Problem von Vanessa - 16 Jahre

Mein Vater behandelt mich wie Dreck!

Mein Vater schlägt mich. Das tut er immer öfter und meine Mutter steht nur daneben und tut nix. Das einzige was sie tut ist nach 10 min zu mir kommen und versuchen mich zu beruhigen, damit ich nicht die Polizei rufe. Er tut das natürlich nicht nur zum Spaß. Nein, er sucht vorher immer noch einen Grund. Der Grund weshalb er mich gerade eben geschlagen hat ist, dass ich das Besteck falschherrum in den Geschirrspüler gesteckt habe. Er macht das schon seit ich denken kann und ich hab auch viele blaue Flecke dank ihm. In der Schule erzähle ich immer, dass ich hingefallen bin oder das ich mich gestoßen hab. Meine Beste Freundin glaubt mir die Geschichten fast schon nicht mehr. Er schlägt mich mittlerweile nicht nur, er spukt mir auch ins Gesicht oder beschimpft mich. Ich versuche mich zu wehren, aber ich bin nicht stark genug. Ich weiß nicht mehr weiter. Ich habe auch schon an Suizid gedacht, weil ich nur noch Angst habe und hier weg will. Bitte helft mir, ich weiß nicht mehr weiter!

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Vanessa,

was Dir geschieht hat kein Kind verdient!
Und damit meine ich sowohl, was Du durch Deinen Vater erduldest, als auch, das Deine Mama Dir nicht hilft!
Dass Deine Mama Angst vor Deinem Vater hat, weißt Du? Oder?
Hast Du irgendwann einmal das Gefühl gehabt, dass sie selbst auch von Deinem Vater geschlagen wird?
Oder denkst Du, dass ihre Angst eher davon rührt, allein gelassen zu werden, wenn sie es nicht schafft, "die Familie" zusammen zu halten?

Egal warum!
Es gibt keinen Grund für Dich, Schläge auch nur einen Augenblick weiter zu erdulden!

Deine Mutter braucht Hilfe genauso sehr wie Du selbst!
Sie braucht auch Deine Hilfe.
Nur nicht in der Art, wie sie es gerade von Dir fordert.
"Stillhalten" ist keine Lösung!
Wehren in dem Sinne, Deinem Vater zu zeigen, wer körperlich mehr Gewalt hat, ist sicherlich nicht der richtige Weg!
Weder für Deinen Vater, noch für Deine Mutter ist es das richtige Signal, dass "der Stärkere" Recht behält. Nur weil er stärker ist?
Was zählt?
DU!
Und dass Dir - wo Deine Eltern es nicht gebacken kriegen - Recht geschieht!

Und dabei gilt es klug und vorsichtig vorzugehen! Insofern hat Deine Mutter vielleicht ein wenig Recht?
Es ist gefährlich, gewalttätige Menschen zu reizen., wenn man ihnen gleich danach wieder ausgesetzt ist.
Das bedeutet: es muss in erster Linie darum gehen, dass Du aus dem Gewaltumfeld Deines Vaters herauskommst!
Und das bedeutet, dass Du zuerst eine Anlaufstelle braucht, die Dich vor dem Vater schützen kann.
Die Polizei kann das nur bedingt: sie kann Deinen Vater festnehmen und unter bestimmten Bedingungen auch eine Weile festhalten.
Wie ein Polizeieinsatz ausgeht, wenn Deine Mutter vor den Polizisten auch nicht zu Dir hält, kann ich schwer einschätzen. Deshalb denke ich:
Um Dich auf Dauer vor Übergriffen zu schützen, sollte Dein direkter Weg vielleicht eher über das Jugendamt und ein Frauenhaus in eurer Umgebung gehen: das Jugendamt kann Dir eine Unterkunft beschaffen! Ein Frauenhaus wird Dich (und Deine Mutter) gegen akute Übergriffe Deines Vaters schützen. Euch im Notfall direkt Unterkunft geben.

Was ich Dir sagen will, Vanessa:

Vor Gewalt gibt es keinen Schutz, wenn Du wartest, bis Dir das nächste mal Gewalt angetan wird!
Und zurückschlagen ist nicht unbedingt in allen Fällen gleich "Notwehr"! Deshalb hat es keinen Sinn zu warten, bis Du stärker bist: das kann Dich dann auch ganz schnell selber zur Gewalttäterin werden lassen.

Deine blauen Flecken sind nicht Deine Schuld! Und Du solltest sie nicht verstecken!
Nicht vor Deinem Vertrauenslehrer und nicht vor Deiner besten Freundin!
Es ist unheimlich schwer für Dich, weil nicht einmal Deine Mutter Dir hilft!
Es ist unheimlich schwer, anderen zu sagen, dass Du niemandem aus Deiner Familie vertrauen kannst.

Aber genau das ist, wo wirkliche Hilfe für Dich beginnen wird: Du musst es nicht mehr alleine ertragen! Du wirst erkennen, dass es Menschen in Deiner Umgebung gibt, denen Du Dich anvertrauen kannst und die Dir helfen werden, aus dem Gewaltumfeld auszubrechen!
Zähle dabei nicht unbedingt auf Deine Mutter. Sie ist in irgendeiner Weise sicherlich auch "gefangen".
Gehe zuerst einmal Deinen eigenen Weg!
Freundin - Vertrauenslehrer - Jugendamt. Vielleicht in dieser Reihenfolge?
Erst wenn Dein Weg klar ist: wenn Du genau weißt, wie Du dem Umfeld Deines Vaters entkommen wirst.
Dann solltest Du Dir vielleicht überlegen, Deine Mutter einzuweihen und ihr vielleicht auch den Mut zu vermitteln, einen Neuanfang zu wagen?!

Ich wünsche Dir von ganzem Herzen den Mut und die Kraft, Deinen Weg zu gehen!

Alles Liebe,

Bernd