Problem von Anonym - 37 Jahre

Innerhalb 6 Monate alles verloren

Hallo liebes Kummerkasten Team,

ich bin aktuell ziemlich durcheinander und versuche mich wieder zufinden. Eigentlich bin ich eher der rationale und positive Typ dem so etwas nicht passiert. Eine Reihe an Rückschlägen lässt mich aber verzweifeln.

Ich bin seit ca 2 Jahren selbständig, und war damit auch relativ erfolgreich gewesen.Wir hatten eine sehr schicke Wohnung in einem guten Viertel der Stadt, ein schönes Auto und schöne Reisen.

Nun habe ich aber angefangen ein Startup zu gründen im IT Bereich. Leider hat dieses Startup deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen als ursprünglich geplant. Für meine bestehenden Projekt war somit weniger Zeit da. Damit habe ich Aufträge verloren obwohl ich weiterhin an dem Start up Projekt festgehalten habe. Somit hatte ich auch immer weniger Geld zur Verfügung. Somit konnte ich meiner Ex Frau auch nicht den Lebensstandard bieten kann den Sie gerne hätte. Obwohl ich am Ende weniger verdiente als Sie sollte ich trotzdem den Grossteil der Kosten / Miete etc. bezahlen. Gleichzeitig wollte Sie das ich Sie an meinen Ersparnissen und an der Firma die ich aufbaue zu 50% beteilige. (Sie hat hier nicht aktiv mitgearbeitet, lediglich mal einen Kontakt hergestellt).

Nun ist Sie immer öfters auf Reisen gegangen - (9-12 Auslandsreisen pro Jahr!) und hat mir schliesslich im März eröffnet das Sie auf eine 3 monatige Weltreise gehen möchte wovon Sie dann nicht mehr zurückgekommen ist und in Vancouver geblieben ist. Damit bliebe ich in der teuren Wohnung mit unserem Hund (den Sie unbedingt wollte) alleine zurück. Da dies nicht akzeptabel für mich war habe ich die Scheidung eingereicht und wir sind nun geschieden.

Zusammen mit den angelaufen Kosten für Anwälte / Gericht etc. musste ich die Wohnung aufgeben und bin mit meinem Hund zurück zu meinen Eltern gezogen. Beim Umzug hat mich meine Ex Frau natürlich nicht unterstützt. Ich habe heute noch Kisten von ihr im Keller die ihr nach Kanada schicken muss. Dazu kam noch eine gerichtliche Auseinandersetzung mit einem Geschäftspartner die inzwischen aber beigelegt wurde.

Nun bin ich bei meinem Eltern und arbeite weiter an meinen Startup, aber mir fällt die Decke total auf den Kopf und meine Eltern (obwohl sehr unterstützend) mischen sich in mein Leben ein und mein Business ein. Ich weiss ich werde mich irgendwie wieder aufraffen aber zur Zeit bin ich ziemlich Down und habe Angst wenn ich mit dem Startup versage keinen guten Job mehr zu in Deutschland zur erhalten. Ich überlege mir schon ins Ausland zu ziehen da dort es dort wohl einen offeneren Umgang mit Gründern gibt die es nicht geschafft haben.

Meine Eltern halten mich für einen Versager und das ich total überreagiere.

Nun stecke ich also fest zwischen meinem Startup und der JobSuche und versuche irgendwie beides hinzubekommen. Das Startup ist inzwischen Break Even und Mitarbeiter / Server können aus bestehenden Kunden bezahlt werden. Jedoch bleibt für mich nichts übrig und gehe daran emotional kaputt wenn ich nicht schnell mehr Kunden finde.

Auf der positiven Seite bin ich wieder frei wie ein Student nach der Uni nur mit mehr Berufserfahrung und mehr Geld auf dem Konto. Meine Scheidung habe ich zu bereits zu 70% seelisch verarbeitet.

Meine Frage an Euch - gibt es Menchen die auch so eine Pechsträhne hatten ? Logisch gesehen ist alles nicht so schlecht aber emotitional bin ich am Ende. Was soll ich tun ?

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Unbekannter,

in einigen Punkten ist mir nicht ganz klar, wie ich die Dinge zu verstehen habe.
Lass es mich mal mit eigenen Worten sagen, was ich wie verstanden habe:

Du bist seit 2 Jahren eigentlich erfolgreich in Deiner Selbstständigkeit.
In welchem Bereich? Wie lange warst Du verheiratet? Wie hast Du vor Deiner Selbstständigkeit gelebt (Wohnung, Autos, Reisen)?

Neben der ersten (erfolgreichen) selbstständigen Tätigkeit hast Du begonnen, ein Startup im IT Bereich zu gründen.
Also nicht in dem Bereich Deiner schon laufenden Firma? Was bedeutet für Dich "Startup" (schnell, groß, bald zu verkaufen)?
Wie weit ist diese erste Firma schon 'runtergewirtschaftet?

Du schreibst: "Damit habe ich Aufträge verloren obwohl ich weiterhin an dem Start up Projekt festgehalten habe."
Ist das nicht eher andersherum zu verstehen?: Du hast an Deinem Startup festgehalten, obwohl Dein erstes Baby den Bach runtergegangen ist?
Oder anders gefragt: hast Du Dein erstes Kind dem Ungeborenen geopfert?

Irgendwie glaube ich nicht an eine Pechsträhne. Und wenn, dann nur in dem Sinne, dass Du es wohl eher als "Spiel" aufgezogen hast?
Wenn Du ein gefestigtes und lukratives Geschäft einer Illusion vom noch schnellerem Reichtum ohne weitere eigene Verantwortung opferst ist das kein "Pech"!
Es ist schlicht eine Kette verantwortungsloser unternehmerischer Fehlentscheidungen. Und damit wird nur reich und unabhängig, wer bereits im Vorstand eines DAX-Unternehmens tätig ist (durch die Abfindungen).

Ich weiß absolut nicht, ob ich Dir mit dem, was ich hier schreibe, gerecht werde. Du darfst Dich gerne wehren!
Was mir zu Deinen Eltern, Deiner EX und Dir einfällt werde ich erst schreiben, nachdem Du Dich gewehrt hast.
Weil ich eigentlich nur zu Dingen Stellung nehmen will, die ich verstanden habe.
Nur noch ein Satz zu Deiner Feststellung
"Auf der positiven Seite bin ich wieder frei wie ein Student nach der Uni nur mit mehr Berufserfahrung und mehr Geld auf dem Konto."

Wenn Du das so siehst, wird die "Pechsträhne" nicht abreißen:

Du bist nicht "frei"! Du hast Verantwortung für Deine Mitarbeiter übernommen! Du wirst irgendwann einmal für Dich entscheiden müssen, worin sich Dein eigentliches Kapital widerspiegelt: im Kontostand oder in Menschen, auf die Du Dich verlassen kannst.
Was bedeutet "Vertrauen" für Dich?
Wem vertraust du? Wer darf Dir vertrauen?
Was für einen Stellenwert hat "Vertrauen" in Deiner Bilanz?

Bei Deinem Satz: "Das Startup ist inzwischen Break Even. Und Mitarbeiter / Server können aus bestehenden Kunden bezahlt werden"
möchte ich am liebsten "break even" mit "ich breche (kotze) eben" übersetzen.
Warum?
Mitarbeiter / Server ....
Steht das wirklich für Dich gleichwertig auf einer Ebene? Alles nur "fixe Kosten"?
Hast Du wirklich "Mitarbeiter"? Oder kann man bei Dir nur "Angestellter" sein?
Zahlst Du aus "bestehenden Kunden", oder aus dem Ertrag der Aufträge, die Dir die Kunden anvertrauen?

Du solltest Deine Werte und Deine Ziele neu bestimmen. Darin besteht eine gewisse Freiheit, die ich Dir auch neben der Verantwortung für Dein zweites Kind nicht absprechen will!

Alles Liebe

Bernd