnten doch..', ich wurde dabei völlig außen vor gelassen. Am Anfang habe ich noch versucht irgendwie hinterher zu rennen, doch darauf hatte ich irgendwann kein Bock mehr und ließ es einfach bleiben. Ich habe später so getan, als würde es mir nichts ausmachen, dabei hatte es mir beinahe das Herz rausgerissen. Meine ehemals beste Freundin, die beinahe jeden Tag bei mir rumgehangen hatte, mit der ich alles gemacht habe, die einzige Person, bei der ich das Gefühl hatte ich könnte ihr alles anvertrauen, hat mich einfach plötzlich links liegen gelassen. Dabei hatte ich ihr auch immer beigestanden, wenn sie scheiße gebaut hatte war ich diejenige, die sie in Schutz genommen hat, egal wie die Konsequenzen dafür aussahen. Und ich dachte, sie würde sowas auch für mich tun. Der anderen ehemaligen Freundin konnte ich es nicht wirklich verübeln, da ich zu ihr zu Beginn auch manchmal nicht wirklich nett gewesen war.
Dadurch war ich dann wieder eine Zeit lang vollkommen alleine. Ich war diejenige, die immer alleine in der Pause herumirrte, die die niemanden hatte. Bis dann in einer Musikstunde ein anderes Mädchen gesagt hat, ich sollte mich zu ihr setzen. Das tat sie dann in mehreren Fächern und auch in den Pausen kam sie immer mit ihren 2 Freundinnen zu mir. Erst als eine von ihnen mal direkt zu mir gesagt hatte, dass ich eine Freundin für sie wäre, realisierte ich, dass ich nicht mehr alleine war. Doch irgendwie war es nicht das gleiche. Sie waren zwar wirklich nett, doch ich konnte sie einfach nie als richtige Freunde ansehen. Ich konnte niemanden mehr als einen wirklichen Freund ansehen.
Doch ich schaffte es durch sie an mehr Selbstvertrauen zu gelangen und mich mehr in die Klasse einzufinden. Irgendwann kam dann noch ein Neuer in die Klasse, mit dem ich mich auf Anhieb gut verstand. Er machte mir zu Beginn oft Kompliment und auf der Klassenfahrt wären wir beinahe zusammen gekommen, wenn ich mich nicht irgendwie noch rechtzeitig aus der Situation raus geredet hätte. Ich wollte nicht mit ihm zusammen sein, ich konnte es mir einfach nicht vorstellen. Nach dieser Situation hörte das mit den Komplimenten und Schleimereien auch auf und wir hatten eher so eine kumpelhafte Beziehung zueinander. Und auch wenn es in der Schule nun eigentlich ganz gut lief, ging es mir immer schlechter. Diese Blockade in meinem Kopf, die immer auftrat, wenn ich mit fremden Menschen interagierte, war immer noch da und hatte sich zu einer richtigen Angst vor fremden Leuten entwickelt. Ich hatte Angst in die Öffentlichkeit zu gehen. Angst davor, man würde mich ansehen. Dadurch ging ich kaum noch mehr aus dem Haus und auch mit den Leuten aus der Schule traf ich mich privat nie. Irgendwie hatte ich Angst davor, nicht mehr mit ihnen umgehen zu können, wenn wir nur noch zu zweit ohne den Rest wären. Das wir uns nur noch anschweigen würden. Meinen Eltern bereitete es zunehmend Sorge, dass ich immer nur alleine war doch anstatt mir zu helfen machten sie es nur noch schlimmer für mich, auch wenn es gar nicht so gewollt war. Meine Mutter betonte immer, dass ich ja keine Freunde und ein trauriges Leben hätte, das sagt sie auch immer noch. Sie schaffte es damit, dass ich mich immer schlechter fühlte. Dann musste sie auch noch immer Dinge erwähnen, an die ich nicht mehr denken will. Alte Freundinnen, zu denen ich keinen Kontakt mehr habe, den Sportverein aus dem ich ausgetreten bin, weil ich mich so sehr für meine Unsportlichkeit und meinen immer rot anlaufenden Kopf geschämt hatte und so weiter. Ich find an mich zu Hause nicht mehr wohl zu fühlen. Und ich weiß nicht ob es an ihren Worten lag, doch irgendwann wurde die Tatsache, dass ich mich nicht mochte, zu einem richtigem Selbsthass. Ich hasste mich für diese Blockage im Kopf, dafür, dass ich einfach in nichts gut war und nichts auf die Reihe bekommen. Ich hasste mich für mein hässliches Gesicht, das mehr wie das eines kleinen fetten Jungens aussieht, als das eines jungen Mädchens. Ich hasste mich für meinen Körper und dafür, dass ich nicht einfach die gleichen Interessen wie die anderen Mädchen haben konnte. Und am meisten hasste ich mich dafür, dass ich keine meiner Freundschaften am leben behalten konnte und es meine Schuld war, dass ich mich so allein fühlte. Es war wohl auch genau dieser Hass, wegen dem ich eine Zeit lang kaum noch etwas aß. Ich hatte die Hoffnung, vielleicht schön auszusehen, wenn ich weniger wog. Obwohl, was heißt hier schön? Mir hätte es schon gereicht, einfach wie der Durchschnitt auszusehen. Einfach nicht hässlich zu sein. Ich hatte ständig Kreislaufprobleme, brach in der Schule im Sportunterricht zwei mal zusammen. Ich nahm 7 Kilo ab. Wog bei einer Größe von 1, 78m nun 61,5 Kilo. Plötzlich wurde das Gewicht nicht mehr weniger, egal wie wenig ich aß. Und an meinem Aussehen hatte sich nicht viel geändert. Ich fand mich mich genau so hässlich wie zuvor. Es zog mich total runter und mir ging es absolut schrecklich.
Zu Beginn eines neuen Schuljahrs änderte sich dann wieder alles für mich. Wir haben eine neue Sitzordnun gekommen und ich wurde neben den beliebtesten Jungen der Klasse gesetzt. Wir hatten vorher nie wirklich geredet da ich ihn für humorlos und er mich für einen Streber hielt, nach der ersten Unterrichtstunde waren wir dann aber (zumindest während der Schulzeit) so gut wie unzertrennlich. Wir hatten die gleichen Interessen, den gleichen Humor und so weiter. Erst so konnte ich nach langer Zeit endlich wiedr herzlich lachen. Ich begann meine Schulzeit hauptsächlich mit den Jungs aus der Klasse zu verbringen und fand wieder mehr zu mir selbst. Irgendwann hatte ich auch so viel Selbstvertrauen, dass ich mich traute, die Kleidung die mir gefiel zu tragen (So etwas auffälligerer Goth und Punk-Kram, viel schwarz, Spitze, und viele Nieten) und bekam dazu auch viele Komplimente. Durch dieses Selbstvertrauen wurde alles irgendwie besser. Ich konnte plötzlich mit allen in der Klasse offen reden und obwohl ich davor so Angst gehabt hatte, war tatsächlich niemals jemand in der Klasse auf irgendeine Weise fies zu mir. Als ich es dann auch noch einmal gewagt hatte, mich gegen die bösartige Klassenlehrerin zu stellen, als sie eine andre Schülerin fertig gemacht hatte, war ich kurzzeitig sogar so eine Art Klassenheldin. Und auch meine ehemalige beste Freundin fing wieder an mit mir zu sprechen. Zwar waren die Gespräche nicht mehr auf diesem lockeren Freunde-Niveau, aber das wollte ich auch gar nicht mehr. Durch den Englischlehrer, der großes Vertrauen in mich hatte, vertraute ich auch langsam wieder mehr in meine Leistungen. Es war das erste mal, dass mir jemand sagte, ich wäre in etwas gut. Sogar so gut, dass ich darin die Klassenbeste, vor den ganzen Genies, die sonst immer nur einsen schreiben, bin. Es ging bergauf. Sehr sogar. Ich fing an mich selbst zu akzeptieren, mein Leben zu akzeptieren. Natürlich war nicht alles nur Zuckerwatte, ich kann mich beispielsweise noch gut daran erinnern, dass die Mobber-Jungs aus der Parallellklasse mich nicht leiden konnten. Sie lästerten über mich und machten mich über mich lustig, waren aber so feige, dass sie jedes mal schnell still wurden, wenn ich an ihnen vorbei ging. An sich machte mir das auch nichts aus, schließlich konnten viele aus meiner Klasse sie nicht leiden, was mir sorgen machte war nur die Tatsache, dass es an mir anscheinend doch viel gab, was man hassen konnte, ohne mich überhaupt zu kennen. Und dass eine ehemalige Freundin, aus der alten Klasse, immer mit ihnen mitzog. In ihrer Nähe wurde sie immer total anders, machte mich fertig und so weiter, in anderen Momenten, wenn sie alleine war, kam sie dann plötzlich wieder auf mich zu als ob nichts gewesen wäre, war total nett und freundlich. Auch wenn manche vielleicht nicht mehr mit ihr geredet hätten, habe ich es bei ihr einfach durchgehen lassen. Sie tat es schließlich nur aus Angst davor, ebenfalls gemobbt zu werden da sie nicht gerade die dünnste war und ja früher schon zu den Außenseitern gehörte. Das einzige, was ich ihr übel war, das sie ein Mädchen in ihrer Klasse mitmobbte, das früher ebenfalls mit ihr befreundet war. Dabei konnte die Arme noch nicht einmal etwas dafür, dass sie anders war, das lag schließlich an ihrem Asperger-Syndrom. Vielleicht war ich ja auch dadurch, dass ich dieses Mädchen immer in Schutz genommen habe und allgemein viel mit den 'Außenseitern' gemacht habe, so sehr in die Schussbahn dieser Mobber geraten. Aber das ist mittlerweile ja auch nicht mehr wichtig.
Wichtig ist nur, dass dies die Zeit war, in der ich mich am wohlsten fühlte. Doch natürlich wurde das auch wieder zerstört. Und das durch meine Noten. Wegen 2er fünfen in meinem Zeugnis wurde ich erst einmal nur probeversetzt, das heißt, dass ich zurückversetzt werden würde, wenn sich meine Noten nicht besserten. Die 5en waren in Mathe und Latein. Da ich wusste, dass ich mich in Mathe wegen meiner Dyskalkulie kaum verbessern würde habe ich den Fokus auf Latein gelegt und mich wirklich angestrengt. Ich hatte in allen Vokabeln- und Grammatiktests nur 1en, in der einen Arbeit dann eine 4 und in der anderen dann leider eine 5. Mündlich hatte ich mich auch immer beteiligt. Und da die Lateinlehrerin nie zu mir sagte, dass irgendetwas nicht stimmte, ging ich auch davon aus, dass meine Noten nun in Ordnung waren. Aber falsch gedacht; Einen Tag vor den Zeugnissen rief mich meine Klassenlehrerin mitten im Sportunterricht zu sich und teilte mir mit, dass ich das Probejahr nicht bestanden hätte. Ich bin daraufhin einfach aus der Sporthalle gestürmt und habe mich in die Umkleide gesetzt. Zwei meiner Klassenkameradinnen haben dies gesehen und sind mir sofort hinterher gerannt. Ich bin heulend zusammen gebrochen und habe ihnen erzählt, was die Lehrerin zu mir gesagt hatte. Plötzlich kam dann die Klassensprecherin rein, die mich ebenfalls hatte raus rennen sehen. Sie hatte mich ebenfalls als ihre Freundin bezeichnet und ich kann mich noch daran erinnern, dass ich vor Freude beinahe geweint hatte, als sie mir früher irgendwann mal eine Schokoade zu Weihnachten geschenkt hatte. Niemand anderes hatte mir etwas geschenkt.
Jedenfalls hatte ich ebenfalls Latein mit ihr und sie hatte insgesamt schlechtere Noten geschrieben als ich, trotzdem hatte die Lateinlehrerin bei der Besprechung mal zu ihr gesagt, sie würde eine 3 im Zeugnis kriegen. Sie ist dann erst mal total aufgebracht zur Klassenlehrerin und hat gefragt, warum mir sowas wichtiges jetzt erst gesagt wird. Die Klassenlehrerin teilte in der Sporthalle dann noch einmal der ganzen Klasse mit, dass ich nun gehen würd, was zu einer Situation führte, die mich immer noch sehr traurig macht. Die Mädchen sind alle in die Umkleide gekommen und haben mir natürlich erst mal 'ne Runde Mitgleid geschenkt, ein Mädchen ist mir dabei dann aber weinend um den Hals gefallen. Die, die mich als erstes als ihre Freundin bezeichnet hatte. Ein anderes Mädchen bot uns an, uns den Saniraum aufzuschließen damit wir dort erst mal ein wenig zu zweit sitzen konnten. Sie hatte die ganze Zeit weiter geweint und mir schließliech gesagt, dass ich für sie die einzige richtige Freundin bin. Es hat mir in dem Moment einfach so das Herz gebrochen, dass ich nicht ehrlich sagen konnte, sie wäre es für mich auch. Auch brach es mir das Herz, dass ich mich üebrwinden musste, sie während der ganzen Umarmungen nicht von mir wegzustoßen weil ich jegliche Art von Berührung als so unangenehm empfinde. Ich sagte einfach zu ihr, dass so etwas zu sagen einfach nur noch alles schlimmer für mich machte. Das stimmte ja auch.
Den restlichen Tag und auch den Tag danach sagte ein Großteil der Jungs, mit denen ich mich vorher doch so gut verstanden hatte, nichts mehr zu mir. Sie mieden mich regelrecht. Nur der, der neu dazu gekommen war und der, der wegen seines Aufmerksamkeitsdefizitssyndrom von so vielen gemieden wurde, sagten zu mir, sie würden mich vermissen. Es war also die richtige Entscheidung von mir gewesen, die anderen nicht als Freunde anzusehen. Wir stellten dann noch die Lateinlehrerin zur Rede, warum sie mir das angetan hatte, sie meinte dann nur, dass sie wüsste, dass ich eine bessere Note verdient hätte, sie aber glaubte, dass ich mich noch nicht in der Oberstufe zurecht gefunden hätte. Auch nach einem Gespräch mit der Eltern war sie noch dieser Meinung.
Ich wurde also wieder in die 8. Klasse gesteckt. Es war schrecklich. Die Blockade war wieder da und in der Klasse herrschte ein komisches Klima. Die Jungs und die Mädchen waren immer streng getrennt und alle benahmen sich extrem albern, als wären sie noch 5. Klässler. In der Pause hing ich dann immer noch mit denen aus meiner alten Klasse ab. Allerdings nicht mit den Jungs, die mieden mich immer noch.
Da alle Klassenstufen nach meiner ein völlig neues Lateinbuch bekommen hatten kam ich in das Fach gar nicht mehr rein und auch Mathe wirkte auf mich wie eine weitere Fremdsprache. Da ich nicht noch ein weiteres Jahr wiederholen könnte wurde also beschlossen, dass ich die Schule wechseln müsste. Also sollte ich meine erste Probewoche an einer Gesamtschule machen. Ich versuchte recht optimistisch da ran zu gehen, doch das verging mir schon, als ich den Klassenraum betrat. Sofort fingen einige Jungs immer an zu rufen '' Boah guckt mal, wir haben einen NEUEN in der Klasse. Wie heißt der wohl? '', den ganzen Tag lang riefen sie dann immer '' Ey Neuer, ey Junge. '', und sowas. Zwar waren die Mädchen allesamt wirklich nett zu mir, trotzdem hielt ich es nicht aus. Am Ende des Tages, als die Jungs den Klassenraum fegen sollten schoben sie den ganzen Müll zu mir, sagten dann, dass der Müll doch beim Mülleimer war und stellten mir beim Rausgehen noch ein Bein.
Das war zu viel für mich. Ich wollte nie wieder in diese Schule gehen. Am nächsten Morgen weigerte ich mich noch einmal dort hinzugehen. So trat ich den nächsten Probetag an einer anderen Schule an. Dort gab es zwar keine Mädchen, die mich offenherzig empfangen, aber mich machte auch niemand fertig. Das reichte mir und ich wechselte dorthin. Ich hatte die Hoffnung, mich mit irgendwem zu verstehen und so jemanden zu haben. Das passierte aber nicht. Ich bin immer alleine, niemand spricht mit mir und wenn ich jemanden anspreche wird sofort abgeblockt. 70% der Klassenmitglieder können nur übers saufen, feiern Drogen nehmen und rauchen reden (Habe mit nichts davon ein Problem, aber ich kann mit Menschen, deren Leben sich um nichts anderes dreht einfach nicht umgehen) und die anderen 30% reden nur über Mode Styling und Make-Up. Auch die Blockade ttrat gleich zu Beginn wieder auf. Mein Selbstvertrauen ist mittlerweile wieder auf null gesunken, ich traue mich nicht mehr, mich so zu kleiden wie ich es mag, da in der Schule alle Mädchen wie diese gekloten Puppen aussehen und nichts anderes akzepiert wird. Meine Haare würde ich mir auch am liebsten ausreißen. Ich habe sehr langes feuerrotes Haar (Also wirklich so richtig rot, nicht nur dieses erdbeerbond) früher habe ich mich sehr dafür geschämt, bis in der alten Klasse die Mädchen immer gesagt haben, dass es total schön ist und ich es öfter mal offen tragen soll. In der Klasse haben einige erste Gespräche mit: '' Man, schneid dir doch mal die Haare ab. '', ''Trag deine Haare doch nicht offen. '' oder mit '' Färb dir mal die Haare braun oder so. '', an. Auch wurde immer kritisiert, warum ich mich denn nicht schminke. Dieser ganze Hass ist wieder da.
Auch bin ich immer vollkommen alleine. Ich sitze in der Ecke, die Plätze neben mir sind immer frei und in den Pausen starre ich nur blöd in der Gegend rum. Richtig schlimm ist es dann bei Gruppenarbeiten, wo ich nicht weiß, wo ich hin soll und die Personen, die mir zugeteilt werden nur genervt aufstöhnen. Dazu habe ich auch schon wieder zugenommen. Ich traue mich schon gar nicht mehr auf die Wage zu schauen.Ich hasse es. Ich hasse mich. Ich hasse diese Leute. Ich hasse es, dass sich alle schrecklichen Dinge so sehr in meinem Kopf eingebrannt haben und mir vor dem Schlafengehen wie eine DVD nochmal durch den Kopf laufen. Mir geht es so schrecklich. Ich will nicht mehr. Nicht mal mehr die Leute aus meiner Schule scheinen sich für mich zu interessieren. 2 haben mich noch mal mit 'Hi' angeschrieben, nachdem ich geantwortet hatte, kam aber nichts mehr. Keine Reaktion. Sie ignorieren mich. Ich bin ihnen nichts wert. Ich bin inemandem etwas wert. Ich bin einfach nur ein hässliches Etwas, das sich vor sich selbst ekelt. Die Aussage, dass jeder Mensch schön ist trifft bei mir definitiv nicht zu. Abgesehen von meiner Familie und den Freunden meiner Eltern hat mich noch nie jemand schön gefunden. Und langsam reicht es mir. Ich halte das nicht mehr aus und will den Schlussstrich ziehen. Ich habe beschlossen, mich am Dienstag, dem letzten Ferientag umzubringen und das alles hinter mir zu lassen. Es scheint keine andere Lösung als diese zu geben.
Es tut mir leid, dass ich so viel Zeug geschrieben habe, das wahrscheinlich sowieso keinen interessiert. Aber vor Schluss wollte ich es einfach nur nochmal raus lassen und ich habe ja niemandem, dem ich es sonst verzählen könne.

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Thea,

lass es mich zusammenfassen: Du hast einige Verwicklungen erlebt. Phasen, in denen es dir gut bis sehr gut ging, haben sich mit solchen der Verzweiflung, des Ausgeschlossen-Seins abgewechselt. Nun bist du seit einiger Zeit wieder in der Situation, in der nichts mehr Sinn zu machen scheint, niemand dich mehr haben will, du dich selbst hasst. Heute ist Sonntag, ich habe jetzt noch genau eine Stunde, bis Montag ist. Am Dienstag möchtest du deinem Leben ein Ende setzen. Ich hoffe, dass du das hier vorher liest.

Wie darf ich deine Ankündigung verstehen? Ist es sowas wie ein "Nachruf auf dich selbst", an dem wir letztlich nichts ändern können? Irgendwie nicht, oder? Ich verstehe deinen Satz als gesunden Hilferuf - doch dafür muss ich dich bitten, dir zu Herzen zu nehmen, was ich dir schreibe. Ich bitte dich auch inständig, dir nichts anzutun. Nicht nur, weil du es sehr wohl wert bist, am Leben zu bleiben. (Ich möchte dir noch erklären, warum.) Sondern auch, weil Selbstmord ja nichts Anderes wäre, als eine Kapitulation vor den Zuständen, die es soweit gebracht haben.

"Die Zustände", schreibe ich - und meine genau das. In deinem Text wechseln sich Passagen berechtiger Wut auf deine Mitschüler, mit solchen ab, in denen dein Hass auf dich selbst deutlich wird. Jedenfalls bist du dir bewusst, dass es nicht in Ordnung ist, wie mit umgegangen wird und wurde. Trotzdem kommst es immer wieder dahin, dass du ihre Verhaltensweisen quasi entschuldigst. Ja! Warum? Weil man auf dir kleinem, hässlichen, fetten, rot gefiederten Entlein doch gerne herumtrampeln darf. Sagst DU. Weil man dem Federvieh, dass es nicht mal schafft, nach außen hin so auszusehen, dass die glücklichen, normalen, weißen Enten sie ertragen können, weil man diesem Tier gerne noch mal in den Hintern treten darf. So fühlst du bei allem Sinn für Gerechtigkeit. Du hast dich nicht falsch verhalten, sondern dich bemüht, dich anzupassen (wenn man das für gut hält), hast Freundschaften gepflegt, alle höflich behandelt, und bei alledem nichts vergessen. Das finde ich auffällig. Sehr ausführlich und detailliert, in exakter Reihenfolge und sprachlich gediegen, hast du uns erzählt, was sich in den letzten Jahren abgespielt hat. Auch, was deine Eltern dabei empfinden mögen, hast du nicht vergessen. In meinen Augen spricht beides nur für deine Gründlichkeit und Fürsorge - die du aber irgendwo übertreibst. Denn es kommt der Punkt, wo man sich um sich selbst kümmern muss.

Erwarte nicht von dir, dass du zu deinem Kleidungsstil stehen, und ihn einhalten kannst, solange dir nicht mal der Mensch, der drinsteckt, gefällt. Du bist kräftig gebaut, du hast Haare von einem auffälligen Rot, und auch deine Stilwahl ist eigen - in Ordnung. All das unterscheidet dich zwar stark von denen, die täglich um dich herum sind - aber nicht zum Negativen. Wohl sind sie anderer Meinung, wohl mag es dir so vorkommen. Aber was die Masse der unbewussten, unsensiblen Klone sagt, muss noch lange nicht den Tatsachen entsprechen.

Kennst du die Fabel von der Katze als Braut? Eine Katze hatte sich in einen jungen Mann verliebt. Die Liebesgöttin Aphrodite erhörte ihren Wunsch, sie in eine Frau zu verwandeln - und eine, die sich sehen lassen konnte! Ihr Werben war erfolgreich, doch als sie beim Hochzeitsessen saßen, lief von irgendwoher eine Maus vorbei. Was geschah? Die Braut sprang auf, um der Maus nachzujagen. Man kann sich jedes Gewand, jeden Schein zulegen, wenn man will. Aber was drunter ist, wirst du nie ganz verleugnen. Würdest du jetzt die Kleider tragen, die dir gefallen - wie es ja schon mal der Fall war - dann wärst du ja noch weiter entfernt von deinem Ziel: Ein Klon zu sein. Dein eigener, ganz besonderer und sicherlich schöner Stil kann dir nur behagen, wenn du ihn mit Lust auslebst, um eine schöne Person zu vervollkommnen. Solange du dich selbst nicht akzeptierst, kannst du durch zwanzig Stile wandern, ohne Befriedigung zu finden. Mit Sicherheit bist du schön - es klingt mir nicht so. Du bist interessant, du bist schön. Ich spüre das schon - oder denkst du, es wäre echt so, dass alle dasselbe wollen? Das ist nicht so, auch nicht bei uns Männern. Wenn du zu dir stehst - auch wenn es nicht immer einfach ist -, kannst du auf Dauer nur einen Vorteil erhalten.

Du hast früher schon Aufmerksamkeit erfahren, auch von Jungs - ist das kein hoffnungsvolles Zeichen? Nein, wirst du sagen. Und gleich wieder in Selbstvorwürfe fallen, warum nicht, warum nicht so. Du - es ist halt so gekommen. Was du vor einem Jahr, vor zwei oder fünf getan hast, ist nicht schlecht, weil du es heute anders bewertest. Damals hatte es seine Gründe. Solange du diese nennen kannst, ist alles gut. Ich habe schon vielen Leuten hier im Kummerkasten geschrieben, das es sehr wohl zutrifft, dass alles seinen Sinn und Bestimmung hat, dass jeder Mensch seine Aufgabe und jeder Körper seine Schönheit und Anziehung hat. Darauf zu vertrauen, ist natürlich schwer. Vielleicht auch ungesund, weil es zu Überheblichkeit führen könnte. So wie du dich beschreibst, muss ich vor allem sagen: Du täuschst dich darüber, dass dein Typ nicht gefragt. Es ist keine 0815-Schablone, mit der als Freundin oder Partnerin, sich jeder zu zeigen wagt, das stimmt. Gleichzeitig forderst du die Menschen heraus, Stellung zu beziehen. In der Liebe kann dir das nur von Vorteil sein. Deinen Stand in der Klasse kann das erschweren, hat es zur Genüge - aber was ist der Grund? Der Grund ist, dass dich viele schwache, wenig selbstbewusste, wenig individuelle Typen umgeben, die lieber das Opfer Opfer sein lassen, als weiter zu denken. Das aber kann und wird sich ändern. Um Hoffnung zu haben, müsstest du zunächst mal von deinem Anspruch abgehen, dass alles entweder gut oder schlecht ist. Mir fällt das auf: Es gibt Zeiten, in denen möchtest du (begreiflicherweise) im Erdboden versinken. Andere machen dich glücklich. Doch binnen kurzem ist es wiederum anders. Dir sind viele herbe Enttäuschungen widerfahren. Das macht dieses Empfinden verständlich. Aber könnte es nicht auch sein, dass du im Nachhinein die "gute Zeit" perfekter findest, als sie es wirklich war? So wird deine Trauer nur tiefer, dein Selbsthass größer. Und deine schulischen Probleme wachsen an, weil du dir nichts zutraust. Nach jeder noch so großen Niederlage, MUSS man weitermachen - beißen, beißen, beißen. Anders geht es nur abwärts. Man muss an was arbeiten, egal was es ist. So bleibt man immerhin auf dem Damm. Nur täusche dich nicht darüber, dass alles schwarz oder weiß sei. Das ist es nicht. Du jagst sonst einem Traum nach. Du hattest ein gutes Leben, kannst es wieder erreichen; perfekt wird es jedoch nie.

Denk immer daran: Es ist nicht alles Gold, was glänzt - am wenigsten im Leben der Klone. Du wirst deinen Stand nur bessern, wenn du auf dem beharrst, was DU bist, und was DICH ausmacht. Ohne wenn und aber. Solange du nur unauffällig sein, ins Muster passen, am liebsten so sein möchtest wie alle, solange wird dir genau das zur Last gelegt. Es gibt Spießer und Schönheiten, und es gibt Leute wie dich, die besonders sind - an denen kein Detail mit ihrer Umgebung übereinstimmt, im positiven Sinne. Und auf Dauer wirst du davon profitieren. Wenn du dich nicht kleinkriegen lässt. Gruppen wechseln und Freundschaften zerbrechen, man fährt dir einen an den Karren - gut. Aufstehen, Krone zurecht rücken, und - verdammt noch mal! - weiter geht's. Oder willst du denen, die dich ärgern, den Willen geben?

Du musst ihnen die Stirn bieten. Was soll das Gestöhne? Sag's ihnen. Sag ihnen doch: "Tut mir leid, dass ihr mit mir gestraft seid. Vielleicht können wir trotzdem die Arbeitsphase rumkriegen? Ihr habt noch ein paar Schuljahre mit mir!" Sorry, ich übertreibe etwas. Man kann nie totale Bewunderung erwarten. Aber dein erstes Arbeitsziel könnte - und sollte - es sein, schlagfertig zu werden, dir nichts bieten zu lassen. Zur Not musst du es einem Lehrer sagen. Jetzt wirst du erwidern, das mache alles nur noch schlimmer. Dann sage ich: Und wenn? Dann erst recht! Du bist nicht der einzige Mensch, der die Opferrolle einnehmen kann, nicht das Einzige, dem ihre Zeit und Lästereien gewidmet sind. Irgendwann wird es langweilig. Wehre dich - und wenn du dich ehrlich fragst, weißt du doch, wie. Was gibst du noch auf die Meinung der Leute, was willst du noch beliebt sein bei denen, dich dich zutiefst annerven? Poche auf das, was dir zusteht - das Leben liegt noch vor dir. Du bist ein junges Mädchen, einfühlsam, mit großen Fähigkeiten, gerade mal fünfzehn Jahre alt. Weißt du, was morgen kommt? Was dieser Sommer, das nächste Jahr bringen? Du musst es auch nicht wissen. Denn es ändert sich beständig so viel, wenn man in deinem Alter ist. Versuche, die bange Frage aufzugeben: Oh Gott, was erwartet mich da wohl? Stattdessen, stelle die neugierige Frage: Na - was erwartet mich denn da? Raff dich auf, plane, liebe, kämpfe - auch um dich selbst, und das, was dich - nur dich - auszeichnet und ausmacht.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul