Problem von Fabian - 18 Jahre

Abneigung gegen Partys, Alkohol und Rauchen

Hallo,

ich bin jetzt seit einem Jahr mit meiner Freundin zusammen. Es lief alles gut, bis sie auf die Idee kam auf Partys zu gehen. Ich gehe nicht auf Partys, weil ich mich dort einfach nicht wohl fühle. Gründe dafür sind, dass ich Alkohol hasse und es dort massenweise davon gibt, dass ich nicht tanzen kann bzw es auch nicht will und dass ich Rauchen das schlimmste auf der Welt finde. Deswegen zieht es mich da nicht hin. Mein Problem ist nun damit klar zu kommen, dass meine Freundin da hingeht. Sie selbst versichert mir zwar, dass sie kein Alkohol trinkt und auch nicht raucht, weil sie weiß, dass sie mir damit das Herz brechen würde aber trotzdem habe ich immer Angst. Ich möchte einfach keine Freundin die Alkohol trinkt oder Raucht... Ich will nicht, dass es irgendwann doch passiert, dass sie sich dazu hinreißen lässt.

Wie kann ich damit umgehen?

Viele Grüße
Fabian

PaulG Anwort von PaulG

Lieber Fabian,

deine Abneigung gegen Alkohol, Rauchen und Partys ist eine vertretbare, nicht unberechtigte Einstellung. Es spricht sehr für dich, dass du das Gesundheitsrisiko, dass durch Alkohol und Zigaretten entsteht, von vorneherein umschiffen willst. Wenn du aber damit umgehen möchtest, dass deine Freundin nun mal eine offenere Einstellung hat, muss dir klar sein: Du hast deine Ansichten - sie ihre. Wenn sie sich deinem Kurs nicht radikal anschließen möchte, wäre es das Schlechteste, sie unter Druck zu setzen. Und ich glaube, dass das im Augenblick irgendwie geschieht. Möglich, dass deine Freundin kaum weniger ablehnend darüber denkt, als du es tust. Wahrscheinlicher aber, dass sie im Grunde nicht nein sagen würde, gäbe es diesen Wunsch von deiner Seite nicht. Oder wie ist es? Das kannst nur du beantworten.

Natürlich ist es nicht leicht, über seinen Schatten zu springen. Dass das, was man so "feiern gehen" nennt, nicht dein Ding ist, das ist kein Problem. Sicher wird es aber immer wieder dazu kommen, dass du mit Leuten zusammen sitzt, und es wird geraucht und getrunken. Falls du das total ablehnst, bleibt dir nur übrig, dich bloß mit Leuten zu befreunden, die ähnlich radikale Ansichten haben wie du. Die gibt es natürlich - aber einfacher ist, es sich einzugestehen: Ich kann die Anderen nicht zu ihrem Glück zwingen. Sie sehen das alles lockerer, und meine Freundin gehört mit dazu. Steht es für dich höher im Wert, mit dem Mädchen zusammen zu sein, die du liebst? Oder möchtest du unbedingt jemanden an deiner Seite, die in allem genauso tickt wie du? Das wäre doch eher langweilig. Im Übrigen wird deine Freundin sich auf Dauer eingeengt fühlen, wenn du ihr - offen oder indirekt - solche Vorschriften machst. Es ist ihr Leben, und dass man in eurem Alter Alkohol trinkt, nun einmal gang und gäbe. Natürlich kann man sich darüber streiten, ob das gut so ist. Natürlich gibt es viele, die es absolut übertreiben, natürlich gibt es unzählige warnende Beispiele. Aber man kann es drehen und wenden, wie man will: Der eigentliche Dämon ist nicht der Alkohol selbst, sondern die Unvernunft der Menschen. In jedem Alter. Ich finde nicht, dass du dir das Recht nehmen solltest, es deiner Freundin zu verbieten. Sie gerät dadurch in einen Konflikt: Auf der einen Seite du, den sie liebt, und dem ihre Gesundheit am Herzen liegt - der aber auch nicht willens ist, sie auf Partys zu begleiten. Und auf der anderen Seite Freunde und Bekannte, die mit alldem längst nicht so ein Problem haben, wie du es hast. Es kann dir passieren, dass sie sich irgendwann ärgert, dich als spröde und unnachgiebig empfindet; dass sie sich von dir vereinnahmt fühlt, und schließlich die Beziehung beendet. Denn damit gewinnt sie etwas Anderes. Sie wird nicht zur Koma-Säuferin mutieren, Fabian, darum geht es nicht. Sondern nur um ein natürliches, normales, gesundes Maß an Freiheit, das erstens heutzutage üblich ist, und zweitens zu einer Beziehung dazugehört.

Was du von ihr verlangst, und was du ihr erlaubst, hat ja nicht allein mit der Einstellung zum Alkohol / Tabak zu tun, sondern auch etwas mit Vertrauen und Wertschätzung. Du kannst nur daran wachsen, deiner Freundin mehr Freiraum zu gestatten. Auch wenn es dir schwer fällt: Lass sie ohne saures Gesicht feiern gehen, wenn sie das möchte - es ist besser für euch. Und sag ihr zu, dass sie auch was trinken darf. Sie ist sich bewusst, dass du dir Sorgen machst, und mit Sicherheit respektiert sie deine Einstellung. Aber dafür musst auch du akzeptieren, dass sie das Ganze nun mal nicht so eng sieht. Wenn sie jetzt auf eine Party geht, was ist dann bei dir? Es zerreißt dich vor Angst, sie könnte etwas Unvernünftiges tun. Und bei ihr ist es nicht viel anders: Ständig hat sie ihr mahnendes Gewissen, dich, im Kopf - der ihr Dinge versagt, die doch so normal, und in Maßen ja auch nicht gefährlich sind. Lass es zu, Fabian. Sie wird es dir danken, wenn du ihr ihre Freiheiten lässt, und es wird eure Beziehung stärken. Auch für dich bringt es den Vorteil von mehr Lockerheit und Ruhe, wenn du lernst, sie ziehen zu lassen, ihr zu vertrauen, dass sie keine Dummheiten macht - mit Alkohol, mit anderen Jungs, mit was auch immer.

Was die Zigaretten betrifft: Rauchen, da stimme ich dir zu, ist in der Regel eine prinzipielle Entscheidung. Man tut es, oder man tut es nicht. Diese Bedingung kannst du an deine Partnerin durchaus stellen, sofern sie noch nicht raucht - damit nicht anzufangen. Denn dass dir das wichtig ist, wird wohl jeder verstehen. Was aber auch nicht heißt, dass du eifrig nachspüren solltest, ob sie eine Note zu stark nach Rauch riecht. Wie gesagt: Es ist eine Frage des Vertrauens, das man zueinander hat, und eine Prüfung, der sich jede Beziehung früher oder später stellen muss. Bist du bereit, sie zu bestehen?

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul