Problem von Cora - 16 Jahre

Wenn sich Dinge verändern (Wenn das Schicksal ein mieser Verräter ist)

Hallo lieber Mensch,

ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Es ist seltsam einem Fremden seine Probleme zu erzählen, aber ich hoffe, dass ich mich danach besser fühle. Angefangen hat es glaube ich damit, dass unsere Jahrgangsstufe unerwartet gemischt wurde. Aus organisatorischen Gründen, wie uns später gesagt wurde. Ich wurde in eine Klasse versetzt wo ich kaum jemanden kannte. Meine Freunde sind alle noch zusammen geblieben. Auch meine neue Klasse waren schon eine Gruppe und ich konnte mich nicht so gut integrieren. Sie sprechen oft in meiner Anwesenheit über das nächste Wochenende wo sie wieder eine Party veranstalten und da ich nicht eingeladen bin kann ich nicht gut mitreden und fühle mich schlecht dabei. Auch in den kleinen fünf Minuten Pausen weiß ich nicht so recht wo ich mich dazustellen soll. Früher war ich jetzt zwar auch kein Selbstbewusstsein Paket aber ich habe mich getraut mich im Unterricht zu melden und ganz normal Fragen zu beantworten. Das hat sich geändert, weshalb meine Noten immer schlechter werden. Und genau das macht mir extrem Angst, denn nächstes Jahr werde ich in der Oberstufe sein und eigentlich strebe ich ein Medizinstudium an und ich weiß, dass man dafür eine dicke Haut braucht und extrem belastbar sein muss, aber wenn ich nicht mal die Noten dafür erreiche wie soll es dann mit dem Rest klappen? Obwohl ich mich immer auf die Schulaufgaben vorbereite werden meine Noten einfach nicht besser. Die aus meiner Klasse machen eher den Eindruck als ob sie spielerisch gute Noten schreiben, Selbst diejenigen, die wenig lernen haben immer ein Fach wo sie einfach begabt sind. Auch im Klassenchat stelle ich nie Fragen,ich glaube weil ich Angst habe dass mir niemand antwortet. Was mich aber am meisten nervt, ist, dass die meisten auch noch wie Models aussehen. Klar weiß ich, dass das Aussehen nicht wichtig ist, aber ganz ehrlich es wäre schon hilfreich, wenn die Personen um einen herum nicht wie aus der Zeitschrift entsprungen aussehen und man selber wie ein Kartoffelsack. Und niemand kann mir jetzt sagen, dass ich das einfach ignorieren soll, denn da bekommt man schon Minderwertigkeitskomplexe. Klar gehe ich in den Pausen mit meinen alten Freunden essen oder besuch sie in deren Klassen zimmer, aber ich habe schon das Gefühl, das wir uns etwas auseinnder gelebt haben, was ich zwar auch verstehe aber da fühl ich mich noch meh allein gelassen. Sie darauf ansprechen? Ne, will ich nicht unbedingt. Ich weiß nicht mehr wie ich mich in der Schule verhalten soll und ich verliere mich langsam selber. Mit meiner Mama will ich darüber nicht reden, denn vor ungefähr einem Jahr ist mein Stiefvater gestorben, den ich aber wie meinen eigenen Vater geliebt habe. Am Anfang war es schwer aber ich glaube mittlerweile geht es uns besser aber trotzdem glaube ich, dass es besser ist wenn ich ihr jetzt nicht auch noch von meinen Problemen erzähle, weil sie sich schon ein bisschen alleine fühlt. Ich habe mir schon viele von diesen Selbstbewusstsein Threads durchgelesen aber alles was sie schreiben hilft mir nicht viel weiter. Beim schreiben ist mir aufgefallen, dass es keine schwerwiegende Probleme sind und eigentlich bin ich auch nicht depressiv, ich fühle mich halt in der Schule nicht wohl und bin manchmal traurig, aber wann spricht man von Depressionen. Ich habe keine Suizid Gedanken und auch keine Fressattacken. Manchmal wenn ich mich an peinliche Situationen erinnere dann sage ich automatisch "Denk an was anderes" und manchmal rutscht es mir einfach so raus auch wenn andere Personen dabei sind was mir dann auch wieder unangenem ist. Ich bin froh dass ich das gerade mache, meine Probleme aufschreiben, denn irgendwie geht es mir jetzt besser, wie ein Selbstgespräch (aber die meisten Menschen die Selbstgespräche führen sind komisch. Erich Kästner z.B hat Briefe an sich selbst geschrieben und auch abgesendet. )

Danke dass, du dir Zeit für meine Sorgen genommen hast und dir das alles durchgelesen hast.

Ich weiß nicht was ich als Antwort erwarte, vielleicht hilft es mir auch gar nicht weiter aber ich möchte, dass auch andere meinen Wischwasch lesen und wissen, dass sie nicht die einzigen Outsider sind und dass ich mir sicher bin, dass es nach der Schule ganz anders läuft und es nur besser werden kann, hoff ich zumindest.

Anna Anwort von Anna

Hallo Cora,

vielen Dank für Dein Vertrauen. Was Du beschreibst, sind genau die Umstände, die es einem in der Schulzeit sehr schwer machen und auch, wenn Du keine Suizidgedanken hast, denke ich, dass Du diese Schwierigkeiten und Deine schlechten Gefühle ernstnehmen solltest. Natürlich kann es einmal mal helfen, an was Positives zu denken oder sich zu sagen, dass es anderen bestimmt viel schlechter geht, aber diese Relativierung von Problemen hilft nur selten und das Einzige, was man selbst hat, sind die eigenen (schlechten) Gefühle und nicht die der anderen.

Unterricht und Noten sind in der Schule meist zweitrangig in der Bedeutung für die einzelnen Schüler. Was aber immer sehr wichtig dafür ist, dass man sich wohlfühlt, ist die soziale Stellung. Das geht Kindern und Jugendlichen so, ist bei Erwachsenen aber nicht anders. Der langweiligste Job kann toll sein, wenn man sich mit den Kollegen versteht und die schönste Tätigkeit kann dadurch vermiest werden, dass man sich nicht dazugehörig fühlt. Um da entgegen zu steuern, braucht es zwei Veränderungen, die sich selbst gegenseitig beeinflussen: man muss das eigene Selbstbewusstsein stärken und man muss daran arbeiten, soziale Kontakte zu knüpfen.
Für Dein eigenes Selbstbewusstsein ist es wichtig, dass Du Dinge tust, auf die Du stolz bist und die Du gut kannst, zum Beispiel in dem Du mehr Zeit in Hobbys investierst. Was auch sehr gut helfen kann, um Dein negatives Selbstbild wieder etwas positiver zurechtzurücken, wäre mal Deine Freunde und Deine Familie darum zu bitten, aufzuschreiben, was sie besonders an Dir mögen, schätzen und finden, wo Deine Stärken liegen.
Vielleicht hilft Dir auch dieses Übungsheft ein wenig: http://www.amazon.de/gp/product/3941837540/ref=s9_simh_gw_p14_d0_i4?pf_rd_m=A3JWKAKR8XB7XF&pf_rd_s=desktop-2&pf_rd_r=0KAESBCFDR5VB9ZJGWVM&pf_rd_t=36701&pf_rd_p=585296387&pf_rd_i=desktop

Wichtig ist es aber auch, an sozialen Kontakten zu arbeiten. Dass man auch digital nach der Schule noch Kontakt haben kann, hat zwei Seiten. Zum einen ist es schwer, einfach mal für sich abzuschalten und dem ganzen sozialen Stress zu entgehen. Andererseits kann man so auch leichter und mit weniger Hemmung Kontakte finden. Du musst Dich ja nicht gleich ins Klassen-Chat-Getümmel stürzen. Schreib einzelne Leute an, frag sie nach den Hausaufgaben, nach was Banalem und versuche mit einzelnen Leuten, die Dir sympathisch sind, Gespräche anzufangen. Auch in der Schule darfst Du nicht gleich zu viel von Dir erwarten - natürlich ist die Hemmung sehr groß in einer Gruppendynamik den Mund aufzumachen. Halte Dich an einzelne Personen und erlange über diese dann mehr Kontakt zur Gruppe, wenn Du das möchtest.
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Und Integration hin oder her - Deine Klassenkameraden sind nicht alles! Vernachlässige Deine Freunde nicht, behalte den Kontakt zu ihnen bei und mach nach der Schule auch mal was mit Leuten, wo Du Dich einfach nur wohlfühlst. Abstand zum Klassenalltag einzunehmen, ist auch sehr wichtig! Mach aus den Leuten in Deiner Klasse nicht mehr als sie sind. Sie sind letztlich nur Deine Klassenkameraden in der Schule - nicht Deine Freunde und nicht Dein Privatleben. Soziale Kontakte und Freunde sind sehr wichtig, aber niemand schafft es in eine neue Klasse zu kommen und innerhalb eines Schuljahres dort genauso reinzukommen wie in der alten Klasse und dort viele neue Freunde von jetzt auf gleich zu gewinnen. Sowas entwickelt sich über lange Zeit und ich denke, da solltest Du nicht zu viel von Dir fordern. Vielleicht nimmt Dir der Gedanke, dass Du ja Freunde hast auch ein wenig den Druck dazugehören zu müssen.

Was das Schulische angeht, würde ich Dir Nachhilfe sehr ans Herz legen. Dort werden Deine fachlichen Schwierigkeiten aufgefangen und jemand kann Dir Deine Fragen zum Stoff beantworten. http://www.br.de/grips/tipps/lerntipps/lerntipps100.html

Ich wünsche Dir alles Gute!

Liebe Grüße,

Anna