Problem von Anonym - 25 Jahre

Unglücklich verliebt - trotz Beziehung

Hallo, ich bin mit meiner Freundin seit ca. 1,5 Jahren zusammen und wir hatten eigentlich bisher eine recht solide Beziehung mit den üblichen Höhen und Tiefen. Wir haben sogar schon Zukunftspläne geschmiedet und wollten demnächst zusammenziehen. Nun habe ich vor einigen Wochen eine neue Arbeitskollegin bekommen. Anfangs hat sie mich nicht wirklich interessiert, da sie bieder wirkte und auch eine sehr reservierte und schüchterne Art hat. Im Laufe der letzten Zeit haben wir jedoch verstärkt miteinander gearbeitet, wodurch wir öfters mal geplaudert haben. Dabei habe ich erfahren, dass wir sehr viele gemeinsame Interessen und Wertvorstellungen haben - mehr als ich und meine Freundin. Sie hat sich mir gegenüber sehr geöffnet und hat sogar vorgeschlagen, dass wir mal auch was privat unternehmen könnten. Ich sagte, dass ich nichts dagegen hätte, da ich auch nur erstmal von Freundschaft ausging. Zu dem Treffen ist es bis jetzt noch nicht gekommen, hab auch sonst keinerlei Kontakt zu ihr außerhalb der Arbeit. Jedoch merkte ich eine Veränderung in mir drinnen. Jedesmal, wenn ich meiner Kollegin begegnet bin, wurde mir richtig warm ums Herz und ich bekam keinen sauberen Satz mehr raus. Ich suche regelrecht ihre Nähe und muss ihr immer hinterher schauen, wenn sie an mir vorbei geht. Ich werde sogar richtig traurig, wenn sie von mir Feierabend macht und ich sie nicht mehr sehen kann. Auch sie scheint sich für mich zu interessieren, da sie immer heimlich Blickkontakt zu mir sucht und sich verlegen und lächelnd wegdreht, wenn ich es bemerke. Anfänglich habe ich es geleugnet, aber ich muss wohl zugeben: Ich hab mich in sie verknallt.

Und das ist mein Dilemma: Gleichzeitig genieße ich dieses Gefühl und dann fühle ich mich Hundselend, weil ich darunter sehr leide. Diese Zerrissenheit fängt auch an, meine Beziehung zu belasten, da ich - seit meinem Selbstgeständins - sehr zurückgezogen und abweisend geworden bin. Meine Freundin hat mich auch schon darauf angesprochen, ich habe jedoch behauptet, dass ich momentan sehr viel Stress auf der Arbeit hätte und ich nur erschöpft bin. Sie hat das erstmal akzeptiert, aber ich merke, dass sie sich auch Gedanken macht. Eigentlich liebe ich meine Freundin und fühle mich bei mir gut aufgehoben. Ich jedoch fange aber an, unsere Beziehung zu hinterfragen, da ich plötzlich Zweifel habe, ob wir wirklich eine langfristige Zukunft haben, da ich meine Freundin ständig mir meiner Kollegin vergleiche und sie bei allem den kürzeren zieht. Meiner Kollegin habe ich auch schon versucht, aus dem Weg zu gehen, aber ich komm einfach nicht von ihr los, es ist wie ein Zwang. In meinem Kopf ist momentan richtig Achterbahn, ich weiß wirklich nicht mehr weiter.

Vielen lieben Dank fürs Lesen.

Anna Anwort von Anna

Hey Du,

vielen Dank für Dein Vertrauen uns gegenüber. Ich bin beeindruckt von Deiner Selbstreflexion und davon, dass Du Dir Deine Gefühle so offen eingestehst und darüber sprichst, nachdenkst und überlegst, was nun richtig wäre.

Natürlich kann es sein, dass Deine Kollegin viel besser zu Dir passt, dass ihr füreinander geschaffen seid und Du Deine Freundin für sie verlassen solltest, weil Du nur mit ihr wirklich glücklich werden würdest. Okay. Punkt. Das ist wahrscheinlich das Dilemma vor dem Du gerade stehst und dass es Dir mit dieser Macht über die Gefühle Deiner Freundin und dieser Verantwortung für sie, für Deine Kollegin, für Dein Liebesleben und wie gefühlt für Dein Lebensglück nicht gut geht, kann ich gut nachvollziehen. Du willst das Richtige tun, weißt aber nicht, was das Richtige ist.

Dazu erstmal: in den besten Beziehungen kommt es vor, dass man sich auch mal in andere Leute verguckt. Das ist quasi eine körperliche Verliebtheit gegen die man erstmal nichts machen kann und die eigentlich auch nicht weiter schlimm ist. Du betrügst Deine Freundin nicht, wenn Du in der Gegenwart einer Anderen aufgeregt bist, denn für diese Gefühle kannst Du nichts. Man ist ja trotz fester Beziehung nicht blind für die Attraktivität anderer Menschen. Die Frage ist doch nur, ob man diesem Gefühl immer mit allem drum und dran hinterher gehen muss, oder ob man sie nicht einfach und folgenlos für sich genießen kann und wartet, bis sie wieder verschwinden? Nur weil Du Deine Kollegin attraktiv findest, musst Du sie ja nicht gleich heiraten.

Nun sagst Du aber, dass Du Deine Freundin mit ihr vergleichst und dass sie im Vergleich immer schlechter abschneidet. Was sind das denn für Vergleiche, die Du ziehst? Ist es das Aussehen, die Art zu lachen, die Nase, der Geruch? Oder sind es die Wertvorstellungen, die Zukunftsvisionen usw.? Was sind für Dich in einer Beziehung wichtige Gemeinsamkeiten und wo ist Differenz okay?
Ob Deine Kollegin nicht vielleicht Deine Traumfrau ist, kann ich Dir natürlich nicht beantworten, außer mit der blöden Floskel, dass Du da auf Dein Herz hören solltest.
Ich würde Dir empfehlen, mit Deiner Freundin darüber zu sprechen. Sie verdient es, die Wahrheit zu erfahren. Aber solltest Du Dir vorher Gedanken darüber machen, WIE Du es erzählst oder als WAS Du es verpackst. Es kann sein, dass die Aufregung, die Du für Deine Kollegin empfindest, vielleicht auch einfach nur im Verbotenen liegt. Eröffne Deine Freundin die Situation und Du wirst sehen, ob diese Verliebtheit dann verpufft oder sich doch stärker anfühlt.
Zusammen ziehen solltet ihr vorsichtshalber aber erst mal nicht...

Deiner Kollegin solltest Du, vielleicht ganz nebenbei, auch eröffnen, dass Du eine Freundin hast. Auch sie hat das Recht darauf, Deine Situation zu erfahren und vielleicht möchte sie einer Beziehung ja auch nicht im Weg stehen. Aber egal mit wem Du am Ende zusammen sein wirst - Verliebtheiten außerhalb der Beziehung können immer vorkommen und sind nichts Schlimmes. Entscheidend ist am Ende nur, was man tut.

Ich wünsche Dir alles Gute für Deinen Weg!

Anna