Problem von Anonym - 16 Jahre

Depressive Anfälle seit 6 1/2 Jahren, was tun? Obwohl es mir gut geht

Hey, also ich hatte schon ein paarmal hier reingeschrieben (ohne Beantwortung, was kein Vorwurf sein soll, viele hier haben wirklich ernste Schwierigkeiten) --> Und schon im ersten Satz tritt ein Problem von mir auf- Schuldgefühle
Wieso? Naja ich fühle mich jetzt schon schuldig, da ich im ersten Satz wie eine meckernde Ziege klinge. Und so ist es immer, dreimal dürft ihr raten wer kein Geld von der Straße aufheben kann, weil derjenige ein schlechtes Gewissen demjenigen hat, der es verloren hat. Genau Ich.

Okay so sollte mein Anfang nicht laufen, eigentlich wollte ich mich nur mal vorstellen: Meine Eltern sind seit ich 10 bin geschieden (was ein ziemlicher Schock für ich war) und seitdem hatte ich 5 1/2 Jahre 2-3mal abends in der Woche, ich nenne sie immer Anfälle, die in verschiedene Arten eigentlich wie ich finde ohne Grund ablaufen können:
Bis ich 13 war: Normales weinen-Traurig sein
Seit ich 13 bin:
1. Krampfartiges Weinen, Kaum Luft kriegen, Kopf+Fäuste gegen die Wand schlagen, Hektisches Rumlaufen & dann mit Kopfschmerzen müde einschlafen
2. Ins Leere starren (an sich angenehmer, dauert dann aber mit dem einschlafen)

Ah und zwischen 13 und 16 Jahren hatte ich starke Gewichtsschwankungen (von 8 Kilos innerhalb weniger Tage), da ich immer abwechselnd hungerte & so viel aß, dass mir schlecht wurde.

Seit ich 16 bin war es ein dreiviertel Jahr nur noch sehr sehr selten, da ich meinen jetzigen Freund kennengelernt habe (Fernbeziehung), aber jetzt wird es wieder immer öfter.

Zu mir als Person: Ich besuche ein Gymnasium (bin recht gut), in meiner Familie ist eigentlich alles okay (Mutter leicht depressiv durch Schilddrüsenprobleme, Probleme mit der Scheidung- Vermisse meinen Vater, aber sonst alles okay), habe Freunde, Hobbys (wobei ich immer das Gefühl habe ich bin nicht gut genug) also alles soweit in Ordnung.

Auch bin ich eigentlich ganz selbstbewusst--> Ich habe "eigentlich" geschrieben, da ich es nicht immer war, aber es wurde (Ich bin treue Anhängerin der Theorie: Glaube versetzt Berge und so habe ich mir das nicht vorhandene Selbstbewusstsein eben eingeredet).
Nach dieser Methode lebe ich allgemein ein bisschen, frei nach dem Motto: Wen dir kalt ist, rede dir Wärme ein

Naja und sonst? Ich bin eigentlich ein eher positiver Mensch, der scheinbar eher depressivere Menschen anzieht (mein Freund, gute Freundin...) & gut mit Menschen reden kann, aber ich brauche auch sehr viel Freiraum bzw. Einsamkeit.
Ich bin eher der Typ Einzelkämpfer und ich mache Dinge lieber alleine, so fühle ich mich nicht unter Druck gesetzt und muss keine Erwartungen erfüllen.

Mein einziges Problem sind diese Anfälle, die meistens dann auftreten, wenn ich einen schönen Tag hatte (letztens hatte ich sogar einen nachts bei meinem Freund, den er aber nicht mitbekommen hat).

In den Anfällen fühle ich mich wertlos (leichter Selbsthass), unter Druck gesetzt & wünsche mir überhaupt keine sozialen Kontakte zu haben...

Was soll ich tun?

Romina Anwort von Romina

Liebe Ratsuchende,

vielen Dank für dein Vertrauen in den Kummerkasten. Ich habe jetzt alle Probleme gelesen, die du uns geschickt hast und es tut mir Leid, dass wir dir nicht früher antworten konnten. Das liegt keinesfalls daran, dass andere Probleme "wichtiger" sind, sondern daran, dass wir schlicht unterbesetzt sind. Überhaupt würde ich Probleme nie in "wichtig" und "unwichtig" einteilen. Jede Person die uns schreibt leidet in irgendeiner Form, für manche sind Dinge sehr schlimm, die andere Leute als "Kleinigkeiten" bezeichnen würden. Uns sind alle Ratsuchenden gleich wichtig und deswegen auch alle Probleme. Du brauchst keine Schuldgefühle zu haben, aber das weißt du bestimmt selber. Und es dir zu schreiben wird wahrscheinlich auch nichts gegen die Schuldgefühle nutzen.

Deine Zuschrift ist mir vor allem wegen der Überschrift aufgefallen. Dieses "obwohl es mir gut geht" klingt schon danach, als würdest du finden, dass du kein Recht auf deine Probleme hast. Oder dass deine Probleme doch eigentlich "nichtig" sind. Das sind sie aber nicht! Dir geht es nicht gut und das schon seit Jahren. Es ist Zeit, etwas zu unternehmen und das zu erkennen war der erste, der allerwichtigste Schritt.
Deine "Anfälle" haben mit Sicherheit einen Grund, aber ich bin weder qualifiziert noch berechtigt, hier darüber zu mutmaßen. Du schreibst selbst, dass du die Scheidung deiner Eltern nicht ganz verkraftet hast und das ist mehr als verständlich. So etwas ist ein schlimmer Schlag für ein Kind und niemand darf verlangen, dass du das einfach so "wegsteckst". Es ist vollkommen in Ordnung, wenn du auch nach Jahren noch nicht darüber hinweg bist. Das gelingt eben nicht so leicht.
Egal ob das der Grund für die Anfälle ist oder nicht, es klingt als würdest du unter etwas leiden.

Und deshalb möchte ich dir raten, dir professionelle Hilfe zu suchen. Das klingt vielleicht erst mal furchtbar, aber es ist vollkommen normal, irgendwann im Leben (vielleicht auch mehrmals) beispielsweise die Hilfe von Beratungsstellen in Anspruch zu nehmen. Deswegen gibt es diese Einrichtungen. Du bist noch nicht volljährig, also kannst du dich an eine Erziehungsberatungsstelle wenden.
Entgegen der landläufigen Meinung sind diese nämlich erst mal für alle Probleme zuständig, die Familien mit minderjährigen Kindern oder die minderjährigen Kinder selbst haben. Ganz egal ob Probleme in der Schule, mit den Eltern, ganz allgemein mit der Pubertät oder was auch immer. In deiner Stadt oder der nächstgrößeren gibt es bestimmt eine Erziehungs- und Familienberatungsstelle. Du kannst dort anrufen und einen Termin ausmachen, das ganze geht auch ohne das Wissen deiner Eltern. Wenn du möchtest, kannst du eine Freundin oder andere vertraute Person mitnehmen. Bei der Beratungsstelle wird dir ein/e Sozialpädagoge/in oder ein/e Psychologe/in zuhören und Ratschläge geben, wie es weitergehen kann. Vielleicht bekommst du ein paar Folgetermine in der Beratungsstelle um über dein Problem zu sprechen, vielleicht wirst du an einen Therapeuten weiter verwiesen.

Sich Hilfe zu holen verlangt Mut, aber ich bin sicher, dass du diesen aufbringen kannst. Es ist absolut keine Schande, ganz im Gegenteil. Wer sich Hilfe sucht ist nicht schwach, sondern stark. Er nimmt sein Leben in die Hand und versucht, das beste daraus zu machen. Und das kannst du auch!

Ich wünsche dir alles Gute.

Liebe Grüße

Romina