Problem von Emelie - 15 Jahre

Meine beste Freundin hat Suizid begangen

Hey,liebes Kummerkasten-Team.Meine beste Freundin,die ich jetzt seit 15 Jahren kenne,hat sich vor ca.4 Monaten das Leben genommen.Ich habe es bis heute kaum realisiert,aber ich merke jeden Tag,wie etwas fehlt.Ich kenne sie schon so lange.Ich habe drei Tage nach ihr Geburtstag &unsere Mütter lagen im selben Krankenhauszimmer&haben sich super verstanden.Dadurch das die beiden sich oft getroffen haben&sind wir auch gemeinsam aufgewachsen.An dem Tag,als ich erfahren habe,dass man ihr Leiche auf den Zug schienen gefunden habe,ist meine Welt zusammen gebrochen.Ich konnte es nicht glauben!Ich wusste das sie Probleme hat und zusammen haben wir auch versucht einen weg zu finden,aber nie wusste ich, wie es wirklich um sie stand.Wir haben oft über den Tod gesprochen,besonders im letzten halben Jahr.Während mein Standpunkt war,dass mich eh keiner vermisst,da ich keine Familie mehr habe(Ich wohne in einer betreuten Wohngruppe) ,hab ich ihr gefühlte tausend mal gesagt,dass sie sowas niemals machen darf.Allein für ihren kleinen Bruder und für mich.Sie ist die letzte die ich hatte.Ich musste auch vor zwei Jahren die Schule wechseln ,auf grund starken Mobbings.Zu dem Zeitpunkt hatte ich mich angefangen selbst zu verletzten.Mich zu ritzen,mich mit Zigaretten zu verbrennen und stumpfe Gegenstände auf meine Körperteile zu schlagen.Meine beste hat mir aus dieser Zeit geholfen,so das ich mit dem SVV aufgehört habe.Jedoch ging es mir nie wieder so gut wie früher.Sie war auch die einzigste die immer zu mir gehalten hat.Das Mobbing hat angefangen,da meine Mum ins Gefängniss musste .Meinen Vater habe ich nie kennen gelernt&Geschwister habe ich keine.Daher war ihre Familie immer meine Zuflucht gewesen.Später hat mir dann ihre Mum,den Abschiedsbrief gegeben.Er war extra für mich .Es hat Wochen gedauert,ehe ich mich dazu überwunden habe,ihn zu öffnen.Darin stand,dass ihr Stiefvater sie Vergewaltigt hatte .Erst da hatte ich auch verstanden,warum sie Jungs gegenüber so zurück haltend geworden ist.Ich mache mir Vorwürfe,dass ich ihr nicht besser geholfen habe,nicht bemerkt habe was mit ihrem Stiefvater passiert ist etc.Oft träume ich ,dass mir ihre Stimme,mir die Schuld für alles gibt.Dazu hatte ich mir wochenlang Überlegt,ob ich zum Casper Kozert in Hamburg gehen sollte oder nicht.Ich hatte einen guten Kumpel,der mir angeboten hat mit zu kommen.Kurzfristig habe ich mich entschieden doch zu gehen,da es schon immer mein größter Wunsch war,Casper Live zu sehen.Am Anfang habe ich es noch bereut,aber als es dann losging,war ich so glücklich wie schon lange nicht mehr!Es war wunderschön,ich hatte Spaß und habe gelacht,wie schon lange nicht mehr,Ich habe auch viele neue Leute kennengelernt,mit denen ich jetzt noch Kontakt habe.Die ganze Zeit war es perfekt,außer als Michael X lief,worum es geht,dass sich ein guter Freund das Leben genommen ha.Ich musste so anfangen zu weinen.Meine Beine haben gezittert&ich musste mich bei fremden abstützen,weil ich sonst zusammengebrochen wäre.Ich stand ziemlich weit vorne&die Sicherheitsmänner wollten mich auch erst Rausziehen,aber ich wollte das nicht.Ein paar Lieder später habe ich mich wieder beruhigt,aber jedes mal hatte ich das gesicht von meiner Besten vor den Augen.Ich hab jetzt schreckliche Schuldgefühle.Hätte ich doch nicht gehen sollen? Am Ende des Konzerts,habe ich mit meinen Kumpel auch noch Cas getroffen&Foto und Autogramme bekommen.Er hat auch gefragt ob ich das war,die so angefangen hat zu weinen,da er das mitbekommen hat.Wie gesagt,ich stande in der zweiten Reihe.Nachdem ich gesgat habe,dass meine beste sich das Leben genommen hat,hat er mir gesagt das er weiß wie das ist& ich sollte mich nicht unterkriegen lassen&würde das schaffen.Ich war mega gerührt,habe tzd ein mega schlechtes Gewissen.Seit ihrem Tod habe ich auch wieder angefangem mich selbst zu verletzten.Ich habe große Angst zu einem Psyschologen zu gehen.Normalerweise wäre sie sofort mit gekommen,aber das kann sie ja jetzt nicht mehr.Ich weiß einfach nicht mehr weiter.Manchmal spiele ich auch mit dem Gedanken mich umzubringen.Wer würde mich den vermissen?Ich habe ja so gut wie niemanden mehr.

PaulG Anwort von PaulG

Da bist du nun, liebe Emelie.

Und du schreibst uns nicht zum ersten Mal.

Ich habe mit Entsetzen festgestellt, dass du uns schon mehrfach um Hilfe gebeten hast, als deine Freundin noch am Leben war. Jetzt ist sie es nicht mehr. Wir haben dir nicht geantwortet.

Natürlich haben wir immer eine größere Zahl von Problemen anstehen. Natürlich ist es schwer, diese zu bewältigen. Und - auch das muss ich zugeben - nicht immer wählt man solche aus, die um ein so bedrohliches Thema kreisen. Für jeden Menschen ist das Problem, das er gerade hat, wichtig, und das mit Recht. Aber hier geht es um Leben und Tod. Ging es. Deine Freundin ist nicht mehr am Leben. Ich weiß, dass wir nur Menschen sind, und trotzdem: Ich rechne dir hoch an, dass du in deinem Text kein Wort des Vorwurfs an uns geäußert hast. Ich für meine Person fühle mich gerade wirklich nicht gut, auch wenn ich nicht weiß, ob eine Antwort früher etwas hätte bewirken können. Ich will nicht so überheblich sein, zu sagen, dass. Aber allein, dass vielleicht, genügt mir, um mich gerade echt bescheiden zu fühlen.

Gut, wenn du jetzt traurig sein und weinen kannst. Gut auch, wenn du irgendwann wütend sein kannst. Auf wen? Von mir aus auf mich, weil ich dir nicht geantwortet habe. Nimm einen alten Kissenbezug, schreibe "PaulG" drauf, stülp ihn über ein Kissen und mach mich fertig. Wut ist kein angenehmes Gefühl, aber nicht selten trotzdem ein gutes, weil Wut uns ins Leben zurückholt. Deshalb wünsche ich dir, dass du nicht mehr trauern musst, sondern dich ärgern kannst. Warum? Weil das nichts Anderes heißt, als heftig das Leben und sein Recht zu fordern. Es ist genauso, wenn man von seinem Freund oder Freundin verlassen worden ist: Zuerst kommt die Trauer; dann folgt die Wut, nicht immer, aber häufig - und das ist gut so. Denn in der Trauer hat man sich schuldig gefühlt, allein gelassen, abserviert, gedemütigt, abgewertet. Wenn man jedoch wütend ist, fühlt man sich im Recht. Und das wäre jetzt gut. Denn was wäre erreicht, wenn auch du dir das Leben nehmen würdest? Trau dich, dir zu sagen, dass du im Recht bist. Ärgere dich über die Menschheit, über mich, über den Peiniger deiner Besten. Aber gib nicht auf, denn Casper hat Recht - du wirst und sollst das schaffen.

Du hast berichtet, dass du ihre Stimme vernommen hast, die dir die Schuld gibt. Überleg doch mal: Ist das wirklich sie? oder ist es vielleicht derselbe Schatten, der sie gequält hat, der jetzt auch auf dir liegt - und dir einflüstert, du seist schuld? Vergiss nicht, auch du hattest es nicht einfach, Emelie. Man ist nicht unendlich stark. So wie deine Freundin für dich da war, so warst du für sie da. Als sie starb, hat sie eure Freundschaft nicht weggeworfen. Stattdessen muss sie so verzweifelt gewesen sein, dass sie vielleicht geglaubt hat, du bräuchtest sie gar nicht. Natürlich möchtest du ihr jetzt zurufen: Doch! Ich brauche dich! Und wie! Und daran siehst du auch, dass dich keine Schuld trifft. Denn ihr hattet keinen Streit, ihr seid nicht im Unguten auseinander gegangen. Es gab etwas von ihr, das du nicht wusstest. Das war die Vergewaltigung durch ihren Stiefvater. Es ist schrecklich, aber du kannst von dir nicht erwarten, das gemerkt zu haben. Diese Dinge sind zu schlimm, als dass wir mit so etwas rechnen, wenn sich jemand merkwürdig verhält. Und selbst wenn sie es dir erzählt hätte, Emelie, wäre es noch immer ein weiter Weg gewesen, das Trauma zu überwinden. Sie hat den Weg gewählt, der ihr am einfachsten erschien, und das kann ihr niemand vorwerfen. Aber auch dir kann niemand vorwerfen, dass du daran schuld wärst. Das wäre nicht richtig.

Deine Freundin und du hattet eine große Verbundenheit. Und doch war ihr Schmerz so groß, dass eure Freundschaft sie nicht von ihrer Tat abhalten konnte. Du siehst also, dich trifft keine Schuld. Fang besser nicht an, dir eine zu geben. Denn du hast alles versucht - aber du konntest den Schmerz von ihr nicht hinwegheben. Ich kann das gleiche auch nicht bei dir. Aber wir müssen festhalten: Deine Freundin hat dir zugetraut, es zu schaffen. Sie wollte, dass du es schaffst. Könnte es in ihrem Sinne sein, dass du ihr nachfolgst, die Trauer noch weitere Kreise zieht? Oder wäre es nicht besser, sich jetzt umso fester ans Leben zu klammern, damit du deine Träume verwirklichst, die du gemeinsam mit ihr hattest? Lass sie nicht umsonst gestorben sein. Trau dich die Dinge, die sie sich für dich gewünscht hätte - wirf dich auf die offenen Fragen deines Lebens, geh deine Probleme an. Im Augenblick scheint es dir, dass so gut wie alle dich verlassen hätten. Aber muss das ewig so bleiben? Kannst du sagen, was in einem Jahr ist, oder in zwei? Und warum es nicht herausfinden? Warum nicht die Namen der Menschen kennen lernen, denen du noch wichtig sein kannst? Wenn du deiner Freundin nachfolgst - muss ihr das nicht das Gefühl geben, wo immer sie jetzt ist, dass sie etwas Entsetzliches angerichtet hat? Das ist nicht dein Ziel, ich weiß. Aber so entsetzlich es sich für dich gerade anfühlt, du kannst es doch zum Anlass nehmen, mit wütender Energie das Leben zu meistern. Es darf einfach nicht sein, dass das alles gewesen ist, dass diese Geschichte hier endet. Es gibt noch eine Gerechtigkeit. Die kannst du einfordern. Und du tust es, indem du dich nicht kleinkriegen lässt, weitermachst, und dein Leben gestaltest. Ich vertraue dir, dass du das wirst.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul