Problem von Josi - 14 Jahre

Dritter Versuch, brauche dringend Hilfe

Liebes Kuka Team,
Jetzt probiere ich es schon zum dritten mal und hoffe, das ihr euch diesmal Zeit für mein Problem nehmen könnt.
Ich möchte euch erst einmal ein ganz großes lob aussprechen, dass ihr euch tagtäglich mit den Problemen anderer Menschen beschäftigt. Leider kommt es nämlich oft genug vor, dass viele Menschen Niemanden zum reden haben und genau zu diesen gehöre Ich leider auch, deswegen bin Ich sehr froh euch gefunden zu haben und möchte mal versuchen euch von meinem Problem zu erzählen. Übrigens bevor Ihr Mein Problem lest möchte Ich noch sagen, dass Ich blind bin und dadurch mein Altag etwas eingeschrenkt ist und Ihr bei der Beantwortung des Problemes diese Sache bedenkt.
Erst mal möchte Ich erzählen, dass Ich in Meinem Leben viele Niederlagen durchstehen musste. Seit der Ersten Klasse war Ich im Internat, weil es in dem Bundesland in dem Ich wohne nur eine Blindenschule gibt und die ungefähr 2 Stunden von Meinem zu Hause entfernt ist. Allerdings war Ich das bis zur 7 Klasse, also seit Januar 2015 fahre Ich jeden Tag. Mein Internatsleben war einfach die Hölle. Meine Erzieher machten mir ständig Vorwürfe, dass Ich unselbstständig seie und das aus mir eh nichts wird. Sie nahmen Meine probleme nie ernst, Ich lernte praktisch schon ab der Ersten Klasse, dass über Probleme reden strengstens verboten ist. Immer wenn Ich irgendwas wegen Meiner Blindheit falsch machte schimpften Sie mit mir. Von Oktober 2014 bis Januar letzten Jahres war Ich in der Kinder-und-Jugendpsychatrie, weil Ich mich selbstverletzte und bis heute noch nicht richtig davon los gekommen bin. Ich ritzte mich seit Sommer 2014, wegen dem Internat. Ich wurde von meinen Gruppen sowohl Klassenkameradinnen gemobbt und ausgegrenzt. Das hing auch damit zusammen, dass Ich erstens, ein etwas schüchternes Mädchen bin und zweitens, Ich in der Gruppe die einzig ganz blinde war, die anderen haben alle noch was gesehen. Dazu kam, dass im Februar 2014 auf einmal mein Zeugnis total schlecht war und Ich mich deswegen bestrafen wollte. Also fing Ich im März 2014 an zu hungern BzW. eher mein Essen zu erbrechen. Da fing das mobbing dann richtig an. Das gute in dieser Zeit war, dass Ich noch eine Einzige Freundin hatte, die wirklich für mich da war, obwohl Sie auch mit gemobbt wurde, wir waren praktisch für einander da. Im Sommer 2014 hatte Ich Suizidgedanken und wollte mich am letzten Sommerferientag in der Nacht vor Angst vor‘m neuen Schuljahr umbringen. Meine Einzige Hoffnung, die mich anhielt es dann doch zu lassen, war, dass Ich im neuen Schuljahr in eine neue Gruppe kommen sollte, doch als Ich dann am nächsten morgen kam kam der Schock, dass Ich wieder in die alte Gruppe musste. Da reichte es mir dann entgültig. Ich hasste mich über alles + Mein Leben mit meiner scheiß Blindheit, ich wollte dem Ausgrenzen entgültig ein Ende setzen und ritzte mich fast jede Woche, jeden Tag. Irgendwann Anfang Oktober kam dann der Brief, dass Ich vom Unterricht ausgeschlossen war und Erst wieder zur Schule durfte, wenn Ich eine stationäre Therapie gemacht hatte. Kaum eine Woche später wurde Ich dann auch schon in eine Klinik eingewiesen. Diese Zeit war mit eine der schönsten Zeiten meines Lebens, klar, nicht alles war schön. Das Ich dort nichts mehr zum schneiden hatte, machte mich manchmal mega wütend, dass man dort kkeine Fenster öffnen konnte war auch ungewohnt und noch Paar andere Sachen. Jedenfals habe Ich dort den besten Menschen Meines Lebens kennen gelernt. Es war ein Heilerziehungspfleger, der mich behandelte, als ob ich das zerbrechlichste Wesen auf der ganzen Welt wäre. Schon als er mich dort zum ersten mal gesehen hat und Ich Mein Problem erwehnte kam er in der Mittagspause zu mir und setzte sich an Mein Bett und hörte mir zu. Als er mir versprach zu kommen, dachte Ich, dass er es definitiv vergessen würde, weil mir in Meinem Leben nie Jemand richtig zu hörte. Ansonsten war er fast der Einzige Erzieher, der bei den Gruppenangeboten immer drauf geachtet hatte, dass Ich so viel wie möglich mit den anderen mitmachen kann, was die anderen Erzieher nur teilweise bis gar nicht taten. Er zeigte mir wirklich, dass er sich für Mein Leben interessierte und höchsten respekt vor mir hatte. Zum Beispiel war eine Situation, in der wir spazieren waren. Er bot mir wegen dem unebenen Weg an mich zu führen, was Ich gerne annahm. Als Ich mit ihm redete, weil er über meinen Altag einiges wissen wollte, hatte ihn ein Junge was fragen wollen. Als er seinen Namen rief befahl er: „Halt die klappe. Ich rede jetzt nur mit Josi“, während andere Erzieher seine Frage angehört hätten. Daran erinnere Ich mich sehr gerne. Es war einfach Der Mensch, der perfekt in mmein Leben gepasst hätte. Leider war Er nicht in der realität, sondern nur in einer Klinik. Am 5.1. letzten Jahres brach es mir das Herz, als Ich entlassen wurde. Gerade da hatte er noch mal dienst und mich von ihm verabschieden zu müssen tat mehr weh, als das tiefste ritzen. Tut mir übrigens leid, dass Mein Problem so lang wird, aber die Vorgeschichte ist sehr wichtig um mich genauer zu kennen und mir bei dem eigentlichen problem, was ich euch jetzt erläutere zu helfen.

In den letzten Sommerferien war Ich mit meiner besten Freundin in einem Ferienlager für Kinder und Jugendliche, die ein Instrument spielen können. Da wir beide Klavier spielen beschlossen wir mitzufahren. Da wir beide Sehbehindert sind, brauchen wir bei sollchen Ausfahrten immer einen Betreuer, also einen der uns bei Dingen unterstützt, die uns in Alltagssituationen von sehenden Menschen beeinträchtigen. Und genau um diesen Betreuer geht es. Genau einen Tag vor der Zeugnisausgabe waren wir in einer anderen Schule bei so einem Projekt das unsere Klasse gestalltete. Wir sollten verschiedene Hilfsmittel von uns vorstellen. Da stellte ihn uns eine Lehrerin vor. Schon innerhalb der Ersten 5 Minuten, seitdem er da war merkte Ich, dass er eine total große Klappe hatte. Klar, er saß neben einem Mädchen das er offenbar schon kannte und war vielleicht deswegen so, doch mir fiel eben auf, dass er nur auf Sie einredete und Sie immer nur zustimmte oder gar nicht richtig beider Sache war. Mein Gedanke war jedenfals, das wenn er sich im Ferienlager genau so benehmen würde Ich mit ihm große Probleme kriegen würde und genau so war es auch. Am ersten Tag, als er anreiste ging er noch. Selbst am zweiten war er noch o.k. doch am dritten ging es schon los. Dadurch das wir im Freibad waren holte Ich mir einen gewaltigen Sonnenbrand. Als er das sah fing er an mich dafür auszulachen, das machte mich total wütend, oder als Ich mich bekleckerte lachte er mich auch dafür aus. Ich konnte wirklich heil froh sein, dass Meine beste Freundin noch relativ viel sah und mir gut helfen konnte, beiden Sachen, bei denen Er mir hätte helfen müssen. Doch mal vom schlechten abgesehen mochte Ich ihn irgendwie schon, irgendwie war er wirklich ein total selbstbewusster Mensch und so was liebe Ich bei Jungs total und hochinteligent ist er auch, immerhin hat er ein Abbi von 1,3. Der schönste Moment im ganzen Sommer war der fünfte Tag im Ferienlager. Immer Nachmittags hatten wir Wörkshop. Zur begrüßung mussten wir uns immer in einen Kreis setzen und bei unserem Sitznachbarn eine Geste durchführen. Zum Beispiel, dass wir uns bei’m begrüßen nur auf unseren Nachbarn konzentrieren sollten und ihn an der Schulter streicheln sollten oder so. An diesem Tag saß Ich neben ihm und als er mich berührte wäre Ich fast in Ohnmacht gefallen, weil es einfach so unglaublich schön war. Wie feinfühlig er war und seine Art wie er das machte fand Ich traumhaft. Diese Anderthalb Stunden Wörkshop vergingen für mich wie in Einem Film, zum Abschied sollten wir genau das selbe machen, nur das es immer andere Gesten waren. Diese Berührung von ihm durch Meine Haare war einfach das schönste im ganzen Ferienlager. An diesem Abend im Bett war Ich total emotional verwirrt, weil Ich nicht verstand, wie ein eigentlich so toller Mensch wie er mit blinden Menschen so respektlos umgeht. Am nächsten Tag war dann die tolle Seite von ihm verschwunden. Als Er mit mir und Meiner Freundin alleine war, weil wir, als wir im Freibad waren den Anschluss zur Gruppe verloren hatten, und als wir uns gefunden haben es schon ziemlich spät war und er mit uns allein zurück gehen musste. Wärend wir gingen machte er uns den Vorwurf das wir komisch wären, wo Ich irgendwie lächeln musste, weil er selbst komischer als komisch war und das beste war, er konnte nicht mal begründen warum wir komisch waren. Darauf sagte Ich ihm ebenfals das er komisch sei mit einer Begründung, dadurch waren wir dann natürlich stark im Vorteil. Jedenfals beschimpfte er uns dann noch als Bitchees und machte uns den Vorwurf, dass unser Inteligendsquotient zu nichts ausreichen würde. Und er machte uns klar, dass er eben der King ist. Zugegeben war er ja wirklich hochinteligend, doch was fiel ihm ein uns so zu beschimpfen. Am nächsten und letzten Tag war es noch mal furchtbar mit ihm. An diesem Tag machten wir Abends ein Grillfest. Bei so einem Bufett brauchen wir beide natürlich hilfe doch natürlich half er uns nicht und wir mussten andere Leute fragen. An ihm konnten wir gar nicht mehr rann an diesem Abend, so bald wir in seine nähe kamen gab er irgend ein Kommentar. Zum Beispiel wollte er, dass wir uns mit an seinen Tisch setzen. Natürlich taten wir das auf keinen Fall, schon seit dem Vortag entfernten wir uns im Speisesaal von seinem Tisch. Als meine Freundin mal kurz was gucken war gab er zu mir sollche Komentare wie: „Na macht’s spaß alleine am Tisch zu sitzen?“ wo Ich mich dann natürlich mit den Worten: „Imme noch besser als mit dir.“ Versuchte zur Wehr zu setzen, was mir ja sowieso sehr schwer fält, doch er lachte nur drüber, aber sowas von verletzend. Dieses lachen gab mir das Gefühl, alswöllte er mir sagen: „Du dummes blindes, kleines Kind, was willst du mir schon sagen?“ Er ist nämlich auch körperlich sehr groß, fast 2 M. Ich war ihm praktisch körperlich und geistlich komplett ausgesetzt. An diesem Abend reichte es uns dann und wir meldeten seinen Umgang einer Betreuerin, die uns versprach mit ihm zu sprechen. Er heißt übrigens Karl. Als Ich an diesem Abend allein im Zimmer war, weil Olivia eine weile wo anders war kam er tatsächlich in’s Zimmer, was Ich mir irgendwo schon fast dachte. Erst als er reinkam hatte Ich schon Angst, weil Ich dachte nicht gegen ihn anzukommen und das er mir eh nicht zuhören würde, doch komischerweise war das überhaupt nicht der Fall. Das Gesprech mit ihm war ganz normal. Er hörte mir tatsächlich sehr ausgebich zu und wollte noch mal im genauen Detail wissen, was er falsch gemacht hatte. Danach sagte er mir, dass wir ruhig hätten zu ihm kommen können, denn wenn wir ernst geblieben wären, dann wäre Er auch ernst geblieben. Er ging eben davon aus, dass wir beide nicht so sensibel wären und dachte, uns würd das gar nichts ausmachen. Ich hatte sowieso vor das eigentlich schon eher zu klären, doch Wir dachten immer, er würde sich bessern und er versprach uns in Zukunft etwas sanfter zu behandeln. Da kam in mir so eine Erleichterung auf. Am nächsten morgen war er tatsächlich normal zu uns. Er behandelte uns normal und redete normal mit uns, davon habe Ich natürlich gelernt. Doch es ist so, dass genau dieser Karl dieses Schuljahr ein FSJ an unserer Schule macht. Das wussten wir natürlich im Sommer schon. Seit dem Ferienlager ging mir Karl nicht mehr aus dem Kopf. Irgendwo liebe Ich ihn über alles. Man muss mal bedenken das er nur 4 Jahre älter ist als ich. Ich hatte seit Anfang des Schuljahres immer diese Angst, er würde an unsere Schule kommen. Als er dann die ersten 2 Wochen im Schuljahr nicht auftauchte legte Ich ihn erst einmal zur Seite, weil Ich dachte: „Wenn er jetzt nicht kommt, dann wird er auch jetzt erst mal nicht kommen“ er sollte nämlich bei uns den Schülern helfen die in ein normales Gymnasium zur Probebeschulung gingen wegen den Hilfsmitteln und so. Zum Glück gehöre Ich da nicht dazu, aber es gibt Schüler in Meiner Klasse, die dazu gehörten. Und tatsächlich. An einem Montag Ende September saßen Ich und Olivia, also die Freundin mit der ich auch im Ferienlager war, in der pause ganz gut gelaunt hinter einem Haus versteckt, an unserem lieblings Platz. Als wir reingehen mussten ging auf einmal die Tür auf. Erst dachte Ich, uns würde ein Lehrer holen, aber dann nach 5 Sekunden stille sagte eine Stimme: „Na wen haben wir denn da!!!“ diese Stimme kam mir total bekannt vor, doch Ich war mir nicht sicher wer das war. Nach ein paar Sekunden, als Olivia anfing mit ihm zu reden machte es Klick in mir und Ich erkannte, dass es Karl war. Wärend Ich nicht wusste, ob Ich gerade träume oder wach bin erzählte er, dass er 2 Tage bei uns im Unterricht hospitieren käme. Als er dann wieder gegangen war, war Ich wie geschockt. Ich hab kein Wort mit ihm reden können vor Schock. Als Wir ihn noch mal trafen musste es Realität sein und Ich begriff erst mal das Karl wirklich da war, mir wurde richtig schlecht vor Angst, vor dem nächsten Tag. Am Abend herrschte in mir das reinste Gefühlschaos. Denn selbst, als wir uns das Zweite mal trafen redete immer nur Sie mit Karl, mit mir redete er nicht. Ich bekam an diesem Abend das Gefühl, dass Karl mich nicht leiden könne und hasste mich total. Als er in dieser Woche diese 2 Tage im Unterricht bei uns hospitierte war er eigentlich in Ordnung. Ich hatte große Angst davor, dass Er mich auslachen würde, wenn Ich was falsch mache oder sage. Er setzte sich immer nur zu dem Kind, was er im Gymnasium betreuen sollte, doch auf der Anderen Art war Ich irgendwie traurig das Er sich nie zu mir setzte. Generell redete Karl fast kein Wort mit mir, immer redete er nur mit den Anderen. Ich fühlte mich von ihm wie Dreck behandelt. Ich meine, er sollte mich nur etwas sanfter behandeln, doch von aus-dem-Weg-gehen war keine Rede gewesen. Im Kunstunterricht zum Beispiel bin Ich ja die Einzige, die mit Zeichentafel malen muss. Ich fühlte mich von ihm in dieser Stunde total unter Druck gesetzt, weil Ich wusste, dass Karl mein malen primitiv findet. In einer Anderen Stunde, als er uns allen helfen sollte, half Er mir auch ein mal. Als Er an mich rann rückte, war er so nah dran, dass es sich so schön anfühlte, das mir schlecht wurde. In dieser Woche musste ich kämpfen, gegen mich selbst, gegen meine bescheuerten Emotionen und gegen das selbstverletzen. Ich hätte in dieser Woche so gern Abends mit Jemandem drüber gesprochen, ich wünschte mir, eine meiner besten Freunde würden mich anrufen, aber ich hab alles mit mir allein durchstehen können und schaffte es mich nicht zu verletzen, aber wenn das noch paar Wochen so weiter gehen würde, könnte ich diesen Druck nicht mehr aushalten. Karl war seit dem nicht mehr da in diesem Schuljahr. Da die Probebeschulung der Gymnasiastin bereits nach den Winterferien statt findet, könnte es jeder Zeit passieren. Seitdem rede ich mit niemandem darüber. Ich merke auch, das Niemand mit mir drüber reden will. Eine Freundin hat mir im Sommer schon gezeigt, das sie das nervt, weil ich da tootal viel drüber gesprochen habe. Auch wenn ich mit den anderen versuche drüber zu reden wirken sie abwesend.
Ja, Ich weiß. Ich habe sehr ausführlich über mein Problem gesprochen, aber das gehörte nun mal alles dazu. Es wäre echt toll von euch, wenn Ihr mir helfen könntet. Irgendwo steh Ich schon auf Karl. Ich liebe seine Art, seine starke selbstwahrnehmung, seine inteligends, seine coole Art einfach, er ist eben nicht langweilig sondern einfach toll. Doch Ich finde es traurig, dass Er mich wahrscheinlich hasst, weil er keinen Respekt vor blinden hat. Es tut so weh immer enttäuscht zu werden im leben. Ich habe Niemanden mit dem Ich reden kann, Meine Freunde nervt das allles, Ich will auch mal Einen Menschen haben, der mich liebt, so Jemanden, wie diesen Erzieher aus der Klinik. Damals im Internat, als Ich so 11 Jahre ungefähr war habe Ich noch die genauste Erinnerung, dass eigentlich alle Mädchen in der Gruppe schon einen Freund hatten. Jede hatte irgendeinen, mit dem er gekuschelt hat und so, Ich war die Einzige, die Niemanden hatte. Ich helfe so vielen Menschen, die selber probleme haben. Selbst wenn das Mädchen, was 3 Jahre mein Leben zerstört hat heult tröste Ich sie. Muss Ich denn immer allen Helfen? Darf Ich eigentlich auch mal Jemanden haben der mich versteht? Kann sich auch mal Jemand in mich verlieben den Ich auch liebe? Ich habe das Gefühl, gott braucht Jemanden auf dem er drauf rumhacken kann. Er sorgt wahrscheinlich dafür, dass die Menschen die Ich liebe mich entweder hassen oder so schnell wie möglich aus meinem Leben gehen, so das Ich sie nie wieder sehe. Ich möchte so gern, dass Ich und Karl uns gut verstehen, dass wir Freunde sind oder am Ende vieleicht noch zusammen kommen, aber das ist so gut wie unmöglich. Karl sieht in mir eh nur ein primitives, blindes Ding, das nichts drauf hat. Ich würde ja gern versuchen mit Ihm zu reden, doch Ich weiß, dass Er eh nur über mich lachen wird. Außerdem wäre Ich eh zu feige ihn anzusprechen. Und selbst wenn Ihr dieses Problem nur auf die leichte Schulter nehmt und nicht antworten wollt oder könnt ist es auch nicht so schlimm, Ich brauche einfach irgendwas oder wen, dem Ich von Meinem Kummer berichten kann, doch eine Antwort wäre echt nett von euch. Ich habe wirklich Verständnis, dass Ihr 1000 Probleme am Tag habt die Ihr beantworten müsst, doch Ich überlege echt schon, ob Ich mich vielleicht nicht doch lieber umbringen sollte weil langsam habe Ich echt das Gefühl, das Arschloch in persohn zu sein, vielleicht wäre die Welt ohne mich einfach einfacher. Gott hat mich nicht um sonst mit Blindheit bestraft.
Bitte helft mir. Vielen ieben dank schon mal im Vorraus,
Viele liebe Grüße: Josi

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Josi,

ich bitte dich um Entschuldigung, weil du so lange auf eine Antwort warten musstest. Gut, dass du bereit warst, uns dein Problem mehrfach zu schicken. So konnte es nicht untergehen. Zwar bekommen wir jeden Tag etliche Probleme, und viele sind auch für sich eine Herausforderung - aber jedes Problem ist wichtig. Ich hoffe, dass ich dir ein wenig helfen kann.

Zunächst mal möchte ich sagen, dass ich es sehr bewundernswert finde, wie du mit der Blindheit und deiner schwierigen Situation umgehst. Es stimmt mich traurig, dass dir oft so wenig Verständnis entgegen gebracht wurde. Es mag sein, dass du bei gewissen Aktivitäten immer etwas länger brauchen wirst, aber das hat seine Gründe, für die du nichts kannst. Du hast in deiner Lage sicherlich das Beste daraus gemacht, und dich gut im Leben bewährt. Dass du dafür noch hämische Kommentare ertragen musst, finde ich schlimm - auch wenn sie von Menschen kommen, die im Übrigen ganz in Ordnung sind.

Karl ist ein Mensch, der, wie du gemerkt hast, ein wechselhaftes Naturell hat. Wir können es ihm anrechnen, dass er während des Ferienlagers mit dir geredet und sich entschuldigt hat, nachdem ihm sein Fehlverhalten klar wurde. Oder, sagen wir: Nachdem es ihm klar gemacht worden ist. Es ist eine positive Fähigkeit, seine Fehler einzusehen und offen für Kritik zu sein. Aber es gibt Fehler und Fehler. Es gibt Dummheiten, die man so macht, Ausrutscher, Situationen, in denen man schwach wird, etwas tut oder sich zu etwas überreden lässt, das nicht in Ordnung ist. Und dann gibt es noch Sachen, von denen jeder einfach wissen sollte, dass sie nicht okay sind - und die zu vermeiden auch kein Hexenwerk ist. Dazu gehört zum Beispiel, dass man blinde Menschen nicht beleidigt und sich nicht über dein Handicap lustig macht, dass du dir nicht ausgesucht hast. Du bewunderst seine Intelligenz - er hat ein Abitur von 1,3. Hat er in seinen achtzehn Jahren, davon acht Jahre Gymnasium, auch irgendwo gelernt, wie man seinen Mitmenschen respektvoll begegnet? Ich kann deine Bewunderung für ihn verstehen; er hat sich einsichtig gezeigt, und vielleicht hat gerade das Unbeherrschte, Selbstsichere von ihm seinen Reiz auf dich. Doch ob seine Einsicht wirklich ganz tief geht, oder ob er nicht wirklich weiß, dass er sich ziemlich daneben benommen hat, da bin ich mir nicht sicher.

Wenn du und deine Freundin nicht sehbehindert wärt, sondern - in Anführungszeichen - "ganz normal", selbst dann würde ich es noch gemein finden, dass er euch solche Sätze hingedrückt hat. Seine Begründung, "wenn ihr normal geblieben wärt, wäre ich auch normal geblieben", überzeugt mich nicht besonders. Erstens, weil er im Grunde angefangen hat, zweitens, weil es schon okay gewesen wäre, euch ein bisschen zu necken - aber nicht, sich so eklig über euch lustig zu machen. Du magst das kleinlich finden, Josi, aber mit achtzehn Jahren sollte man gewisse Dinge einfach verinnerlicht haben. Und einem behinderten Menschen seine Behinderung vorzuwerfen und die eigene starke Position auszunutzen, um sich auf eure Kosten einen Witz zu machen, da hilft ihm auch sein Abitur nicht. Ich finde es gut, dass du seine positiven Seiten - die er sicherlich auch hat! - und seine Entgleisungen gegeneinander abwägst. Der ideale Freund für dich ist er vermutlich nicht, aber die Faszination, die er auf dich ausübt, ist für mich schon nachvollziehbar.

Du hast gemerkt, dass er jemand ist, der seine Fehler zwar erkennen kann, der sich aber auch nicht so viele Gedanken macht, wie er gerade wirkt und was sein Verhalten mit anderen macht. Wie er im Augenblick drauf ist, scheint mir darauf hinzuweisen, dass er eben sehr ungezwungen und selbstsicher durchs Leben geht, wie du gesagt hast. Das hat seine Vorteile, jedoch auch den Nachteil, dass Ereignisse mit ihm, die dich noch heute beschäftigen, für ihn schon lange Schnee von gestern sind. Man tut sich oft einen Gefallen, wenn man nicht zu lange und zu intensiv über der Vergangenheit nachbrütet. Allerdings sollte man auch ein Gespür dafür haben, dass nicht alles, was mir kaum der Rede wert scheint, für den Anderen auch eine Kleinigkeit ist. Und umgekehrt: Nicht alles, über das ich mir viele Gedanken mache, ist für den Anderen eine große Sache. Es gilt, sorgfältig zu überlegen, und im Hinterkopf zu behalten, das nicht jeder so empfindet wie man selbst. Die sicherste Methode, um nicht in unangenehme Situationen zu kommen, ist daher die, dass man sich bei gewissen Dingen einfach unter Kontrolle hat. Wenn ich mir nicht zuviel erlaube, muss ich später auch nicht so sehr auf Zehenspitzen gehen. Und wie man merkt, ist es für dich eben schon noch viele Gedanken wert, was im Ferienlager so alles passiert ist. Das wäre nicht der Fall, hätte Karl sich in einem Maße am Riemen gerissen, wie man es nun wirklich erwarten kann. Die Art und Weise, wie er sich jetzt verhält, und dass du ihm nicht so wichtig zu sein scheinst, weist wiederum auf seine Persönlichkeit hin: Was gestern war, ist für ihn gestern. Du gleichst es aber mit dem ab, wie er im Moment ist. Und dabei muss das gar nichts miteinander zu tun haben. Er erinnert sich noch, doch es ist für ihn abgeschlossen, und in dem neuen Kapitel ist deine Freundin vielleicht interessanter. Das ist jetzt auch schon wieder eine Weile her, aber es beschäftigt dich noch immer. Dabei steht nicht nur seine Person im Raum und was er von dir denkt, sondern auch deine Einsamkeit treibt dich um, was traurig ist.

Ich würde nicht sagen, dass er dich hasst. Sein Handeln hat meiner Meinung nach aufgezeigt, dass er zwar intelligent und vernünftig ist, aber eben einfach nicht besonders sensibel und nicht sehr rücksichtsvoll. Wenn würdest du dir lieber als Freund wünschen: Jemanden, der sich für deine Belange interessiert und dich zuvorkommend behandelt - oder jemanden, der zwar was drauf hat und im Mittelpunkt steht, aber immer wieder ungeduldig, unwillig, unfreundlich ist? Beides kann einen anziehen, und gerade seine vorlaute Ader kann auch eine Anziehungskraft ausüben. Du musst dir deine Emotionen nicht vorwerfen, es passiert, dass man in ein Gefühlschaos gestürzt wird, während man mit dem Verstand weiß, dass man nicht die beste Wahl getroffen hat. Es ist auch gut so, dass es immer wieder vorkommt. Ansonsten könnten wir nur Menschen lieben, die zu hundert Prozent perfekt sind, und wären dadurch vermutlich ewig auf der Suche. Es braucht auch diese Enttäuschungen, diese Begegnungen mit Leuten, die sich als oberflächlich oder kompliziert entpuppen, um überhaupt erstmal zu merken, was man sich wünscht. So hattest du zum Beispiel eine tolle Zeit in deiner Therapie, weil dein Betreuer sich so fürsorglich und freundlich gezeigt hat. Und du hast selbst gemerkt, das ist es, was deinem Wunsch entspricht: Jemand, der dir zuhört, der sich um dich kümmert, und der dir dein Handicap nicht vorwirft. Das sind Eigenschaften, die der Mensch haben sollte, nach dem du auf der Suche bist. Vielleicht hört es sich jetzt blöd für dich an, aber ich sage dir trotzdem: Lass dir Zeit. Denn um etwas wirklich Intensives wachsen zu lassen, braucht es Zeit.

Die Liebeleien, die um dich herum stattfinden, werden nur zum kleinen Teil auf Dauer bestehen bleiben, Wenn du dich deswegen unter Druck setzt, und unbedingt jemanden finden möchtest, wirst du dir selbst im Weg stehen. Versuche lieber, auf deine Gesundheit zu achten, die Schule unter Kontrolle zu haben, und im Übrigen viel Spaß am Leben zu finden - in allen Bereichen, die es so gibt. Wenn du entspannt bist und deinen Leidenschaften nachgehst, wenn du ein Mensch bist, der im Leben steht und seinen Weg verfolgt, dann wird dir auch am ehesten die Liebe begegnen. Wenn du dich aber verkrampfst und darauf fixierst, unbedingt jetzt etwas zu finden, wirkst du eher unnahbar und bist womöglich gereizt oder unentspannt, wo du es nicht sein möchtest. Der Mensch, der am besten geliebt werden kann, ist der, der in dir steckt. Und dieser Mensch sollst du bleiben. Lass dir deine Blindheit nicht zum Vorwurf machen, und erinnere dich stets, dass du sehr stolz auf dich sein darfst, schon so viel geschafft zu haben. Du hast die Therapie gemeistert, hast die vielen Konflikte und das Mobbing erlebt, und bist trotzdem da angekommen, wo du jetzt bist. Lass dir nicht sagen, dass du nichts drauf hättest - erstens hast du Rechte, zweitens wirst du es ihnen allen zeigen. Da bin ich ganz sicher.

Dir ist es im Leben bisher nicht leicht gemacht worden. Deine Blindheit wird für dich auf die eine oder andere Art immer ein Thema sein, aber eines, mit dem sich umgehen lässt. Da ist es umso schlimmer, dass du trotzdem so wenig Anerkennung für deine Stärke bekommen hast. Ich möchte dich ermutigen, deinen Weg zu verfolgen, Träume zu haben und an sie zu glauben. Denn was bisher passiert ist, muss kein Maßstab für die Zukunft sein. Wenn du stets damit rechnest, dass sich nichts verändert, dann wird sich vielleicht auch nichts verändern. Wenn du aber nicht müde wirst, auf deine Rechte hinzuweisen, und dir nichts bieten lässt, wenn du daran glaubst, dass aus dir etwas wird - dann wird sich auch vieles zum Guten wenden. Deine Selbstverletzungen waren dir ein Mittel, um mit dem Mobbing zurecht zu kommen - leider ist es eines, das einen über kurz oder lang selbst zugrunde richtet. Ich hoffe daher, dass du Menschen um dich haben wirst, die dir beistehen und dir helfen - vor allem aber, dass du selbst den Mut findest, vorwärts zu schauen.

Das, was du bis jetzt geleistet hast, darf dich stolz machen. Und zwar nicht nur, weil du blind bist, sondern weil du als Mensch einzigartig bist. Es bedeutet etwas, das genau DU auf die Welt gekommen bist, und nicht jemand anders. Und das nicht zu nutzen, das wäre doch schade, oder? Du hast aus dem, was dir gegeben wurde, viel gemacht, hast viele Talente und eine große persönliche Stärke entwickelt. Nun soll es doch damit weitergehen, oder? Solche Erfahrungen wie mit Karl können deprimierend sein, aber sie weisen dich auch darauf hin, dass eben nicht alles an dir liegt, sondern dass du (nicht zum ersten Mal) auch Menschen begegnest, die sich dir gegenüber unrichtig verhalten. Es ist nicht leicht, das zu erkennen, aber nur weil bisher viele für dich und deine Behinderung kein Verständnis hatten, heißt das nicht, dass du immer die Schwache bleiben musst, die sich Vorwürfe anhören muss. Heißt es auch nicht, dass du immer diejenige bist, die etwas falsch macht. Wir alle haben unsere Schwächen. Deine Schwäche ist eine körperliche, sie lässt sich nicht ablegen, aber du kannst sie mit deiner großen Herzlichkeit, deinen tiefen Gedanken und deiner Fähigkeit, sorgfältig zu überlegen und in dich hinein zu horchen, ausgleichen. Viele haben gesunde Körpersinne, lassen es aber an Behutsamkeit und Höflichkeit fehlen. Diese Erfahrung hast du gemacht. Es bedeutet nun nicht, dass Karl ein schlechter Mensch wäre - im Gegenteil: Er hat seine guten und seine weniger guten Seiten, und dein Gefühl für ihn lässt dich schwanken, was jetzt von größerer Bedeutung ist, wenn du ihn einschätzen sollst. Es wird sich zeigen, ob du ihn noch einmal wieder triffst. Beziehungsweise, ob dir seine Aufmerksamkeit dann zuteil wird. Ob ja oder nein - ich hoffe, dass du positiv gestimmt in die Zukunft gehen kannst. Denn du hast der Welt etwas zu geben. Und wenn du dir immer sicher bist, dass es so ist, dann wird sich die Welt auch dir geben. Ganz bestimmt.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul