Anwort von PaulG

Liebe Anonyme,

grundsätzlich muss man sagen: Es ist vielleicht kein Fehler, wenn du sehr viele Muttermale hast, sie mal einer Hautärztin zu zeigen. Das einfach zur Sicherheit. Wenn du das schon hast, und alles in Ordnung ist, komme ich zum zweiten Punkt: Macht dich das hässlich?

Nein. Jeder Mensch, ob Mann oder Frau, trägt gewisse Makel - obwohl auch das ein Wort ist, das es eigentlich nicht gibt. Denn gerade das Ungewöhnliche, das, was ein unwillkürliches Lächeln, ein kurzes Schlucken oder Stirnrunzeln hervorruft, ist es, das die Menschen aus der Masse hervorhebt, auszeichnet und attraktiv macht. Das perfekte Model verkörpert nur den Typ, der alles Makellose in sich vereint, den es aber in der Wirklichkeit nie geben kann. Und auch nicht soll. Denn wir wären nicht so unterschiedlich, mit ganz besonderen, zum teil überdeutlichen Merkmalen ausgestattet, wenn nicht gerade sie uns attraktiv machten - und das Leben interessant. Inbesondere die Liebe. Deine Muttermale mögen dich stören, aber es gibt viele, die dich gerade deshalb anziehend finden werden. Daran, ob sie bereit sind, dazu zu stehen, daran zeigt sich, ob sie deiner Freundschaft oder Liebe wert sind. Wer dich wirklich schätzt, ist froh, keine rundum perfekt Gestalt an seiner Seite zu haben, sondern eine ganz bestimmte und besondere, mit Ecken und Kanten, einfach individuell - und schön. Bei dir sind es Muttermale, und auch die haben ihre ganz eigentümliche Faszination und Schönheit.

In zwanzig Jahren? In zwanzig Jahren wird jeder, ob du ihn jetzt als schön beurteilst oder nicht, die Erfahrung machen, dass nichts für ewig ist. Die Kunst besteht auch darin, anzuerkennen, dass man nicht ewig in Form und Kraft bleiben kann; dass das Haar nicht immer kräftig, die Haut nicht immer straff, der Bauch nicht immer flach bleibt. Wie, meinst du, wird es denjenigen gehen, die jetzt von ihrer Schönheit überzeugt sind? Es wird eine niederschmetternde Erfahrung sein, unter Umständen schlimmer als alles, was sie bis dahin kannten. Du aber bist glücklich: Du hast jetzt die Wahl, ob du dich selbstlos anpassen willst - und dabei doch nie glücklich werden, denn was du bist, kannst du nicht ablegen; oder ob du dich selbst in deiner Eigenart, deiner besonderen Schönheit akzeptieren willst. Die für den, der dich wirklich liebt, auch in zwanzig oder vierzig Jahren noch sichtbar sein wird. Wie fällt deine Entscheidung aus?

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul