Problem von Karen - 46 Jahre

Ältere Dame mit jungen Kerl.

Hallo,
als erstes möchte ich etwas über meine Person schreiben. Ich bin 46 und Inhaberin einer kleinen Hundepension. Da ich in meinem Leben was Partner angeht , wenig Glück hatte, habe ich entschlossen Single zu bleiben. Ich habe es tatsächlich geschafft 4 Jahre keinen Mann an mich ran zulassen. War zwar einsam aber glücklich mit all meine Fellnasen. Bin seit vielen Jahren auf einer kostenloser Daiting Seite die ich ab und zu aus Neugier besuche. An diesem Abend schrieb mir ein junger Mann. Ich war auch sehr direkt und habe gesagt ich suche nach nichts. Kein Partner kein Sex... er schrieb und schrieb und gab nicht auf. Endlich entschloss ich sein Profil zu öffnen. Ein sehr , sehr attraktiver junger Mann. Allerdings zu jung . Sein alter war gerade mal 23. Ich wollte mit ihm nicht mehr schreiben, tat es aber trotzdem. Er wollte eine ältere Dame kennen lernen. Über Wochen haben wir über alles gesprochen, Tel und whats app kam danach auch noch. Irgend wann sagte ich ok ich geh mit dir ein Döner essen. Aber ich will keine Beziehung und nichts weiter. Dieses Date hätte ich nicht zulassen dürfen. Wir haben uns immer wieder getroffen und irgend wann in der Kiste gelandet. Ich habe mich von mal zu mal immer mehr in ihn verliebt. Ich habe mich entschlossen Schluss´zu machen , da er meinen Geburtstag vergessen hat. Er war da und hat fast geweint , er will dies alles nicht aufgeben. Ich versuchte alles mögliche er würde mir nicht oft genug schreiben , und lauter Kinder Kram. Meine Angst macht mich krank ich weine oft und bin total nervlich am Ende . Ich weiß wir haben keine Zukunft und kann trotzdem nicht meine Gefühle in Griff bekommen. Er ist ein sehr netter Mensch , sehr verpeilt, und vergisst so ab und an mal Kleinigkeiten. Ich weiß nicht was ich machen soll , beziehungsweise möchte ich nicht mehr leiden.
Vielen dank fürs zu hören, und ich hoffe ich bekomme einen Rat von Euch-
P.s es handelt sich nicht um Geld , da ich keines Besitze.

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Karen,

Wenn Du schreibst, dass Du in Deinem Leben wenig Glück mit Partnern gehabt hattest, ist damit eine ungeheure Spannweite von Möglichkeiten angesprochen. Von dumm bis langweilig. Von faul bis ausbeuterisch. Von untreu bis gewalttätig. Von "nicht viel Glück" bis "ausgesprochenes Pech".
Wobei ich darauf tippe, dass Du Dich alleingelassen fühlst.
Weil alles andere kannst Du ja von Dir aus hinter Dir lassen, ohne unbedingt leiden zu müssen: wenn sich eine Partnerschaft mit der Zeit erledigt.
Wenn sich mit der Zeit herausstellt, dass man nicht zueinander passt. Dass man beginnt, nebeneinander her zu leben.
Wenn man nur noch streitet, keine Gemeinsamkeiten mehr findet oder sich gar aus dem Weg geht:
dann ist das zwar auch traurig, aber letztendlich ist eine Trennung dann auch ohne großes Leid möglich. Außer, wenn einer der Beiden sich selber so sehr in die Beziehung eingebracht hat, dass nichts anderes mehr übrig bleibt, als sich selbst an ein sinkendes Schiff krampfhaft und verbissen zu klammern.
Nein, das kann ich mir bei Dir nicht vorstellen! Du wärst in der Lage, solch eine notwendige Trennung zu verkraften und wenn nötig selbst die Initiative dazu zu ergreifen.
Du bist eine Frau, die wegen einer Beziehung nicht gleich alle Freundschaften und Hobbys aufgibt.
Du bleibst ein soziales Wesen, auch wenn ein Partner neue Schwerpunkte in Deinem Leben setzt.
Du gibst Dich nicht auf, sondern bleibst Du!
Deshalb denke ich eher, dass es Dich getroffen hat wie der Blitz aus heiterem Himmel: bist wegen einer Anderen sitzen gelassen worden?!
Das tut weh und bringt unendliches Leid und Verzweiflung! Das will niemand mehrmals erleben!

Du schreibst: "Ich habe es tatsächlich geschafft 4 Jahre keinen Mann an mich ran zulassen." Das beschreibt die Situation recht einseitig. Das ist Dir schon bewußt, oder? Zu einer Beziehung gehört ja nicht nur das (passive) "heranlassen", sondern immer auch das aktive eigene wünschen und Verlangen.
Genauso einseitig geprägt finde ich übrigens Deine Überschrift:
"Ältere Dame mit jungen Kerl". Warum ist er dort kein junger "Herr" oder wenigstens "Mann"?

Es macht auf mich den Eindruck, als ob Du mit Deinen Worten bereits die Rollen verteilt hast. Es spricht vieles von dem, was Du bereits erlebt hast und was Du für Dich erwartest direkt aus Deinen Worten. Die erfahrene Enttäuschung schwingt mit und findet ihren Niederschlag in einer von vorn herein negativen Erwartungshaltung.
Ähnlich wirkt es, wenn Du beschreibst, wie Du Dich vor seiner Zuneigung "retten" willst.
Weißt zwar ganz genau, dass er verpeilt ist und ab und an mal Kleinigkeiten vergisst.
(Was Du ja wohl eigentlich sogar liebenswert an ihm findest, oder? Sei ehrlich!)
Auf jeden Fall weißt Du genau, dass es eigentlich nur vorgeschobene Gründe waren, mit denen Du versucht hast, ihn auf Abstand zu bringen!
Du stehst selber nicht dazu, weil du ja eigentlich Dein Herz verschenkt hast.
Es bleibt Deine Angst, nochmals enttäuscht zu werden! Deine Angst, nochmals zu leiden.

Warum wendest Du die Tricks, die Du gebrauchst, Dich vor Deinen eigenen Gefühlen zu bewahren nicht auch an, um endlich Deinen Schmerz zu überwinden und frei für eine positive Einstellung zu werden?

Statt Gründe für eine Trennung vorzuschieben, die ja für Dich selber eigentlich nicht triftig sind:

fang endlich an, in dem was Dir in der Vergangenheit geschehen ist eine Befreiung zu sehen! Die Chance für einen Neuanfang.
Deine Gefühle sagen Dir das ja wohl schon überdeutlich!
Lasse sie einfach zu!
Vergleiche hinken zwar immer. Aber ich möchte Dir dennoch eines geben.

Wenn Du eine Tafel Schokolade aufmachst und isst, ist sie irgendwann einmal zu ende. Aber Du hattest eine Zeitlang ein super gutes Gefühl.
Die Tafel nicht aufzumachen und zu essen, aus Angst, dass sie zu ende geht mag gegen diese Angst helfen.
Aber irgendwann ist die Schokolade schlecht und ungenießbar.
Statt der Angst bleibt dann die Gewissheit, etwas schönes (nur weil wir die "Endlichkeit" fürchten) unwiederbringlich verloren zu haben.

Was ich Dir raten will?

Beurteile eure Beziehung nicht nur nach der Zeit der "trauten Zweisamkeit". Am ehesten merkt man die Alltagstauglichkeit einer Beziehung wohl daran, wie der Partner mit der gewohnten Umgebung des Anderen zurecht kommt. Mit den Freunden und Hobbys des Anderen.
Daran kannst Du erkennen, wie viel Du oder Dein Partner sich "verbiegen" muss, um den Gewohnheiten und Eigenheiten des Anderen gerecht zu werden. Oder wieviel Zeit Du oder der Andere für sich braucht, um sich nicht für den Partner verbiegen zu müssen.
Da zeigt sich recht schnell, ob wir wirklich den Menschen lieben, den wir vor uns haben. So wie er ist.
Oder das Bild, das wir uns gerne von ihm machen. So wie wir ihn gerne hätten.

Liebe Karen,

Trau Dich! Ich denke, es lohnt sich!

Alles Liebe

Bernd