Problem von Anonym - 17 Jahre

Unsicherheit

Hey liebes Kummerkasten Team!

Ich habe ein Problem an mir selbst, dass mich jetzt schon eine ganze Weile begleitet: Ich bin ein recht unsicherer Mensch!
Immer wenn ich mit meinen Freunden unterwegs bin, dann bin ich meistens derjenige, der still nebenher läuft und nicht viel redet. Ich traue mich nicht oft etwas zu sagen, weil ich nicht weiß, wie die anderen reagieren.
Mein Kopf denkt sich die verrücktesten Szenarios aus, wie meine Freunde antworten könnten, wenn ich z.B. eine Bemerkung mache, dass sie mich nicht ernst nehmen, oder womöglich einfach übersehen. Ich verfalle dann schnell in solche Gedanken, hinterfrage meine Beziehung zu meinen Freunden, was ich aber eigentlich nicht will, da ich weiß, dass sie mich mögen und so akzeptieren, wie ich bin. Dieses Thema habe ich auch schon mit ihnen, immer in Einzelgesprächen geführt und alle haben mir dann gesagt, dass ich einfach drauf los reden soll, keine Angst haben soll was passiert. Dennoch verfalle ich immer wieder in solche Gedanken. Dann bekomme ich später Angst, dass ich sie wieder mit meinen Problemen genervt habe und verfalle noch mehr in Selbstvorwürfen.
Gestern z.B. waren wir in der Stadt unterwegs und ein sehr guter Freund von mir, mit dem ich mich wirklich gut verstehe, hat mit mir anfangs ganz normal geredet. Dann saßen wir in der Gruppe, jeder war mit anderen beschäftigt, ich habe den anderen zugehört, er saß neben mir. Dann wollte ich ihm etwas erzählen, und er hat dann in einem recht seltsamen Ton "Jaja" geantwortet und dann hat sich das schon erledigt. Eine Stunde später hat er aber von sich wieder etwas erzählt und wir sind wieder super ins Gespräch gekommen.
Dieser seltsame Ton kann von mir aber auch falsch interpretiert orden sein, so wie ich das häufiger tue. Ich gehe immer vom schlimmstmöglichen aus, habe Angst meine Freunde zu verlieren. Sie haben mir aber schon gesagt, dass ich einfach nicht alles so zu Herzen nehmen soll, nicht so unsicher sein soll, was sich aber leider irgendwie in meinen Kopf schon so reingefressen hat, dass ich es nicht mehr wegbekomme.

Ich hoffe meine Geschichte ist nicht zu durcheinander, aber es beschäftigt mich einfach zuoft, dass ich keine klaren Worte finden kann. Phasenweise hinterfrage ich immer meine Freundschaften, weiß nicht was die anderen von mir halten und wie wir eigentlich zueinander stehen....

JuliaG Anwort von JuliaG

Lieber Ratsuchende,

du scheinst ein sehr besonnender Mensch zu sein, der über vieles nachdenkt, bevor er handelt.
Das ist in erster Linie nichts Schlechtes, weißt du, denn es ist oft wirklich wichtig, in vielerlei Situationen überlegt und sensibel vorzugehen! Zumal schafft es bei weitem nicht jeder, eine Sache so genau zu durch denken.

Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass man mit dieser Denkweise nur selten etwas riskiert. Schließlich hat man Plan A, B und C genau überprüft - bis alles wasserfest ist und nichts Unerwartetes passieren kann. So ist man auf alles mögliche vorbereitet.
Kommt dir das vielleicht irgendwie bekannt vor?
Wenn du dich hier wieder erkennst, dann kann ich dir sagen, dass du ganz und gar kein unsicherer Mensch bist! :) Unsicher bedeutet für mich, dass jemand unentschlossen ist und nicht so recht weiß, was er will. Dadurch, dass du alle Szenarien durch gehst, setzt du eher auf Sicherheit - möchtest einfach lieber auf Nummer sicher gehen.
Und ich sage dir: Das ist vollkommen in Ordnung! Ich würde mich selbst ebenfalls zu den Menschen zählen, die einfach einen größeren Bedarf an Sicherheit brauchen, um sich pudelwohl zu fühlen. Ich kann dich daher gut verstehen, denn manchmal muss man eben seine sensible Seite vor der rauen Außenwelt schützen. Dementsprechend macht man sich viele Gedanken über sein Umfeld...

... und baut Mauern in seinem Kopf auf. Genau hier zeigen sich die Nachteile solch einer Denkweise: Alles, was neu und ungewohnt ist, und spontan auf einen zu kommt, macht Angst. Nicht selten folgt eine misstrauische, pessimistische Einstellung, die man sich schrittweise aneignet und nur schwer wieder los wird - wie du selbst bereits bemerkt hast: "... was sich aber leider irgendwie in meinen Kopf schon so reingefressen hat, dass ich es nicht mehr wegbekomme". Aber das ist kein Grund zum Verzweifeln, glaube mir. Denn genauso kann man sich auch eine offene optimistische Sichtweise aneignen, wenn man das von sich aus gerne möchte. ;)

Ich möchte übrigens noch anmerken, dass du tolle Freunde hast! Ich finde es super, dass sie dir bei deinen Sorgen zum Thema "Zu viele Gedanken machen" zugehört haben und dich motivieren wollen. Ich bin mir sehr sicher, dass du ihnen in Ruhe vertrauen kannst, wenn sie dir raten, nicht alles Schlechte so nah an dich heran zu lassen! Schließlich seid ihr sicherlich nicht ohne Grund miteinander befreundet, oder? Weißt du, durch zu viele schlechte Gedanken lässt du zu, dass dich jeglicher Weltschmerz runter zieht. Leider kann das die dauerhafte Gesundheit deiner Seele gefährden.

Was kannst du nun also konkret tun?
Versuche dir vielleicht einmal bewusst zu machen, was du möchtest und was nicht.
Möchtest du dich von schlechten Gedanken lösen?
Dann werfe sie aus deiner Gedankenwelt raus! Sie haben dort immer nur dafür gesorgt, dass du Angst haben musst und verhindert, dass du dich richtig entfalten und zeigen kannst, was für ein toller Mensch du eigentlich bist. Sie haben dort nichts mehr verloren, also wozu brauchst du sie noch? Weg damit. ;)
Möchtest du dir stattdessen nicht mehr so viele Sorgen machen und dich mal richtig lebendig fühlen?
Erinnere dich an Erfolge!
Was hast du bereits das ein oder andere mal zu einem wirklich guten Gespräch bei getragen? Weißt du, es ist nicht einzig und allein ein Erfolg ein Gespräch zu beginnen, sondern es gemeinsam mit seinem Gegenüber fortzuführen und auf diesen einzugehen. Stärke dir selbst den Rücken, indem du dir sagst:
"Ich probiere es einfach! Ich habe schon ganz andere Sachen geschafft, also schaffe ich das hier auch auf irgendeine Weise!"

Und für den Fall, dass es sich für dich falsch anfühlt, einmal anders zu handeln als sonst: Mache dir klar, dass das Fremdeln kein Beweis dafür ist, dass dein zuversichtliches Handeln und Denken verkehrt ist. Nein, es ist lediglich ein Beweis dafür, dass du dich nun entgegen alter Gewohnheiten stellst - also kein Grund für einen Rückzieher sondern einer, um den neuen Weg weiter zu bestreiten! ;) Ich kann dir versichern, dass dieses Gefühl, mit der Zeit verschwindet, da du die alte Gewohnheit ablegst und dir eine positivere zulegst, die du irgendwann als normal empfindest.


Lieber Ratsuchende, lass dich nicht von deiner Angst unterkriegen! Wenn du sie schrittweise und immer wieder überwindest, wirst du eines Tages lockerer im Umgang mit Leuten und ungewohnten Situationen und machst dir dadurch weniger Gedanken über "was-wäre-wenn". Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Durchhaltevermögen für deinen persönlichen Weg - ich weiß, dass du ihn ganz sicher bestreiten wirst! ;)

Liebe Grüße,

Julia